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Ausgabe:

1960

Spalte:

311-312

Kategorie:

Kirchenrecht

Titel/Untertitel:

Bindung und Freiheit in der Ordnung der Kirche 1960

Rezensent:

Schanze, Wolfgang

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von Alfred Götze aus den kleinen Texten CBerlin 1956) mitberücksichtigt
würde. — Dodi man scheut sich fast, einem Werke
gegenüber, das als Ganzes Dank und Lob geradezu herausfordert,
so vielerlei kleine Wünsche oder Ausstellungen vorzubringen.
Der Rezensent hofft, darin nicht mißverstanden zu werden.
Er möchte zum Schluß noch seine besondere Freude darüber zum
Ausdruck bringen, daß, namentlich im zweiten Halbband, die
vielen zur Personengeschichte gehörenden Fragen im Kommentar
so eingehend beantwortet worden sind.

Mainz Wilhelm Jannasch

Catapenhausen, Hans Frhr. von, u. Heinrich Botnkamn: Bindung
and Freiheit in der Ordnung der Kirche. Zwei Vorträge. Tübingen
: Mohr 1959. 48 S. gr. 8° = Sammlung gemeinverständlicher
Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte
, 222/223. DM 3.80.

Die Synode der Evangelischen Landeskirche von Baden hat
die Professoren Frhr. v. Campenhausen und Heinrich Bornkamm
beauftragt, anläßlich ihrer Tagung im Oktober 1958 grundlegende
Referate über da« Verhältnis von Freiheit und Bindung in der
Ordnung der Kirche zu halten. Die Aufgabe war so aufgeteilt,
daß v. Campenhausen der Frage im Urchristentum und in der
Alten Kirche nachging, während Bornkamm sie in der Sicht der
Reformation behandelte. Das „katechetische Ziel" war, der Synode
zu einer sauberen historischen und dogmatischen Sicht in einer
Frage zu verhelfen, über die weithin mit unklarer Affektbetont-
heit schiefe Urteile gefällt werden.

Beide Arbeiten enthalten eine Fülle wertvoller historischer
Beobachtungen, die darin übereinstimmen, daß nach echt kirchlichem
Verständnis die Schaffung von Ordnungen in jedem Falle
etwas Sekundäres sein muß, das den primären Elementen, nämlich
dem Wirken des Geistes, des Wortes, der Charismen, nicht vorgeordnet
werden darf.

In klarer Weise zeigt v. Campenhausen den gesunden Weg
zwischen hochkirchlicher Überschätzung des Institutionellen und
ultraprotestantischem Ressentiment gegen kirchliche Formgebung
schlechthin. In Bornkamms Aufsatz ist der Hinweis beachtlich,
daß der Begriff der Ordnung ursprünglich die dynamische Bedeutung
eines schöpferischen Handelns hat, nicht den statischen Sinn

festgelegter Formen. Wichtig ist auch Bornkamm« Hinweis auf
die Überzeugung der Reformatoren, daß es in der Kirche vor allem
Institutionellen ankommt auf „geeignete, treue und verständige
Personen". Deshalb bemühten sich die Reformatoren zunächst
nicht um Institutionen, sondern um Prediger.

Im übrigen neigen Bornkamms Ausführungen mehr als die
v. Campenhausens dahin, die Bemühungen um kirchliche Ordnungen
minder zu bewerten. Es bleibt zu fragen, ob dabei gegen -
über den theoretischen Äußerungen der Reformatoren, die von
der Antithese gegen eine Institutionskirche geprägt waren, das
faktische ordnende Handeln in den Reformationskirchen nicht
unterschätzt wird. Einer Synode, deren Aufgabe es nun einmal ist,
das Kirchenwesen zu ordnen, hätte der positive Wert solcher
Bemühungen deutlicher gemacht werden müssen, um ihr für diesen
gewiß zweitrangigen, aber doch notwendigen Dienst ein
gutes Gewissen zu geben. In diesem Zusammenhange wäre es
nützlich gewesen, die Folgen von Luthers souveräner Gleichgültigkeit
gegen Kirchenverfassungen nicht nur zu 6treifen (S. 43.
IV), sondern aus diesem historischen Verhängnis positive Folgerungen
zu ziehen im Blick auf die Bemühungen der heutigen
Kirchen, sich auch in ihren Erscheinungsformen Ordnungen zu
geben, die der Sache des kirchlichen Auftrages angemessen sind.

Weimar Wolfgang Schanze

F 1 a 11 e n, Heinrich: Die freie Beweis Würdigung im kanonischen
Prozeß.

Theologische Quartalschrift 139, 1959 S. 427—460.

Mayer, Rudolf: Kirche, Freikirche. Sekten.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1960 S. 156—186.

Metzger, Wolfgang: Kirche, Freikirche und Sekten in der Perspektive
einer Landeskirche gesehen.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7. 1960 S. 128—156.

Seckel. Emilf: Die erste Zeile Pseudoisidors, die Hadriana-Rezen-
sion. In nomine domini ineipit praefatio libri huius und die Geschichte
der Invokationen in den Rechtsquellen. Aus dem Nachlaß
mit Ergänzungen hrsg. v. Horst Fuhrmann. Berlin: Akademie-Verlag
19 59. 46 S. 8° = Sitzungsberichte d. Dt. Akademie d. Wiss. zu
Berlin, Klasse f. Philos., Geschichte, Staats-, Rechts- u. Wirtschafts-
wiss.. Jg. 1959, Nr. 4. Kart. DM 2.80.

Weeber, Rudolf: Grundfragen gesamtkirchlicher Zuständigkeit.
Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1960 S. 113—128.

VON PERSONEN
Erich Kloslermann 90 Jahre

Erich Klostermann vollendete am 14. Februar 1960 das
neunzigste Lebensjahr. Nur wenigen Gelehrten ist es vergönnt gewesen,
ein so hohes Alter zu erreichen. Theodor Zahn steht unwillkürlich als
Beispiel aus dem theologischen Bereich vor uns und weiter zurück
Karl Hase, aber der Erstgenannte trifft besser im Forschungsgebiet mit
Kfostermann zusammen. Wie jener es war, so ist auch Kloctermann unbeirrt
von der Last der Jahre unermüdlich tätig, um die wissenschaftliche
Ernte einzubringen, die ihm aus einem langen Leben gelehrter Arbeit
zugewachsen ist. Unser Wunsch ist, daß ihm die Vollendung glücklich
gelingen möchte.

Der 1870 geborene Gelehrte, Sohn des Kieler Ordinarius für Altes
Testament August Klostermann, habilitierte sich 1901 an der Universität
seiner Vaterstadt und bekleidete von 1911 an nacheinander die
Ordinariate für Neues Testament In Straßburg — die Berufung dorthin
darf als Auszeichnung angesehen werden und brachte ihn mit vielen
hervorragenden Männern in freundschaftliche Berührung — Münster,
Königsberg und Halle, wo er 1936 emeritiert wurde, aber noch während
and nach dem zweiten Weltkrieg in unverminderter Rüstigkeit auch als
Lehrer sein Fach vertreten hat. Seine Forschung begann er mit Studien
über die alttestamentlichen griechischen Bibelübersetzungen und deren
Überlieferung. Dies führte ihn frühzeitig zum Studium der Kirchenväter
und besonders des Origenes. Damit tat sich ihm neben dem Neuen
Testament das weite Feld der Patristik als das zweite Hauptgebiet
seiner gelehrten Forschung auf. Er hat mit zunehmendem Nachdruck auf
diesem gearbeitet und sich in Halle dafür ein eigenes patristischeg Institut
geschaffen, das einzige damals in Deutschland neben der Kirchenvaterkommission
der Berliner Akademie. Das Interesse des Ncutesta-
mentkrs Klostermann galt begreiflicherweise besonders den exegetischen
Werken der Väter zum Alten und Neuen Testament, daneben auch ihren
Beiträgen zur Topographie des Heiligen Landes. Auch um die Sammlung
der Reste der nentestamentlichen Apokryphen In vortrefflichen Studienausgaben
war er bemüht. Als Mitarbeiter an dem von Hans Lietzmann
begründeten Handbuch zum Neuen Testament übernahm er den wichtigen
Auftrag, die drei synoptischen Evangelien nach den Grundsätzen
dieses Kommentarwerks zu erklären, wozu er wegen seiner gründlichen
Vertrautheit mit der Väterexegese besonders berufen war. Der Erfolg
dieser drei kenntnisreichen und besonnenen Bücher wird durch ihre
Auflagenzahl bestätigt: die Kommentare zu Matthäus und Lukas konnten
dreimal, der zu Markus viermal erscheinen, womit 6ie bis in die
Gegenwart hinabreichen. Als Patristiker geriet Klostermann alsbald i"
den Bannkreis des zwanzig Jahre älteren Harnack und wurde Mitarbeiter
an der großen von der Kirchenväterkommission in Berlin unternommenen
Ausgabe der Griechischen Christlichen Schriftsteller, später Mitglied
der Kommission und Mitherausgeber ihres Archivs, der Texte und
Untersuchungen. Audi hier wurde ihm wieder ein zentrales Stück der
Sammlung übertragen. Er übernahm neben den kleineren theologisch«1
Schriften des Eusebius die Homilien des Origenes zu Jeremias und vor
allem dessen Matthäuskommentar. Die schwierige Überlieferung dieses
bedeutendsten Werkes in der exegetischen Literatur der alten griechischen
Kirche hat den Herausgeber beschäftigt, seitdem ihm in

Nachfolge

des 1920 verstorbenen Preuschen die Aufgabe zugefallen war.
Marksteine der Vollendung sind, nach einer vorbereitenden Studie 1931.
die Erscheinungsjahre der drei Bände (der letzte zweigeteilt) im Berliner
Corpus: 1933. 1935, 1941 und 1955. Es kennzeichnet die vornehme ond
der Sache verpflichtete Art Klostermanns, daß er seinem Mitarbeiter
beim Schlußband, Ludwig Früchte), ausführlich Gelegenheit zur Kritik
der Ausgabe gab, die auf einer abweichenden Beurteilung der lateinischen
Überlieferung beruhte. Nach diesem seine Kräfte so lange beanspruchenden
Werk liegt Klostermann gegenwärtig noch die Ausgabe
der Macarius- (Symeon-) homilien ob. Auch hier handelt es «ich wn
Texte, deren Überlieferung beweist, daß sie lange lebendig geblieben
sind und 6ich in einem steten Fluß befunden haben. Der Anteil, den be-