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1959 Nr. 1

Kategorie:

Kirchenrecht

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 1

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in Deutschland beziehen, und der Abkommen, die in Deutschland
zwischen Kirchen und Staat geschlossen worden sind" (XI). Allerdings
muß hier sofort die Einschränkung gemacht werden, daß im
Blickfeld L.s nur Westdeutschland und die DBR liegen, Ostdeutschland
und die DDR bleiben außer Betracht. Dadurch wird
der Wert der vorgelegten Sammlung entsprechend gemindert.

L. verfährt nach folgenden Grundsätzen: a) Recht und Rechtsstellung
der Kirchen im staatlichen Recht (also Staatskirchenrecht
im weitesten Sinne) sollen dokumentarisch belegt werden. „Oft
tritt man dabei auf Gebiete, die, wie das Prozeßrecht oder das
staatliche Steuerrecht, fernab vom kirchlichen Leben zu liegen
echeinen". — b) Da es um das heutige Staatskirchenrecht geht,
„sind nicht mehr geltende Gesetze nur in einem sehr beschränkten
Umfang aufgenommen worden". Sie ganz auszulassen, wäre falsch
gewesen, weil gerade im Verhältnis von Kirche und Staat „die
Geschichte immer wieder zur Gegenwart" wird (XIII). — c) Anspruch
auf Vollständigkeit wird nicht erhoben. Die einschlägigen
1232 Paragraphen des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen
Staaten sind, obwohl z. T. noch geltendes Recht, aus Raumgründen
ganz übergangen. Außerdem schlummert gerade im
Staatskirchenrecht „manche Gesetzesbestimmung im Halbdunkel
der Vergessenheit oder einer umstrittenen Gültigkeit". Allerdings
sind Gegenstände von besonderer Bedeutung voll berücksichtigt,
auch dann, wenn die Geltung der betreffenden Rechtsnormen umstritten
ist (XIV). - d) Es wurden fast nur staatliche Gesetze aufgenommen
. „Aber es erschien angemessen, wenigstens einige
neuere grundsätzliche Äußerungen der Kirchen über ihr Verhältnis
zu Staat und Staatsgewalt zu bringen. Dasselbe gilt von programmatischen
Äußerungen politischer Parteien über ihr Verhältnis
zu Religion und Kirche . .. und von einigen Bestimmungen
Der Stoff ist auf zwei Bände verteilt worden. Der erste Band
„enthält neben den historischen Quellen in erster Linie das Recht
des Bundes nach dem Stande vom 1. August 1954 und das Staatskirchenrecht
des ehemaligen Preußischen Staates, die Verfassungen
des Bundes und der Länder, die sämtlichen zur Zeit geltenden
Länderkonkordate sowie die Verträge mit den evangelischen Kirchen
" (XIV); der zweite Nachträge zum ersten Band (1—44) und
die staatskirchlichen Gesetze der Länder der Bundesrepublik
(45—347). Gute Register erhöhen die Brauchbarkeit des Werkes
wesentlich.

Der Druck ist im allgemeinen fehlerfrei. Muß es nicht Bd. 1, S. 27,
Z. 1 statt „Wort Gottes" heißen: „Wort Gott"?

Halle/Saale Erdmann Schott

Bank, Joseph: Kardinal Seredi, der Kanonist. Zur Erinnerung an den
40. Jahrestag des Inkrafttretens des Codex Juris Canonici.
Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 75 (Kanonist.
Abt. 44), 19 5 8 S. 209—236.

D o m b o i s, Hans: Zur Begegnung von Rechtswissenschaft und Theologie
.

Kerygma und Dogma 3, 1957 S. 61—74.
F 1 a 11 e n, Heinrich: Der Ehekonsensus als consensus de praesenti.
Trierer Theologische Zeitschrift 1958 S. 274—300.

VON PERSONEN

Ernst Sommerlath zum 70. Geburtstag
am 23. Januar 1959

Ernst Sommerlath ist am 23. 1. 1889 in Hannover geboren, verlebte
das Jahrzehnt 1893—1903 wegen Übersiedlung der Familie in
Heidelberg, um 1903 wieder nach Hannover und von da aus 1908 wieder
nach Heidelberg zurückzukehren. Von 1907—1911 studierte er in
Heidelberg, Greifswald, Leipzig und Göttingen u. a. bei Wilhelm Windelband
, Ernst Troeltsch, Hans von Schubert, Carl Stange, Albert Hauck,
Georg Heinrici, Rudolf Kittel und besonders bei Ludwig Ihmels. Auf
das 1. theologische Examen 1911 in Hannover und den Militärdienst in
Heidelberg, neben dem er bei Windelband und Troeltsch stu««te, folg.
ten zwei Kandidatenjahre im Predigerseminar auf der Erichsburg und
danach von 1914—1918 die Teilnahme am 1. Weltkrieg erst als Unteroffizier
bzw. Leutnant, dann nach einer schweren Verwundung als
Garnison- bzw. Festungsgarnisonpfarrer in Königsberg, Bromberg, Köln
und Trier. Noch während des Krieges promovierte er 1917 zum Lic.
theol. in Göttingen bei Carl Stange über: „Kants Lehre vom Intelligi-
blen Charakter. Ein Beitrag zu seiner Freiheitslehre." 1918—1919 war
er Pastor in Hannover - Kleefeld zusammen mit Bernhard Dörries,
1919—1923 erst Dozent, dann Direktor des Christlichen Volksdienstes
und des Religionslehrerseminars in Leipzig. 1921 erfolgte die Habilitation
in Leipzig, 1923 die Ernennung zum Leiter des Missionsseminars,
1924 zum außerordentlichen, 1926 zum ordentlichen Professor und
D. h. c. von Leipzig.

Für die literarische Produktion ist charakteristisch die Konzentration
auf gewisse dogmatische Grundprobleme: neues Leben und Rechtfertigung
, Eschatologie, Abendmahlslehre, die Lehre vom Amt, bei
deren Behandlung die Wahrung der dogmatischen Substanz, wie sie sich
in Heiliger Schrift und Bekenntnis erschließt, da« bestimmende Motiv
ist. Ein theologisch-christologischer Realismus behauptet sich hier gegenüber
allen auflösenden und erweichenden Tendenzen der theologischen
und geistigen Zeitströmungen. Die 6charfc Zuspitzung seiner tief eindringenden
Auseinandersetzung mit der „Entrealisierung der Religion"
in den Religionsauffassungen des Idealismus, Arnold Gehlens, Werner
Sombarts, Sigmund Freuds und Ludwig Feuerbachs auf das Problem der
„objektiven Wirklichkeit" läßt dieses Grundanliegen auch der theologischen
Arbeiten besonders überzeugend hervortreten. (In: „Glaube
und Illusion.") Immer geht es aus dem Wissen um die Grenzen des
modernen Bewußtseins im Erkennen und Gestalten heraus um den
ganzen, unverkürzten, zu irdisch-leibhafter Gestalt drängenden Gehalt
der christlichen Offenbarung. Diesen Sinn hat, namentlich in

der Abendmahlsfrage, auch die nachdrückliche Orientierung an
Luther und das Festhalten am lutherischen Bekenntnis, wobei die
Lutherische Kirche als „Konfession der Mitte", als Brücke zur
Ökumene verstanden wird. Es geht um die Verbindung der ,.vollen
objektiven Sakramentsmächtigkeit" mit dem ungebrochenen „Ernst
persönlich - subjektiver Aneignung", die weder bei der katholischen
noch bei der reformierten Anschauung gesichert erscheint. Diesem
Grundanliegen wollen gerade auch die unnachgiebig anmutenden Formulierungen
dienen: so etwa, wenn die „Realpräsenz des Leibes und
Blutes Christi", der „Substanzcharakter", die „substanzmäßige Gegenwart
des Leibes und Blutes Christi", „das dinghafte Verständnis der
Abendmahlsgabe" gegen eine vorschnelle Umbiegung ins Spirituelle und
Personelle verteidigt werden, so auch wenn der Satz: „Das Heil kommt
von außen", also die „Externität des Heiles" gegen die „Ichgebundenheit
" des Heilserlebnisses sichergestellt wird. Immer geht es um die
„Leiblichkeit" der Offenbarung Gottes in Christus und so auch um „die
wirkliche Gegenwart des Leibes und Blutes Christi in den Elementen",
weil nur „in der sakramentalen Leibesgegenwart" die „Überwindung dei
Raumes" und die „Überwindung der Zeit" möglich sind, ohne die es
keine ,.Gleichzeitigkeit" mit Christus gibt, die gewiß „keine volle Vorwegnahme
der eschatologischen Gegenwart Christi, aber doch ein
Hereinbruch seiner endzeitlichen Nähe" ist, „so als öffne sich ein Spalt
der Tür, die uns von der noch zukünftigen Erscheinung Christi trennt"
(Das Abendmahl bei Luther. In: Vom Sakrament des Altars. 1941).

Aber gerade die strengsten Formulierungen seiner Theologie werden
nur richtig interpretiert, wenn sie vom Ganzen einer Persönlichkeit
her gesehen werden, der in besonderem Maße das Charisma der menschlichen
Begegnung gegeben ist. Eine seltene hilaritas und suavitas animi
durchstrahlen nicht nur die akademische Lehrtätigkeit, das Amt des
Universitätspredigers an der Universitätskirche St. Pauli und die damit
verbundene Seelsorge, sondern wirken sich auch in der vielfältigen
organisatorischen Verantwortung, in der Ernst Sommerlath steht: in der
Äußeren und Inneren Mission, im Lutherischen Einigungswerk, im Exekutivausschuß
des Lutherischen Weltbundes, in der Synode der EKD,
in der Generalsynode der VELKD und in den Domkapiteln des Hochstifts
Meißen und des Domstifts Würzen in reichem Segen aus und
möchten es, das ist der herzliche Segenswunsch aller Beteiligten, D. v.
noch für eine gute Reihe von Jahren tun.