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1960 Nr. 4

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

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Neuerscheinungen

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289 Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 4 290

Weiß erschienen sind. Ebenso hat er dem Werke eine Bibliographie
vorangestellt, die — unter übersichtlichen „subject
headings" — dem Leser da« Studium neuerer Forschungsarbeiten
anempfiehlt. Für einen Neudrude 6eien Ergänzungen der Literaturhinweise
vorgeschlagen; so z. B. (unter dem Abschnitt „Gnosti-
cism") ein Hinweis auf die Bücher von Hans Jonas, (unter
„Judaism") die englischen Übersetzungen des Babylonischen Talmuds
und des Midrasch Rabba, (unter „Early Christian Doc-
trine") die Bücher von Martin Werner, (unter „Acts") diejenigen
von Alfred Loisy, Alfred Wikcnhauser, Otto Bauernfeind, usw.
Besonders stiefmütterlich wurde die Evangelienforschung behandelt
(z. T. wohl darin begründet, daß das Werk von Weiß mit
dem Zeitpunkt nach dem Tode Jesu einsetzt); insgesamt sind
fünf Titel genannt, wovon vier auf das Johannesevangelium entfallen
; wozu Dibelius' „Formgeschichte" hinzukommt, die hier
unter „The New Testament" erwähnt ist. Bultmanns „Geschichte
der synoptischen Tradition", W. E. Bundy's „Jesus and the First
Thrce Gospels", Erich Grässere „Das Problem der Parusieverzö-
gerung", Willi Marxsens „Der Evangelist Markus", Hans Con-
zelmanns „Die Mitte der Zeit" sollten in einer Aufzählung der
zum Lesen angeratenen Bücher nicht fehlen.

Die Aufnahme des Werkes „Earliest Christianity" in die
volkstümliche Reihe der Torchbooks entspringt dem Bestreben
, die Fluten des neuerwachten „Fundamentalismus" einzudämmen
, dessen Anwälte die Außerachtlassung historisch-kritischer
Forschungsmethoden zum Prinzip erhoben haben. Die
amerikanische neutestamentliche Forschung hat sich Anregungen
aus dem mitteleuropäischen Raum gegenüber stets als aufgeschlossen
erwiesen. Seit dem zweiten Weltkrieg hat der früher
tege Gedankenaustausch gelitten. Zum Unterschied von literar-
kritischen, rcligions-gcschichtlichen und traditionsgeschichtlichen
Forschungsweisen hat die neuerlich in Deutschland gepflogene
••theologisch-kritische" Methode bisher in den Vereinigten Staaten
wenig Anklang gefunden. Die weitere Verbreitung der
Kenntnis älterer Werke wie desjenigen von Johannes Weiß
könnte einer fruchtbaren Wiederaufnahme de6 Gesprächs auch in
flieser Hinsicht von Dienst sein. Sowohl für ihre Leistung wie
für ihr Bemühen gebührt dem Herausgeber, den Übersetzern und
dem Verlag der Dank aller derer, denen es um die Förderung der
"eutestamentlichen Wissenschaft zu tun ist.

London Paul Winter

^ * n k 1 c r. I-rich: Die Petrus-Rom-Frage (Fortsetzung).

Theologische Rundschau N. F. 2 5, 1959 S. 289—335.
^e'oir, L.: L'original 6yriaque du Commentaire de S. fiphrem sur le

Diatessaron.

Biblica 40, 1959 S. 959—970.
Ritsehl, Dietrich: Hippolytus' Conception of Deification.
Scottish Journal of Tbeology 12, 1959 S. 388-399.

KincilENGESCWCHTE: REFORMATIONSZEIT

~ 4»U. Kl IV 4

L°ther, Martin: Die Han

Hanptscbriftcn. Die Lutherausgabe in einem
Bande. 3.,übcrarb. Aufl., hrse. v. K. Aland mit einem Vorwort von
H. Lllje. Berlin: Christlicher Zeitschriftcnverlag o. J. VIII, 466 S.
8°- Lw. DM 12.80.

Diese Ausgabe der Hauptschriften Luthers wurde in erster
Auflage 1939 von Hans Freiherr von Campenhausen
>m Verlage Steiniger, Berlin (mit 20 zeitgenössischen Dokumenten
und Bildern) herausgegeben. Die zweite Auflage besorgte auf
Wunsch v. Campenhausens Kurt Aland zusammen mit anderen;
fl'e jetzige dritte hat er neu durchgesehen. Die Dokumente und
B'lder der Erstausgabe sind nicht wiedergekehrt.
. Die Ausgabe bietet 25 Schriften Luthers, die in vier Abteilungen
geordnet sind. Unter dem Titel „Die reformatori6che
Verkündigung" stehen die 95 Thesen mit Stücken aus den Reso-
'utionen von 1518, die Heidelberger Disputation, der „Sermon

den guten Werken", die „Freiheit eines Christenmenschen",
*j'e Invocavit-Predigten von 1522, die „Treue Vermahnung" aus
dem gleichen Jahre, „Daß eine christliche Versammlung oder Gemeinde
Recht oder Macht habe" usw., schließlich die Schrift „Vom
u"freien Willen", natürlich stark gekürzt (auf gut 60 Druckseiten
). Unter „Glaube und Welt", folgen dann die Schriften „An
den christlichen Adel...", „Von weltlicher Obrigkeit", die
Schriften zum Bauernkrieg, „An die Ratsherren ...", der „Sendbrief
über die Frage, ob auch jemand, ohne Glauben verstorben,
6elig werden könne" (1522), „Ein kurzer Trostzettel für die
Christen, daß 6ie sich im Gebet nicht irremachen lassen" (1540).
Die nächste Abteilung, „Die Schriftauslegung", bringt den „Sendbrief
vom Dolmetschen", einige der Vorreden zum Neuen Testament
, das Magnifikat. Viertens endlich, unter dem Titel „Die
Lehre", folgen das „Bekenntnis der Artikel des Glaubens..."
von 1528, der Große Katechismus, die Schmalkaldischen Artikel.
— Die lateinischen Schriften sind übersetzt, die deutschen in ein
gut lesbares heutiges Deutsch übertragen. Die Ausgabe bringt
keine Anmerkungen oder Einführungen in die einzelnen Schriften,
sondern nur die Texte. Die Auswahl trifft 6icher die für einen
weiteren Kreis wichtigsten Schriften. Für den Theologen, auch den
Pfarrer im Amte reicht sie naturgemäß nicht aus. Aber — wie
der Verlag schreibt — „Katecheten und allen hauptamtlichen
Mitarbeitern in Kirche und Diakonie" wird sie besonderen
Dienst tun. Darüber hinaus ist sie dem evangelischen Hause
warm zu empfehlen, nicht minder für Arbeitskreise in der Gemeinde
, der Erwachsenen und der Jugend.

Was die Übersetzung der lateinischen Texte angeht, so sei
nur eine Frage vorgebracht. Die Ausgabe übersetzt bei der
20. These der Heidelberger Disputation (S. 31) die Worte
„posteriora Dei" (vgl. WA I, 362, 2. 4.) mit „Gottes (den Menschen
) zugewandtes Wesen". So finde ich es auch schon bei Georg
Merz, Zw. d. Zeiten 1926, S. 12. Aber trifft diese Wiedergabe
das Richtige? Die Wendung posteriora Dei stammt aus Ex. 33,23;
Luther übersetzt: „du wirst mir hinten nach sehen". In diesem
Sinne muß man das Wort auch in Luthers Disputation verstehen.
Im Unterschiede von der auf die invisibilia Dei gerichteten direkten
Erkenntnis Gottes ist die indirekte, paradoxe gemeint, die
auf 6eine menschliche Erscheinung in einer irdischen Geschichte
(visibilia Dei) gerichtet ist und ihn hier nur „von hinten", nur
im „hinten-nach-Sehen", nämlich auf den gekreuzigten Christus
(per passiones et crucem) erkennt.

Erlangen Paul Alt haus

Schmid, Heinrich: Zwingiis Lehre von der göttlichen ond menschlichen
Gerechtigkeit. Zürich: Zwingli-VerlaR 1959. 269 S. 8° = Studien
zur Dogmengeschichte und systematischen Theologie, hrsg. von
F. Blanke. A. Rieh u. O. Weber, Bd. 12. Kart. sfr./DM 19.-.

Der Verfasser, ein Schweizer Theologe und Pädagoge, hat
mit dieser Promotionsarbeit ein Thema aufgegriffen, das schon
lange der Bearbeitung harrte. Um es gleich zu 6agen: Das Ergebnis
der Untersuchung hat alle Erwartungen, die an ein solches
Thema gestellt werden, gerechtfertigt. Hier liegt eine Analyse der
Zwinglischen Lehre von Evangelium und Gesetz vor, die sich in
gleicher Weise durch Zuverlässigkeit der Quellenwiedergabe wie
durch geschickte systematische Verarbeitung auszeichnet — und
dies in einer ebenso klaren wie gegenwartsnahen Diktion. Darüber
hinaus liefert die Arbeit einen Beitrag zu der zu allen Zeiten
brennenden Frage nach dem Verhältnis von Kirche und Staat.
Man wird die Lehre Zwingiis — schon allein aus geschichtlichen
Gründen — nicht einfach übernehmen können, aber Zwingli hat
auch unserer heutigen Problematik sehr Wesentliches zu sagen.
Die Arbeit wird beidem in immanenter Geschichtskritik wie in
grundsätzlicher Kritik gerecht.

„Die Durchführung der Reformation stellte Zwingli vor
eine nicht geringe politische Schwierigkeit. Nach seiner Auffassung
muß dort, wo man dem Schöpfer den ihm geschuldeten
Gehorsam leistet, darüber gleichzeitig auch der Staat aufblühen"
(9). „Zwingli vertritt die Auffassung, daß bei einem Kampf zwischen
Recht und Unrecht Gott jenem Volk, das sich für das Recht
zur Wehr setzt, zum Sieg verhilft" (10). Der Reformator hat
seine Lehre über das Verhältnis von Evangelium und Gesetz, von
Kirche und Staat in der Auseinandersetzung mit der ihn bedrängenden
Täuferbewegung entwickelt und gegenüber den Täufern
in Zürich ein Verhältnis von Kirche und Staat entwickelt und
zugleich gestaltet (I), das in seiner Zeit praktikabel war. Es ist
weder mit dem üblichen Begriff der Theokratie zu fassen noch mit
dem des Kirchenstaates. Die grundsätzliche Trennung der Ge-