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Ausgabe:

1960 Nr. 7

Spalte:

518

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Bruno, Arvid

Titel/Untertitel:

Ezechiel 1960

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 7

518

(es handelt sich um das Problem: Dogma und Bibelkritik) und
kann das Buch nur herausbringen ohne Imprimatur im protestantischen
Verlag Mohr - Tübingen. Das war natürlich ein Kapitalverbrechen
. In diesem Zusammenhang erinnert Hessen an das
Wort von Romain Rolland: „Die katholische Kirche hat ihre
besten Söhne immer am schlechtesten behandelt." Die besten
Söhne 6ind eben immer die tapferen und aufrichtigen, die 6ich
nicht feige ducken und anbequemen.

Es ist vielen protestantischen Theologen bekannt, daß katholische
reformfreudige Theologen zweimal ohne Namensnennung
durch protestantische Kollegen ein
Buch haben herausgeben lassen: „Der Katholizismus, sein Stirb
und Werde" und „Der Katholizismus der Zukunft" (1937 und
1940). Hessen war an beiden wesentlich beteiligt und rechtfertigt
dies Verfahren überzeugend mit der Begründung: „Wir
hätten das Wesentliche unseres Buches streichen müssen, falls wir
die kirchliche Druckerlaubnis hätten erlangen wollen." Bei dieser
Gelegenheit legt Hessen ein schönes Bekenntnis ab: „Auch wir
sagen: Katholisch ist, wer den katholischen Glauben hat. Aber
dieser Glaube ist für uns nicht identisch mit bestimmten Lehren
und Lehrformeln. Die Annahme der letzteren ist Orthodoxie.
Religiöser Glaube, katholischer Glaube bedeutet uns Bejahung
und Aneirkennng der religiösen Werte de6 Katholizismus. Diese
Werte liegen eine Schicht tiefer als die Lehren... So glauben
Wir, obwohl wir oder vielmehr gerade weil wir die Doktrin der
Kirche mit ihrem Absolutheitsanspruch nicht anzuerkennen vermögen
, dennoch katholisch zu sein."

Diesen katholischen Glauben hat Hessen auch in der Hitlerzeit
unerschrocken mündlich und schriftlich bekannt. Sein Buch
„Wertphilosophie" (1937) wurde beschlagnahmt, weil er den
biologischen Materialismus des Dritten Reiches nicht als einen
Wert anerkennen konnte. Später bekam er auch noch ein Redeverbot
für das ganze Reich, nachdem er seines Amtes als Professor
in Köln schon lange enthoben war. Um so beschämender ist es zu
sehen, daß er lange Jahre einen verzweifelten Kampf hat führen
müssen für seine Rchabilitierng als Professor und damit für seine
Existenz.

Eine wesentliche Quelle der Schwierigkeiten und Kämpfe, die
Hessen mit katholischen Theologen und mit den Kirchenfürsten
zu bestehen hatte, ergibt sich daraus, daß H. (wie große katholische
Denker vor ihm) sich ganz wesentlich durch A u g u s t i n
bat anregen und bestimmen lassen und der Normaltheologie des
Thomas von Aquino wohl ehrlich bewundernd, aber doch kritisch
gegenübersteht.

Der katholische Philosoph hat die protestantische Theologie
jener Jahrzehnte sorgfältig verfolgt und ist in seinen Gedanken
offensichtlich stark durch ßie bestimmt. Außer Ernst Troeltsch
nennt er mit hoher Anerkennung z. B. Rudolf Otto, Adolf Har
nack, Deißmann und Seeberg; um sie persönlich kennenzulernen,
jfjt er nach Berlin gereist. In Predigten, die er gelegentlich ausführlich
wiedergibt, verwendet er mit Vorliebe evangelische Kirchenlieder
: Luther, Johann Heermann, Zinzendorf, Ernst Morit2
Arndt. Dabei bleibt er aber doch ein dankbares und treues Glied
«einer katholischen Kirche. In dem Kapitel 12 (Una saneta) bespricht
er die Möglichkeit einer Wiedervereinigung und bekennt
*'ch damit, zu unserm Erstaunen, nicht nur zum Meßopfer und dem
Mönchtum, sondern auch zur Idee des unfehlbaren Papst-
* u m 6. Ihm ist offenbar nicht bewußt geworden, daß daran der
Gedanke der Una saneta hoffnungslos scheitert. Auch die Gedanken
des letzten Kapitels „P a x", in denen er 6ich zum radikalen
Pazifismus bekennt, werden wohl viele Leser nicht überzeugen.
Trotzdem möchte ich das ganze Buch den protestantischen Lesern
wärmstens empfehlen.

Hannover Hermann SehusIcr

luge, Reidnr: Tcologiske «tromninger i vär tid.
^orsk Teologisk Tidsskrift 61, 1960 S. 1-22.

c'er, Joseph: Le cinquantenaire des Recherche«. Ii Les origines
:t la fondation (1903—1910). — II: Un demisiecle de travaux theo-
ogiques (1910-1960).

Redicrches de Science Religieuse XLVII1, 1960 S. 7-39.

ALTES TESTAMENT

Bruno, Arvid, D.: Ezechiel. Eine rhythmische und textkritische Untersuchung
. Stockholm: Almqvist & Wiksell [1959]. 241 S. gr. 8°.
Schw. Kr. 22.—.

Auf die 1953—1958 erschienenen rhythmischen (und textkritischen
) Untersuchungen der Bücher Jesaja, Genesis und Exodus
, Jeremia, Psalmen, Samuel, Könige, Josua und Richter und
Ruth, Hohes Lied und Hiob, Zwölf Propheten, Sprüche und Prediger
und Klagelieder und Esther und Daniel, über die ThLZ 79,
1954, Sp. 551-554; 80, 1955, Sp. 153f.; 82, 1957, Sp. 31. 188;
83, 1958, Sp. 107f.; 84, 1959, Sp. 424f. berichtet worden ist,
folgt jetzt die rhythmische und textkritische Untersuchung des
Buches Ezechiel oder, da c. 40—48 unberücksichtigt geblieben
sind, nur der ersten 39 Kapitel dieses Buches. Genau so angelegt
wie ihre Vorgängerinnen, bringt sie zuerst die in Strophen gegliederte
Übersetzung der vier Teile, in die Kapitel 1—39 gegliedert
sind (S. 9—178), und bietet dann als „Prinzipielle Fragen
und Erläuterungen" Ausführungen über das rhythmische Element
und die Strophen (S. 181—188) und Erläuterungen zur Übersetzung
(S. 189—241) dar. Von den vier Teilen, in die Ez 1—39 gegliedert
sind, umfaßt „A. Die Herrlichkeit Gotteß erscheint Ezechiel
. Kapitel 1—11" 139, „B. Reden über Jerusalem und Juda.
Kapitel 12-24" 233, „C. Wider die Völker. Kapitel 25-32" 126
und „D. Verheißungen des Heils nach dem Zusammenbruch. Kapitel
33—39" 102 Strophen. Wie da die Dinge im einzelnen aussehen
, mag an einigen Bemerkungen zu 27, 1—25a, das als ein
selbständiges, „Das stattliche Schiff" überschriebenes, metrisch im
wesentlichen einheitliches Gedicht von 18 hebigen, am Schluß
20hebigen Strophen, 13 an der Zahl, aufgefaßt wird, gezeigt werden
. Für 27, 11—19 ist die Gliederung in fünf 18 hebige Strophen
nur bei einigen Umstellungen möglich, indem v. 15a hinter
v. 11, v. 20 hinter v. 14, v. 17 hinter v. 18 gestellt wird, und
außerdem noch ein paar textkritische Änderungen erforderlich
werden, die an sich keineswegs nahe liegen, wie v. 3 naffli ■'h
„Wehe der Wohnenden" statt VOtt^rr „die Wohnende",

nN Toh „Ich sage: du bist" statt i}§ n*TON „Du sagst: ich bin"
oder v. 6 w tstvs „aus den fernsten Gegenden des Meeres"
statt n"r- „von den Inseln der Kittäer". Die letztere Korrektur
wird von Bruno auch sachlich zu begründen versucht, wie
seine Erläuterungen zur Übersetzung auch sonst gelegentlich
kommentarartig sind. Dahin gehört die eine ganze Seite (S. 222 f.)
einnehmende Erörterung über pl „Dedan" (v. 15), das gewöhnlich
nach Septuaginta in yn „Rhodos" geändert wird. Brunos Erwägungen
sind hier schon beachtenswert, aber sein Ergebnis „Für
")"n bietet sich dann der Name Don oder Donau fast von selbst
dar", wird doch wohl nur bei Wenigen Billigung finden.

Halle/Saale Otto Ei 8 fei dt

O h I y, Friedrich: Hohelied-Studien. Grundzüge einer Geschichte der
Hoheliedauslegung des Abendlandes bis um 1200. Wiesbaden: Steiner
1958. IV, 328 S., 1 Kte. 4° = Schriften der Wissenschaftlichen Gesellschaft
a. d. Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main.
Geisteswissenschaft!. Reihe Nr. 1. DM 28.—.

Das Hohelied ist in den letzten Jahrzehnten in den Einleitungen
und in den einschlägigen Kommentarreihen behandelt
worden. In verschiedenen Nachschlagewerken sind ihm umfängliche
Artikel gewidmet worden. 1937 gab C. Kühl einen Forschungsbericht
. Die Auslegungsgeschichte ist in der dritten Auflage
der RGG dargestellt worden, wobei das Werk von Ohly bereits
benutzt ist. In der ersten und dritten Auflage von RE haben
Umbreit und von Orelli die Auslegungsgeschichte mit behandelt.
Es ist also kein unbearbeitetes Feld, das der Verfasser in seiner
Monographie behandelt. Um so gespannter darf man bezüglich
der Eigenart und Gewichtigkeit seines eigenen Forschungsbeitrages
sein. Daß er sich seiner zahlreichen Vorgänger auf diesem
Forschungsgebiet bewußt ist, zeigen die eingehenden Literaturübersichten
, die er in den Anmerkungen bietet, und in denen sich
alles Wesentliche findet, das je zur Auslegungsgeschichte des