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1960 Nr. 4

Kategorie:

Judaistik

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Neuerscheinungen

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281 Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 4

282

Du B u i t, M.: Quelques contacte bibliques dans les ardiives royales
de Mari.

Revue Biblique 66, 1959 S. 576—581.

R o d d, C. S.: Rediscovered Hebrew Mcanings
The Expository Times 71, 1960 S. 131—134.

M i 1 i k, J. T.: Notes d'epigraphie et de topographie palestiniennes
(Plandies XIII et XIV).
Revue Biblique 66, 1959 S. 550—575.

Soggin, Alberto: Zur Entwicklung des alttestamentlichen Königtums
.

Theologische Zeitschrift 15, 1959 S. 401—418.
Sutclif f e, E. F.: The General Council of the Qumran Community.

Biblica 40, 1959 S. 971—984.
Venard, }.. C.J.M.: Israel in der Geschichte. Deutsche Bearbeitung

von E. Beck. Düsseldorf: Patmos-Verlag [1958]. 90 S., 2 Ktn. 8° =

Die Welt der Bibel. Kleinkommentare zur Heiligen Schrift, hr6g. v.

E. Bede. W. Hillmann, E.Walter, 1. Kart. DM 4.80.

JUDAICA

oldbcrg, P. Selvin: Karaite Liturgy and its Relation to Synagogue
Xn/L, Worship. Manchester: Manchester University Press [1957]. VIII, 134 S.
8*. Lw. 16 s.

Der Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, die Unterschiede
zwischen dem Ritual der Karaeer und dem des talmudischen
Judentums aufzuzeigen. Unter dem Begriff „Ritual" faßt
Goldberg alle Formen und Riten de6 Gottesdienstes sowie der
Liturgie zusammen. Durch diese Gegenüberstellung der karae-
ischen mit der rabbinischen Liturgie gewinnt der Leser zugleich
r einen Überblick über das Brauchtum des rabbinischen Judentums,
da« vor einem Jahrhundert zuerst von Leopold Zunz (Ritus des
'. isynagogalen Gottesdienstes, 18 59), vor einigen Jahrzehnten von
Ismar Elbogen (Der jüdische Gottesdienst', 1931) und in unseren
Tagen von Eric Werner (The Sacred Bridge, 1959) untersucht
* worden ist.

Zunächst behandelt Goldberg die Gebetszeiten der Karaeer.
Obwohl sich schließlich die Karaeer auf das Morgen- und Abendgebet
einigten, herrschte ursprünglich darüber keine Übereinstimmung
, so daß siebenmal am Tage (Kkkisani) gebetet wurde.
Später jedoch richtete man sich nach den Opferzeiten im Jerusalemer
Tempel. Im Unterschied zum rabbinischen Judentum kannten
die frühen Karaeer nicht die vorgeschriebene Zehnzahl
(Minjan) für bestimmte Gebete (Kedusa, Kaddis, Mussaf-Gebet,
Thoravorlesung, vgl. b. Ket. 7b; Ber. 2lb). Die Ablehnung de«
Minjan erklärt Goldberg aus der Tatsache, daß die Karaeer weit
verstreut voneinander lebten, und daher oft keine Gemeinde von
zehn religiös volljährigen Männern bilden konnten. Das talmudische
Judentum kennt keine vorgeschriebenen Gebetshaltungen,
weil die Gelehrten befürchteten, das einfache Volk könnte auf
den Gedanken kommen, bestimmte Gebetshaltungen dienten dazu
, eine Antwort von Gott zu erzwingen. Die Karaeer hingegen
Jagten 6ich weniger Zurückhaltung auf und versuchten, ihre
Gebctshaltungen aus dem Alten Testament abzuleiten. Sie unter-
leiden: Stehen, Armausstrecken, Niederknien, Verbeugen, Niederfallen
, Hüpfen u. a. Rabbinisches Judentum und Karaeer beten
•fiit dem Gesicht nach Jerusalem, wobei die Rabbinen diese Vorschrift
jedoch nur auf das 'Amida-Gebet beschränkten. Hinsichtlich
der kultischen Reinheit übertrugen die Karaeer die Bestimmungen
vom Jerusalemer Tempel auch auf die Synagoge, während
die Rabbinen nur forderten, man sollte sich in der Synagoge
s° anständig wie daheim aufführen (bBer. 63a). Besondere Vorschriften
für die Kleidung beim Gebet sind dem talmudischen
Judentum unbekannt, die Karaeer schreiben vor, man müsse vollständig
und fleckenlos bekleidet sein. Goldberg untersucht nun
1™ einzelnen die Gebete der Karaeer und zeigt auf, in welcher
Weise sie rabbinische Elemente enthalten, und wo sie vom
**abbinischen Judentum divergieren. Eine grundsätzliche Verschiedenheit
ergibt sich bereits dadurch, daß die Karaeer drei rabbl-
•Jische Grundgebete verwarfen: Die 'Amida (das Achtzehngebet),
~,as Kaddis-Gebet, die Benediktionen vor und nach dem Sema'-
rü Stattdessen führten die Karaeer zahlreiche alttestament-
!'*e Schriftstellen als Gebete ein; besonders hielt sich das karae-
!**e Judentum an die Psalmen. Hier kommt die dogmatische
Hauptdifferenz zum Rabbinismus klar zum Ausdruck: Die Karaeer

forderten, daß allein das Alte Testament und nicht die als un~
kanonisch abgelehnte jüdische Tradition die Grundlage de«
Gottesdienstes bilden dürfte. Der Verfasser zeigt schließlich noch
die Auffassung der Karaeer über das Schofar-Blasen, das Wohnen
in Hütten und den Feststrauß am Hüttenfest auf.

In seinem Vorwort zur Studie von P. S. Goldberg weist
Prof. H. H. Rowley darauf hin, daß gerade heute der Lehre der
Karaeer ein vermehrtes Interesse zukommt: Es bestehen gewisse
Parallelen zur Gemeinde vom Toten Meer. Wir wissen freilich
nicht, auf welche Weise sich die Karaeer das Gedankengut der
Qumransektierer angeeignet haben; die Übereinstimmungen dürften
jedoch nicht auf bloßem Zufall beruhen.

Die sorgfältige, aus den rabbinischen und karaeischen Quellen
gearbeitete Untersuchung von P. S. Goldberg dient jedenfalls
dazu, uns die Entwicklung des spätantiken jüdischen Rituals zu
verdeutlichen.

Basel Ernst Ludwig Ehrl ich

Ben-Chorin, Schalom: Zeit und Raum als Paradox der Religion.

Eckart 29, 1960 S. 27—31.
Scharlemann, Martin H.: The Theology of Synagog Architecture.

Concordia Theological Monthly XXX, 1959 S. 902—914.

NEUES TESTAMENT

Dupont-Sommcr, A., Prof.: Les ecrits esseniens decouverts prts
de la mer Morte. Paris: Payot 1959. 446 S., 3 Ktn-Skizzen. gr. 8°

= Bibliotheque historique. ffr. 3000.—.

Am Schlüsse des Buches sind 42 Qumranpublikationen des
Autors aus den Jahren 1949 bis 1958 registriert. Man weiß, wie
entscheidungsvoll der illustre Gelehrte in die Diskussion um die
Qumranrollen eingegriffen hat. Man kennt die Apercus pr£limi-
naires von 1950, die Nouveaux Apercus von 1953, den Hymnenkommentar
von 1957 und viele andere Untersuchungen, die teilweise
ins Englische, nie aber ins Deutsche übersetzt worden sind.
Nun hat jene zehnjährige Forschungsarbeit in einem repräsentativen
Bande der Bibliotheque Historique ihre Krönung gefunden.
Es kann für jeden homme de science nur eine stolze Freude sein,
von diesem Krönungsfest zu berichten.

Das Buch beginnt mit einem Bekenntnis zu den glanzvollen
Traditionen der französischen Orientalistik und Geistesgeschichte
und einem Briefzitat Friedrichs des Großen: J6sus £tait propre-
ment un Essenien (p. 22). A vrai dire un peu brutal, bemerkt der
Autor, der 6ein eigenes Votum erst im letzten Kapitel abgibt.
Kap. l bringt eine französische Übersetzung der antiken Essenernotizen
: Philon, Josephus, Plinius, Dion Chrysostomus, aber
erfreulicherweise auch Hippolyt, den außer Matthew Black bisher
kaum jemand der Beachtung gewürdigt hat. Dazu eine Fülle kritischer
Anmerkungen, vor allem p. 42 die grundlegende These:
Der vouofteTr)<; von Jos Bell 2, 8, 9, 145 ist nicht Moses, sondern
der Ordensstifter, dessen Name ein aeßng fxsya ist wie
das Tetragramm. In Kap. 2 erörtert D.-S. die literarischen und
archäologischen Indizien, die für den cssenischen Ursprung der
Qumranrollen sprechen. In neun Kapiteln folgen sodann die
Übersetzungen der qumranischen Rollen (samt den Damaskustexten
) und wichtigsten Fragmente, von Fall zu Fall durch aufschlußreiche
Einleitungen und Fußnoten erläutert, so z.B. p. 149
(für Beibehaltung des Singulars „der Messias aus Aaron und
Israel" in den Damaskustexten) oder p. 315 ff. (gegen M. De Jon-
ges Thesen über die Zwölfertestamente). Im 12. Kapitel vertritt
D.-S. mit alten und neuen Argumenten die Deutung der Kittiim
auf die Römer. Das Haupt der Könige von Javan (Dmt 8, 11) ist
Pompeius, der Frevelpriester ist in allen Fällen (v. la lagere
retouche p. 365, l) Hyrkan II. In Kap. 13 behandelt D.-S. den
Meister der Gerechtigkeit, wie in seinem Hymnenkommentar in
drei Artikeln: Der Prophet, Der Schmerzensmann, Das Haupt der
Kirche. In Kap. 14 untersucht der Autor die geistesgeschichtlichen
Beziehungen zwischen Essenismus und Christentum. Der
kurze Abschnitt über Jesus (p. 389/391) ist das
Beste, was ich bisher zu diesem Thema gelesen
habe. Zum Schlüsse folgen 6 Appendices, der längste
und interessanteste i6t der über die Kupferrollen (p. 393/404), z»
dem man Herrn Kollegen Karl Georg Kuhn gratulieren darf.