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Ausgabe:

1959 Nr. 12

Spalte:

924-925

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Titel/Untertitel:

Genesis 1959

Rezensent:

Schmidt, Jakob Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 12

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tum in der Durchführung der „zweiten Reformation" aus, die
bewußt als Fortsetzung und Vollendung der Reformation Luthers
aufgefaßt wurde: einer Reformation nicht der Lehre, sondern
jetzt vor allem der nicht mehr als Adiaphora betrachteten kirchlichen
Ordnungen und des christlichen Lebens.

Mit dem Auftrag zu einer solchen Reformation kam Pezel
auch nach Bremen. Hier fand er sich bald nicht nur im Streit mit
den Lutheranern, die ihn von auswärts angriffen (Selneccer u.a.):
sondern auch mit dem zwinglischen Flügel des Reformiertentums,
der in einen ähnlichen Gegensatz zum calvinistischen Flügel geraten
war wie in der Schweiz, in der Pfalz, in Nassau und Schottland
. Der Unterschied lag außer in der Abendmahlslehre in der
Auffassung des Verhältnisses von Kirche und Staat und gab sich
vor allem kund in der unterschiedlichen Stellung zur Kirchenzuchtsfrage
, Moltmann stellt ausführlich dar, wie der Zwinglianismus
durch Hardenberg in Bremen begründet worden ist und
liefert damit eine wertvolle Fortführung der Studien von Kreß-
ner, Wesel-Roth und Hollweg, die in den letzten Jahren den Einfluß
Bullingers auf das außerschweizerische Reformiertentum dem
Einfluß von Calvin an die Seite gestellt haben. Die Schüler
Hardenbergs, Rektor Molanus und Stadtphysikus Johann von
Ewich, hielten diese Tradition lebendig (Einfluß von Petrus
Ramus). Wohl gelang es Pezel nach Jahren, den radikal-zwingli-
schen Joseph Naso zu vertreiben. Aber als er nach 1 595 seinen
Consensus Bremensis mit der Forderung einer Kirchenzuchtsord-
nung durchdrücken wollte, scheiterte er an dem Widerstand von
Bürgermeister Heinrich Kreffting, einem Molanusschüler. Auch
hier kamen sich staatsabsolutistische Tendenzen und die zwing-
lische Lehre von der „civitas christiana" entgegen.

Die Untersuchung Moltmanns — seine Göttinger Habilitationsschrift
— zeichnet sich aus durch gründliche Kenntnis der
jeweiligen Lokal- wie auch der allgemeinen Kirchen- und Dogmengeschichte
. Sie verliert bei allem Detail nicht die Übersicht.
Sie berücksichtigt die Sekundärliteratur und geht doch auch in
Nebenfragen fast immer darüber hinaus zu neuen Quellen. Sie
benutzt eine große Zahl in- und ausländischer Archive. Einige
Originale werden als Beilage wiedergegeben. Eine besondere Zugabe
ist der Exkurs über die Entwicklung „Von der philippistischen
Geschichtswissenschaft zum apokalyptisch - heilsgeschichtlichen
System des Coccejus". In dem allem ist die Arbeit vorbildlich.

Man könnte sich fragen, ob nicht bei der Darstellung der
Theologie Pezels das zeitliche Nacheinander der Schriften mehr
hätte berücksichtigt werden sollen. Moltmann legt Wert auf die
Darstellung einer Entwicklung der Theologie Pezels. Sie wird
verwischt, wenn bei einer früheren Phase Schriften einer späteren
herangezogen werden. Schade ist auch, daß das Register so unvollständig
ist. Der Reichtum an einzelnen Beobachtungen wird
dadurch nicht immer gleich entdeckt werden. Es lohnt sich jedoch,
die Arbeit nicht nur zum Nachschlagen zu benutzen. Die Lektüre
der ganzen Untersuchung ist in jedem Fall äußerst lehrreich -
und für den Kirchenhistoriker vom Fach unentbehrlich.

Emden HeinoIdFast

Blanke, Fritz: Calvins Urteile über Zwingli.
Zwingliana XI, (1959) S. 66—92.

Büßer, Fritz: Calvins Institutio. Einige Gedanken über ihre Bedeutung
.

Zwingliana XI, (1959) S. 93—105.
Holstein, Henri: La Tradition d'apres le Concile de Trente.

Recherches de science religieuse XLVII, 1959 S. 367—390.
Kahler, Ernst: Die Wirklichkeit Gottes und die Wirklichkeit der

Welt im Werk Johann Bugenhagens.

Evangelische Theologie 19, 1959 S. 4 53—469.
Maron, Gottfried: Laurentius von Brindisi, der neueste „Lehrer" der

katholischen Kirche.

Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts 10, 1959 S. 41
bis 46.

Moltmann, Jürgen: Erwählung und Beharrung der Gläubigen nach
Johannes Calvin.

Kirche in der Zeit 14, 1959 S. 329—332.
Rüsch. Ernst Gerhard: Die Beziehungen der St. Galler Reformatoren
zu Calvin.

Zwingliana XI, (1959) S. 106—116.
Wibbeling, Wilhelm: Kirchensteuer im Reformationsjahrhundert.
Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1959 S. 49—61.

GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

Goes, Albrecht: Genesis. Bilder aus der Wiener Genesis erläutert.
Hamburg: Wittig [1956]. 16 S., 12 Taf. mit erläut. Text. 8°. Lw.
DM 5.80.

Asmussen, Hans: Weihnachten. Farbige Buchmalerei aus der Zeit
der Ottonen erläutert. Ebda [1955]. 15 S., 12 färb. Taf. mit Text.
8°. Lw. DM 5.80.

Dirks, Walter: Christi Passion. Farbige Bilder aus dem sechsten bis
zwölften Jahrhundert erläutert. Ebda [1956] 16 S., 12 Taf. mit erläut
. Text. 8°. Lw. DM 5.80.

Schreyer, Lothar: Evangelisten. Farbige Buchmalerei aus dem
achten und neunten Jahrhundert erläutert. Ebda [1955]. 15 S., 8 färb.
Taf. mit Text. 8°. Lw. DM 4.80.

Schiller, Gertrud: Die Offenbarung des Johannes. Farbige Bilder
aus der Bamberger Apokalypse um 1020 erläutert. Ebda [1955]. 1 5 S..
8 färb. Taf. mit Text. 8°. Lw. DM 4.80.

Den farbigen Abbildungen dieser Bändchen liegen bei Tageslicht
, in sehr geschickt gewählten Ausschnitten, sorgfältig aufgenommene
Photographien nach Buchmalereien des Mittelalters
vom 6. bis 12. Jahrhundert von Pater Dr. Frowin Oslcnder O.S.B,
der Abtei Maria Laach zugrunde, der auch die Auswahl der Bilder
bestimmte und als Herausgeber dieser Reihe wirkt. Sie verdienen
alle Anerkennung. Auf dem Blatt vor den Farbtafeln wird die
Stelle der Heiligen Schrift angegeben, die ihnen zugrunde liegt
und die Tafel beschrieben. Schon die Beschreibungen der Tafeln
zeigen, daß die Verfasser vom Inhalt dieser Buchmalereien aus •
gehen und die hohen religiösen Ideen aussprechen, von denen sie
Zeugnis geben. In manchen Fällen werden schon in diesen Beschreibungen
beachtenswerte kunsthistorische Perspektiven angedeutet
, wie es etwa Albrecht Goes bei dem Blatt der Sintflut
tut, in dem, in der Tat, Spätantike und Frührenaissance einander
zu begegnen scheinen. Er gibt Auskunft über die Wiener Genesis,
die Größe und Anzahl der Blätter, den ursprünglichen und heutigen
Zustand, die Größe der heute zum Teil beschnittenen Blätter
, ihre mutmaßliche Entstehung in Syrien und kunstgeschichtliche
Einordnung in die Epoche der Spätantike, in der Byzanz alles
unter seine Herrschaft zwang. Das Verfahren verdient Nachahmung
, zumal diese Tatbestände auch für den Theologen von
Bedeutung sind, der in diesen Buchmalereien das werdende
Christentum erlebt. Ein solcher kurzer, das Kunstwerk sachlich
beschreibender Text läßt sich auch dann einfügen, wenn die
Miniaturen, wie in den meisten anderen Fällen, aus verschiedenen
Codices 6tammen. Gertrud Schiller geht in der Bamberger Apokalypse
im Text darauf ein. Das stattliche Werk, dessen kunstgeschichtliche
Bedeutung u. a. von Heinrich Woelfflin eingehend
gewürdigt wurde, liegt seit dem vergangenen Jahr in einer vorbildlichen
Buchausgabe vor. (Alois Fauser, Die Bamberger Apokalypse
, Inselvcrlag, Wiesbaden, 1958.) Beiden Betrachtungen Hans
Asmussens über die Berechtigung des Bildes im christlichen Kult
sollte man sich daran erinnern, daß gerade diese Buchmalereien
auf bedeutsame Weise die Gestaltung auf der Grundlage der Ideen
in der bildenden Kunst zu Anfang der abendländischen Kunst-
cntfaltung wieder zu Ehren gebracht haben. Das griechische Wort
Eidos meint ja in seiner ursprünglichen Bedeutung „Bild". Der
Stamm „id" ist der gleiche, der in videre = sehen steckt. Alle
Schrift, die uns das Wort vermittelt, das am Anfang war, stammt
aus einer Bilderschrift.

Walter Dirks erinnert in seinem Text über die Passion
Christi an die z. T. einseitige ästhetische Einstellung des Menschen
der Gegenwart zur Kunst. Aber auch der Mensch der Gegenwart
wird, etwa angesichts der Kreuzigung des Iscnhcimcr Altars
von Matthias Grünewald, in die gewaltigen, tragischen Spannungen
hineingezogen werden. Etwas Ähnliches gilt von diesen Buchmalereien
, etwa dem Abendmahl des Psalters aus der Abtei
St. Alban in London, der durch unter Heinrich VIII. ausgewiesene
Nonnen nach St. Godehard in Hildesheim gelangt sein soll und
der Gefangennahme Christi aus einem Echtcrnachcr Sakramcntar
in der königlichen Bibliothek in Brüssel.

Besondere gut ergänzen sich Bild, Beschreibung und kunsthistorische
Betrachtung in dem Bändchen von Lothar Schreyer
über die Evangelisten. Schreyer hat sich schon in seinem Buch über