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Ausgabe:

1959 Nr. 11

Spalte:

823-824

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Kroeker, Jakob

Titel/Untertitel:

Daniel 1959

Rezensent:

Hertzberg, Hans Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 11

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liegende Literatur in ungewöhnlichem Umfange nicht nur mitgeteilt
, sondern auch benutzt hatte, so hat er dies in gleicher
Weise mit der seitdem bis in die während der Drucklegung der
2. Auflage neu hinzugekommenen Literatur hinein getan und
den Benutzer so bis an die Gegenwart der Forschung herangeführt
. Übrigens gilt die am Ende des als „Literatur in Auswahl
" bezeichneten umfänglichen Literaturverzeichnisses in der
Einleitung schon der 1. Auflage stehende Bemerkung „Literatur
zu einzelnen Abschnitten und Versen siehe an der betreffenden
Stelle", wiederholt am gleichen Ort in der 2. Auflage, auch für
diese; in deren Text finden sich eine Menge von Literaturangaben
, die in dem Verzeichnis nicht erwähnt sind. Daß Rudolph
, worauf er am Anfang des Buches hinweist, den Nachrichten
in den neuen Stücken der neubabylonischen Chronik (Wisc-
man-Chronik) Rechnung getragen hat, die dazu zwingen, die Darstellung
der politischen Ereignisse zur Zeit Jeremias in einigen
Punkten zu ändern, war zu erwarten. Aber er hat sich bemüht,
die seit 1947 erschienene Literatur überhaupt möglichst vollständig
zu verarbeiten und hat auch noch Literatur aus der Zeit
vor 1947 nachgetragen. Sehr erfreulich ist, daß er Bezüge auf
den Kommentar des Hieronymus (MSL 24, 705—936) und auf
Calvins Auslegung (Corpus Reformatorum, Band 65—67) in verstärktem
Maße eingearbeitet hat. Wichtig ist die Beachtung der
(zahlreichen neuen) Anmerkungen. Diese enthalten vorwiegend
Verweise auf neue Literatur mit Rudolphs Stellungnahme dazu,
soweit diese noch nicht oben in den Text eingearbeitet 6ind. Als
bedeutsam seien z.B. genannt: S. XXI, Anm. 1; S. XX, Anm. 3;
S.47, Anm.l; S.48,Anm.l; S. 53, Anm. 1; S. 164, Anm. 3;
S. 211, Anm. 1; S. 213, Anm. 2; S. 257, Anm. 1; S. 299, Anm. 2.

Rudolphs Kommentar bedeutet für den Benutzer in jeder
Hinsicht reichen Gewinn. Er bietet auf der breiten Grundlage der
internationalen Literatur ein umfassendes Bild der Jeremia-
forschung von heute in textkritischer, philologisch-historischer
und theologischer Hinsicht. Es sei nicht unerwähnt gelassen, daß
dieser Kommentar durch die Qualität der fortlaufenden Erklärung
, was zu erwähnen heute besonders wichtig ist, geeignet ist,
auch dem Leser, der nicht über hebräische Sprachkenntnisse verfügt
, das Buch Jeremia bis in den Bereich der wissenschaftlichen
Fragen hinein zugänglich zu machen.

Münstcr/Westf. Johannes Herrmann

K r o e k e r, Jakob f: Daniel. Staatsmann und Prophet. 3., v. Verf. noch
selbst durchgesehene Aufl. Gießen u. Basel: Brunnen-Verlag [1957].
237 S. 8° = Die Propheten oder das Reden Gottes (währendexilisch)
= Das lebendige Wort. Beiträge zur Einführung in die göttlichen
Gedankengänge und Lebensprinzipien des Alten Testaments, Bd. g.
Lw. DM 9.80.

Diese Danielauslegung ist erstmalig 1928 erschienen und
umfaßte zunächst die erste Hälfte von Dan. In einer zweiten
Auflage aus dem Jahre 1935 waren dann alle Kapitel bearbeitet;
indessen wirkte die zweite Hälfte mehr als ein Anhang zum
eigentlichen Buch. So ist es auch in der dritten Auflage geblieben,
die der 1948 verstorbene Verfasser noch selbst bearbeitet hat;
sie ist von Hans Brandenburg herausgebracht worden. Das Buch
hält die Mitte zwischen Erklärung des Textes und seiner Deutung
und Anwendung. Diese überwiegt stellenweise 60, daß man ihm
den Untertitel geben könnte: eine Deutung unserer Zeit im
Lichte von Dan. In bezug auf die Einleitungsfragen — auch auf
die Übersetzung — lehnt sich der Verf. weitgehend an J. Goetts-
berger an. Er unterscheidet zwischen der Entstehung der Stoffe
in der Exilszeit und ihrer (späteren, etwa um 300 erfolgten)
Niederschrift. Doch wirkt die Darbietung durchaus so, als sei das
Buch Dan. in einem Zuge im 6. Jahrhundert verfaßt worden. Gelegentlich
wird sogar von „geistiger Fernschau" gesprodien (s.
Seite 197). Auch sonst ist manches nicht sauber. So wird Jojakim
als der von Nebukadnezar exilierte König von Juda auf Grund
der Stelle 1, 1 f. ohne weiteres hingenommen (S. 38. 40), obwohl
der Verf. genau weiß, daß es Jojadain war (S. 133). Belsazar wird
mit einer schwachen Begründung (S. 132) mit Evil-Merodach
gleichgesetzt; die übliche Identifizierung mit Belsazar, dem Sohne
(und Mitregenten) des letzten babylonischen Königs Nabonid.

wird nicht einmal erwähnt. Darius „der Meder" gilt als ein Teilkönig
, der aus der Hand des Kyrus die Königswürdc über die
eroberten Gebiete empfangen habe; eine Gleichsetzung mit dem
Nachfolger des Kambyses wird überhaupt nicht in Betracht gezogen
. Das vierte Tier in Kap. 7 wird wie selbstverständlich als
das römische Reich gedeutet, das kleine Horn infolgedessen als
der Antichristus ganz allgemein (S. 185). Später, zu Kap. 8, wird
das kleine Horn richtig als Antiochus Epiphanes bezeichnet
(S. 202), eine Diskrepanz, der sich der Verf. allerdings bewußt
ist (S. 207). Einmal (S. 25) werden sechs Worte hebräisch gebracht
, aber 60, daß in ihnen nicht weniger als 8 Fehler stecken!

Die Auslegung steht unter dem Zeichen des Gegensatzes
von Babel und Jerusalem, den Städten der Eigenerlösung und der
Offenbarung. Dahinein wird das Weltdrama gestellt, das im Buch
Dan. sichtbar wird. Daniel selbst, der „Prophet und Staatsmann",
repräsentiert den „heiligen Überrest". Der Verf. will die Dinge
„in Nüchternheit" darlegen, und er tut es auch, wenn auch manches
gekünstelt wirkt (ein Beispiel: die Spekulation über „Wo
war Daniel?" in Kap. 3; S. 106—108). Das Buch ist dennoch voll
von geistlichen Erkenntnissen und Beobachtungen eines gereiften
Christen und wird daher, wie das ganze Lebenswerk des Verfs.,
zweifellos hilfreich sein.

Kiel Hans Wilhelm Hertzberg

Kuhn, Karl-Georg: Rückläufiges hebräisches Wörterbuch. Unter Mitarbeit
von H. Stegemann u. G. Klinzing hrsg. Göttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1958. XV, 144 S. gr. 8°. Lw. DM 32.—.

Analog zu dem bereits vorliegenden rückläufigen griechischen
Lexikon, das sich für die Arbeit an den Inschriften und
dem umfangreichen Papyrusmaterial als ausgesprochen nützlich
erwiesen hat1, ist von der Heidelberger Qumrän-Arbeitsgemein-
schaft zunächst ein Zettelkatalog angelegt worden, in dem die
einzelnen Wörter der Buchstabenfolge nach von rückwärts geordnet
waren, um eine Möglichkeit zu haben, die zahlreichen Lücken
in den hebräischen Qumräntexten einigermaßen sachgemäß zu
ergänzen. Hieraus ist nunmehr das rückläufige Wörterbuch entstanden
, als dessen Hauptherausgeber der Heidelberger Neu-
testamentler K. G. Kuhn verantwortlich zeichnet.

Das Wörterbuch ist mit einem deutschen und einem englischen
Vorwort versehen; es gliedert sich in zwei Teile, nämlich
das „Wort-Lexikon" (S. 1—108) und das „Eigennamen-Lexikon"
(S. 109—144). Die Grundlage bildet das Hebräische de6 Alten
Testaments, wobei Gesenius-Buhl, Handwörterbuch über das Alt«1
Testament, 17. Aufl., 1921, für die Gliederung des Wortschatzes
maßgebend ist. Die Handschriftenfunde sind soweit verarbeitet,
als bisher zuverlässige Veröffentlichungen vorliegen, und zwar:
1 Q H, 1 Q M, 1 Q S, 1 Q p Hab und die Fragmente aus Höhle 1
auf Grund von D. Barthelcmy und J. T. Milik, Discoveries in the
Judaean Desert I: Qumran Cave I, Oxford 1955; außerdem die
von J. M. Allegro aus Höhle 4 veröffentlichten Fragmente wie
4 Q p Na, 4 Q p Ps 37 u. a. m. An weiteren Texten sind eingearbeitet
: Die Damaskusschrift, alle hebräischen Fragmente von
Jesus ben Sirach, die Siloah-Inschrift, die Ostraka von Lachisch,
der Baucrnkalendcr von Geser und die bisher bekannt gewordenen
Funde vom Wadi Murabba at. Dagegen sind die reinen
Bibelhandschriften wie 1 Q Jesa und 1 Q Jesb sowie die sonstigen
bisher bekannten biblischen Fragmente aus 1 Q und 4 Q
nicht berücksichtigt.

Man kann dem Herausgeber und seinen Mitarbeitern dankbar
sein, daß sie sich der entsagungsvollen Mühe unterzogen un<*
mit ihrem Lexikon ein viel Zeit ersparendes Handwerkszeug r
schaffen haben. Daß ein solches Wörterbuch nach dem gegc""
wärtigen Forschungsstand stark vorläufigen Charakter trägt,
wird niemand verwundern oder als Anlaß zur Kritik nehmen-
Wohl aber sei es gestattet, einige Bemerkungen zur Anlage de«
Buches zu machen.

Zunächst fällt auf, daß Nomina wie Verba in der Regel nur
in der Grundform begegnen. Für ein rückläufiges Wörterbucn

•) Rückläufiges Wörterbuch der griechischen Sprache, unter Leitung
von P.Krctschmer ausgearbeitet von E. Locker, Gott.ngen 1944.