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Ausgabe:

1960 Nr. 4

Spalte:

277-279

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Bernhardt, Karl-Heinz

Titel/Untertitel:

Die gattungsgeschichtliche Forschung am Alten Testament als exegetische Methode 1960

Rezensent:

Wolff, Hans Walter

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 4

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Action in Changing Crises." Hayward mahnt die Mission zur
Verwirklichung wahrhaft ökumenischen Handelns. O s c h a r d
fragt, ob nicht im Unterschied von der mittelalterlichen und späteren
pietistischen Konzeption des „Christentums" heute in der
völlig veränderten Weltsituation eine neue gesucht werden muß,
welche die absolute Universalität der Christusherrschaft klar zum
Ausdruck bringt? Zum Schluß stellt van Düsen anhand von
reichlichem geschichtlichem Material die Wirklichkeit auf den
Leuchter, daß die Christliche Mission trotz ihrer Mannigfaltigkeit
heute die lebendige Fördererin der kirchlichen Einheit sei. —
Die den Aufsätzen folgende .Bibliographie' W. Freytags (1926
—1958 — 9 Seiten in Kleindruck umfassend — vermittelt einen
tiefen Eindruck vom unermüdlichen Schaffen des verstorbenen Jubilars
im Dienst der Mission und Ökumene. Gerade der Überblick
über dieses gewichtige Schrifttum vermag deutlich zu machen, wie
sinnvoll der Titel für die Festgabe gewählt ist: „Basileia".

Basel Heinrich Geizer

Bahr, H. W.: Die universelle Erweiterung der Ethik im Denken Albert
Schweitzers.

Univereitas 15, 1960 S. 89—100.
Brinkmann, Donald: Albert Schweitzer und die Welt der Technik.

Universitas 15, 1960 S. 101—106.
B u r g e 1 i n, Pierre: Kirche und Welt in den Epochen europäischer

Geschichte.

Die Zeichen der Zeit 14, 1960, S. 7—14.
Nygen, Johan B.: Albert Schweitzers Kulturphilosophie und Kulturkritik
.

Universitas 15, 1960 S. 3—12.
Michel, Otto: Albert Schweitzer und die Leben-Jesu-Forschung heute

— Apokalyptik und Qumran.

Universitas 15, 1960 S. 33—42.
Minder, Robert: Zu Albert Schweitzers Begegnung mit Goethe.

Universitas 15, 1960 S. 43—48.
Nissen, Rudolf: Die Konsequenzen der Ehrfurcht vor dem Leben

für die Medizin.

Univereitas 15, 1960 S. 83—88.
Sehr ade, Leo: Die Ästhetik Albert Schweitzers — Eine Interpretation
Bachs.

Univereitas 15, 1960 S. 61—78.
Wagner, Friedrich: Albert Schweitzer und das Atomproblem.

Universitas 15, 1960 S. 49—60.
Weizsäcker, Carl Friedrich von: Wissenschaft und die moderne

Welt.

Kirche in der Zeit 15, 1960 S. 39—43.

ALTES TESTAMENT

Bernhardt, Karl-Heinz: Die gattungsgeschichtliche Forschung am
'J ; Alten Testament als exegetische Methode. Ergebnisse und Grenzen.
^t** Berlin: Evangelische Verlagsanstalt [1959]. 45 S. gr. 8° = Aufsätze
und Vorträge zur Theologie und Religionswissenschaft, hrsg. von
F. Schott und H. Urner. H. 8. Kart. DM 2.40. - CjL >f gQlf

Das Heft ging aus einem Vortrag hervor, der schon im
Sommer 1956 gehalten wurde. Es will der Vorbemerkung nach
;'in Wesen und Probleme der gattungsgeschichtlichen Methode
innerhalb der alttestamentlichen Exegese" einführen. Diesem Ziel
dienen im wesentlichen die Abschnitte IV—VIII.

In Teil IV (S. 20—25) wird eindrucksvoll über einem modernen
arabischen Text die Schwierigkeit, aber auch die unerläßliche
Notwendigkeit einer exakten Gattungsforschung gezeigt,
Wenn es überhaupt zu einem textgemäßen Verständnis kommen
S°H. Ein wunder Punkt der heutigen Forschung wird angerührt,
wenn B. „eine genaue Definition der verschiedenen Gattungen"
(S. 23) vermißt und Widersprüche der Interpretation auf einen
Dissensus im Terminologischen (S. 25) zurückführt, wobei man
nur mit ihm beklagen kann, daß Hermann Gunkels Forderung
einer umfassenden Geschichte der Gattungen bis heute nicht erfüllt
worden ist (S. 24).

Teil V (S. 26-30) bringt „die Problematik der Gattungs-
"estimmung" am Beispiel des Ps. 68 zur Sprache. „Es fehlt an
e'nem sicheren Kriterium für .Gattung' und .Form' " (S. 29).
Diesen Mangel sieht B. besonders folgenschwer bei den sog.
••gemischten Formen" und den sog. „kleinen Gattungen", für die

nur wenige Belege im AT vorhanden sind. Die Frage nach inhaltlichen
Motiven schießt oft fälschlich in die Aufgabe der
Gattungsbestimmung hinein.

Teil VI (S. 31—33) geht zunächst der Schwierigkeit nach,
die mit den im AT selten belegten Gattungen gegeben ist. Die
Lösung bietet der „weite Raum des gesamten altorientalischen
Materials" (S. 32), indem der „methodische Ausgangspunkt allein
in der Identität der Form liegt" (S. 33). B. notiert ak „wichtiges
Ergebnis der Gattungsforschung am Alten Testament: eine
legitime Nutzbarmachung des altorientalischen Materials für das
Verstehen des Alten Testaments" (S. 32). So unbestreitbar dieser
Hinweis ist, so wird B. damit nicht sagen wollen, daß andere
Verwendungen des altorientalischen Materials, etwa in Auswertung
zur Geschichte Israels, illegitim seien. Fast klingt es so. Daß
die Gattungsfrage nie übergangen werden darf, ist allerdings von
großer Tragweite. Zu den „kleinen Gattungen" vermißt man
einen Hinweis auf die Möglichkeit inneralttestamentlicher Deszendenz
in Verselbständigung von Elementen großer, alter
Gattungen anläßlich spezieller israelitischer Lebensvorgänge. —

Wichtig ist das VII. Kapitel (S. 34—38). In Auseinandersetzung
mit der anglo-amerikanischen „Pattern-School" und der
schwedischen „Uppsala-Schule" wird das rechte Verhältnis von
Form und Inhalt in den Gattungen erfragt. Gleichheit der Form
bedeutet nicht Gleichheit des Textinhalts. Wohl aber gehören bei
jeder alten literarischen oder rhetorischen Form mit dem bestimmten
„Gattungsthema" auch „feste Redewendungen, Bilder
und Gedanken zu den typischen Gattungsmerkmalen" (S. 37).
Es ist gut, daß die Topik der Gattungen — B. verwendet den Terminus
nicht — damit aufs neue der Beachtung empfohlen wird.

Zur eindeutigen Definition einer Gattung weist das VIII.
Kapitel (S. 39—42) schließlich auf „die Verbindung einer Gattung
mit jeweils bestimmten Lebensvorgängen" hin (S. 39). „Die
Bestimmung des Lebenssitzes ist für das Verständnis des Textgehaltes
und seiner Tendenz ganz entscheidend wichtig" (S. 41).

Ein abschließendes IX. Kapitel (S. 43—45) zieht eine Konsequenz
hinsichtlich der „kultischen Interpretation" alttesta-
mentlicher Texte. Man kann nur zustimmen, wenn gegen die sog.
„Pattern School" gefordert wird, daß der „Sitz im Leben des
Textes in seiner gegenwärtigen Form „für die Interpretation entscheidend
ist und nicht etwa ein „ursprünglicher Sitz im Kultus".
Aber B. wird doch nicht sagen wollen, daß die Vorgeschichte der
Formen und der Stoffe für die Exegese unfruchtbar oder auch nur
entbehrlich wäre. Das reimte 6ich nicht zu seiner Erinnerung an
Gunkels Forderung einer Gattungs g e s c h i c h t e, die doch der
Einzelerklärung zugute kommen soll. Dann aber ist der Seitenhieb
auf G. v. Rads Hexateuchinterpretation, die merkwürdigerweise
auf der Linie der Uppsala-Schule erscheint (S. 44), schwerlich
gerecht. Denn eben G. v. Rad hat in den Spuren Gunkels und
über ihn hinausführend gezeigt, welche Wandlungen die sakral
gebundenen Stoffe in der Literaturwerdung erfahren und was die
gattungs geschichtliche Erkenntnis für das Verständnis
der gegenwärtigen Textgestalt und ihrer spezifisch neuen
Aussagen bedeutet.

In den Hauptstücken der programmatischen Studie Bernhardts
ertönt ein energischer und beachtlicher Ruf zurück zu
Hermann Gunkel und der von ihm ausgebildeten Forschungsart.
Der Vortrag bietet zwar kaum etwas, das nicht schon von ihm
und seinen Schülern betont worden ist, warnt aber mit Grund
vor neuerlichen Abwegen und ist eben so eine brauchbare Einführung
in gattungsgeschichtliche Forschung.

In den ersten drei Abschnitten schickt B. einige grundsätzliche
Überlegungen über „Ziel und Norm exegetischer Arbeit"
(Teil I, S. 7-16), über „das Kriterium für die Exaktheit der exegetischen
Arbeit" (Teil II, S. 17) und über „die Frage nach der
rechten Methode in der alttestamentlichen Exegese" voraus. Auch
hier gibt es mancherlei begrüßenswerte Sätze und notwendige
Warnungen. Das „Ziel der Exegese" ist „das möglichst adäquate
Verständnis der Meinung des Textes", „ihre Norm allein die
Sachgemäßheit-Sdiriftgemäßheit ihrer Aussagen", und „das Kriterium
für ihre wissenschaftliche Exaktheit die unbedingte
Nachprüfbarkeit ihres methodischen Vorgehens" (S. 18). Dem
kann man zustimmen.