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Ausgabe:

1960

Spalte:

201-202

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Stoudt, John Joseph

Titel/Untertitel:

Sunrise to eternity 1960

Rezensent:

Pältz, Eberhard Hermann

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Seite 1

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201 Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 3__202

Jaeger, Werner: Paideia Christi.

Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft 50, 1959 S. 1—14.
Lohse, B.: Zu Augustins Engellehrc.

Zeitschrift für Kirchengeschichte LXX, 1959 S. 278—291.
Scheid weile r, Felix: Zur Kirchengeschichte des Eusebios von

Kaisareia.

Zeitschrift f. d. Neutestamentliche Wissenschaft 49, 1958 S. 123—129.
Treu, Ureula: ,.Otterngezücht". Ein patristischer Beitrag zur Quellenkunde
des Physiologus.

Zeitschrift f. d. Neutestamentliche Wissenschaft 50, 19 59 S. 113—122.
Uleyn, Arnold: La doctrine morale de Saint Jean Chrysostome dans
le Commentaire sur 6aint Matthieu et ses affinites avec la diatribe.
Revue de l'Universite d'Ottawa XXVII, 1957, S. 5*-25* und 99*
bis 140".

Vis eher, Lukas: Die Zehntforderung in der Alten Kirche.

Zeitschrift für Kirchengeschichte LXX, 1959 S. 201—217.
Wickert, Ulrich: Bemerkungen zu Clemens von Alexandrien (Quis

dives salvetur 19 und 42).

Zeitschrift f. d. Neutestamentliche Wissenschaft 50, 1959 S. 123—132.

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

S t o u d t, John Joseph: Sunrise to Eternity. A Study in Jacob Boehme'6
Life and Thought. Preface by Paul Tillich. Philadelphia/Pa.: Univer-
sity of Pennsylvania Press [1957]. 317 S. mit Taf. 8°. 40 s.
IPublished in Great Britain, India, and Pakistan by the Oxford Uni-
versity Press London, Bombay, and Karachi.]

In einer für die Darstellung B.s — seit Koyre — bisher unerreichten
Weise der Verbindung von Biographischem und Deutung
der Gedankenwelt liegt die Eigenart von Dr. Stoudts Werk,
in dem der Verf. nicht nur das biographische Material, das die
deutsche Böhmeforschung (W.-E. Peudkert, R. Jecht) bereitgestellt
hat, in der Darstellung verwertet, sondern auch entlegenere Literatur
zur Kulturgeschichte der Lausitz und Schlesiens (nach dem
Material der „Schwenckfelder Historical Library", Pennsburg, Pa.)
herangezogen hat. Die vielfach neuen Einsichten und Durchblicke
sind gut belegt und im Ganzen überzeugend.

In elf Kapiteln des I. Teils schildert St. die Entfaltung der Theologie
B.s, deren Motive und — mit ausführlichen, gut gewählten Belegen
— deren Formung: der „Sitz im Leben" der einzelnen Schriften'
wird dabei ebenso berücksichtigt wie die Auseinandersetzungen, z. B.
mit Kaym (Chiliasmus). Tilke (Prädestination), Esaias Stiefel und
Meth (Mcssianismus, Perfektionismus) und dem Gegner Gregorius Richter
. Die Klarheit der Darstellung ist Ergebnis sorgfältiger Auswahl,
niemals durch Vereinfachung oder B. unangemessene Flächenhaftigkeit
gewonnen, sondern immer profiliert und mehrdimensional, was auch
durch die Quellen- und Literaturbelege bestätigt wird, die von C. G.
Jung. E. Cassirer und E. Seeberg — von der B.-Lit. zu schweigen — bis
zu territorial-, lokalgeschichtlichem und sogar genealogischem Material
CS. 191: M.C.Staudt in Görlitz) reichen. Erregend ist die Dichte der
Darstellung, z. B. des Görlitzcr Paracelsus- und Alchemistenkreises .

Man spürt die nahen Beziehungen des Verf.s, der theologischer
Ehrendoktor von Marburg ist, zum deutschen Geistesleben — nicht
allein in der Themenwahl, sondern vor allem in der Liebe zum (immer
wesentlich charakterisierten) volkskundlichen und geschichtlichen Detail.
Wie treffend sind die wenigen Seiten — um nur e i n Beispiel zu nennen
—, auf denen Görlitz' Lage kurz nach Ausbruch des Dreißigjährigen
Krieges und B.s äußere Bedrängnis geschildert werden (S. 125 ff.). Erst
in diesen geschichtlich-konkreten Bezügen wird B.s Aktualisierung der
Friedens- und Toleranzgedanken des Spiritualismus voll verständlich. —
Auch die kritische Sichtung der B.-Mythen (A. v. Franckenberg) sei
erwähnt.

Der II. Teil handelt in fünf Kapiteln über den Skopos der Theologie
B.s: Thcogonie — Ewige Natur — Zeitliche Natur — Der Mensch — Die
Erlösung.

Verf., der von R. M. Jones herkommt, wird nicht nur
den Leser im englischen Sprachgebiet in vorzüglicher Weise mit
B. vertraut machen, sondern sicherlich die B.-Forschung zum neuen
Durchdenken der Frage nach Perioden in B.s Entwicklung anregen
.

*) In der Datierung folgt St. den Angaben von W. Buddecke, Verzeichnis
von J. B -Handschriften, Göttingen 1934. Vgl. Dens., Die J. B.-
^usgaben 2. Teil: Die Übersetzungen (Arbeiten aus der Staats- und
Universitätsbibliothek Göttingen. Hainbergschriften NF 2) 1957, XVI

*) Dazu neben W.-E. Pcudcert (Pansophie, Rosenkreutzer) auch
"• Philipp, Das Werden der Aufklärung ..., 1957, S. 58.

Von C. G. Jung (Psychologie und Alchemie) bestimmt''1, kann St
zur notwendigen Unterscheidung von Erlebnis und alchemistisch-pan-
sophischer „Deutung" bei B. den Weg bahnen. St. hält nicht alles, was

B. schrieb, für gleichwertig; er unterscheidet B.s „alchemical period"*
und „period of maturity". Der Rez. möchte vorsichtiger von der Notwendigkeit
einer existentialen Interpretation der alchemistisch-panso-
phischen Tradition (einer Interpretation, die von B. selbst nahegelegt
wird) sprechen (vgl. ThLZ 83, 1958, Sp. 526f.).

Dem Rez. sei es (mit nochmaligem ausdrücklichen Hinweis auf die
reichen Literaturangaben des Werkes) gestattet, auf einige erst kürzlich
erschienene Veröffentlichungen zu B. zu verweisen: Die für die B.Forschung
bedeutsamen Aufsätze von Dmitrij C i z e v s k i j liegen jetzt
gesammelt vor in „Aus zwei Welten. Beiträge zur Geschichte der slawisch
-westlichen Beziehungen" (s'-Gravcnhage 1956); dazu vgl. man
die Bibliographie Cizevskijs in: Festschrift für D. Cizevs'kij zum
60. Geburtstag 1954 (Veröffentlichungen der Abteilung für slavische
Sprachen und Literatur, hrsg. v. M. Vasmer, Bd. 6), Wiesbaden 1954.
Zur Bibliographie der B.-Forschung: Bibliographie der deutschen
Literaturwissenschaft, hrsg. v. H. W. Eppelsheimer, Bd. II bearb. v.

C. Köttelwesch, 195 8, S. 120 f. Nachzutragen zu dem Bericht in ThLZ
83, 1958, 522 ff. ist E.Benz, Schellings theologische Geistesahnen (Abhandlungen
der Mainzer Akademie, Geistes- und sozialwissenschaftliche
Klasse Jg. 1955, Nr. 3).

In den deutschsprachigen Zitaten des Buches von St. sind leider
eine Anzahl von Druckfehlern stehengeblieben, die in einer Neuauflage
verbessert werden sollten: ein Verzeichnis wird dem Verlag zugestellt.

Dr. Stoudt, der sich in diesem Werk als gründlicher Kenner
B.s, seiner Mit- und Umwelt, seiner Vorgänger und seiner geistes-
geschiditlidien Stellung erwiesen hat, darf des Dankes des deut
sehen Lesers versichert sein. Neben Interpretationen der Volkskunst
und Dichtung der Deutschen in Pennsylvania veröffentlichte
der Verf. eine Neuübertragung der unter dem Namen
„Der Weg zu Christo" zusammengefaßten B.-Traktate, über die
W. Buddecke (Böhme-Ausgaben 2: Übersetzungen, S. 94 ff.) berichtet
. Das vorliegende Werk und die eben genannte Übertragung
sprechen ebenso wie das Erscheinen einer englischen Übersetzung
der J. B.-Studien von Marteneen (deutsch 1882) und vor
allem die Gründung einer „J. B.-Society" mit Publikationsorgan
(s. Buddecke, a. a. O., S. XI) für eine intensive Beschäftigung mit
B. im englischen Sprachbereich (die dem Interesse an J. G. Hamann
parallel geht); bestätigt wird dies durch die dem Buche St.s beigegebene
Vorrede von Paul T i 11 i c h, der St.s Buch wertet als
Einführung „to one of the most profound and strängest Systems
of Western thought — 6trange in comparison to the prevailing
method of modern philosophy — profound in comparison with
much theism in modern theology". ,,If Protestant theology wants
to penetrate the ontological implications of Christian Symbols,
it would do well to use the ideas of Boehme more than those of
Aristotle." (Vorwort).

Jena Eberhard H. P11t7.

') Vgl. auch V. Weiß, Die Gnosis J. B.s, Zürich o. J. (1955).

) Auf das Kapitel ,.). B. and Alchemy" in dem anregenden Werk
von Ronald D. Gray, Goethe the aldicmist, Cambridge 1952 (mit um-
™ngreichem Lit.-verz.) sei in diesem Zusammenhang hingewiesen. Zum
Thema vgl. man E. Grumach in: Goethe. NF des Jahrbuchs der Goethe-
Gesellschaft, 14/15. 1952/53, 63-107; G. F. Hartlaub. Goethe als AI-
chemist in: Euphorion 48, 1954, 19—40, 116 ff.; H.-M. Rotermund in:
Deutsche Vierteljahreschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte
, 28, 1954, 472—86. Früher bereits: A. B. Wachsmuth in:
Goethe. NF des Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft, 8, 1943, 98—115,
215—231 (Goethe und die Magie); ebda. 6, 1941, 263ff.; ebda. 14/15.
1952/53, 43 ff. Ders. in: Sinn und Form, 11, 1959, 20 ff. J. Richter,
J- Boehme und Goethe in: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstiftes,
hrsg. v. E. Beutler, 1934/35, 3—55.

Geniichen, Hans-Werner: Damnamus. Die Verwerfung von Irrlehre
bei Luther und im Luthertum des 16. Jahrhunderts. Berlin:
Luth. Verlagshaus 1955. 162 S. gr. 8° = Arbeiten zur Geschichte u.
Theologie des Luthertums, Bd. 1.

Die aus einer kirchlich-theologischen Tagung, die dem Problem
des „Damnamus" gewidmet war, erwachsene Arbeit, die
1951 von der Theologischen Fakultät der Universität Göttingen
als Habilitationsschrift angenommen wurde, verfolgt die Absicht,
„durch die Untersuchung einer umstrittenen historischen Frage
einen bescheidenen positiven Beitrag zu besserem Verstehen der
Kirchen untereinander zu leisten". Ferner sieht es der Verfasser