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1960 Nr. 4

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

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Neuerscheinungen

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299 Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 4 300

zelnen Figuren wie über die Zusammensetzung des Mosaiks aus
dreikantigen Glaswürfeln mit viereckiger Oberfläche, wobei sich
bei genauer Prüfung neununddreißig Farbtöne ergaben. Diese
Glaspasten aber sind genau nach dem Rezeptenbuch des Theophi-
lus in Diversarum artium schedula, Buch II, Kapitel IV hergestellt
worden. Die wissenschaftlichen Bemerkungen werden wesentlich
unterstützt durch die 47 foliogroßen Offsetdrucke der Farbaufnahmen
, Die erste Aufnahme mit dem Portal im Ganzen ist allerdings
so schwach geraten, daß sie besser unterblieben und durch
eine Zeichnung der gesamten Komposition ersetzt worden wäre.
Die Einzelaufnahmen aber offenbaren die ganze Ausdruckskraft
der Figuren, vornehmlich der Physiognomien mit dem nachhaltigen
Blick der großen Augen. Am kraftvollsten wirken die Köpfe
im Maßstab 1:1, also in etwas über Lebensgröße. Man erkennt
auch aus dem Vergleich mit den in kleinerem Maßstab wiedergegebenen
Figuren oder Gruppen, wie die Farben sich bei weiterem
Abstand verändern. Nur die Nahaufnahmen dürfen als
wirklich verbindlich für die Originalfarben gelten.

Die merkwürdige Tatsache, daß dies Jüngste Gericht an der
Südseite des St. Veitsdome6 seinen Platz gefunden hat, wird nirgends
erwähnt. Die gotischen Kathedralen haben das Weltgericht
stets auf der Westseite gegen Sonnenuntergang dargestellt, wo
es eine der großen Aufgaben der Plastik bildete, die religiösen
Vorstellungen von Seligkeit und Verdammnis den Gläubigen im
Bildwerk nahe zu bringen. Der Bau des Langhauses von St. Veit
im Westen war aber damals noch gar nicht in Angriff genommen.
Hinzu kommt, daß die Kirchen des späten Mittelalters den
malerischen Raumbau bevorzugen und das Hineinschreiten von
der Seite her schon durch die Portalanlagen anregen und betonen.
Karl IV., der europäisch eingestellte Kaiser, ließ mit diesem
Jüngsten Gericht auf der Südseite seines Doms ein neues malerisch
gesinntes Jahrhundert beginnen.

Würzburg Kurt Ge rs tenbe rg

Borger, Hugo: Das Münster S.Vitus zu Mönchcn-Gladbach. Essen:
Fredebeul & Koenen 1958. 308 S., 373 Abb., 6 Ausklapp-Taf. 4° =
Die Kunstdenkmäler des Rheinlandes. Im Auftr. d. Landschaftsverbands
Rheinland hrsg. von Walther Zimmermann. Beih. 6. Lw.
DM 18.-.

Der Verfasser legt mit diesem Bande ein wichtiges dokumentarisches
Werk zur Baugeschichte des Münsters S. Vitus zu
Mönchen-Gladbach vor. Die umfangreichen Kriegszerstörungen
und die Stillegung des kirchlichen Gebrauchs während der
Wiederherstellungsarbeiten schufen die Voraussetzung für Grabungen
im Bereich des Kirchengebäudes. Der Ertrag war sehr
reich und bildete die Grundlage zur Dissertation des Verfassers
über die Baugeschichte des Münsters vom Jahre 1955. Diese
brachte wesentliche neue Erkenntnisse gegenüber der Darstellung,
die Paul Clemen in dem Bande „Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz
III, 4: Die Kunstdenkmäler der Städte und Kreise Gladbach
und Krefeld" (Düsseldorf 1896) gegeben hat und die bislang
für die Forschung weitgehend verbindlich geblieben war.
Die Dissertation mußte sich auf die Deutung der Befunde beschränken
. In diesem Buche legt der Verfasser nun das gesamte
Ergebnis seiner Arbeiten zur Baugeschichte des genannten Münsters
vor, d. h. die Deutung der Befunde und mit ihr vereinigt
einen eingehenden Grabungsbericht. Damit stellt der Band eine
wertvolle Quellenpublikation dar, die in erster Linie für die
Hand des Bauforschers und des Kunsthistorikers gedacht, aber
auch für den Kirchenhistoriker und für den Liturgiker beachtenswert
ist. Der Verfasser unterscheidet folgende Perioden der Baugeschichte
des Mönchen-Gladbacher Münsters: I. Siedlungsspuren
aus der Zeit vor der Klostergründung. Die Ausgrabungen in der
Kirche ergaben, daß auf dem Gelände, auf dem sich jetzt das
Münster erhebt, um 900 Menschen ihre Toten begraben haben.
Eine zeitliche Abgrenzung des Gräberfeldes nach oben ist bei dem
Fehlen der Keramik schwierig. „Denkt man die nicht aufgegrabenen
Stellen ebenso dicht und regelmäßig belegt wie das Aufgegrabene
, dann müssen hier sehr viele Menschen begraben gewesen
6ein" (S. 45). Aus den Funden folgert B., daß vor der
Klostergründung im Jahre 974, sicher seit 900, sich hier ein Begräbnisplatz
befunden hat. B. meint, es sei keine Phantasie,
wenn man 6ich dazu ein bescheidenes Kirchlein vorstelle und ein

paar Häuser nahebei (S. 53). Von dieser Kirche wurde bei den
Grabungen jedoch nichts aufgefunden. II. Die erste Klosterkirche
(974—1000) und II, 1 eine Erweiterung der ersten Klosterkirche
(vor 1050). III. Die zweite Klosterkirche (um 1000 — vor 1116).
Für unsere Kenntnis dieser Periode waren die Grabungen im Bereich
der Krypta, die im Zuge des Baus der zweiten Klosterkirche
aufgeführt wurde, sehr aufschlußreich. Es folgt dann die Errichtung
der dritten Klosterkirche, von der zunächst IV. der Westbau
(1180—1183) entstand, V. das Langhaus (1228-1239) und
VI. der Chor (1256—1275). Zur späteren Baugeschichte des Münsters
(VII.) führt B. aus, daß nach 1343 die Dreiturmgruppe
ausgebaut wurde. Abt Ambrosius Steigens (1680—1703) ließ den
(1326 zuerst erwähnten) Lettner abreißen. Eingreifende Restaurationen
sind aus den Jahren 1858—1860, 1904 und 193 5 bekannt
. Im September 1944 wurde das Münster durch Bombeneinwirkungen
aufs schwerste beschädigt. Seit 1947 wurde eine
umfassende Erneuerung durchgeführt. Die drei Klosterkirchen
zeigen recht verschiedene Grundrisse und besondere Eigenarten,
die Rückschlüsse auf die Vorstellungswelt der betreffenden Bauzeit
erlauben. Nach den Aussagen verschiedener mittelalterlicher
Schriftsteller wurde das Kirchengebäude damals als ein Abbild
der allgemeinen Kirche verstanden. Die liturgischen Formen
wandelten sich im Laufe der Zeit. Die Änderungen in der Gliederung
des Kirchengebäudes zu verfolgen, ist für den Forscher
darum ungemein wichtig. Sehr aufschlußreich sind teilweise auch
die Grablagen, d. h. wo zu den verschiedenen Zeiten innerhalb
des Kirchengebäudes Tote beigesetzt wurden. Alle seine Ausführungen
belegt B. mit reichem Bildmaterial, mag es sich um
die äußere Gestalt des Gebäudes, um frühe Siedlungsspuren,
Grablagen, Formen der Säulenbasen und der Kapitelle usw. handeln
. All das hebt den Wert des Buches als Quellenpublikation
weiterhin recht beträchtlich.

Cuxhaven Alfred Weckwerth

B i d d e r, Irmgard: Die Monolithkirchen Äthiopiens.

Kunst und Kirche 23, 1960 S. 20—28.
Gruenagel, Friedrich: Neue Schau alter Wahrheiten.

Kunst und Kirche 23, 1960 S. 32—34.
Lehmann, Arno: Mit welchem Pinsel?

Deutsches Pfarrerblatt 60, 1960 S. 29—31.
Mols, R.: Histoire de la creche de Noel d'apres un ouvragc recent.

Nouvelle Revue Theologique 91, 1959 S. 1049—1072.
Ricci, Leonardo: Haus Gottes und der Menschen. Ketzerische Gedanken
eines Architekten.

Zeitwende XXX, 1959 S. 823—829.
Ritter, Karl Bernhard: Kirchbau als Symbol.

Kunst und Kirche 23, 1960 S. 3—11.
Saussure, Eric de: Climat de l'art contemporain.

Verbum Caro XIII (No. 52), 1959 S. 381-389.

UTURGIEW1SSENSCHAFT U.KIRCHENMUSIK

Böhm Hans [Hrsg.]: Kirchenmusik heute. Gedanken über Aufgaben
und Probleme der Musica Sacra. Berlin: Union Verlag 1959. 188 S.
m. Taf. 8°. Lw. DM 8.—.

Der Buchtitel dieser Druckschrift aus den Federn von 24
meist namhaften Beiträgern ist zwar nicht irreführend, aber doch
nicht ganz zutreffend, denn es handelt sich, was erst die Wid-
mungsseite verrät, um eine echte Festschrift zum 70. Geburtstag
des Dresdener Kreuzkantore Prof. Rudolf Mauersberger. Er hat
sie vollauf verdient, dieser begeisterte und begeisternde evangelische
Kirchenmusiker, der mehr ist als nur ein virtuoser Kirchen-
chorlciter: auch selbst Komponist von stattlichen Graden, vor
allem aber Diener der Tonsatzmeister seines Bekenntnisses von
Schütz und Bach bis zu den Vertretern einer kühnen Moderne,
heute der ragendstc Vertreter erzgebirgischen frommen Musikan-
tentums, aus dem voreinst soviel Tbomas- und Kreuzkantoren
hervorgegangen sind, zugleich aber auch ein beispielhafter Lehrer
vom Typ des altsächsischen Humanismus. Welch uralte Tradition
er ehrenvoll wahrt, lehrt die Tatsache, daß er der 25. Kopf in der
Reihe seiner noch bekannten Amtsvorläufer ist, und vielleicht
der hervorragendste von ihnen, unter denen ihr jüngster Historiker
Hans Böhm Namen wie Rühling, Lohr, Beutel, Grundig.