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Ausgabe:

1959

Spalte:

93-94

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Fuchs, Emil

Titel/Untertitel:

Mein Leben ; 1 1959

Rezensent:

Jenssen, Ernst

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Seite 1

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ganzes Leben hindurch jedes Jahr drei Messen zu Ehren der hl. das Werk Beobachtungen ^ £' & Leipziger

Jungfrau und ein bis zwei zu Ehren des hl. Aloysius und zur Be- einer Epoche wertvoll machen. Das Buch, das uns; der; Leipzig«
Wahrung der Unschuld versuchter Jünglinge zu lesen (S. 282).

Nach seiner Tätigkeit als Frühmesser in Pfalzel (1865—72/
4. Buch) werden Straßburg (1872-78/ 5. Buch) und Freiburg (seit
1878/ 6. Buch ff.) als Stätten seiner Lehrtätigkeit Zentren seines
Wirkens. Kraus, dem der „wissenschaftliche Drang" bei den Protestanten
das Vorbild gab, wird zum Revolutionär der wissenschaftlichen
Methode in der katholischen Kirche. Bereits eine
seiner frühen Arbeiten über den hl. Nagel und den hl. Rock in
der Domkirche zu Trier (erschienen 1868) bringt ihn in Konflikt
mit der katholischen Tradition und „die hohe Klerisei in Trier
fürchtet gar sehr", daß ein zweiter Band über den hl. Rock folgen
werde (S. 263). Doch es ist hier nicht der Ort, auf die vielseitigen
Arbeiten im einzelnen einzugehen. Sie umfassen die Gebiete
der systematischen Theologie und Philosophie, der Kirchengeschichte
, christlichen Archäologie und Kunstgeschichte. Von
den epochemachenden und noch heute für die Wissenschaft unentbehrlichen
Werken seien nur die 4 Bände „Kunst und Alterthum
in Elsaß-Lothringen" (erschienen seit 1876), die „Real-
Encyklopädie der christlichen Alterthümer" (erschienen seit 18 80),
die sechsbändige Ausgabe der „Kunstdenkmäler des Großherzogthums
Baden" (erschienen seit 1887) oder die Sammlung der
christlichen Inschriften der Rhcinlande, erschienen seit 1890,
genannt.

Neben der wissenschaftlichen Arbeit erwächst aus seiner
kirchenpolitischen Stellung ein Zentralpunkt seines Wirkens Das
entscheidende Vatikanische Konzil mit der Unfehlbarkeitserklärung
des Papstes und der Kulturkampf im Bismarck-Deutschland
steigern diese Tätigkeit des katholischen Gelehrten zum Höhepunkt
. Kraus, der die ökumenische Bedeutung des Konzils von
1870 abstreitet und von dessen Unfreiheit spricht (S. 288),
schließt sich dennoch nicht den zum Schisma strebenden Altkatholiken
an, er wartet in „Demut und Schweigen" ab. Seine Mittelstellung
beruht in der einschränkenden Anerkennung der Infalli-
bilität des Papstes, die unter der Bedingung gegeben sei, daß der
Papst „die Tradition der Kirche durch die wissenschaftliche Erforschung
der katholischen Vergangenheit und die Umfrage bei
dem Episkopate der Gegenwart konstatiere" (S. 288). Die bedeutende
politische Mission von F. X. Kraus war die Vermittlung
zwischen Preußen - Deutschland und Rom während des Kulturkampfes
. Kraus, der Preußenhasser, wurde zum Berichterstatter
für die preußisch-deutsche Regierung über die Lage und Stimmung
im Vatikan, wichtigster Ratgeber der Rompolitik und Sprachrohr
Wilhelms II., als geschätzter Unterhändler zwischen Rom und
Preußen-Deutschland war er von beiden Mächten anerkannt. In
den Eintragungen findet sich eine schier unermeßliche Fülle mehr
und weniger wichtigen beachtenswerten Detailmateriak über
diese eng verwobenen kirchenpolitischen Vorgänge.

Die Tagebücher von F. X. Kraus eröffnen eine „wichtige und
willkommene historische Quelle". Als solche legt sie H. Schiel
vor. Das Buch zeugt von unendlicher Kleinarbeit, die nötig war,
um dem heutigen Leser die Eintragungen verständlich und gedruckt
zugänglich zu machen. Ein bedeutender Abschnitt kirchlicher
und politischer Geschichte Deutschlands wird umschlossen
und die Atmosphäre der geistigen Strömungen und Auseinandersetzungen
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch einen
kompetenten Augenzeugen lebendig.

Mannigfache Fußnoten und ein Personenregister des Herausgebers
vermitteln Auskunft über die vielen im Zusammenhang
genannten Namen und runden in dankenswerter Weise das
historische Bild für den Leser ab. Nicht unerwähnt bleiben darf
die kurze prägnante Würdigung der Persönlichkeit und des Entwicklungsganges
in der Einleitung de6 Herausgebers, das vollständige
chronologisch geordnete bibliographische Register im
Anhang sowie die Ausstattung des wertvollen Buches mit Fotos
aus den verschiedensten Lebensabschnitten des Gelehrten.

Berlin

Günter Ristow

Ft340 s' ^'V M£? Leben- LTelL Leipzig: Koehler k Amelang 1957.
j. 8 . Lw. DM 8.50.

Tpi-fcAr-ff Cln€ Selbstbiographie in einer wissenschaftlichen
ts rt gezeigt werden soll, so ist Voraussetzung dafür, daß

L^UUIC WeilVUll IIUIUICII. l_/oo www,, «~ _„

Systematiker Fuchs darreicht, erfüllt diese Voraussetzung. Denn
dem Verfasser ist die Gabe verliehen, scharf zu beobachten und
das Beobachtete anschaulich zur Darstellung zu bringen. Wer
die Zeiten miterlebt hat, die in der Arbeit geschildert werden,
der freut 6ich darüber, mit welcher Liebe hier das Wertvolle geschaut
und umfaßt ist. Wer die dargestellte Zeit — das Buch spricht
von den Jahren 1894 bis 1918 — nicht erlebt hat, der wird aus
der Arbeit viel Beachtenswertes erfahren können. Zu den besonders
interessanten Abschnitten des Buches gehört der Bericht über
die zwei Jahre, die Fuchs vor dem ersten Weltkrieg als Vikar
der deutschen Gemeinde in Manchester verlebt hat. Was er über
englische Sitte und Sittlichkeit, über das kirchliche Leben dort zu
sagen hat, deckt sich inhaltlich weithin mit dem, was Wilhelm
Dibelius und Otto Baumgarten uns darüber berichtet haben. Aber
die Darstellung, die Fuchs gibt, zeichnet sich durch besondere
Lebendigkeit aus, ist reich an einprägsamen Wendungen. So, wenn
er uns sagt, die Ethik des deutschen Volkes sei im Grunde immer
n°ch „Bauernethik", die sittliche Haltung des Mannes, der „auf
seinem Hofe sitzt als unabhängiger — etwas eifersüchtiger — in
gestimmten Grenzen durchaus hilfsbereiter Nachbar des nächsten
Bauern". Dagegen „England ist geprägt von der Ethik einer
Schiffsmannschaft, die unter ihrem Führer steht, sich aber auf
Gedeih und Verderb mit ihm verbunden weiß".

Rüsselsheim ist die Pfarre, in der Emil Fuchs zuerst zu selbständigem
Wirken berufen ist. In diesem rheinischen Dorf haben
damals eben die Gebrüder Opel eine bescheidene Fakrik gegründet
, die sich dann dank der Begabung der Familie zu dem weltbekannten
Werk entfaltet. So kann Fuchs in seiner ersten Pfarre
-auf engstem Raum" jene Entwicklung beobachten, die weite
Teile des deutschen Landes damals durchzumachen hatten. Und
nun ermöglicht gerade „der kleine Rahmen" dem Verfasser unseres
Buches, die einzelnen Züge der Entwicklung so plastisch
"erauszuarbeiten, daß mancher diesen Abschnitt des Buches gleich
mehrmals lesen wird.

Den Theologen geht besonders an, was auf den Seiten 82
Ur>d 8 3 des Buches berichtet wird. Der Verfasser erzählt, daß im
friedberger Prediger-Seminar trübe Erfahrungen mit Menschen
'hn in tiefe Verzweiflung geführt hätten. Da sei ihm Jesus Christus
in leiblicher Gestalt erschienen und habe ihm Trost und neue
Kraft geschenkt. Aus älteren Zeiten der Kirchengeschichte liegen
Ja viele Berichte über derartige Visionen vor, daß aber auch einem
Vertreter der kritischen Theologie ein derartiges Erlebnis widerfährt
und daß dieser kritisch eingestellte Theologe den Mut hat.
schlicht darüber zu berichten, das verdient gewiß die besondere
Aufmerksamkeit eines nachdenklichen Lesers.

Wie bereits erwähnt, reicht der erste Band der Biographie
bis zum Jahre 1918, dem Jahre, in dem so vieles Alte zusammenbrach
. Der Leser wird diesen Band aus der Hand legen mit dem
Gefühl, daß ein Mann, der mit so heißer Seele um die Heilung
der Schäd en ringt, die am deutschen Volkstum zehren, einem
ni<ht leichten Leben entgegengeht.

Groifswald Ernst J e n s s e n

^ e wie ss, Josef: Lexikon für Theologie und Kirche.

Theologische Revue 54, 1958 Sp. 145—148.
M u r a I t, Leonhard von: Oskar Farner f.
Zwingliana X, 1958 S. 585—591.

BIBELWISSENSCHAFT , , L .

(U^^zom.0^i.^- Hfl v«J .(*■ O^ö/T

^r'ght, G. Erncst: Biblische Archäologie. Aus dem Amerikanischen
übersetzt von Dr. Ch. v. Mertens. Göttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht [1958]. 300 S. m. 220 Abb. u. 6 Ktn. 4°. Lw. DM 36.—.

Eine biblische Archäologie ist in Deutschland seit langen
Jahren nicht mehr geschrieben worden. Fr. N ö t s c h e r hat 1940
3js Ergänzungsband zum Kommentarwerk von Feldmann und
Herkenne eine „Biblische Altertumskunde" beigesteuert, ist aber
dabei in den herkömmlichen Bahnen geblieben, indem er sich im
wesentlichen literarischer, d. h. der biblischen Quellen bediente
und das Ganze systematisch nach Privat-, Staats- und Sakral-