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Ausgabe:

1959 Nr. 12

Spalte:

919-920

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Lefherz, Friedhelm

Titel/Untertitel:

Studien zu Gregor von Nazianz 1959

Rezensent:

Treu, Ursula

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919

Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 12

920

Nygren, Anders: Augustin und Luther. Zwei Studien über den Sinn
der augustinischen Theologie. Berlin: Evang. Verlagsanstalt [l<>5 8|.
32 S. gr. 8° = Aufsätze u. Vorträge zur Theologie u. Religionswissenschaft
, hrsg. v. E.Schott u. H. Urner, H. 3. DM 1.80.

Die erste der beiden Arbeiten, welche das Heft enthält
(„Die Konfessionen Augustins. Ihr Sinn und ihr literarischer
Aufbau"), will von der Untersuchung des Inhalts der Confessio-
nes her das Formproblem lösen — die Frage, wie Buch 1—10 sich
zu der Genesisexegese der Bücher 11—13 verhalten. Nygren erfaßt
mit sicherem Grift den Grundgedanken der Confessiones:
Fecisti nos ad te, et inquietum est cor nostrum, donec requiescat
in te (Conf. 1, 1 PL 32, 661) und beleuchtet von daher die Komposition
des Werkes. Da im Hintergrund des zitierten Wortes
das Gegenüber von Schöpfer und Geschöpf steht, das Suchen des
Geschöpfes nach der Ruhe im absoluten Sein, das allen Mangel
ausfüllt, ist die Exegese gerade des Anfangs der Genesis in Buch
11—13 keine unorganische Zutat. Auch diese vergängliche Welt
weist hin auf die Sabbatruhe des siebenten Tages, in der das zu
Gott geschaffene Herz die quies finden wird, die niemals vergeht.
Die Confessiones stehen „als eine literarische Schöpfung von imponierender
Geschlossenheit und Einheitlichkeit da" (S. 19).

Der schöne Aufsatz Nygrens bestätigt die Ergebnisse, zu
denen auf anderem Wege die Arbeiten von Kusch (Studien über
Augustinus, Festschrift Franz Dornseiff, Leipzig 1953, S. 124—183)
und Knauer (Psalmenzitate in Augustins Konfessionen, Göttingen
1955) gekommen sind.

Die zweite Studie des Verfassers („Simul justus et peccator
bei Augustin und Luther") hebt hervor, daß Luther und Augustin
bei den entscheidenden Fragen in verschiedenen Lagern stehen.
Die lutherische Formel simul justus et peccator ist fast wörtlich
bei Augustin zu finden. Aber sie meint etwas ganz anderes als bei
Luther. Daß der Mensch, wie Augustin sagt, ex quadam parte
justus, ex quadam parte peccator oder idem spiritalis, idemque
carnalis ist, bedeutet, daß in ihm Vernunft und Sinnlichkeit
miteinander kämpfen. „Wir stehen hier vor der überraschenden
Tatsache, daß simul justus et peccator, das wir gewohnt sind
als den typischsten Ausdruck für reformatorischc Christentumsauffassung
zu betrachten, bei Augustin ein Ausdruck für seinen
Anschluß an die antike Psychologie des Begehrens ist" (S. 28).

Berlin Rudolf Lorenz

Lefherz, Friedhelm: Studien zu Gregor von Nazianz. Mythologie,
Überlieferung, Scholiasten. Inaugural-Dissertation zur Erlangung d.
Doktorwürde d. Philosophischen Fakultät der Rheinischen Fricdrich-
Wilhelms-Universität zu Bonn 1958. (Zu bezichen durch Dr. phil.
F. Lefherz, Düsseldorf-Wersten, Richrather Str. 9) 311 S., 3 Tab. 8°.
Kart. DM 4.50.

Es fällt nicht leicht, eine Arbeit zu besprechen, die eine solche
Fülle von verschiedenartigem Material vorlegt wie die Gregor-
Studien von F. Lefherz. Der Untertitel deutet etwas davon an.
Verf. ging aus von einer Untersuchung der Rolle, die die antike
Mythologie in den Werken Gregors spielt. Da ihm das Material
nicht ergiebig genug schien für eine abgeschlossene Studie, erweiterte
er sein Thema und behandelte noch Überlieferung und
Nachwirkung Gregors.

Für die Publikation mußte der Hauptabschnitt A, Mythologie
, sehr stark gekürzt werden. Vielleicht ist das der Grund,
warum sich dieser Teil nun wie eine bloße Skizze ausnimmt, in
der kaum näher begründete Behauptungen neben Gemeinplätzen
stehen, so z. B.: „Die rhetorische Bildung beeinflußt Gregor
außerordentlich stark. Die Popularphilosophie tut ein Gleiches.
Mit der antiken Bildung wird auch die antike Geisteswelt höher
gewertet als gemeinhin bei den Kirchenvätern."

Was Verf. dafür anführt, 6ind 6echs Belege für entlegene
mythologische Anspielungen. Davon steht ein Beleg (Abaris.
Ep. 2, PG 37, 24 A 2 ff.) schon bei Origenes (contra Cels. 3, 31).
Verf. zieht aber nicht den naheliegenden Schluß, daß Gregor hier
den großen Alexandriner zum Vorbild nimmt.

Fruchtbarer als die z.T. recht scharfsinnigen, z.T. auch überscharfen
Interpretationen der mythologischen Anspielungen sind
die folgenden Teile B-E, die untereinander zusammenhängen. Sie
tragen die Haupttitel:

B: Die Werke Gregors: Bisherige Editionen, Erforschung und
Wirksamkeit der Werke.

C: Die Scholiasten der Reden und Briefe Gregors.

E: Tabellen und Indices.

D: Erklärungen zu den Gedichten Gregors.

Hier gibt Verf. ein nützliches und umfassendes Resume des
gegenwärtigen Standes der Forschung, was Überlieferung und
Nachwirken Gregors angeht. Er hat sich über die gedruckten Arbeiten
hinaus mehrfach um direkte Informationen bemüht, so
z. B. bei Prof. Sinko, Krakau. In diesen vier Abschnitten bietet
Verf. vieles, was für die weitere Arbeit an Gregor von großem
Nutzen sein kann, z. B. eingehende Untersuchungen zu den unechten
Schriften. Trotz mancher Schwächen wird sich der Gregor-
Forscher mit Gewinn an dieser Materialsammlung orientieren
können.

So anerkennenswert der unermüdliche Fleiß ist, der überall zutage
tritt, so wenig läßt es sich leugnen, daß eine gewisse Straffung, vielleicht
unter Verzicht auf einige Einzelauseinandcrsetzungen, der Arbeit
im Ganzen gut getan hätte. So wird im umfangreichen Literaturverzeichnis
jeder Handschriftenkatalog einzeln aufgeführt, ohne daß der Verf.
das unentbehrliche, inzwischen in 2. Auflage vorliegende Repertoire von
M. Richard (Paris 1948) erwähnt. Daß in einer so materialreichen Arbeit
Unstimmigkeiten im einzelnen auftreten, ist bis zu einem gewissen
Grade wohl unvermeidlich. Immerhin sollte man die Mauriner nicht als
„Mönche von St. Maury" ansprechen. Den von ihm mehrfach angeführten
Aufsatz von Sangin (S. 226. Anm. 3; S. 229, Anm. 43, S. 91 oben)
hat Verf. nicht selbst gelesen (oder vielleicht in einer unzureichenden
Übersetzung?) — da es sich nicht um „Moskauer Gregor-Handschriften"
handelt, sondern nur um eine Handschrift, die sich in Leningrad befindet
. S. 86 unten sagt Verf.: „ . . . konnte Sinko aus ca 1500 Handschriften
zur weiteren Bearbeitung 40 auswählen". An der angeführten Stelle
(Th. Sinko, Literatura grecka 1112, S. 218) meint aber Sinko, daß in 40
Jahren 1500 Handschriften festgestellt werden konnten.

Berlin Ursula Treu

Agterberg, M.: L'„Ecclesia-Virgo" et la „Virginitas Mentis" des

fideles dans la pens£e de Saint Augustin.

Augustiniana IX, 1959 S. 221—276.
D i n k 1 e r, Erich: Die Petrus-Rom-Frage. Ein Forschungsbericht.

Theologische Rundschau N. F. 25, 1959 S. 189—230.
D u p 1 a c y, Jean: Citations patristiques et critique textuelle du Nou-

veau Testament.

Recherches de science rcligieuse XLVII, 1959 S. 391—400.
F o 1 e y, Richard: The Communion of Saints — A Study in Saint
Augustinc.

Bijdragen 20, 1959 S. 267—281.
Grant. Robert M.: Nationalism and Internatiortalism in the Early
Church.

Anglican Theological Review 41, 1959 S. 167—177.
Hammerschmidt, Ernst: Die philosophische Begründung der

Gotteserkenntnis bei Tertullian (Fortsetzung).

Internationale Kirchliche Zeitschrift 49, 1959 S. 161—190.
P 1 i n v a 1, Georges de: Julien d'FJclane devant la Biblc.

Recherches de science religieuse XLVII, 1959 S. 345—366.
Vööbus Arthur: Sur le devcloppement de la phase cenobitique et la

reaction dans l'ancicn monachisme syriaque.

Recherches de science religieuse XLVII, 1959 S. 401—407.

K1RCHENGESCH1CHTE: REFORM AT10NSZEIT

C r a n z, F. Edward: An Essay on the Development of Luthcr's Thought
on Justice, Law, and Society. Cambridge: Harvard Univcrsity Pres«
u. London: Oxford Univcrsity Press 1959. XVIII, 197 S. gr. 8° =
Harvard Theological Studie« XIX.

Dieses Buch, dessen Verf. Professor am Connecticut College
in New London (Conn.) ist, bietet eine detaillierte und zuverlässige
Darstellung der allmählichen Entwicklung von Luthers
Sozialethik. Cranz vertritt die These, daß der für diese Entwicklung
entscheidende Zeitabschnitt auf die Jahre 1518/19 datiert
werden kann. Während dieser Zeit erfolgt eine Neuorientierung
(„re-orientation"), durch die der Grund für die reformatorische
Theologie Luthers gelegt wird.

Das Buch von Cranz richtet sich an englischsprcchcnde Leser
und muß von der amerikanischen Situation her beurteilt werden.