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Ausgabe:

1960 Nr. 3

Spalte:

189-191

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Daniélou, Jean

Titel/Untertitel:

Der Gott der Heiden, der Juden und der Christen 1960

Rezensent:

Schubert, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 3

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führen. Es fehlt in Japan nicht an der Einsicht, daß nur der von
F. gewonnene Weg helfen kann, wofür die Übersetzung von
„Christus und das menschliche Leben" ins Japanische symptomatisch
ist.

Prof. Dr. Walter Mohr- Saarbrücken beleuchtet in seinem
Beitrag „Vom Sinn der historischen Betrachtung" die geschichtliche
Orientierung F.s an der vorbismarckisch - föderalistischen
Reichsidee von den erkenntnistheoreti sehen Voraussetzungen der
Geschichtsforschung aus. Daß für F. der „Blick für die enge historische
Verbundenheit des deutschen Raumes mit dem übrigen
Europa bestimmend" ist, spricht für sein geschichtliches Verständnis
und die daraus gezogenen politischen Konsequenzen. „Dieser
zentrale Raum ist das Glück oder Unglück Europas je nachdem,
wie er zur Gesamtheit des Erdteiles steht." Nur so können die
verhängnisvollen Fernwirkungen, die von der Aufteilung Polens
im 18. Jhdt. ausgegangen sind, voll ermessen werden.

Prof. Dr. Robert Saitschick - Zürich hebt in seiner Betrachtung
„Die Friedensidee und das christliche Lebensgefühl"
aus lebenslanger Verbundenheit mit F. W. F. die Bedeutung der
Erziehung zum Frieden aus der Lebensarbeit F.s heraus. Daß es
dafür „höherer Tugenden" bedarf, als Sparta sie entwickelt hat,
daß „der Wille zum Frieden schon der Weg zum Frieden" sei, wie
der Wille zum Krieg auf den Krieg hinarbeitet, daß „die Art, wie
Politiker von Krieg und Abrüstung sprechen", nicht von einem
starken und einfachen Willen zur tieferen Einsicht" zeuge, sondern
„vom verborgenen oder offenen Zweifel an unserem Vermögen
, das Dämonische zu überwinden", zeigt die Größe der hier
gestellten Aufgabe.

Der die ganze Sammlung abschließende Aufsatz von Prof.
Joseph Antz-Bonn: „Fr. W. Foerster, die Widerstandskämpfer
und wir Pädagogen" vergleicht „den Kampf, den Foerster beinahe
ein halbes Jahrhundert gegen sehr bestimmte Erscheinungen in
unserem Volks- und Staatsleben, gegen Ereignisse und Maßnahmen
, Menschen und Mächte, mit nicht ermüdender Beharrlichkeit
und Tatkraft geführt hat" mit dem heroischen Kampf, den
viele Deutsche in den Jahren 1933—45 geführt haben. Die „tiefsten
Beweggründe" waren hier wie dort die gleichen. F. führt diesen
Kampf lediglich mit dem gesprochenen und geschriebenen
Wort. Seine Stellung zu Deutschland „kam aus der Tiefe der ethischen
Konflikte als harte Entscheidung eines leidenschaftlichen Gewissens
und kostete ihn 6ein Amt und sein Vaterland" (Herman
Nohl 1954). Antz schildert die Geschichte des Konfliktes mit
der öffentlichen Meinung, in den F. durch diesen Kampf für
Deutschland geführt wurde, und geht dann den Anzeichen für
eine positivere Würdigung seit 1945 nach. In einem Nachwort
über die Arbeit der Friedrich-Wilhelm-Foerster-Gesell-
schaft, die das Vermächtnis Foersters wahren will, führt er eine
Äußerung des Engländers Ronald J. Hill an, mit der das Buch
schließt: „Die Aussöhnung Deutschlands mit seinem besseren
Selbst und mit der Welt, so scheint es mir immer, erweist 6ich an
der Haltung, die man Friedrich Wilhelm Foerster gegenüber zeigt.
Sein Leben ist ein Sinnbild der deutschen Entwicklung in fast dem
ganzen letzten Jahrhundert, aber jener Richtung, von der alle
Menschen hoffen, daß sie in Deutschland nicht wieder unterdrückt,
ausgestoßen und mit den Füßen getreten wird . . ."

Leipzig Dedo Müller

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Danielas, Jean: Der Gott der Heiden, der Juden und Christen. Aus

dem Französischen übers, von H. Broemser. Mainz: Matthias-
Grünewald-Verlag [1958]. 199 S. 8°. Lw. DM 12.50.

Dieses gute kurze Kompendium der Theologie Danielou's
ist in sechs Kapitel gegliedert. Das erste Kapitel „Der Gott der
Religionen" ist eigentlich eine Theologie der Religionsgeschichte.
Mit Recht zeigt sich D. skeptisch gegenüber der These, daß alle
Wahrheit in den heidnischen Religionen auf die Uroffenbarung
zurückzuführen sei. Des Gotteszeugnisses der Existenz des Kosmos
konnte sich schon der heidnische Mensch bedienen, durch den
Mangel eineT positiven Offenbarung und der Gnade war ihm
aber die rechte Gotteserkenntni6 noch verschlossen. Daß aber
auch heidnische Menschen in wahrer und echter Religiosität

leben konnten, beweist die Reihe atl. Heiliger, die nicht aus
Israel stammen wie z. B. Henoch, Noach und Hiob.

Das zweite Kapitel behandelt den „Gott der Philosophen".
Hier stellt D. zunächst die Frage „nach dem rechtmäßigen Platz,
welcher der Philosophie in theologischer Sicht zukommt" (S. 42).
Dabei kommt er zu dem Ergebnis, daß es wohl „einen falschen
Gott der Philosophen und dennoch eine wahre Philosophie über
Gott" gibt. Die christliche Philosophie ist realistisch, weil sie davon
ausgeht, Gott nicht wie einen Gegenstand, dessen sich der
Verstand bemächtigen kann, begreifen zu können. Die christliche
Philosophie vermag die Existenz Gottes nur dadurch zu erkennen
, daß sie von der Kontingenz aller Existenz ausgeht und diese
mit Gott als dem personal Existierenden verknüpft. „Insofern
nämlich die Vernunft über sich selbst als existierendes Subjekt
reflektiert, gelangt sie dazu, ihre Beziehung zu einem transzendent
existierenden Subjekt, welches Gott ist, zu erkennen"
(S. 53). „Aber damit erfaßt sie noch nicht das, was dieser Gott
ist, er ist der Gegenstand einer Aussage, nicht einer Wesensschau
." Somit wird seine Existenz zwar bejaht, sein Wesen aber
bleibt unerkennbar. „Und eben deshalb handelt es sich um Gott"
(S. 54). Der Mensch wird nur durch seine Abhängigkeit von
Gott, seine Kontingenz, aus dem Nichts herausgehalten.

Das dritte Kapitel ist dem „Gott des Glaubens" gewidmet.
Zur bekannten Aussage Pascals über den Gott Abrahams und
den Gott der Philosophen, mit dem Danielou seine Darstellung
beginnt, wäre noch der schöne Satz Jehuda Halevis Kusari IV, 16
zu fügen: „Nun habe ich den wirklichen Unterschied zwischen
dem Gott des Abraham und dem Gott des Aristoteles erfaßt.
Nach dem einen sehnen sich die Seelen durch Gefühl und Anschauung
, der andere aber ist lediglich das Ziel klügelnder Spekulation
. Derjenige, der dieses Gefühl erreicht, gibt Gott leicht
sein Leben für seine Liebe hin. Jene Forschungen und Spekulationen
aber führen nur dahin, daß man zwar erkennt, daß man
ihn verehren sollte, aber nur so lange, als man dadurch keinerlei
Schaden oder Unannehmlichkeiten erleidet." S. 85 kommt D. zur
zutreffenden Feststellung, daß „in der Bibel der Bund der grundlegende
Zug göttlichen Handelns ist". „Dieser stellt eine unwiderrufliche
Bindung von Seiten Gottes dar, von dem allein die
Initiative ausgeht" (S. 86). Weiter behandelt D. einige biblische
Begriffe im Unterschied zu solchen der profanen Sprache. Während
zum Begriff äkrjdeia die Sachevidenz gehört, gründet nns
„nicht mehr in der Evidenz des erkannten Gegenstandes, sondern
in der Wahrhaftigkeit des Zeugen, der die Erkenntnis vermittelt.
Der Zugang zur Wahrheit ist also nicht mehr die Vernunft, sondern
der Glaube" (S. 8 8). Daher wird derjenige, der „die Wirklichkeiten
, von denen uns die Bibel spricht, von der griechischen
Wahrheitsauffassung her angeht, notwendig in Verwirrung geraten
". Der Gegensatz zu n;;x ist daher nicht der Irrtum, sondern
die Lüge. Anschließend folgt eine kurze Untersuchung des
pni: -Begriffes. „Die Gerechtigkeit Gottes hat nach der Bibel
nichts mit der ausgleichenden Gerechtigkeit zu tun, welche das
Verhältnis der Menschen zueinander regelt" (S. 94). Das Gleichnis
von den in der letzten Stunde gedungenen Weinbergarbeitern
legt prinzipiell das Recht Gottes fest, „die Menschen völlig ungleich
und ohne Rücksicht auf die Verschiedenheit ihrer Rechtsansprüche
zu behandeln". Daher trägt die Gerechtigkeit Gottes
oft eschatologischen Charakter und zeigt sich in der Erfüllung.
Ärgernis an der Theodizee setzt daher ein prinzipielles Verkennen
von Gottes Gerechtigkeit voraus. Weiter werden noch die
Begriffe "T3ri und cnp behandelt.

Das vierte Kapitel „Der Gott Jesu Christi" hat den trini-
tarischen Gott zum Gegenstand, der sich in Jesus Christus offenbart
. Hier behandelt D. die Theologie des Wortes und Sohnes im
Hinblick auf die zweite göttliche Person.

Das fünfte Kapitel „Der Gott der Kirche" ist eine Theologie
des Kirchenbegriffes. Dabei setzt sich D. öftere mit O. Cullmann
auseinander. Christus hat bewußt nichts geschrieben, denn „er hat
seine Botschaft nicht toten Büchern, sondern lebendigen Menschen
, einer Kirche, anvertraut, und zwar mit dem Auftrag, sie
weiterzugeben" (S. 146). Die Festlegung des Kanons bedeutet
zwar das Ende der eigentlichen Offenbarung, dadurch ging aber
der Sitz der Autorität noch nicht von der lebendigen Kirche zum