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1960 Nr. 5

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Religionspädagogik, Katechetik

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 5

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knapp sind die Hinweise auf die praktischen Möglichkeiten, das |
Lied in Unterricht, Schule und Leben zu verwenden. Es läßt sich
eben nicht übersehen, daß der Choral in der römischen Messe
nicht den zentralen Wortverkündigungscharakter annehmen kann,
wie ihm das von Luther her zugedacht und wie das im
Gottesdienst der evangelischen Kirche an ihm erfahren worden
ist. Solzbacher interpretiert nur 47 deutsche Kirchengesänge,
meist vorreformatorische. Er vermeidet es, die dichterisch wertvolleren
Umdiditungen der Reformation oder gar Luthers Neuprägungen
zu erwähnen. Es kommt nur ein einziger original protestantischer
Choral vor (Nun danket all und bringet Ehr); aber
Paul Gerhardts Name wird dabei nicht genannt. Der praktische
Gebrauch, den in den Diasporabereichen die katholische Kirche
vom klassischen evangelischen Choral macht, ist weitaus reicher,
als es hier bei dem Kölner Verfasser zutage tritt.

Leipzig Friedrich Haufe

Schulte, Hannelies: Christliche Erziehung?

Theologische Rundschau N. F. 25, 1959 S. 336—351.

PRAKTISCHE THEOLOGIE

F i c k, Ulrich G., u. Jörg Zink: Theologie studieren? Fragen und
Antworten zum evangelisch-theologischen Studienweg. Hamburg:
Furche-Verlag [1956]. 78 S. kl. 8°. Pp. DM 2.80.

Das Büchlein von Fidc und Zink eignet sich vorzüglich für
Schüler der Oberklassen und ihr Studium beginnende Theologen.
Es bringt Klarheit über Sinn und Weg des Theologiestudiums,

wird dem vor dem Entschluß zum Studium Schwankenden zur
Klarheit helfen und den Entschlossenen anleiten. In einer sehr
verständnisvollen Weise ist es gelungen, sich in die Werdenöte
eines jungen Theologen einzufühlen. Dabei lebt in der Schrift
etwas von dem Ethos der Universität, von der Abwehr des Verfalls
zur Fachschule. Gleichzeitig wird die besondere Bedeutung
der Kirchlidien Hochschulen in gerechter Weise dargestellt. Das
eigene Fragen und Forsdicn wird angeregt und eine Fülle kluger
Ratschläge in einer lesbaren Form dargeboten. Hinter der Schrift
steht pädagogische Erfahrung und seelsorgerliche Weisheit. Eine
Einführung in die verschiedenen Disziplinen ist mit leichter Hand
versucht. Wichtig ist die umsichtige Art, mit der in Teil IV dem
ratsuchenden Anfänger allerlei Ordnungen lieb und wichtig gemacht
werden, so daß ihm die Orientierung in dem neuen Lebenskreis
erleichtert wird. Von den Fragen nach dem Rhythmus von.
Arbeit und Spiel bis hin zu den Krisen des Studiums und der Zuführung
zum Amt ist Anleitung gegeben. Dabei sind freilich
mehr die Verhältnisse der Bundesrepublik als die der DDR vorausgesetzt
. Alles liest sich wie ein Gespräch eines älteren Gefährten
mit dem Anfänger. Auch schwierigere Zusammenhänge
6ind leicht zugänglich gemacht im Unterschied zu den schwierigeren
, freilich auch sehr viel gewichtigeren Schriften von Martin
Kähler „Wie studiert man Theologie im ersten Semester" (neu
herausgegeben von Paul Althaus, Leipzig 1929) und von Heinrich
Vogel „Grundfragen des Studiums der Theologie", Berlin 1957.
Beide Schriften wenden sich sozusagen an den permanenten Anfänger
im Studium der Theologie und leisten enzyklopädische
Dienste. Das vorliegende Büchlein dagegen ist eine gefällige
Einführung für den Anfänger.

Berlin Martin F i s c Ii e r

VON PERSONEN
Otto Haendler zum 70. Geburtstag

Aus Anlaß der Vollendung seines 70. Lebensjahres hat Professor
D. Otto Haendler aus dem Kreis seiner Mitarbeiter eine Würdigung
erfahren, welche wir auf Wunsch der Theologischen Fakultät der
Humboldt-Universität zu Berlin mit Beifügung einer Bibliographie zum
Abdruck bringen.

Als im Jahre 1941 der damalige Pfarrer von Neuenkirchen b. Greifswald
Lic. Otto Haendler (geb. in Löwenhagen als Sohn des späteren
Berliner Generalsuperintendenten D. Wilhelm H.), der einst bei R. Seeberg
promoviert hatte (1928) und theologisch den Berneuchcnern
nahestand, seine Monographie „Die Predigt" veröffentlichte (2. Aufl.
1949; 3. Aufl. in Vorbereitung), fand das Buch trotz der Ungunst der
Kriegszeit bei den Fachkollegen und besonders innerhalb der Pfarrerschaft
starke Beachtung. Der Autor unternahm es, gegen allen verengenden
Orthodoxismus mit der homiletischen Besinnung ganz entschieden
und praktisch bei der personalen Situation des Predigers anzusetzen
, erstmalig unter Verarbeitung der neueren Psychologie: Da
nun einmal die Verkündigung der Wirklichkeit Gottes in ihrer grenzenlosen
Größe und Weite niemals anders geschieht als durch menschliche
Subjektivität hindurch, kann der Homilet auf eine gründliche Kenntnis
der anthropologischen Gegebenheiten, einschließlich der unbewußten
Vorgänge, ebensowenig verzichten wie auf ein rechtes Verständnis der
theologischen Wahrheit.

H.s Homiletik, die ihm im Jahre 1944 den theologischen Ehrendoktor
der Berliner Fakultät einbrachte, war in jeder Hinsicht aus Erfahrung
geschrieben. Ihr waren nicht nur zweieinhalb Jahrzehnte ländlicher
und städtischer Pfarramtspraxis vorausgegangen, während derer
H. nach seiner Habilitation (1930) eine praktisch-theologische Privatdozentur
in Greifswald und zeitweilig das Direktorat eines Predigerseminars
versehen hatte (193 5 aus kirchenpolitischen Gründen verdrängt
), sondern auch eine spezielle Ausbildung und nebenamtliche
Tätigkeit als Psychotherapeut.

Erst nach dem Kriegsende konnte H. die verdiente Ernennung zum
Professor für praktische Theologie in Greifswald zuteil werden; einen
noch größeren Wirkungskreis eröffnete ihm im Jahre 1951 die Berufung
an die Humboldt-Universität zu Berlin, an der er auch nach
seiner 1959 erfolgten Emeritierung weiter tätig ist.

Einen bedeutsamen Ertrag dieser Berliner Jahre stellt H.s „Grundriß
der praktischen Theologie" (1957) dar. Erwies sich schon „Die
Predigt" als das Werk eines sehr selbständigen und unkonventionellen

Theologen, so erscheint hier die reife Gestalt seiner theologischen
Eigenart in einem Buch, das wiederum nicht trockene Lehre enthält,
sondern ein beredtes Zeugnis für das unmittelbare Erleben und Durchdenken
der Probleme, vor die sich die Kirche in der modernen Welt
durch die Offenbarung Gottes gestellt 6ieht, ablegt. Die Aufgabe der
Praktischen Theologie bestimmt H. so umfassend wie möglich (und
nötigI) als die theologische „Wissenschaft von der Struktur der gegenwärtigen
Kirche", wobei die Kirche nicht nur Objekt, sondern zugleich
das Subjekt der Praktischen Theologie ist. H. löst 6ich damit von dem
verkürzenden Verständnis einer „Theorie der Praxis", wie überhaupt
von isolierter Betrachtungsweise, und sucht in erster Linie „das Wesen
und die Lebensgesetze der Kirche" zu verstehen, in die alles einzelne
kirchliche Handeln eingeschlossen i6t und bleiben muß.

Die wissenschaftlichen Prinzipien des Universalismus, des Realismus
und der Synthese, die diese Darstellung der Praktichen Theologie
leiten, 6ind bei Otto Haendler nicht bloß theoretischer Natur, sondern
kennzeichnen überhaupt sein Denken und seine persönliche Haltung.
Darum praktiziert er ständig den Kontakt mit den geistigen Strömungen
der Gegenwart und den anderen Wissenschaften, vornehmlich mit der
Psychologie und Medizin. Seine diesbezüglichen Bücher und Aufsätze,
sein Mitwirken an der Arbeitsgemeinschaft „Arzt und Seelsorger",
einschließlich der Zeitschrift „Wege zum Menschen", sowie seine vielen
Vorträge vor evangelischen Akademien und Kirchengemeinden haben
ihn in einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Er führt darin,
ebenso in seinen Predigten, das Gespräch mit dem heutigen Menschen
sowohl an der Peripherie wie im Zentrum der Kirche als ein wirklicher
Seelsorger, Menschenkenner und Meister in der Meditation.

Auch das Schwergewicht seiner akademischen Tätigkeit liegt in
dieser Richtung. Seine Studenten haben an ihm in Seminaren und Vorlesungen
einen Lehrer, der sie in recht lebendiger Weise auf ihren
seelsorgerlichen Beruf vorbereitet und der ihnen im übrigen selber
immer mit menschlichem Verstehen, Freundlichkeit und Großzügigkeit
begegnet. Nicht anders kennen und schätzen ihn seine Kollegen im
Lehramt der theologischen Fakultät, die dem Siebzigjährigen zu seinem
Ehrentage ihre Glückwünsche darbringen. Sie hoffen, daß der Jubilar
im neuen Lebensdezennium in ihrer Mitte seine wichtige Aufgabe mit
der gleichen jugendlichen Elastizität und Freude fortsetzen könne
wie bisher und daß Gottes gnädige Hand auch fernerhin an ihm und
durch ihn Segen wirke.