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Ausgabe:

1959 Nr. 10

Spalte:

770-771

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Bujnoch, Josef

Titel/Untertitel:

Zwischen Rom und Byzanz 1959

Rezensent:

Onasch, Konrad

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 10

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verwiesen wird. Wir finden hier die Kritik der sogenannten
christozentrischen Ethik wieder, eine Kritik, in der die wirkliche
Dialektik der Lehre von den beiden Reichen übersehen wird.

Im letzten Abschnitt erörtert der Verfasser die Frage, warum
Luther zur radikalen Reformation der Wiedertäufer ein entscheidendes
Nein sagte. Die Ursache wird eigentümlicherweise
nicht in der Verschiedenheit der Anschauungen gesehen, sondern
In Luthers prophetischem Sendungsbewußtsein. Im Anschluß daran
wird die Frage aufgeworfen, ob nicht Luther in dieser Stellungnahme
allzusehr seine eigene Person ins Zentrum der Reformation
gestellt habe, ob er nicht in der Tat durch den Hinweis auf
das, was er selbst als die Botschaft der Kirche auffaßte, eine Position
eingenommen habe, die dem entspreche, was er bei den
Schwärmern verurteilt hatte. Es ist auffallend, wie nahe diese
Einwände gegen die lutherische Reformation mit der römischkatholischen
Kritik verwandt sind. Vom Standpunkt des Verfassers
her scheinen mir die hier gestellten kritischen Fragen inkonsequent
zu sein. Denn wenn jemand Luther hier verteidigen
wollte, hätte er wohl in erster Linie eben auf die „Ordnungstheorie
" hinzuweisen, die der Verfasser früher 60 kritisch beurteilt
hat. — Es ist aber wertvoll, daß die Frage nach dem
prophetischen Sendungsbewußtsein Luthers, die Frage seiner
wirklichen oder vermeintlichen Sonderstellung in der Reihe der
Amtsträger und Verkündiger der Kirche, hier wirklich behandelt
wird. Überhaupt liegt m.E. der Wert dieser Abhandlung vor allem
darin, daß viele systematisch wichtige und innerhalb der lutherischen
Tradition oft übersehene Fragen in bezug auf Luthers
Theologie ernsthaft gestellt werden. Eine der wichtigsten ist
vielleicht die nur gestreifte Frage, ob nicht der einzelne Mensch
von der reformatorischen Verkündigung so sehr in den Vordergrund
gestellt wird, daß wichtige Elemente der christlichen Botschaft
dadurch vernachlässigt werden, Elemente, die vielleicht in
anderen Zeiten, unter anderen Zeitumständen stärker hervorgehoben
werden müssen. Man könnte aber fragen, ob nicht die
Auseinandersetzung mit der reformatorischen Theologie dann
eher zu einer Kritik unserer eigenen, von der Reformation abhängigen
Theologie leiten sollte, als zu einer Kritik der damaligen
Positionen, die — historisch gesehen — auf anderen Voraussetzungen
beruhen.

I und Bcngt Hä g g I u n H

D. Martin Luthers Psalmen-Auslegung, hrsg. v. Erwin M ü 1 h a u p t.
I.: Psalmen 1—25. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1959]. T.
3 56 S. gr. 8°. Lw. DM 20.-.

E. Mühlhaupt ist bekannt geworden durch seine nun schon
in 3. Auflage erscheinende „Evangelienauslegung Luthers". So
wie er dort zusammengetragen hat, was er in dem ausgedehnten
Schrifttum Luthers zu den einzelnen Kapiteln der Evangelien an
Auslegung hat finden können, hat er jetzt das Gleiche mit
Luthers Psalmenauslegung begonnen. Der erste von drei geplanten
Bänden über Psalm 1-25 liegt jetzt vor. M. hat das gesamte
Schrifttum Luthers durchsucht (Vorlesungen, Predigten,
exegetische Schriften, Briefe, Tischreden, Lieder, Vorreden,
Bibel- und Bucheintragungen), um eine Durchsicht durch Luthers
Auslegungen zu den einzelnen Psalmen zu gewinnen. Aus dem
gefundenen Material hat M. eine Auswahl getroffen, die dem
Leser einen weiten Einblick bietet.

Wer sich über Luthers große und tiefe Auslegung der Psalmen
informieren will, hat dazu jetzt eine gute Hilfe erhalten.
Da nur wenigen Lesern die Weimarer Lutherausgabe und auch
die Erlanger zugängig ist, ist durch die so gründliche und wissenschaftliche
Arbeit M.s das Wissenswerte vorgelegt. Es ist zu
hoffen, daß nun alle, denen es um eine wirkliche Kenntnis
' uthers zu tun ist und die nicht die Zeit zum eigenen Nachforschen
haben, diese Auswahl M.s zur Hand nehmen. Ein gewaltiger
Reichtum biblischer Erkenntnis entfaltet sich hier in den
unermüdlichen Versuchen Luthers, Vers für Vers der Psalmen
zu lesen, zu befragen und dann auszulegen.

Wer sich durch M.s Auswahl anregen läßt, nunmehr 6elber
nf e'ner Lutherausgabe zu greifen, um eine Psalmenauslegung
ohne Auswahl zu lesen, wird erfahren, daß sich Luther in jedem
Psalm vor etwas Ganzes gestellt gesehen hat. Diesen Eindruck

kann eine Auswahl niemals erwecken. Die Auswahl will ja auch
etwas anderes. Wenn sie Leser zur eigenen Lektüre in Luthers
Schriften geweckt hat, hat 6ie ihre guten Dienste getan.

Es ist nun aber die Frage zu stellen, ob M. mit 6einer Auswahl
den eben erwähnten Dienst wirklich erweisen will. Dies«
Frage ergibt sich deswegen, weil die Auswahl nicht die Absicht
hat, das für Luther Typische herauszustellen. Im Vorwort zum
ersten Bande wird über die Grundgedanken der Auswahl nichts
Näheres gesagt. Man bekommt aus dem ganzen Bande fast den
Eindruck, daß M. mehr ein philologisch-literarisches Interesse
als ein theologisches hat.

M. gibt einige Psalmenpredigten Luthers wieder und versieht
sie mit Überschriften. In einigen dieser Überschriften spricht
eine Theologie, wie sie heute wohl unter lutherischem Namen
umgeht, die aber so farblos und unbestimmt ist, daß sie schon
deswegen nicht allzuviel echt Lutherisches mehr in sich hat.
Wenn man Überschriften über eine Lutherpredigt setzt, dann
sollte man sie in heutiger Sprache und nicht in Luthers Sprache
formulieren. Auf diese Überschriften 6ei deswegen verwiesen,
weil sie Sätze sind, in denen der Herausgeber einmal selber zu
Worte kommt.

Weil M. wohl nicht das Anliegen hatte, gerade auf die
Episch lutherische Exegese hinzuführen, sondern vielmehr einen
allgemeinen Eindruck von der Vielseitigkeit und der Vielfalt
I-uthers zu geben, ist doch manches wichtige Stück nicht abgedruckt
worden. So ist von dem so wichtigen Exkurs Luthers
'n Psalm 5 über die Hoffnung nur ein kleines Stück geboten, aus
dem aber niemand die Mächtigkeit des theologischen Denkens
Luthers in seiner letzten Tiefe erkennen kann.

Bei der Übersetzung aus dem lateinischen Text hat wohl
auch heutige Theologie zu oft Pate gestanden. Kann man z. B.
opus einfach mit „Tat" übersetzen? Im lutherischen Denken gab
es diesen Begriff „Tat" noch gar nicht.

Doch soll über der Kritik nicht der Dank vergessen sein für
die große Arbeit, das überlieferte Gesamtgut in kurz gefaßter
Form heutigen Lesern, die so wenig noch in Luther lesen, zu
bieten.

Gotha Oskar 7. ic g ne r

Hoffmann, Georg: Der Kleine Katechismus als Abriß der Theologie
Martin Luthers.

Luther — Mitteilungen der Luthergesellschaft 1959, S. 49—63.
lordahn, Bruno: Katechismus-Gottesdienst im Reformationsjahrhundert
.

Luther — Mitteilungen der Luthergesellschaft 1959 S. 64—77.

Binder, Ernst: Kommentar zum Traktat Spalatin.

Neue Zeitschrift für systematische Theologie 1, 1.959 S. 124—137.

Küppers Jürgen: Luthers Drcihicrarchienlchre als Kritik an der
mittelalterlichen Gesellschaftsauffassung.
Evangelische Theologie 19, 1959 S. 361—374.

Maurer. Wilhelm: Der Einfluß Augustins auf Melanchthons theologische
Entwicklung.

Kerygma und Dogma 5, 1959 S. 165—199.

Reichert, E. O.: Der Abendmahlstraktat Spalatins von 1525.
Neue Zeitschrift für systematische Theologie 1, 1959 S. 110—124.

Zell er, Winfried: Valentin Weigel und die Augsburgische Konfession
. Zu einem neuen Weigel-Autograph.

Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte XI, 19 59 S. 227—240.

KIHCHEN- VND KONFESSIONSKVNDE

E"jnoch, Josef: Zwisdien Rom und Byzanz. Leben und Wirken der
Slavenapostel Kyrillos und Methodios nach den Pannonischen Legenden
und der Klcmensvita. Bericht von der Taufe Rußlands nach der
Laurentiuschronik übers., eingeleitet und erklärt. Graz-Wien-Köln:
Styria [1958], 197 S. 8° = Slavischc Geschichtsschreiber, hrsg v
G. Stökl, Bd. I.

Parallel zu der Reihe „Byzantinische Geschichtsschreiber"
und „Osmanische Geschichtsschreiber" gibt Stökl nun auch die
slavische Reihe heraus. Damit hat er einen seit vielen Jahrzehnten
bestehenden Wunsch erfüllt, die wichtigsten Quellen der
06t- und südostcuropäischen Kirchen- und Kulturgeschichte in