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Ausgabe:

1960

Spalte:

191-192

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Toynbee, Arnold J.

Titel/Untertitel:

Das Christentum und die Religionen der Welt 1960

Rezensent:

Lanczkowski, Günter

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192

geschriebenen Wort über. „Der Unterschied zwischen der apostolischen
Zeit und der Zeit der Kirche ist der zwischen Offenbarung
und Überlieferung, nicht der zwischen Unfehlbarkeit und Fehl-
barkeit" (S. 149). Die von der Kirche verwalteten Sakramente
ßind eine Aktualisierung der einen Heilstat, wie die kirchliche
Tradition eine Aktualiserung der Offenbarungstat ist. Somit „ist
es durchaus wahr, daß die Offenbarungszeit eine einzigartige und
privilegierte historische Zeit ist. Diese Offenbarung wird aber
infolge der Einwirkung Gottes in der Zeit der Kirche durch das
Lehramt unfehlbar gegenwärtig gemacht" (S. 151). Ein Schlußkapitel
ist noch dem „Gott der Mystiker" gewidmet.

Wien Kurt Schubert

Pettazzoni, Ratfacle: L'cssere supremo nelle religioni primitive

(L'onniscienza di Dio). Torino: Einaudi 1957. 244 S., 27 Abb. a. Taf.
kl. 8° = Piccola Biblioteca Scientifico-letteraria 77.

Der bekannte Vertreter der Religionsgeschichte schildert die
Vorstellungen früher Religionen vom höchsten Wesen, indem er
den Begriff der Allwissenheit in den Mittelpunkt stellt. Er unterscheidet
dabei einen doppelten Begriff von Allwissenheit: 6ie
kann eng mit Magie und Mantik zusammenhängen, ist also mit
einer gewissen Allmacht verwandt; sie kann aber auch rein geistig
gedacht werden und beschränkt sich dann einigermaßen auf das
eigentliche Wissen. Dann untersucht Verf. das Subjekt der Allwissenheit
(der Himmelsgott sieht alles usw.), ihr Objekt (das
Tun und Lassen der Menschen) usw. Zusammenfassend werden
die Vorstellungen vom himmlischen Vater, von der Mutter Erde
und vom Herrn der Tiere behandelt. All das wird durch Belege
aus den verschiedensten Religionen der Erde anschaulich gemacht,
in einer gut lesbaren Darstellung; Anmerkungen weisen auf
Quellen und Literatur hin. Bildbeigaben zeigen, wie primitive
Menschen sich die Allwissenheit verständlich machen: das höhere
Wesen hat nach der Meinung der Frommen zwei oder drei Köpfe
oder Gesichter, um überallhin zu blicken usw. Die Darstellung
des Verfs. bringt auch Belege aus der Bibel und der Kirchengeschichte
, ist aber undogmatisch, also rein historisch.

Das spürt man besonders bei den Bemerkungen des Verfs.
über den Urmonotheismus: die Frage nach diesem steht im Hintergrunde
der ganzen Arbeit. Hier nimmt der Verf. eine kritische
Stellung ein. Er macht von vornherein darauf aufmerksam, daß
der Glaube an ein höchstes Wesen noch nicht Monotheismus sein
müsse (S. 16). Ein Anhang geht, im Anschluß an eine kurze Geschichte
der Forschung, genauer auf die Sache ein (S. 227 ff.): der
Monotheismus sei jünger als der Polytheismus, setze diesen
immer voraus; der Monotheismus sei aber nicht das Ergebnis einer
einfachen geistigen Entwicklung, sondern nur das einer religiösen
Revolution; dabei genüge es nicht, daß ein religiöser Führer da
sei (Buddha!); sondern es müßten verschiedene günstige Umstände
zusammenkommen; monotheistische Religionen gebe es deshalb
nur wenige.

Ahrenshoop Johannes L eip ol d t

Toynbec, Arnold J.: Das Christentum und die Religionen der Welt.

Deutsche Übersetzung von F. Meister-Weidner. Gütersloh:
Gerd Mohn [1959]. 127 S. 8°.

Die Übersetzung eines wissenschaftlichen Buches aus einer
internationalen Sprache, noch dazu dem Englischen, erscheint nur
dann sinnvoll, wenn sich die vorgelegte Arbeit an einen größeren
Leserkreis wendet. In ThLZ 1959, Sp. 48—50 habe ich versucht
, in einer umfangreicheren Besprechung, auf die hier Bezug
genommen werden kann, hinzuweisen auf die sehr weitreichende
Bedeutung von Toynbee's neuer religionswissenschaftlicher Arbeit
„Christianity among the Religions of the World", die teilweise
Thesen des früheren, umfassenderen Werkes „An Historian's
Approach to Religion" (vgl. meine Besprechung in ThLZ 1958,
Sp. 427—429) in knapperer, prägnanterer Form wieder aufnimmt.
Angesichts des Ernstes, mit dem Toynbee wesentliche religiöse
Fragen im Sinne zentraler zeitgenössischer Anliegen zur Diskussion
stellt, war es gerechtfertigt und wünschenswert, „Christianity
among the Religions of the World" in deutscher Übersetzung
weiten Kreisen zugänglich zu machen. Wir begTüßen es daher in
hohem Grade, eine deutsche Ausgabe ankündigen zu können, die

dankenswerterweise vom Verlag in einer guten Übersetzung und
ansprechenden Form herausgebracht wurde.

Wabern, Bez. Kassel Günter Lanczkowski

Jensen, O.: Der Ursprung der Gottesidee.
Deutsches Pfarrerblatt 59, 1959 S. 337—340.

K n e v e 1 s, Wilhelm: Wesen der Religion — Wesen des Christentums.
Deutsches Pfarrerblatt 59, 1959 S. 271—273 und 295—297.

K ö b e r 1 e, Adolf: Das Weltbild der Magie,
Quatember 24, 1959/60 S. 3—10.

M e n s c h i n g, Gustav, Prof. Dr. Dr.: Aufgaben und Möglichkeiten
freien Christentums in der Welt von heute. Hanau/M. (Huttenstr. l):
Deutscher Bund für freies Christentum 1959. 21 S. 8° = Schriftenreihe
„Freies Christentum". Beihefte zur Monatsschrift „Freies
Christentum", H. 34. DM —.75.

ALTES TESTAMENT

Ehrlich, Ernst Ludwig, Dr. phil.: Geschichte Israels von den Anfängen
bis zur Zerstörung des Tempels (70 n. Chr.). Berlin: de Gruy-
ter 1958. 158 S., 1 Kte. kl. 8° = Sammlung Göschen Bd. 23l/231a.
DM 4.80.

Es ist eine hervorragende Leistung, auf 145 Seiten Göschenformat
— 3 Seiten Vorspann, 10 Seiten für Literaturverzeichnis
und Register und eine Karte kommen noch hinzu — die israelitische
und jüdische Geschichte von den Anfängen bi6 zur Zerstörung
Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. darzustellen. Fast genau die
Hälfte gehört dabei der vorexilischen Zeit zu, die andere dem
Exil, der nacbexilischen und spätjüdischen Zeit. Dabei sind fast
alle heutigen Probleme zumindest in einem Nebensatz, oft ausführlich
erwähnt, so daß ein Kenner der Geschichte Israels und
des jüdischen Volkes beim Lesen des klar und gut geschriebenen
Büchleins an viele Zusammenhänge erinnert wird. Daß für die
vorexilische Zeit der Nachdruck auf die politische Entwicklung
gelegt wird und die Kultur- und Religionsgeschichte stark zurücktritt
, während in der nacbexilischen Periode die Akzente etwas
anders verteilt 6ind, wird man billigen können, wiewohl zu fragen
ist, ob ein Außenposten, der für ein paar Jahrzehnte in Dokumenten
faßbar wird, wie Elephantine, mit Recht eine halbe Seite
mehr zugebilligt bekommt als Salomo, der immerhin die unter
David anhebenden Ansätze zu einem modernen Staat jener Zeit
energisch zum Abschluß gebracht hat. Ebenso kann man fragen,
ob eine Charakteristik Hillels wichtiger ist als eine solche Jesa-
jas, Jeremias, Michas oder Haggais und Sacharjas, denen wesentlich
weniger Raum zugestanden ist. Aber das hängt doch wohl
damit zusammen, daß das eigentliche Interesse des Verfassers
eben der Spätzeit gehört, über die man weithin sehr gut orientiert
wird. Doch hätte man etwa bei Jesus von Nazarcth selbst in diesem
Rahmen einen kurzen Hinweis auf die Bedeutung des Paulus
erwarten können.

Nun kann man natürlich über viele Einzelheiten rechten.
Daß Athalja die Tochter Omris, nicht Ahabs ist, steht 2. Kön,
8, 26, und J. Begrich hat die Richtigkeit überzeugend nachgewiesen
. Ob der Altar des Ahaz wirklich einem aramäischen Vorbild
gefolgt i6t, läßt 6ich nicht mit dieser Bestimmtheit aussagen. Wahr-
'scheinlich ist es nicht, daß ein Vasall des Siegers das Altarmodell
des Besiegten in höchster Eile nachbauen läßt.

Als einen Mangel 6ehe ich es an, daß nicht wenigstens auf
ein paar Seiten eine kurze Geographie des Landes und seiner
natürlichen Verkehrswege geboten wird. Eine solche Einführung
hätte auf der einen Seite davor bewahrt, den terminus „Hügelland
", der seit langem für die Schefela verwendet wird, auf das
Bergland anzuwenden; auf der anderen Seite aber hätte sie gezeigt
, warum Salomo gerade Gezer, Megiddo und Hasor zu Festungen
und Streitwagenstädten ausbauen mußte und warum erst
die Aramäer, dann die Assyrer und Babylonier durch die Jesreel-
ebene vorstießen und dabei notwendig Israel angreifen mußten,
während Juda abseits der großen Handelsstraße lag und so noch
130 Jahre länger existieren, gelegentlich auch nur vegetieren
konnte.

So könnte man noch da und dort Desiderata anmelden, etwa
bei der Darstellung der Landnahme, die doch wesentlich komplizierter
verlaufen ist, oder bei der fast gänzlichen Ausschaltung der