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Ausgabe:

1960

Spalte:

581-583

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Segelberg, Eric

Titel/Untertitel:

Maṣbūtā 1960

Rezensent:

Schenke, Hans-Martin

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Große Cameo der Pariser Bibliotheque Nationale, der Ephesinische Domitiantempel
, die rabbinische Kritik am Kaiserkult und das Adventsmedaillon
des Constantius Chlorus aus dem Goldfund von Arras. Die
Fragmente der griechischen Historiker sind noch nach Müller zitiert. Von
Bernhart, Curtius, Delbrück, Friedländer (Martialkommentar!), Sauter,
Taeger, Wilhelm Weber, Weinreich (ich nenne hier nur deutsche Autoren
) hätten noch einige wichtige Arbeiten berücksichtigt werden können,
die das Gesamtbild vielleicht bereichert oder auch stellenweise modifiziert
hätten. Seite 392, Zeile 19 ist nicht A. Meyer, sondern E. Meyer
gemeint. Auf p. 3 85 (Cerfaux) ist von den Kaisermedaillons in den
Signa die Rede. Sie hätten schon auf p. 383 f. (Tondriau) Erwähnung
verdient, wo vom Lagerkult die Rede ist. Die verehrten Autoren mögen
mich recht verstehen, das alles sind keine kritischen monita, sondern
nur bescheidene desideria für die nächste Auflage, die hoffentlich schon
recht bald fällig wird.

Zum Schluß ein desiderium piissimum. Wir brauchen ein
Tafelwerk zum antiken Herrscherkult, groß, gut und teuer. Vor
mehr als dreißig Jahren hat man uns in Deutschland einen
„Bilderatlas" zu diesem Thema versprochen. Unsere Studenten
warten immer noch vergeblich darauf. Vielleicht nehmen sich
unsere katholischen Kollegen in Westeuropa einmal dieser
Sache an?

Erlangen Ethclbert S tau f f e r

Segelberg, Eric, Tcol. lic: Masbütä. Studies in the Ritual of the
Mandaean Baptism. Uppsala: Selbstverlag d. Verf. (Almqvist & Wik-
sellfi) 1958. 198 S. gr. 8°. Schw. Kr. 22.—.

Die als Buch erschienene Dissertation (195 8) von S. über das
mandäische Taufritual (Masbuta) wurde angeregt von Prof. Geo
Widengren/Uppsala, dem Lehrer S.s in der vergleichenden Religionswissenschaft
. In Deutschland hat übrigens ein Jahr vorher
(1957) Kurt Rudolph in etwas größerem Rahmen auch eine
Dissertation über den Kult der Mandäer, dessen Zentrum neben
der Totenmesse ja die Taufe ist, vorgelegt1. Da beide Arbeiten
unabhängig voneinander entstanden sind, ist ein gelegentlicher
Vergleich ihrer Ergebnisse von großem Reiz. S. behandelt die
Taufe der Mandäer in drei Teilen, nämlich in einem beschreibenden
(S. 19—110), einem analytischen (S. 111—154) und einem
vergleichenden Teil (S. 155-184).

In dem instruktiven und interessanten ersten Teil geht es
um eine Darstellung des klassischen Taufrituals auf Grund der
verschiedenen zur Verfügung stehenden Quellen, d. h. um die
Rekonstruktion der Abfolge der Kulthandlungen und um die Zuordnung
der dabei zu rezitierenden Kulttexte. Hauptquelle sind
die mandäischen Liturgien in der Ausgabe Lidzbarskis; weitere
Wichtige Quellen sind zwei Texte aus der Sammlung von Lady
Drower, und zwar Diwan Masbuta d Hibil-Ziwa2 und Masiqta
Zihrun Raza Kasia1; neben anderen weniger einschlägigen Texten
(veröffentlicht und unveröffentlicht) aus derselben Sammlung sind
als Quellen noch offizielle und inoffizielle Mitteilungen der Lady
Drower über die gegenwärtige Kultpraxis der Mandäer zu nennen
und schließlich sogar ein Film von einer mandäischen Taufe, der
auf Veranlassung dieser um die moderne Erforschung des Man-
däertums so hochverdienten Frau angefertigt worden ist. S. unterscheidet
abgesehen von den vorbereitenden und abschließenden
R'ten vier Hauptteile der Taufliturgie: 1. den zentralen Akt der
raufe im Jordan (im wesentlichen bestehend aus Descensus,
Immersio, Signatio, Potio, Coronatio, Impositio manus, Kusta',
Ascensus); 2. die Öl-Salbung; 3. das Mahl von Brot und Wasser
(Pinta und Mambuha); 4. eine Folge von Gebeten und Akten,
deren Hauptsache die Siegel-Gebete und ein dunkler Ritus der
„Erhebung" sind. Im Verlaufe der Erörterungen dieses ersten den
laufritus beschreibenden Teiles, so dankenswert und lehrreich er

j) Vgl. ThLZ 1957, Sp. 385 f.; 1958, Sp. 718—720. Inzwischen
Sedruckt: Kurt Rudolph: Die Mandäer. L Prolcgomena: Das Mandäer-
Problem. Göttingen: Vandenhoeck tc Ruprecht 1960 (FRLANT, NF 56).
3°7 PP. Der zweite Teil über den Kult ist noch im Druck.

) Drower: The Haran Gawaita and the baptism of Hibil-Ziwa,
=>tudi e Tcsti 176, Citri del Vaticano 1953.

q, ') Unveröffentlicht; S. konnte Einsicht nehmen in eine vorläufige
Übersetzung der Lady Drower. Inzwischen liegt übrigens auch Lady
rowers vollständige Ausgabe der mandäischen Liturgien vor: E. S.
Prower: The Canonical Praycrbook of the Mandaeans. Leiden: E. J.
Brill 1959.

) Der rituelle Handschlag der Mandäer.

auch ist, vermißt man bei dem Verf. leider ein sicheres Empfinden
für das, was wichtig ist, und für das, was weniger wichtig ist.
Man muß es verwunderlich finden, daß S. z. B. über die Bedeutung
einzelner Wörter und über die selbstverständlichen Akte
des Hineinsteigens in den Fluß und des Heraussteigens so breite
Ausführungen macht, während er beim Heranziehen von neuen
Texten aus der Sammlung Drower beinahe unverständlich kurz
ist. Das Interesse S.s ruht auf dem Ritual als solchem. Trotzdem
kommt gelegentlich und beiläufig auch der theologische oder
mythologische Aspekt des Taufrituals als ganzen wie auch seiner
einzelnen Teile zur Geltung.

Der zweite und analytische Teil der Untersuchung beschäftigt
sich mit der Frage, ob sich aus dem erarbeiteten klassischen
Taufritual nicht ältere Vorstufen herausschälen lassen. Der unmittelbare
Anlaß zu solchem Fragen sind gewisse Widersprüche
zwischen dem Inhalt einiger zu rezitierender Kulttexte und ihren
Gebrauchsanweisungen. Besonders wertvoll erscheint uns in diesem
Zusammenhang ein Abschnitt über das Problem der Investitur
(S. 115—130). Nach dem klassischen Taufritual und der heutigen
Praxis, für die die Taufe eine zu wiederholende Handlung
ist, legt der Mandäer vor der Taufe seine Kult-Kleidung an und
steigt angezogen in das Wasser. S. tut nun u. E. überzeugend dar,
daß das älteste noch hinter dem klassischen erkennbare Taufritual
der Mandäer einen Akt der Bekleidung mit Taufgewändern
(Vestitio) enthielt, was nur sinnvoll ist, wenn die Taufe auch bei
den Mandäern ursprünglich ein nicht wiederholbarer Initiations-
rirus gewesen ist Als Reihenfolge der Kultakte dieses ursprünglichen
Rituals hätte man zu vermuten: Depositio vestium,
Descensus, Immersio, Signatio, Potio, Ascensus, Vestitio, Coronatio
, Impo6itio manus, Kusta. Gegenüber dem so rekonstruierten
ersten Hauptteil der klassischen Taufliturgie erweisen sich
die übrigen drei Hauptteile (2—4) als spätere, sekundäre Erweiterungen
, wobei die Öl-Salbung und das Mahl wiederum jünger
sind als der vierte Hauptteil (Siegelung, „Erhebung"). S. faßt
das Ergebnis seiner Analyse wie folgt zusammen: Der zentrale
Taufakt scheint den Kern der Masbuta zu bewahren. Die Veränderung
in der gegenwärtigen Ordnung, verursacht durch die
„Restauration" der Investitur und ihre Konsequenzen, vermittelt
die Kenntnis von einem älteren Ritus, der sich um die
Untertauchung im Jordan ordnete. Nach der Veränderung der
Ordnung, die dadurch verursacht wurde, daß die ursprüngliche
Bekleidung mit den Taufgewändern aus der Übung kam, scheint
der vierte Hauptteil des Rituals hinzugefügt worden zu sein, und
später wurden das heilige Mahl und schließlich die Salbung eingeführt
" (S. 154).

Im dritten Teil seines Buches vergleicht S. das mandäische
Taufritual in seiner klassischen und in seiner ursprünglichen Gestalt
mit christlichen, gnostischen und jüdischen Taufliturgien.
Auch wenn man berücksichtigt, daß es S. wieder nur um die
Rituale als solche geht (weder um ihre Einzelteile noch um die
geistliche Deutung), fällt der Vergleich u.E. etwas zu summarisch
aus, wie überhaupt die ganze Darstellung, je mehr sie dem Ende
zugeht, immer großzügiger zu werden scheint. Hinzu kommt
eine gewisse Farbenblindheit, die den Verf. besonders in gnostischen
Texten Aussagen über Taufriruale entdecken läßt, wo ein
unbefangener Beobachter beim besten Willen keine finden kann.
Das geht soweit, daß er in der unter dem Namen „Evangelium
Veritatis" bekannt gewordenen Homilie aus dem Codex Jung
speziell eine Tauf-Homilie sehen zu müssen meint (S. 168 N. 1).
Gleichwohl kommt er zu einem annehmbaren Ergebnis. Die Man-
däertaufe — so lautet das Ergebnis des dritten Teils — ist von
keiner der anderen Taufen abhängig, sondern wurzelt mit ihnen
in den Täuferbewegungen des Jordantales.

Auf einen Mangel, der die ganze Untersuchung durchzieht,
ist noch besonders hinzuweisen. S. verwendet überaus häufig

6) Rudolph gelangt im Gegensatz zu S. zu der Überzeugung, daß
der ältesten Form der mandäisdien Taufe gerade die Wiederholbarkeit
eigentümlich war; ThLZ 1958, Sp. 719.

") Rudolph möchte im Gegensatz zu S. das Mahl zum ursprünglichen
Bestand des Taufrituals rechnen. Nach Rudolph bestand die
älteste Taufliturgie aus folgenden Akten: dreimalige Untertaudhung,
dreimalige Zeichnung mit Wasser, dreimaliger Wassertrunk, Bekränzung,
Handauflegung, Kusta, Brot-Wasser-Mahl, Kusta. Vgl. ThLZ 1958,
Sp. 719.