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Ausgabe:

1959 Nr. 12

Spalte:

906-908

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

Bibeltheologisches Wörterbuch 1959

Rezensent:

Friedrich, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 12

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bringen diese beiden Gebiete den reichsten Stoff und die verschiedensten
Besonderheiten. Dabei wird auch die jüngste Zeit
nicht vernachlässigt: Mahatma Gandhi (f 1948) und Aurobindo
(t 1950) sind nicht übergangen. Es folgen der japanische Buddhismus
, der tibetische Lamaismus, Hammurapi, Zarathustra,
Mani, Amenhotep IV. und Ramses II. (der letztere kommt freilich
nur als Sinnbild in Betracht; von seinem persönlichen Glauben
ist nicht viel bekannt). Griechenland wird durch die Orphik,
durch Hesiod, Piaton und Apollonios von Tyana vertreten. Ausführlich
ist der Islam behandelt. Die israelitische Religion und
das Christentum bilden den Abschluß. Zum Judentume wird noch
der „Lehrer der Gerechtigkeit" und Baal Schern angeführt. Die
Darstellung des Christentums endet mit lakob Böhme, Georg Fox,
Zinzendorf. Überall sind Einzel-Einleitungen hinzugefügt, die
über das Wichtigste unterrichten.

An einer Auswahl der Art ist leicht Kritik zu üben, zumal
da überall nur knappe Ausschnitte gebracht werden können. Darf
ich nur einen Punkt erwähnen. Für die Entwicklungsgeschichte
der Religionen haben die griechischen Mysterien sonderliche
Bedeutung. Darf man sie übergehen, weil hier kein einzelner Führer
hervortritt? Die Orphik bietet nur eine ungenügende Vertretung
. Ich vermisse besonders die dionysische Welt, die zudem
ein besonders anschauliches Bild echter Mystik bietet: hier könnten
etwa Euripides und Livius brauchbare Texte liefern. Aber es
wäre undankbar, Einzelheiten der Art zu betonen.

Auf 64 Tafeln werden Bilder geboten, die hervorragend
wiedergegeben sind. Es sind nicht alles gleichzeitige Porträts.
Aber es ist richtig, daß man die Wirkung eines großen Lehrers
auch an der Art messen kann, in der er von späten Geschlechtern
dargestellt wird. Hier könnte die Kunst dazu helfen, z. B. die
verschiedenen Auffassungen des Christusbildes zu erläutern.
Natürlich gibt es dabei schwierige Fragen: Werke echter Künstler
würden die stärkste Beweiskraft haben; sie sind nicht überall
zu erreichen. Überall aber würde ich eingehende künstlerische
Erläuterung der mitgeteilten Bilder für wünschenswert halten;
sie könnte sachlich weiterführen. Die beigegebenen Tafeln würden
übrigens Gelegenheit bieten, auch solche Bereiche anschaulich
zu machen, für die ein Stifter nicht genannt werden kann,
in denen aber der Adoptionsgedanke vertreten wird; z.B. die
Mysterien von Eleusis (marmorne Ascheurne vom Esquilin, Niin-
nion-Pinax). Aber das liegt offenbar nicht in der Absicht des
Verfassers.

Sein Buch ist eine wertvolle anschauliche Einführung in die
Welt der Religionsstifter und der großen Lehrer. Aber die Beschränkung
auf diese Kreise ist, vom Standpunkte des Ganzen
und der Entwicklung aus, eine Einseitigkeit.

Ahrenshoop Johannes Le i p ol d t

Tebbe, Walter: Anßerchristliche Religionen. Quellenstücke, hrsg. u.
eingeleitet. Göttingen: Vandenhocck Sc Ruprecht [1959]. 80 S. gr. 8"
= Unser Glaube. Unterrichtswerk f. d. evang. Unterweisung, hrsg.
t. M. Rang. Ausgabe A, 3. Ergänzungsheft. Kart. DM 2.20.

Die allgemeine Problematik der Herausgabe religionsgeschichtlicher
Lesebücher spezialisiert sich bei dem vorliegenden
Bändchen in pädagogischer Hinsicht, weil die gebotenen „Quellenstücke
" als Ergänzungsheft des von Martin Rang herausgegebenen
„Unterrichtswerkes für die evangelische Unterweisung"
erscheinen. Es fragt sich generell, ob dem Schüler auf der Oberstufe
höherer Lehranstalten nicht besser mit einer religionsgeschichtlichen
Darstellung gedient ist, die durch Bildmaterial zu
beleben wäre und auch einige Texte anführen könnte. Entscheidet
man sich aber, wie im vorliegenden Fall, für die alleinige Benutzung
literarischer Quellen, so ist zu prüfen, ob deren Auswahl
und Bearbeitung dem Schüler ein lebendiges Bild vermitteln können
und dabei den Lehrer nicht überfordern. Die Anforderungen,
die dabei an einen verantwortungsvollen Herausgeber gestellt
werden müssen, sind nicht leicht zu nehmen. Es geht nicht an.
aus einigen Übersetzungsbänden Lesefrüchte abzuschreiben. Die
Arbeit des Herausgebers kann nur dann nützlich sein, wenn sie
ein umfassendes religionsgesdr'chtliches Wissen erkennen läßt und
die Kenntnis der jeweiligen Ursprachen der zitierten Übersetzungen
zur Voraussetzung hat.

Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß mit dem vorliegenden
Heft nur der Religionswissenschaftler von Fach unterrichtsmäßig
noch etwas anfangen könnte — und der wird nicht zu dieser Auswahl
greifen. Er wird wissen, daß für den Oberschüler die — hier
noch dazu recht ungeschickt ausgewählten — philosophischen
Texte der Upanishaden viel zu schwer sind, ebenso die Texte zum
Zen und die komplizierten Ausführungen über das buddhistische
Nirväna, an deren Stelle er lieber wesentlich leichtere Quellen
zur Vita und Legende des Buddha sehen würde. Bei Lao-tse durften
Texte zur Sozialethik des wu-wei nicht übergangen werden.
Beim Koran hätten die umständlichen rituellen Verordnungen der
späteren Zeit Mohammeds durch die packenden eschatologischen
Schilderungen der Suren 82 und 99 ersetzt werden sollen, weil
dies für das primäre religiöse Anliegen des arabischen Propheten
zentrale Äußerungen 6ind. — Der Leser erfährt im Vorwort, daß
die Texte in zeitlicher Reihenfolge erscheinen sollen und erkennt
mit einigem Erstaunen bereits auf den ersten Seiten, daß dies bei
den mekkanischen und medinensischen Suren des Koran, deren
zeitliche Reihenfolge bekanntlich sachlich von großer Bedeutung
ist, unterblieb. — Der Herausgeber versichert, die besten Übersetzungen
herangezogen zu haben. Dann hätte der Koran nicht
m der deutschen Version der Ahmadiya-Bewegung, sondern nach
der Reclam-Übersetzung von Max Henning geboten werden sollen
. Die besten Übersetzungen Lao-tses stammen von Julius Grill
und Victor von Strauß. Der Herausgeber entschied sich für die
leichter erreichbare Übersetzung von Richard Wilhelm und unterließ
es, wenigstens in einer Fußnote darauf hinzuweisen, daß hier
mit der problematischen Wiedergabe durch „Sinn" das Tao gemeint
ist. — Die Transkriptionen fremdsprachlicher Termini gehen
völlig durcheinander. Eine Fülle von Begriffen bleibt unerläutert.
Was soll der Schüler, aber auch der Lehrer mit Prajäpati,
parivräjaka, purusha, prakriti, kalpa, Väsudeva, Padmapäni usw.
usw. anfangen? Aber das ist vielleicht noch besser, als wenn der
Herausgeber in einigen Fällen Erklärungen gibt. Wenn „Pritha-
Sohn" durch „Arjuna" erläutert wird und zu dem zweiten Namen
nichts hinzugefügt ißt, i6t gar nichts gewonnen. Die Erklärung
v°n karma durch „ununterbrochene Folge der Triebe" kann
schwerlich dazu dienen, den Schüler Grundbegriffe zu lehren. In
zwei aufeinander folgenden Anmerkungen wird satya richtig durch
..Wahrheit" und satyagraha völlig vage mit „einer, der Seelenkraft
ausübt" wiedergegeben, obwohl doch die Etymologie hier
so leicht zu durchschauen ist. — Neben einigen Anmerkungen beschränkte
sich die Tätigkeit des Herausgebers auf gelegentliche
Kursiv-Setzungen innerhalb der Texte und auf die Formulierung
von Überschriften. Wenn dabei der Islam als „Religion des abschließenden
Propheten" bezeichnet wird, so findet damit der im
Vorwort verbis expressis ausgesprochene Irrtum Ausdruck, der
Islam sei „die einzige nachchristliche Religion", ein Fehler, den
der Herausgeber bereits an der von ihm abgedruckten Religionsstatistik
, die den Sikhismus einschließt, hätte korrgieren können
— um von neueren Religionsstiftungen abzusehen. Die Kennzeichnung
des Shintoismus als „Verehrung der heiligen Schreine"
gibt einen höchst einseitigen Aspekt, der dann noch dazu durch
die beigegebenen Texte nicht verifiziert wird.

Wabern. Bez. Kassel Günter Lanezkowski

BIBELWISSENSCHAFT

Bauer, Johannes B. (Hrsg.): Bibeltheologisches Wörterbuch. Graz,
Wien, Köln: Styria [1959]. 859 S. 8°. Lw. DM 39.50.

Das biblisch-theologische Wörterbuch der neutestament-
lichen Gräcität von H. Cremer hat man gelegentlich eine neu-
testamentliche Theologie in lexikalischer Form genannt. Diese
Charakterisierung des Cremer entspricht nicht der Intention des
Verfassers. Sein Anliegen war nicht primär ein systematischtheologisches
, sondern ein 6prachlich-theologisches; denn es ging
ihm um die Eigenart des neutestamentlichen Griechischen.

Anders verhält es sich mit dem bibeltheologischen Wörterbuch
von Bauer. Das Ziel dieses katholischen Wissenschaftlers
ist es, nicht ein Vokabular der biblischen Sprache zu bieten, sondern
in das Verständnis der Wesenszüge von wichtigen biblischen