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Ausgabe:

1960 Nr. 4

Spalte:

284-286

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Christus victor mortis 1960

Rezensent:

Miegge, Giovanni

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 4

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Das alles wird mit faszinierendem Scharfsinn, glänzender
Dialektik und einem imposanten effort constructif entwickelt
und mit stilistischer Brillanz, kollegialer fairness oder liebenswürdigem
Sarkasmus vorgetragen. Doch das versteht sich bei diesem
Autor von selbst. Und genau so selbstverständlich ist es, daß
auch nach diesem Buche noch viele Probleme offen, noch manche
Thesen anfechtbar bleiben. Der verehrte Autor betont es oft und
nachdrücklich genug, daß alles, was man heute über Qumran
schreiben kann, noch immer mehr oder minder vorläufigen Charakter
trägt. Indessen, ces reserves ne surprendront aucun homme
de science; on connait ce mot du physicien genial Frederic
Joliot-Curie: le savant, aimait-il ä dire, procede ,,par ratures
succesives" (p. 30).

Von Anfang an hat D.-S. im Unterschied zu vielen anderen
Qumranforschern sein besonderes Interesse auf die Gestalt des
Maitre de Justice konzentriert. Der theologische Leser wird darum
vor allem nach dem Bilde des Moreh Hassedek fragen, das in
diesem Buch entfaltet wird. Wir geben eine kurze Skizze, die nicht
nur auf Kapitel 13, sondern auf dem ganzen Buche fußt und gelegentlich
auf den Hodajothkommentar von 1957 zurückgreift.
Sie wird bei der gebotenen Kürze notwendig un peu brutal werden
, nur ein stichworthafter Hinweis auf das Buch selbst, das es
nirgends an den erforderlichen Distinktionen und Vorbehalten
fehlen läßt.

Der Meister der Gerechtigkeit stammt aus priesterlichem
Geschlecht, beginnt seine Wirksamkeit um 104/3 ante, ist der
Gründer und Gesetzgeber des Orden6, wird verfolgt, vertrieben,
exkommuniziert und um 65/63 hingerichtet, vermutlich durch
das Schwert. Er ist wahrscheinlich der geistige Vater der Ordensregel
. Das Hymnenbuch trägt den Stempel seines Geistes und
darf darum weithin ak Zeugnis seiner Selbstinterpretation ausgewertet
werden: Der Meister der Gerechtigkeit beruft sich auf
eigene Gottesoffenbarungen und metaphysische Erkenntnisse, er
baut oder pflanzt die Neue Bundesgemeinde, richtet 6einen Ruf
aber letzten Endes an alle Welt. Er weiß sich als das Zeichen Gottes
, das zum Widerspruch herausfordert, er macht am eigenen
Leibe die messianischen Drangsale durch und erlebt eine geheimnisvolle
Tran6figuration, er versteht jeden Schritt seines Weges,
vor allem Berufung, Passion und Verklärung, im Lichte der
Knechtjahvelieder von Jes. 40/55.

Das Echo auf dieses Selbstzeugnis findet D.-S. im „Credo"
der Qumrangemeinde. Der Glaube der Ordensleute ist Glaube an
den Meister, seine Sendung, sein Wort, seine Zukunft. Sein Name
ist tabu wie der Jahvename selbst und wird daher nirgends genannt
. Zum Ersatz dafür dienen die verschiedensten Umschreibungen
, Amtsbezeichnungen und Würdenamen: Der Priester (le
Pretre par excellence), der Prophet, der Thoraforscher, der Gesetzgeber
(Legislateur, vojuofthrji;, ppmn), der Meister der
Gerechtigkeit, der einzigartige Meister (Maitre unique, fHTO
TTIVI). Der Schriftbeweis, der schon in der Selbstinterpretation
des Moreh eine maßgebliche Rolle 6pielt, wird nun eine unerschöpfliche
Fundgrube für die geschichtstheologische Ausdeutung
der Stiftergestalt durch die Gemeinde: c'est 6on histoire, sa dra-
matique histoire, que les commentateurs esseniens lisent ä tra-
vers la Bible entiere: il est comme le centre et le de de toute Ia
Revelation ancienne, l'objet principal de la foi (p. 270). Er ist
der Stern von Nu 24, der Prophet von Dt 18, der Hirt von
Sach 13, der Ebed von Jes 40 ff. u. a. m. Er ist der Prophet, der die
Letzten Gebote verkündet und die Heiligen der Letzten Tage
sammelt. Wer auf ihn hört, wer an ihn glaubt, der wird im Endgericht
nicht zuschanden werden. Seine Gegner aber verfallen alsdann
dem Strafgericht Gottes. Seit seinem Märtyrertode warten
die Qumranleute auf seine Wiederkehr in Glanz und Herrlichkeit
(p. 81; 146 u. ö.). In 1 QpHab 9, 5 erscheint die Katastrophe
vom Versöhnung6tag des Jahres 63 ante als eine Manifestation
seiner rächenden Macht und ein Vorzeichen seiner bevorstehenden
Wiederkehr (p. 278 f.; 359). In 1 QSa 2,19 gilt
er ak der kommende Priestermessias, in den Damaskustexten als
der priesterliche und königliche Messias in einer Person, anderwärts
ak die eschatologische Universalgestalt, die die drei großen
Ämter in sich vereinigen wird: das prophetische, das königliche
und das hochpriesterliche Amt (p. 332).

Man sieht, wie eng in diesem Buch die Verwandtschaft der
qumranischen Lehren vom Mekter der Gerechtigkeit mit dem

Christusbild der Evangelien erscheint. Wenn D.-S. das Credo
der Qumranleute richtig rekonstruiert hat, dann ist es klar, daß
viele und ganz entscheidende Elemente des kirchlichen Kerygmas
direkt oder indirekt aus Qumran stammen. Über die theologischen
Konsequenzen, die sich au6 einer solchen Erkenntnis ergeben
würden, braucht man an dieser Stelle kein Wort zu verlieren
. Dann aber erhebt sich wiederum die Rückfrage: Warum wohl
hat die Qumrangemeinde rebus sie stantibus nirgends ein Evangelium
und nirgends ein durchgeformtes Credo hervorgebracht? Noch
hat sich jedenfalls unter den bisher bekanntgegebenen Fragmenten
nichts Derartiges gefunden. Werden künftige Funde uns ein
qumranisches Evangelienbuch, ein qumraniisches Glaubensbekenntnis
bescheren?

Es ist unter den Theologen beider Konfessionen üblich geworden
, sich mit allerlei unverbindlichen Sätzen über Qumran
und die Neutestamentliche Umwelt zu begnügen. Es ist das Verdienst
des großen Pariser Orientalisten, daß er den Theologen
und Nichttheologen vor Augen stellt: Es geht hier um einiges
mehr. Es ist darum dringend zu wünschen, daß dieses Buch unverzüglich
in einer 6ach- und sprachkundigen deutschen Übersetzung
herauskomme, damit alle es lesen können, die es angeht.
Und das sind nicht wenige.

Erlangen Ethelbert S tau ff c r

00

Christus victor mortis. Pontificia Universitä Gregoriana.
Terza Settimana Teologica, 23—27 Settembre 1957. Vari autori. Roma:
Libreria Editrice dell' Universitä Gregoriana 1958. 324 S. gr. 84.
Kart. $ 2.20.

Ce livre contient les Conferences tenues par divers theolo-
giens ä la Trokieme Semaine Theologique, organisee par l'Uni-
versite Gregorienne de Rome, en Septembre 1957. Le theme central
etait: l'importance de la resurrection de Christ dans la
theologie, la liturgie et la vie des chretiens.

Ces etudes sont groupees en quatre 6ections. La premiere est
dediee ä la theologie dogmatique. Cette 6orte de preseance de la
dogmatique, ä I'egard de la science biblique et de la tradition,
nous avertit le Pere L. Ciappi, O.P., dans la premiere de ces Conferences
(„La risurrezione dei morti secondo
la dottrina cattolica") n'est pas düe au hazard: la
theologie, en tant que science de la revelation, „comprend
necessairement le magistere vivant et perpetuel de l'Eglise Ca-
tholique, qui 6elon I'Encyclique Humani Generis (...)
est la norme prochaine et universelle de notre foi, comme simples
croyants, et de notre science des mysteres divins" (p. 4). Le meme
auteur, dans 6on etude, discute de la nature des corp6 ressuscites,
ä savoir si leur identiti avec notre corps actuel exige l'identite
„numerique" de la meme matierc, ou seulement l'identite de la
„forme substantielle", c'est ä dire de l'äme immortelle; et il
conclut en choisissant une Solution moyennc (p. 19).

Trois autres Conferences exposent l'importance dogmatique
de la Resurrection de Christ pour la soteriologie: J. Alfaro, S. )■'■
Cristo glorios o, revelador del Padre (p. 22—
70); W. A. Van Roo, S. J.: The resurrection of
Christ: instrumental cause of gracc (pp. 71
—84); J. H. Wright, S. J.: The consummation of the
universe in Christ (pp. 85—94).

La seconde section du volume contient quatre etudes de
theologie biblique.

Le Pere S. Lyonnet, S. J. discute: „La valeur 60teri"'
Iogique de la resurrection du Christ s e 1 o n
saint Paul" (pp. 95—118). La mort et la resurrection de
Jesus Christ sont associees, dans les textes du N. T. et dans le5
ecrivains chretiens anciens comme Ia cause indivisible de k
justification de l'homme (Rom. 4, 25); mais la tendence juridique
du christianisme Occidental amena Ia pensee theologique ä con-
siderer la mort de Christ comme la seule cause necessaire et
süffisante (la cause „meritoire") de la justification, tandisque le
röle de la resurrection se reduisit ä etre un argument qui confirme
la foi en Christ et donne de l'autorite ä ses preeeptes (Ambrosiaster
), c'est ä dire vint ä se limiter au champ de la redemption
subjective (appropriation du salut). C'est dans cette ligne que
se placent les exegetes de la Contrereforme. Cette Solution
apparait insuffisante ä l'Auteur, qui sur la basc des textes