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1960 Nr. 7

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 7

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ung von der Analogie des Gegenübers von Mann und Frau zur
Seinsform Gottes selber wird allerdings als „fraglich" bezeichnet.

Mancher Leser wird es vielleicht bedauern, daß S. in seiner
kleinen, aus Vorträgen hervorgegangenen Studie allein K. Barth
als Vertreter der Systematik zu Wort kommen und da6 Gespräch
weithin beherrschen läßt. Aber trotz dieser in der Tat etwas
6chmalen Gesprächsbasis wird de6 Verfs. gelungenes Vorhaben,
die verhängnisvollen Mauern zwischen den Disziplinen endlich
einmal zu übersteigen, den Beifall und den Dank des Systematikers
wie des Alttestamentiers finden.

Rostock Karl-Heinz Bernhardt

Bauckmann, Ern6t Günter: Die Proverbien und die Sprüche Jesus
Sirach. Eine Untersuchung zum Strukturwandel der israelitischen
Weisheitslehre.

Zeitschrift für die alttestamentlidie Wissenschaft 72, 1960 S. 33—63.
Cassute, V.: L'hypothese documentaire et la composition du Penta-
teuque.

Vcrbum Caro 54 (1960) S. 182—188.

C a z e 11 e s, Henri: Bible, Sagesse, Science.

Recherches de Science Religieuse XLVIII, 1960 S. 40—54.

Cornelius, Friedrich: Genesis XIV.

Zeitschrift für die alttestamentlidie Wissenschaft 72, 1960 S. 1—7.

Junker, Hubert: Der Graben um den Altar des Elias. Eine Untersuchung
über die kultische Überlieferung von I. Kg. 18, 29—3 8.
Trierer Theologische Zeitschrift 1960 S. 65—74.

K a p e 1 r u d, Arvid S.: Levde Deuterojesaja i Judea?
Norsk Teologisk Tidsskrift 61, 1960 S. 23—27.

L o r e t z, Oswald: Der Glaube des Propheten Isaias an das Gottesreich
.

Zeitschrift für katholische Theologie 82, 1960 S. 40—73.

M a s i n g, Uku: Abia.

Communio Viatorum II, 1959 S. 61—70.
(Berichtigung zu ThLZ 1960 Sp. 106.)

O ß w a 1 d, Eva: Beobachtungen zur Erzählung von Abrahams Aufenthalt
in Ägypten im „Genesis-Apokryphon".

Zeitschrift für die alttestamentlidie Wissenschaft 72, 1960 S. 7—25.
Weise, Manfred: Jesaja 57, 5 f.

Zeitschrift für die alttestamentlidie Wissenschaft 72, 1960 S. 25—33.

NEUES TESTAMENT

Kehnscherper, Gerhard: Die Stellung der Bibel und der alten
christlichen Kirche zur Sklaverei. Eine biblische und kirdiengeschidit-
liche Untersuchung von den alttestamentlichen Propheten bis zum
Ende des römischen Reiches. Halle/S.: Niemeyer 1957. 187 S. gr. 8°.
Hlw. DM 11.80.

Daß die Frage der antiken Sklaverei, gerade unter biblischem
Gesichtspunkt, in der heutigen Situation einer erneuten und
gründlichen Darstellung bedarf, leidet keinen Zweifel. Es ist
durchaus denkbar, daß ein Theologe, welcher den dialektischen
Materialismus als Forschung6methode in seine geschichtliche Untersuchung
einbezieht, Resultate zutage fördert, welche der
gegenwärtigen Verkündigung etwas zu sagen hätten. Unter diesem
Gesichtspunkt hat der Rezensent die Besprechung dieses
tiuehes gern übernommen, weil er mit gewissen Erwartungen an
seine Lektüre herangegangen ist. Daß diese vorliegende Untersuchung
solcher Erwartung annähernd entspräche, läßt sich bei
Wohlwollender Beurteilung des Verfs., seines echten Anliegens
"nd seiner aufgewandten Mühe leider nicht sagen. Anstatt die
Quellen aus ihrer Zeit und Umwelt zu interpretieren, wodurch
allein ein leidlich richtiges Verständnis ermöglicht wird, geht der
pUt°r mit einer bestimmten theologischen Auffassung an die

robleme heran, welche ihn dazu verleitet, von seinem modernen
Standpunkt aus Werturteile zu fällen, die sich freilich nicht nur
auf antike Schriftsteller, sondern auch auf Autoren der Neuzeit
m't abweichender Meinung erstrecken. Kehnscherper möchte von

er marxistischen Geschicht6philo6ophie her dem Christentum

en Stachcl nehmen, daß es in praktischer Hinsicht fast nichts
getan habe, um die Sklaverei zu überwinden (S. 8). In seiner Po-
emik gegen den altkatholischen Theologen J. Buchmann sagt er:
JJ? .wäre ein verfehltes Unternehmen, von unserer heutigen Be-

rteiiung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Seite her
*Htik an der alten Kirche zu üben wegen ihrer Stellung zur

Sklavenfrage. Diesen Vorwurf kann man Buchmann nicht ersparen
. In unserm heutigen Sinne gab es keine Sklavenfrage, wenn
wir das Problem von seiner sozialen und sozialethischen Seite
her betrachten. Die Sklaverei lieferte der damaligen Gesellschaft
die Produktionsmittel, die zu benutzen kein Sittenlehrer bedenklich
fand, weil man eine andere Produktionsmethode und Lebensweise
nicht für möglich hielt" (S. 10). Hätte der Autor diesen
Standpunkt konsequent verfolgt, so würde er in die nächste
Nachbarschaft von A. B. Ranowitsch rücken, der in seinem Buch
,,Der Hellenismus und seine geschichtliche Rolle" (in Übersetzung
Berlin 1958) gerade vom Standpunkt marxistischer Geschichtsbetrachtung
die antike Sklaverei als wirtschaftlich notwendig
sieht und daher auch weder den Stoikern noch den Christen
irgendwelche Vorwürfe macht. Bei Kehnscherper hingegen
wird diese Linie nicht konsequent durchgehalten, weil er durch
eine m. E. unzutreffende Auslegung alt- und neutestamentlicher
Stellen zu der Überzeugung kommt: „Der Kirche war durch die
alttestamentliche Prophetie und durch die Botschaft Jesu Christi
ein Maßstab in die Hand gegeben, mit dessen Hilfe sie auch fernab
von Ökonomie und Geschichtsphilosophie die Sklaverei als
das hätte erkennen müssen, was sie war. Aus Gehorsam gegen das
Liebesgebot Christi hätte die Kirche nicht eher ruhen dürfen,
als bis die Sklaverei beseitigt war" (S. 11). Wenn Kehnscherper
dann bedauert, daß die Sklaverei ohne die Kirche abgeschafft
wurde, weil sie sich zu einem ökonomischen Widerspruch entwickelt
hätte, so hätte ihn die Verfolgung dieses Problems bis in
die Neuzeit leicht darüber belehrt, daß z.B. noch 1548 Papst
Paul III. allen Menschen, sogar den Klerikern, das Recht zusprach,
Sklaven zu halten, daß erst Papst Leo XIII. (1888) zur Bekämpfung
der Sklaverei aufforderte und noch 1929 im christlichen
Abessinien etwa 1 Million Sklaven festgestellt wurden. Die Schuld
der Kirche ist somit keineswegs auf das Altertum beschränkt,
sondern wäre bis in die Neuzeit zu erheben, wenn man von Kehn-
6cherpers Voraussetzungen ausgeht. Diese wären nun religionsgeschichtlich
und theologisch zu untersuchen, und dabei ergibt sich
doch, daß der einer bestimmten, dem Kulturprotestantismus
aufgeschlossenen Theologie zuneigende Verf. einen modernen
Maßstab an die Bibeltexte anlegt und damit auch die Sklavenfrage
als ein Problem „revolutionärer" Umwälzung sieht. Daß
dann ein Paulus oder gar ein Augustin aus der von Jesus gewollten
Revolution nicht die Folgerungen gezogen haben, ruft einerseits
des Verfs. heftigen Tadel hervor, während er andererseits
in einem eigentümlichen Schwanken für ein Verständnis dieser
Haltung aus den gegebenen Zeitumständen plädiert. Das im einzelnen
hier zu belegen, würde zu weit führen, es mag nur die
Frage erörtert werden, ob denn die Propheten und Jesus wirklich
die Abschaffung der Sklaverei erstrebt haben, oder ob nicht
Kehnscherper durch Eintragung einer modernen Tendenz in die
Bibeltexte ein nicht zu haltendes Resultat gewinnt, welches nun
auch nicht als Maßstab für das Verhalten der alten Kirche verwendet
werden darf. Einzelne Hinweise mögen genügen. Die
Auslegung von Jesaja 26, 1-6 (vgl. S. 22 f.) ist nicht zu halten,
weil der Prophet zweifellos ein zukünftiges Tun Jahwes meint.
Darum wirkt die Bemerkung des Autors auf S. 23 befremdlich:
„Hier haben wir eine Stelle angeführt, die einen derart revolutionären
Charakter hat, daß man alles versuchen wird, um ihren Inhalt
eschatologisch oder erbaulich zu verfälschen." Das Zitat
Jesaja 29, 18-20 ist nicht vollständig ohne d^e Verse 23-24.
Die Auslegung von Exodus 21, 1—11 (S. 32) ist anzufechten, weil
der Verf. durch Auslassung des Verses 3 und der Worte „ich habe
meinen Herrn lieb" in Vers 4 den Charakter der zeitgeschichtlich
wohl begreiflichen Aussage völlig verschiebt, um sich dann vom
Standpunkt moderner Humanität zu entrüsten. Würde er dem
Leser die nur beiläufig erwähnten Verse 21, 8-9 im Wortlaut zitieren
, dürfte dieser Kehnscherpers Auffassung schwerlich teilen,
und die Bemerkung zu Anm. 13d ist nur möglich, weil Jesaja
21,9 fehlt und 21,8 offenbar mißverstanden ist, wenn der Verf.
anstatt von „loskaufen" von „weiterverkaufen" redet. Die Auslegung
der Antrittsrede Jesu in Nazareth (Luk. 4, 16 ff., vgl.
S. 59—69) ist nicht zu billigen, weil Kehnscherper das „Gnadenjahr
" Gottes als soziale Forderung versteht, ohne weiteres das in
der Lukasdarstellung gebotene Jesajazitat durch den Urtext ersetzt
und die Hinweise Jesu, daß Gott durch Elias und Elisa gerade
an Heiden seine Gnade erwiesen habe, wodurch der Unmut