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1959 Nr. 10

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 10

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religiös gefärbten Ästhetik und Vernunftontologie, wobei Christus
keine Rolle spielt. Es war dann für die Schüler und Freunde
Rudolf Steiners eine -verhältnismäßig leichte Sache, die Kritiker
der falschen Berichterstattung zu überführen und Eindruck zu
machen mit dem Hinweis, welche zentrale Bedeutung dem „Mysterium
von Golgatha" im Rahmen des anthroposophischen Lehrgebäudes
zukommt. Es ist das Wertvolle und höchst Begrüßenswerte
an dem Buch von Klaus von Stieglitz, daß er den
christosophischen Charakter der Anthroposophie Rudolf Steiners
mit gebührender Klarheit herausstellt, gleichzeitig aber deutlich
macht, daß es sich dabei um ein völlig andersartiges Christusverständnis
handelt als in der biblisch-reformatorischen Glaubenswelt
. Der Verfasser verfügt über eine bewundernswert reichhaltige
Literaturkenntnis. Er hat zahllose Bücher, Vorträge, Zyklen
und Briefäußerungen von Rudolf Steiner eingesehen und
hat auch das Schrifttum der Gegner und Anhänger von überall
her gesammelt.

Wir erfahren, wie schon die katholische Kindheit und
Jugend an Steiners Christusbild mitgebaut hat. Während die
Jahre in Wien und Weimar zur Auseinandersetzung mit der modernen
Naturwissenschaft zwingen, führt der Bruch mit der indischen
Theosophie, der in die Zeit des Berliner Aufenthalts
fällt, zu einer erneuten und vertieften Verkündigung der
„Christustatsache". Früh schon zeigt sich der Gegensatz und Abstand
zu der wissenschaftlichen Bibelauslegung, an deren Stelle
eine reiche gnostische Überlieferung tritt. Nach dem Aufweis der
biographischen Entwicklung bringt der zweite Hauptteil die
systematische Darstellung der Christosophie Rudolf Steiners.
Der kosmische Christus wirkt bereits in den vorchristlichen Religionen
, besonders in den antiken Mysterienstätten. Seine Inkarnation
geschieht im Ereignis der Jordantaufe. Das Blut, das
vom Kreuz herabfloß, hat die Erde getränkt und „durchchristet".
Der Sieg über die luziferischen Mächte hat weltenwendende Bedeutung
. Seitdem kann die Vergeistigung der Schöpfung wieder
anheben, die sich weiter fortsetzen wird bis hin zur Wiederkunft
Christi, die als rein spiritueller Akt im Bewußtsein des Menschen
erfahren werden wird.

Der Verfasser anerkennt, daß dieses groß angelegte
gnostisch-theosophische System entworfen worden ist, um „zur
Ehre des Christus, zur Würdigung der Bibel, zur Verherrlichung
des Geistes beizutragen", er sieht aber auch mit unbestechlicher
Klarheit die synkretistischen Überfremdungen, die hier vorgenommen
worden sind an dem Verständnis der Schöpfung, an
der Geschichte des Lebens Jesu und an der christlichen Eschato-
logie. Er kann darum in der Anthroposophie nicht die Zukunftsform
des biblischen Christentums sehen, wie das von den Anhängern
Steiners in überschwenglicher Weise behauptet und verheißen
wird. Es fließen hier zu verschiedene Elemente ineinander,
als daß die Kirche Christi auf dieser Grundlage aufgebaut werden
könnte. Es berührt sympathisch, mit welcher respektvollen Achtung
die Lebensarbeit Steiners gewürdigt wird, bei aller Entschiedenheit
der Auseinandersetzung. Vielleicht hätte noch etwas
freimütiger betont werden können, wie gewisse Ausfall- und
Mangelerscheinungen in der protestantischen Theologie der Gegenwart
nicht wenig dazu beigetragen haben, der Anthroposophie
so viele Freunde unter den Gebildeten unserer Tage zu gewinnen.

Tübingen Adolf Köherle

Althaus, Paul: Die Bekehrung in reformatorischer und pietistischer
Sicht. S

Neue Zeitschrift für systematische Theologie 1, 1959 S. 3-25.

- Rückblick auf die „Zeitschrift für systematische Theologie".
Neue Zeitschrift für systematische Theologie 1, 1959 S. 1-3.

Breuning, Wilhelm: Neue Wege der protestantischen Theologie in
der Prädestinationslehre.

Trierer Theologische Zeitschrift 1959 S. 193-210.
B r u n n e r, Peter: Die Freiheit des Menschen in Gottes Hcilsgcschichtc.
Kerygma und Dogma 5, 1959 S. 238-257.

- Rechtfertigung und Kircheneinheit. Katholisches Dogma, lutherisches
Bekenntnis und Karl Barth. Zeitwende XXX. 1959 S. 594-608.

- Trennt die Rechtfertigungslehre die Konfessionen? Neue Wege in der
Kontroverstheologie. Zeitwende XXX, 1959 S. 524-536.

Emery, Pierre-Yves: Le sacrifice eucharistique Selon les theologiens

reformes francais du XVIIe siecle.

Verbum Caro XIII (No. 51) S. 245—328.
Haible, Eberhard: Die Einwohnung der drei göttlichen Personen im

Christen nach den Ergebnissen der neueren Theologie.

Theologische Quartalschrift 139, 1959 S. 1—27.
— Gott wirft den Menschen ins Ziel. Bemerkungen zu einer Theologie

der Hoffnung.

Trierer Theologische Zeitschrift 1959 S. 271—284.
Hornig, Gottfried: Systematische Theologie in Dänemark und Schweden
.

Neue Zeitschrift für systematische Theologie 1, 1959 S. 81—110.
Hudak, Adalbert: „Kirche ohne Gott"? Zur Auseinandersetzung mir

der Theologie J. Hromadkas.

Zeitwende XXX, 1959 S. 548—553.
L o r t z, Josef: Evangelische Kritik am katholischen Begriff der Einheit.

Trierer Theologische Zeitschrift 1959 S. 211—228.
Mann, Ulrich: Das Menschenbild in der Theologie unserer Zeit.

Wege zum Menschen 11, 1959 S. 145—155; 194—201; 232—243.
Ratschow, Carl Heinz: Das Heilshandeln und das Welthandeln

Gottes. Gedanken zur Lehrgestaltung des Providentia-Glaubens in

der evangelischen Dogmatik.

Neue Zeitschrift für systematische Theologie 1, 1959 S. 25—80.
Schütz, Paul: Bewahrung und Verwandlung des Menschen.
Eckart 28, 1959 S. 191—202.

ETHIK

Staatslexikon. Recht, Wirtschaft, Gesellschaft. Hrsg. von der
Görres-Gesellschaft. 6., völlig neu bearb. u. erweit. Aufl. III. Band:
Erbschaftssteuer bis Harzburger Front. Freiburg/Br.: Herder 19 59.
VI, 1232 Sp. 4°. Lw. DM 76.-; Hldr. DM 85.-.

Auch dieser neue Band der 6. Auflage des Staatslexikons
zeigt, um bei der äußeren Planung zu beginnen, wie die vorhergehenden
von mir hier bereits angezeigten Bände die Konzentration
der Stichworte bei gleichzeitiger Ausweitung des Textes
im Vergleich zur 5. Auflage. Der vergleichbare alphabetische
Spielraum der 5. Auflage reichte von „Erbschaftssteuer" (Band 1,
Sp. 1714) bis „Hartmann, Eduard von (Band 2, Sp. 1080), er umfaßte
also 1230 Spalten gegen nunmehr 1232, und enthielt 249
Artikel gegen nunmehr nur noch 181. Artikel über Fichte und
Ed. v. Hartmann sind ersatzlos weggefallen. Da6 Stichwort „Evangelisch
", in der 5. Auflage nur einmal vertreten, bringt jetzt
8 selbständige Artikel: Akademien, Diakonie, Kirche in Deutschland
, Kirchenverträge, Organisationen, Bund, Kirchenrecht und
Soziallehren. Soweit ich sehe, haben nur 3 dieser Artikel evange-
lisdie Verfasser. Umgekehrt führt das Stichwort „Gemeinde" in
der vorausgegangenen Auflage nicht weniger als 21 Artikel gegen
nur noch 2 in der jetzigen. Diese knappe Statistik mag auch för
den neu vorliegenden Band den inneren Wandel des Lexikon«
kennzeichnen, das im übrigen alle die Vorzüge aufweist, welche
ich schon gelegentlich der Besprechung der beiden ersten Bände
hervorgehoben habe.

Zur Würdigung des Inhalts möchte ich mich, unter Absehung
von den Artikeln zur Zeitgeschichte, zur Politik und zur Rechts-
und Staatswissenschaft, hier auf das den Theologen unmittelbar
Angehende beschränken. Es sind wieder vor allem die biographi'
sehen Artikel, wobei das katholische Interesse die Auswahl rc-
giert: Faulhaber, Fenelon, C. Frantz, v. Galen, Gasparri, Görres
und Gröber, aber doch auch W. Eucken, Anselm und Ludwig
Feuerbach, Ford, Fourier, Gandhi, v. Gierke und Grotius umfaßt
Der Wegfall des Artikels über „Fichte" ist ebenso bedaucrli*
wie charakteristisch für eine gewisse Exklusivität des Interesse«,
das zwar allen in Sicht kommenden Gegenständen nach tMj
Möglichkeit Gerechtigkeit widerfahren läßt, aber doch nicht alle
naheliegenden Gegenstände in Sicht kommen läßt. Besonders
sind wiederum die moraltheologischen Themen von theologischem
Interesse. Ich nenne aus deren Reihe: Ethos, Euthanasie, Feuer'
bestattung. Freiheit, Freizeit, Frieden, Gemeinwohl, Gesetz, Ö**
wissen, Gleichheit, Grenzmoral, ohne daß diese Aufzählung voll'
ständig wäre. Die Grundhaltung dieser Artikel ist durchweg d'e
neuthomistische. Das bedeutet aber doch eine sorgfältige Orien'
tierung an den Sachen. Die Artikel sind alle historisch gesichert'
doch etwa auch so, daß der Artikel „Frieden" bei der Friedens'
idee Augustins einsetzt, was ja sicherlich nicht die früheste Ki'nd