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Ausgabe:

1960 Nr. 4

Spalte:

307-311

Kategorie:

Kirchenrecht

Titel/Untertitel:

Die welfischen Lande 1960

Rezensent:

Jannasch, Wilhelm

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307 Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 4 308

und die manducatio oralis, die an da6 6ubstanzhafte Verständnis
der Realpräsenz gebunden ist, als unhaltbar preisgibt. Koch findet
diese Neuansätze in verschiedener Weise und Stärke bei
Althaus, v. Loewenich, Graß, Gollwitzer, H. E. Weber, Delekat
u. a. Seilet bei Eiert konstatiert er eine personale Auffassung
der Realpräsenz. Dem neuen Ansatz in der lutherischen Theologie
komme ein solcher in der reformierten Theologie entgegen. Über
den Unterschied zwischen der lutherischen Anschauung, die das
unmittelbare Handeln des Erhöhten selbst im Abendmahl bezeuge
, und der reformierten, die hier die Wirksamkeit des hlg.
Geistes betone (S. 142), setzt sich der Verf. m. E. etwas zu rasch
hinweg. Mit dem Hinweis auf die Trinität und ihre unteilbaren
opera ad extra ist hier nicht viel geholfen. Wo die Begegnung als
Begegnung im Geist oder durch den Geist verstanden wird, da
regt sich auch bald der Vorbehalt, daß der Geist weht, wo er will.
Damit ist dann aber die „Objektivität" der Begegnung gefährdet.
Bei der Forderung der Abendmahlsgemeinschaft unterschätzt Koch
die Bedeutung einer Gemeinsamkeit in der Lehre. Dabei hat er
sich doch selbst um die Neuformung der lutherischen Abendmahlsauffassung
bemüht, um eine Basis gegenseitigen Verstehens
zu finden.

Auch Kochs Buch ist vor den Arnoldshainer Thesen, auf die
sich die Abendmahlskommission der EKD einigte, erschienen.
Wie weit diese Thesen das Desiderat einer gemeinevangelischen
Abendmahlslehre erfüllen, ist hier nicht mehr zu erörtern.

Marburg/Lahn Hans Graß

Beumer, Johanne«: Das Verhältnis von Schrift und Tradition als

theologisches Problem bei M. J. Scheeben und H. Schell.

Theologifiche Revue 55, 1959 Sp. 203—214.
Bieder, Werner: Zum Problem Religion — christlicher Glaube.

Theologische Zeitschrift 15, 1959 S. 431—145.
Buschmann, WalterM.: Theology and the Non-Christian Religion«.

Theology Today 16, 1960 S. 459—470.
C z e g 1 e d y, Alexander: The Modern Paradox of Chri6t's Lordship.

Scottish Journal of Theology 12, 1959 S. 361—372.
Furuya, Yasuo Carl: Apologetic or Kerygmatic Theology?

Theology Today 16, 1960 S. 471^180.
G r c t h e r, Herbert G.: The Cross and the Bodhi Tree.

Theology Today 16, i960 S. 446—458.
Koster, Mannes Dominikus: Ist die Frage nach der Corredemptio

Mariens richtig gestellt?

Theologische Quartalschrift 139, 1959 S. 402—426.
Rottmann, H.: Zur Lehre von der Inspiration der Schrift.
Igreja Luterana XX, 1959 S. 183—202.

KIRCHENRECHT

Schling, Emil, Prof. Dr. jur. f: Die evangelischen Kirchenordnungen
des XVL Jahrhunderts (hrsg.). Fortgeführt vom Institut für evang.
Kirchenrecht der Evang. Kirche in Deutschland zu Göttingen. VI. Bd.:
Niedersachsen. I.Hälfte: Die Weifischen Lande. 1. Halbband: Die
Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig
und Lüneburg. 2. Halbband: Die Fürstentümer Calenberg-
Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim,
Hannover, Hameln und Einbeck, die Grafschaften Hoya und Diepholz.
Anhang: Das Freie Reichs6tift Loccum. Tübingen: Mohr 1955/57.
XVI, XIII. 1212 S. 4°. Lw. DM 50.- u. DM40.-.

Wer jemals mit den älteren Bänden der Sehlingschen
Kirchenordnungen gearbeitet hat, wird es mit außerordentlichem
Dank begrüßen, daß dieses unentbehrliche Werk nun fortgesetzt
wird und daß angesichts der vorliegenden Planung ein regelmäßiges
Weitererscheinen und ein glücklicher Abschluß des Ganzen
zu erhoffen ist. Die im Vergleich zu früher wesentlich erweiterte
Kommentierung zeigt den Fortschritt unserer Editionstechnik
wie die Steigerung der Ansprüche, die der heutige Benutzer
an ein solches Werk stellt. Großen Dank schuldet die wissenschaftliche
Welt den kirchlichen und staatlichen Stellen wie den
wissenschaftliche ' Körperschaften und städtischen Archiven für
ihre auch finanziell so notwendige und sachlich so tatkräftige
Unterstützung der umfangreichen Untersuchungen, die die Grundlage
für die Herausgabe der Kirchenordnungen bildeten; vor
allem aber ist den Herren und Damen zu danken, die die vom
Institut für Evangelisches Kirchenrecht der Evangelischen Kirche

in Deutschland zu Göttingen getragene Arbeit geleistet haben.
Laut den von Rudolf Smend und Ernst Wolf unterzeichneten
Vorworten lag die Leitung bei der Herausgabe der beiden bisher
erschienenen Teilbände in den Händen von Ernst Wolf - Göttingen
; Fräulein Dr. phil. A. Ritter - Göttingen hat im ersten Halbband
auf Grund umfangreicher archivalischer Studien die historischen
Einleitungen ausgearbeitet und für einige Kirchenordnungen
auch die Textabsdiriften geliefert; Frau Dr. theol. A. Spreng-
ler - Göttingen verdanken wir die kritische Bearbeitung der
Texte, die nochmalige Prüfung der Einleitungen (zusammen mit
den Herausgebern) und die Überwachung der Drucklegung; im
zweiten Halbband gehen auch die historischen Einleitungen in
der Hauptsache auf sie zurück. Der große Fortschritt, den die
gegenwärtige Sammlung niedersächsischer Kirchenordnungen
gegenüber dem durch sie (ebenso wie durch die früheren Sehlingschen
Bände) antiquierten Werk von A. L. Richter darstellt,
wird einem an der Tatsadie deutlich, daß von den in den beiden
Teilbänden veröffentlichten 49 Ordnungen 16 zum ersten Mal
vorgelegt werden, und zwar im Gegensatz zu Richter, der sich bekanntlich
im wesentlichen auf die verfassungsrechtlichen Teile
beschränkt hatte, nicht nur auszugsweise, sondern in vollem
Umfang.

Das Ganze ist folgendermaßen angelegt: es werden zunächst
(erster Halbband, 3—335) die Kirchenordnungen des Fürstentums
Wolfenbüttel dargeboten, anschließend die der Stadt
Braunschweig (erster Halbband, 337—479), unter denen die
Bugenhagensche von 1528 als die für weite Teile Norddeutschlands
grundlegende an dieser Stelle einem fa6t etwas verloren
vorkommt. Es folgen in der zweiten Hälfte des ersten Halbbandes
die Ordnungen des Fürstentums Lüneburg (48 3—624) und der
Stadt Lüneburg (625—695). Der zweite Halbband enthält die
Kirchenordnungen des Fürstentums Calenberg-Göttingen (701
—900) und anschließend die der Städte Göttingen, Northeim,
Hannover und Hameln (901—1020)1.

Es folgen die Kirchenordnungen des Fürstentums Grubenhagen
und der Stadt Einbeck (1023—1118). Den Abschluß bilden
die Ordnungen der Grafschaften Hoya und Diepholz, denen Nachrichten
über das Freie Reichsstift Loccum angehängt sind (1121
—1212). Außer einer allgemeinen Einführung in die beiden
Halbbände (XII—XIV), die den Begriff ,,Niedersachsen" klärt
und einen kurzen Umriß der niedersächsischen Territorial- und
Reformationsgeschichte nebst der wichtigsten allgemeinen Literatur
gibt, hat jede Kirchenordnungsgruppe ihre spezielle Einleitung
. Diese Einleitungen sind für den Benutzer von unschätzbarem
Wert. Einmal bieten sie die jeweilige Spezialliteratur für
das betreffende Kirchengebiet, wobei sie (gegenüber Sdiotten-
loher, dessen letzter Band 1940 erschien, einen Vorsprung von
rund anderthalb Jahrzehnten haben. Außerdem gewähren sie
einen vorzüglichen Einblick in die jeweilige Reformationsgeschichte
und den Zusammenhang unter den sich neu herausbildenden
Ordnungen. Als besonders wichtig für den Benutzer
empfinde ich den Hinweis auf nicht abgedruckte Archivalien,
durch den die Weiterarbeit an Spezialfragen außerordentlich erleichtert
wird. Was den Inhalt der dargebotenen Kirchenordnungen
betrifft, so braucht wohl kaum darauf hingewiesen zu werden
, welche Fülle von Wissensgebieten hier eine Bereicherung
erfährt. Abgesehen von dem außertheologischen Bereich der
Kulturgeschichte und der Geschichte der niederdeutschen Sprache
in der Zeit ihres allmählichen Niedergangs und Absterbens sind
diese Kirchenordnungen für die allgemeine Reformationflgeschichte
, für die territoriale und lokale Kirchengeschichtc, für
die Bedeutung der Klöster auf evangelischem Boden, für die
Gemeindeordnung, den Aufbau einer evangelischen Hierarchie
und nicht zuletzt für die Grundsatzfragen des evangelischen
Gottesdienstes und seine Geschichte von größter Wichtigkeit.
Das Werden des modernen Territorialstaates in seinem Verhältnis
zu den Kirchen, die Entstehung der Kirchenbehörden, die
stellenweise überraschend große Aktivität der LandesfürsteD
beim Aufbau einer neuen evangelischen Ordnung erhalten viel-

*) Für Hameln konnte allerdings keine eigentliche Kirchenordnung
geboten werden, weil es sie nicht gab, doch wird das Nötige über die
reformatorischc Entwicklung und die daraus folgende Ordnung in einer»
besonderen Referat geboten (K)18flf.).