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Ausgabe:

1959 Nr. 12

Spalte:

925-927

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Das christliche Denkmal ; Hefte 34, 36

Titel/Untertitel:

41, 43 1959

Rezensent:

Weckwerth, Alfred

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 12

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die deutsche Kunst durch beachtenswerte Bildbeschreibungen ausgezeichnet
(Lothar Schreyer, Ein Jahrtausend Deutscher Kunst.
Hamburg, 1954) und wieder in Erinnerung gebracht, daß sie eine
wesentliche Grundlage der Kunstbetrachtung bilden, wie man
denn wohl auch einen literarischen Text zunächst sollte richtig
lesen können, bevor man ihn interpretiert. Ich kann es mir nicht
versagen, in diesem Zusammenhang auf eine m. E. vorbildliche
Bildbeschreibung einer solchen Buchmalerei aus der Feder eines
Theologen und Philosophen hinzuweisen, des vor einigen Jahren
in die Ewigkeit abberufenen Professors für mathematische Logik
und Grundlagenforschung Dr. Heinrich Scholz, in einer Pfingst-
betrachtung der „Zeit" 1955, über das Blatt mit dem Evangelisten
Lukas aus dem für Kaiser Otto III. auf der Reichenau geschriebenen
Evangeliar. (Farbige Reproduktion auf dem Umschlag des
Werkes „Evangelium im Bild", München 1954, schwarz-weiß bei
Albert Boeckler, Deutsche Buchmalerei vorgotischer Zeit, 1953,
P. 29).

Die farbigen Bilder und der Text dieser Bändchen werden
dazu beitragen, diese, heute meistens in Archiven und Bibliotheken
aufbewahrten, nicht mehr im kultischen Dienst der Kirche
gebrauchten und selten in Ausstellungen gezeigten Werke einer
vor tausend Jahren blühenden, wahrscheinlich in Werkstätten der
Klöster gepflegten Malerei dem Kunstfreund wieder lebendig zu
machen. Die 1950 unter Albert Boecklcrs Leitung in München
unter dem Titel „Ars Sacra" veranstaltete Ausstellung verdient
eine Wiederholung.

Düsseldorf Heinrich J. Sch m i d t

Das christliche Denkmai. Ein Sammelwerk in Einzclheftcn
über kirchliche Baukunst, hrsg. von Fritz L ö f f 1 c r. Berlin: Union-
Vcriag [1958/59]. Je 32 S. mit ca. 15 Abb. kl. 8°. Kart, je DM 1.50.

In seiner bekannten Reihe über christliche Baukunst, die
noch fortgesetzt wird, legt der Herausgeber nunmehr folgende
Arbeiten vor:

Heft 34: Die Marienkirche zu Bergen/Rügen. Von Walter Ohle.
Heft 36: Die Klosterkirche zu Jcridiow. Von Hans Müther mit

Waltraud Volk.
Heft 41: Die Klosterkirche zu Lehnin. Von Ernst U 11 m a n n.
Heft 43: Die Moritzkirche zu Halle, Von Wulf Schadendorf.

Man ist auch diesmal nicht enttäuscht, wenn man die
neuen Hefte der Löfflerschen Reihe mit dem farbigen lackierten
Llmschlag zur Hand nimmt. In flüssigem Stil geschrieben, führen
6ie den Leser in die Situation ein, der das Bauwerk seine Entstehung
und seine Weiterentwicklung bis auf den heutigen Tag
verdankt. So bietet die Beschreibung nicht nur eine kurzgefaßte
Baugeschichte, sondern zugleich wertvolle Einblicke in die
Kultur-, Kunst- und Geistesgeschichte, insbesondere in die jeweilige
kirchcngc6chichtliche Lage. Die Darstellung entspricht
dem neuesten Stand der Forschung und zeigt die Probleme auf,
die in der Fachliteratur im Zusammenhang mit dem Gebäude
erörtert worden sind. Bei den Gotteshäusern handelt es sich um
Bauten von hohem kunst- und kirchenhistori£chen Interesse. Die
Errichtung der Marienkirche zu Bergen auf Rügen ist eng mit
der Christianisierung des Gebietes verknüpft. „Vor acht Jahrhunderten
wuchs die Marienkirche empor als sichtbares Zeichen,
daß ihr Bauherr mit einer neuen Religion 6einem Volk den
Frieden in den Wirren seines Jahrhunderts sichern wollte. Zwei
Jahrhunderte waren nötig, das Werk zu vollenden" (S. 29). In
ihrem Grundriß ist die Marienkirche eine normale romanische
Basilika mit Querschiff; der Westbau zeigt individuelle Eigenart.
Architektonisch läßt sie Verwandtschaft mit dem dänischen
Kirchenbau erkennen. „Nur aus Dänemark konnte Jaromar [der
Bauherr] Baupläne und Bauleute kommen lassen; er selbst hat nie
andere als dänische Großbauten kennengelernt" (S. 5). In ihrem
Innern birgt die Kirche mehrere Kostbarkeiten: wertvolle Wandgemälde
aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts, einen schönen
romanischen Kelch aus der Zeit um 1200 und ein großes
Leinentuch in Gobelinstickerei, das einst wohl als Wandbehang
oder Banklaken gedient hat und um 1300 entstanden ist. Das
ehrwürdigste Überbleibsel aus dem frühen Mittelalter ist ein
Grabstein vom slawischen Begräbnisplatz. Der Grabsteintypus

(oben zugespitzte Granitstele mit dem Reliefbildnis des Verstorbenen
, mit kultischem Trinkhorn) ist in Osteuropa weit
verbreitet gewesen und hat auf Rügen ein Gegenstück in Attenkirchen
bei Arkona. Die Klosterkirche zu Jerichow in der Altmark
, eine der wenigen noch rein erhaltenen romanischen Backsteinkirchen
im ostelbischen Gebiet, ist Zeuge der Wirksamkeit
des Prämonstraten6erordens. „Sie gehört in die Gruppe der Prä-
monstratenserkirchen, die als eine der ersten nach der Befriedung
des slawischen Gebiets im Norden östlich der Elbe gegründet
wurden. Zu dieser Gruppe gehören chronologisch, ihrer Gründung
nach, Leitzkau, Havelberg, Jerichow, Brandenburg. Diese
Kirchen haben, abgesehen von Havelberg, das erst während des
Bauvorganges zum Prämonstratenserstift erhoben wurde und daner
in dem für diesen Typ charakteristischen Ostteil keine Übereinstimmung
zeigt, das gleiche Grundrißschema. Ähnlich ist es
m't der Anlage der Klostergebäude .. . Architektonisch wie auch
geistig ist diese Gruppe abhängig von ihrem Mutterkloster
..Unser lieben Frauen" in Magdeburg und ihr, besonders architektonisch
, näher verbunden als die andern Tochterklöster,
deren Zahl sich am Ende des 12. Jahrhunderts auf 16 erhöhte"
(S. 1). Die Säulenkapitclle der Krypta sind die schönste Bauplastik
der ganzen Kirche. Ihre eigenartige Gestaltung löste
einen heftigen Meinungsstreit über ihre Herkunft aus. Die neuere
Forschung identifiziert sie als burgundisch. Die Kirche Beatae
Virginis zu Lehnin wurde von den Zisterziensern erbaut. Nach
einer kurzen Würdigung von deren kultureller und kirchlicher
Leistung im Gebiete östlich der Elbe geht der Verfasser zur Beschreibung
der Kirche über. Sie gehört zu den ältesten Denkmälern
deutscher Backsteinbaukunst und ist eine Pfeilerbasilika.
Türme fehlen gemäß den Weisungen des Generalkapitels, nur
ein Dachreiter erhebt sich über der Vierung. „Die Bauleute, die
die Backsteintechnik nach Lehnin brachten, kamen aus Jerichow.
Die Übereinstimmung der ersten Schmuckformen in Lehnin, z. B.
des Sockelprofils an der Apsis, mit Jerichow und das Feldstein-
fundament lassen den Baubeginn für die erste Hälfte des letzten
Jahrzehnts des 12. Jahrhunderts annehmen... Im 12. Jahrhundert
lag die Baukunst in der Mark Brandenburg in den Händen
der Prämonstratenser. Ihr Stil war der romanische. Mit Lehnin
übernehmen die Zisterzienser die führende Rolle, sie bringen
die Gotik, und zwar die burgundische Frühgotik in das märkische
Backsteingebiet" (S. 14 u. 19). Mit der Kirche zu Lehnin entstand
ein Werk, das für die Zukunft in der Mark von Bedeutung
wurde. „Schon während der Bauarbeiten beginnen die Ausstrahlungen
. So stehen die beiden Pfarrkirchen in Trcuenbrietzen
im Zeichen der Lehniner Einflüsse, und der zweigeschossige Anbau
am Brandenburger Dom, dessen .Bunte Kapelle' 1235 geweiht
wurde, ist eine Nachbildung der Lehniner Nebenchöre. Die
größte Bedeutung hatte die Westfassade. Mit der Vorhalle wurde
erstmals auch auf das Mittelportal verzichtet und eine geschlossene
Repräsentationswand geschaffen. Das war eine selbständige,
schöpferische Leistung des Lehniner Meisters" (S. 19 f.). LI. führt
die Geschichte der Lehniner Klosteranlage bis in die Gegenwart
f°<*. „Heute ist im ausgebauten Ostflügel der Klausur ein Diakonissenheim
untergebracht. Alte und neue Gebäude um den
ehemaligen Wirtschaftshof sind Krankenhaus geworden. So lebt
der Gedanke der Caritas, der Nächstenliebe, in neuer Form an
einem alten Orte weiter" (S. 31). Die Moritzkirche zu Halle ist
eine der eigenartigsten Schöpfungen der Spätgotik. Der erste
größere Bau wurde in der Zeit zwischen 1121 und 1141 errichtet
und befand sich unmittelbar an der Stadtmauer. Die Westwand
bzw. der Westturm war in die Wehranlage der Stadt einbezogen.
Von 1 388 bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts entstand
der heutige Neubau. Sch. nennt als einen der Hauptgründe für
die Planung eines solch großartigen Baues das wirtschaftliche Erstarken
der Stadt im 14. Jahrhundert. Die Errichtung dieses Gebäudes
war zu einem großen Teil das Werk des Conrad von Einbeck
, der als Baumeister und Meister der Steinmetzen wirkte.
..Bau und Plastik der Moritzkirche sind nur aus der künstlerischen
Herkunft Conrads zu verstehen. Er lernte unter Peter Parier,
dem großen Beginner der deutschen Spätgotik, an der Präger
Dombauhütte, die bis 1 385 den Hochchor von St. Veit errichtete
" (S. 18). Trotz des beschränkten Umfangs des Heftes ver-