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Ausgabe:

1960 Nr. 4

Spalte:

293-295

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Pietismus und Theologie 1960

Rezensent:

Fischer, Martin

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 4

294

Griffiths, Gordon: Democratic Ideas in the Revolt of the Netherlands
.

Archiv für Reformationsgeschichte 50, 1959 S. 50—63.
Hillerbrand, Hans J.: Ein Täuferbekenntnis aus dem 16. Jahrhundert
.

Archiv für Reformationsgeschichte 50, 1959 S. 40—50.
H o t z e 1, Siegfried: Luther im Augustinerkloster zu Erfurt 1505/1511.

Berlin: Evang. Verlagsanst. [1959]. 56 S. m. 17 Abb. kl. 8°. DM 1.50.
Joubert, L.: Les annees decisives de la Reforme Francaise 1559

- 1562.

fitudes Theologiques et Religieuses 34, 1959 S. 213—238.

Kingdon, Robert M.: The Economic Behavior of Ministers in Geneva
in the Middle of the Sixteenth Century.
Archiv für Reformationsgeschichte 50, 1959 S. 33—39.

Lau, Franz: Die Bedeutung Calvins für die evangelische Diaspora.
Die evangelische Diaspora 30 (1959) S. 133—143.

L o r t z, Joseph: Um das Konzil von Trient. IL
Theologische Revue 55, 1959 Sp. 193—204.

M e 11 i n k, A. F.: The Mutual Relations between the Münster Ana-
baptists and the Netherlands.

Archiv für Reformationsgeschichte 50, 1959 S. 15—33.
Rücken, Hanns: Calvin-Literatur seit 1945.

Archiv für Reformationsgeschichte 50, 1959 S. 64—74.
Weiß, Ruth: Die Herkunft der osthessischen Täufer. Teil 1.

Archiv für Reformationsgeschichte 50, 1959 S. 1—15.

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Schmitz, Otto: Pietismus und Theologie. Beiträge zu ihrer Verständigung
hrsg. Neukirchen/Kr. Moers: Verlag der Budihandl. des
Erziehungsvereins [1956]. 126 S. gr. 8°. DM 3.20; geb. DM 5.—.

Es ist das Lebensanliegen von Otto Schmitz gewesen, das ihn
bis an sein Lebensende (1957) beschäftigte, eine gerechte Beurteilung
des Pietismus und eine fruchtbare Begegnung von Pietismus
und Kirche zu fördern. Dem sollte eine sachliche Verständigung
zwischen Pietismus und Theologie dienen. Leider hat
er den über den vorliegenden Band hinaus geplanten zweiten Band
,«Begegnung zwischen Pietismus und Theologie" nicht mehr
fertigstellen können. Der Abschluß dieses Bandes wartet auf
Herausgabe durch seine Nachfolger. Der Gedanke, den vorliegenden
Sammelband herauszubringen, geht auf die erste Tagung
••Pietismus und Theologie" 1954 zurück, in der Vertreter der
Wissenschaftlichen Theologie mit Vertretern der Erweckungs-
frömmigkeit Kontakt suchten. H. J. Iwand, der mit Sdhniewind
6<hon in Ostpreußen während des Dritten Reiches eine sehr
fruchtbare Zusammenarbeit mit Vertretern der Gemeinschaftsbewegung
erlebt und gefördert hatte, hat diese Tagung mit Otto
Schmitz zusammen befürwortet. Von Seiten der Gemeinschaftsbewegung
führt die Arbeit besonders der Prediger Max Fischer
'°rt, der in Unterweissach (Württemberg) eine Pflanzstätte zur
Ausbildung von Gemeinschaftspredigern geschaffen hat und damit
die Arbeit von Bahnau in Ostpreußen fortsetzt. Aus der
Zusammenarbeit von Schniewind und Iwand einerseits und Max
"scher und seinen Freunden andererseits läßt sich erkennen,
Welche fruchtbare Bedeutung die Begegnung von! akademischer
Theologie und gemeinschaftsgebundener Arbeit haben kann.

Der vorliegende Sammclband bietet eine glückliche Aus-
Wahl aus durchgängig anderwärts schon erschienenen Arbeiten
Und Aufsätzen. Man begrüßt also alte Bekannte und freut sich,
?je Dokumente beieinander zu haben. Insbesondere ist es für die
jüngere Generation nötig, die Arbeiten beisammen zu sehen.
™er für die jüngere Generation, insbesondere für die Theologie-
ftudenten, wirken will, muß die entscheidenden Dokumente vorigen
. Das ist hier geschehen in einer Auswahl, die ich vorzüg-
ich geeignet nennen würde.

Von H. Obendick i6t aus der „Evangelischen Theologie'
Seme Arbeit „Die Kirche in der Missionssituation" aufgenommen
. Sie bietet eine Pastoraltheologie in nuce, und es ist nicht
Unbegründet, die belesene, umsichtige und reichhaltige Arbeit

dem Pietismus in Verbindung zu bringen. Hier haben sich
'" glücklicher Weise theologische Verantwortung und pietistisches
tfbe durchdrungen. Die Beiträge von Karl Heim, Wilhelm Brandt

Theodor Brandt sind dem Sammelband „Jesus lebt", 1939,

entnommen. Hier geht es um das erwecklidhe Zeugnis, seinen
Grund, sein Recht und seine Gestalt. Otto Schmitz selbst handelt
über „Die Lehre des Neuen Testaments über Taufe, Buße,
Glaube, Heilsgewißheit". Die in der Gemeinschaftsbewegung
heiß umstrittenen Fragen werden vorsichtig und gewissenhaft
erörtert und in einer sorgsamen biblischen und dogmatischen
Verantwortung dargestellt. Dabei bleibt es bei der Warnung vor
dem „Mißbrauch der Taufe als Ersatz für den Glauben" (S. 65).

Von den älteren, der Gemeinschaftsbewegung verbundenen
Theologen sind Adolf Schlatter und Walter Michaelis vertreten,
Martin Kähler fehlt. Er ist aber selbst durch seinen Schüler Julius
Schniewind aufs beste vertreten. Von ihm ist „Das biblische Wort
von der Bekehrung" aufgenommen. Schniewinds Wirksamkeit
lag in der mündlich gebotenen Auslegung der Heiligen Schrift.
Neben seinen größeren wissenschaftlichen Arbeiten gibt es kleine
Schriften, die eine gewisse klassische Bedeutung gewinnen werden
. Dazu gehört diese kleine Studie. Sie zeigt, wie der Verfasser
in Schrift, Bekenntnis und Kirchenlied lebt, wie dicht sein ganzes
Denken biblisch belegt ist, wie Satz für Satz gewogen ist, beteuert
von einem Mann, der in einer rücksichtslosen Hörbereitschaft
dem Wort der Heiligen Schrift sich aussetzt. Dabei übt er
Seelsorge mit seiner Darlegung. Und so wiegt sein Wort,
Charakteristisch ist, daß er nicht als Parteigänger des Pietismus
zu brauchen ist. Aber er ist, wie sein Lehrer, denen zugetan, die
die Frage nach dem gnädigen Gott und nach der Heilsgewißheit
durch den Pietismus in Erinnerung gehalten sehen. „Alle christliche
Predigt ist Bekehrungspredigt", kann er S. 56 sagen. In diesem
Verständnis hat er sich bei den Pietisten verstanden gefühlt
und sich in seinem unnachgiebigen Einsatz mit ihnen eins gewußt,
obwohl er auch ein herber Kritiker sein konnte. — Besonders begrüßen
wird man die knappe und geschickt vorgenommene Auswahl
aus Adolf Schlatters Schrift von 1897 „Der Dienst des
Christen in der altprotestantischen Dogmatik". Ich habe in dem
diakonischen Predigtband „Einer trage des andern Last", Berlin
1957, S. 20 ff. die hohe Bedeutung dieser zu. ihrer Zeit kaum
wirksam gewordenen und heute zu Unrecht vergessenen Schrift
hervorgehoben. Ihre Urteile über Luther mögen revisionsbedürftig
sein, die über das protestantische Kirchentum späterer Jahrhunderte
sind weitgehend zutreffend, und was er hier anzumelden
hat, müßte die Sprengkraft, die es in der Sache hat, erweisen.
Man hat die Auszüge aus Schlatters Schrift mit „Die Preisgabe
des Dienstes" überschrieben, wobei es um die passiv gehaltene
Gemeinde, die „passive Bekehrung" und die „negative Fassung
der Heiligung" geht. Wer von den Jüngeren Schlatter nicht oder
nur als Exegeten kennt, lernt ihn hier in der Leidenschaft seines
Kampfes um die zeitgenössische Christenheit kennen. Der Band
schließt mit drei Stücken aus dem Schrifttum von Walter
Michaelis. Hier geht es um den „Wert der wissenschaftlichen
Theologie für die Gemeinde Gottes", um „Ursprung und Wesen
der Gemeinschaftsbewegung" und um die „Bedeutung des Pietismus
". Der letzte Beitrag ist der Lebensbeschreibung von
Michaelis „Erkenntnisse und Erfahrungen aus fünfzigjährigem
Dienst am Evangelium", Gießen 1949, entnommen. Michaelis hat
der Gemeinschaftsbewegung den unvergeßlichen Dienst nüchterner
, kritischer Leitung getan. Da ist alles gesunde Lehre, vorsichtige
Orientierung im Felde von Kirche und Theologie, Abneigung
gegen jedweden Radikalismus, Bewußtsein für die innere
Verbindung der Gemeinschaftsbewegung mit der Kirche der Reformation
. „Die Forderung der Laientätigkeit — jedenfalls der
öffentlichen Wortverkündigung in diesem Umfang — ist wohl das
einzig Neue, mit dem seinerzeit die Gemeinschaftsbewegung an
die übrige Kirche herangetreten ist. Was wir 60nst sagten: Heilsgewißheit
, Bekehrung, Gotteskindschaft, Betätigung der Gemeinschaft
des Glaubens, ist das Neues? Hier hat die Gemeinschaftsbewegung
nur Gedankengut der Kirche bis zurück auf die
Bekenntnisschriften lebendig gemacht und in die Tat umgesetzt"
(S. 118).

Schon bei der Herausgabe des Sammelbandes „Rechtgläubigkeit
und Frömmigkeit", den Hans Asmussen, mit einer ganzen
Reihe von Freunden, Paul Humburg (Berlin 1939) widmete,
stellte sich bei verantwortlicher Darstellung heraus, wie sehr
Pietismus und Kirche aufeinander zugegangen waren, wie ßelten
zu Diskrepanzen oder gar zu einem sendungsbewußten Gegen-