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Ausgabe:

1959

Spalte:

764-766

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Senftle, Alexander

Titel/Untertitel:

Menschenbildung in franziskanischer Geistigkeit 1959

Rezensent:

Beyschlag, Karlmann

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Theologische LiteraturzeitunJ 1959 Nr. 10

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Im weiteren Verlauf des Bandes nimmt noch einmal Henri Gre-
goire das Wort, indem er S. 779 ff., Adamantios Korais korrigierend,
nachweist, daß Theodoros (Ptocho-)Prodromos Digenis Akritas. den
Haupthelden des byzantinischen Nationalepos, gekannt hat. Schließlich
führt Germaine Da Costa-Louillet ihre über mehrere Bände der
Zeitschrift8 sich erstreckenden Untersuchungen über die Viten konstan-
tinopolitanischer Heiliger des 8. bis 10. Jahrhunderts, welche die Geschichte
und das Volksleben ihrer Zeit erhellen, S. 783 ff. zu Ende.

Es folgt die Abteilung „Memoires et Documents" mit zwei Beiträgen
. Wir finden zunächst S. 8 53 ff. eine Einleitung in die Problematik
der sogenannten protobulgarischen Inschriften von V. Bescvliev,
welche nach einer Fußnote des Herausgebers H. Gregoire (S. 880) im
Band 28 des „Byzantion" zu Ende geführt werden wird, um zu der
Edition der Texte überzuleiten, die darauf noch einmal separat in den
„Subsidia" des Corpus Bruxellense historiae Byzantinac erscheinen sollen
. Da nach brieflichen Mitteilungen Besevlievs an den Berichterstatter
diese Edition im „Byzantion" sich im wesentlichen auf die Ausgabe:
B. BeuieBjmeBT., rTkpBOÖT,jirapcKH HaanHCH, Sofia 1934, mit Ergänzungsheft
, Sofia 1936, stützt, während eine völlige Neuedition aus der
Feder des gleichen bulgarischen Forschers, welche die gelehrte Arbeit
der letzten 25 Jahre zur Gänze berücksichtigt, für die „Berliner
byzantinistischen Arbeiten" vorbereitet wird, ist zu fragen, ob unter
solchen Gegebenheiten die vorgesehene Sonderausgabe des Corpus
Bruxellense noch ihre Berechtigung besitzt. Zweitens findet sich in dieser
Abteilung (S. 881 ff.) die von einigen wenigen Anmerkungen begleitete
französische Übersetzung der Bücher III und IV des unvollendet
gebliebenen Geschichtswerkes des Cäsaren Nikephoros Bryennios
(Wende des 11. zum 12. Jahrhundert), welche Henri Gregoire besorgte.
Die Übertragung der Bücher I und 11 steht Byzantion 23, 1953, 469ff.;
vgl. dazu W. Schubart, Theologische Literaturzeitung 80, 1955, 95.
Über den zugrundeliegenden Text wird nichts ausgesagt.

Unter der Rubrik „Chronique" S. 927 ff. findet sich lediglich eine
„Chronique archeologique", die in allen ihren Teilen von Charles
Delvoye (Universität Brüssel) bestritten wird. Sie soll vom nächsten
Bande an sich auf die jeweils besonders aktuellen Probleme der Disziplin
orientieren. Unter den Beiträgen des vorliegenden Faszikels ist
zunächst auf den Bericht über die von der „Azienda autonoma di
«oggiorno e turismo di Ravenna" seit 1954 unter der Leitung von
Giuseppe Bovini veranstalteten Ravenna-Kurse hinzuweisen. Seit 1955
erscheint das Protokoll dieser Veranstaltungen, für welche die besten
Sachkenner als Referenten gewonnen werden konnten, im Druck;
Delvoye setzt sich in seinem Report ausführlicher mit dem ersten Faszikel
der Corsi des Jahres 1957 auseinander. Dann berichtet er von der
im Herbst 1957 im Nationalmuseum zu Ravenna eröffneten Ausstellung
der Mosaiken von San Apollinare Nuovo. Seine Chronik schließt
mit einem Hinweis auf die im Erscheinen begriffene Publikation der
Ikonen des Sinai-Klosters: G. und M. Sotiriu, Lixovss tjjt Movijs
2ivä, 1, Athen 1956.

Unter den Compte-rendus erwähnen wir die Anzeige der „Actes
du X» Congres international d'etudes byzantines (Istanbul, 15-21 sep-
tembre 1955)", Istanbul 1957, durch Paul Moraux.

Wiewohl unser Bericht, um einigermaßen im Rahmen zu
bleiben, mehr andeutete als ausführte und auch dort auf die Auseinandersetzung
verzichtete, wo sie von der Sache her geboten
gewesen wäre, dürfte ct doch deutlich gemacht haben, wieviel
Förderung und Anregung die Byzantinistik und keineswegs diese
allein durch den vorliegenden Band des „Byzantion" erfuhr.
Aber eben gerade angesichts dieser Opulenz erhebt sich die Frage,
ob es nicht dienlicher gewesen wäre, die drei Jahrgänge 195 5 bis
1957 in je einem Bande herauszubringen, und ob man ferner in
der Zukunft Arbeiten, welche den Umfang eines durchschnittlichen
Zeitchriftenaufsatzes weit überschreiten, nicht zweckmäßiger
als selbständige Monographien erscheinen lassen sollte.

Berlin Johannes I rmscher

") Vgl. die Inhaltsübersichten von Franz Dölger, Byzantinische
Zeitschrift 49, 1956, 488 f. und 50, 1957, 249 f. und R. Guilland,
Byzantinoslavica 18, 1957, 168 und 360.

D u I i e r c, W. L.: Antinoüs et le Li vre de Ia Sagesse.

Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte XI, 1959 S. 201-227.
Molland, Einar: De kristne og militaertjenesten i den gamle kirke.

Norsk Teologisk Tidsskrift 60, 1959 S. 87—105.
Oliver, Harold H: The Epistlc of Eusebius to Carpianus.

Novum Testamentum III, 1959 S. 138—145.

KIRCHEN GESCHICHTE: MITTELALTER

Bcy schlag, Karlmann: Die Bergpredigt und Franz von Assisi.
Gütersloh: Bertelsmann 1955. 243 S. 8° = Beiträge zur Förderung
christl. Theologie. 2. Reihe: Samml. wiss. Monographien, Bd. 57.
Lw. DM 2 5.—

In der Reihe der zahlreichen Franziskus-Arbeiten der letzten
Jahre hebt sich die vorliegende Untersuchung durdi ihre Fragestellung
und durch ihren grundsätzlichen Charakter heraus. Sie
stellt die Frage nach Sinn und Recht der Bergpredigt in franziskanischer
Deutung. Der Verf. geht in der Weise vor, daß er zuerst
das Problem der Bergpredigt exegetisch anfaßt und den Stand
der neutestamentlichen Forschung bezüglich des Verständnisses
von Gesetz und Evangelium in der Bergpredigt herausarbeitet.
Es muß den Neutestamentlern überlassen bleiben, diesen Teil der
Arbeit zu beurteilen. Ertragreicher und methodisch richtiger
schiene es mir zu sein, wenn der Verf. statt vom heutigen Verständnis
der Bergpredigt auszugehen, die zeitgenössische Auffassung
als Ausgangspunkt nähme, aber — de gustibus non est
disputandum.

Wir beginnen mit dem Teil der Arbeit, in dem sich der Verf.
mit den franziskanischen Quellen und mit der Bedeutung der
Bergpredigt für Franz und seinen Orden befaßt. Die Regeln werden
genau analysiert und eine gesicherte Grundlage in Auseinandersetzung
mit der Überlieferung und der bisherigen Forschung
gesucht. B. bietet auch eine Rekonstruktion der Regula prima
(S. 67). Das Verhältnis der Regula sine bulla und der Regula
bullata wird mit aller Vorsicht und mit kritischem Sinn erörtert.
Außer den Regeln untersucht der Verf. auch die Schriften der
Speculum-Gruppe, schätzt ihren Charakter und Wert ein und bestimmt
ihr Verhältnis zu den Viten Celanos. Im folgenden Teil
wird das eigentliche Thema der Arbeit behandelt, nämlich Franzens
Stellung zwischen Bergpredigt und Kirche. Die Frage muß
offen bleiben, ob 6eine Beziehung zur Bergpredigt so unmittelbar
war, wie er es selbst meinte. Die Originalität des Poverello ist
fraglos in der Tatsache der Darstellung des Leben6 Jesu zu 6ehen.
Der Verf. zeichnet auch das Bild des franziskanischen Gemeinschaftslebens
mit allen in ihm liegenden Gegensätzen und Widersprüchen
. Gegenüber den äußeren Problemen wie Besitz und
Recht wird die innere Haltung stark herausgearbeitet, die auf die
Verwirklichung der humilitas, simplicitas und laetitia spiritualis
hindrängt. Die sich hierbei ergebenden inneren Probleme werden
eindrücklich geltend gemacht. Im Unterschied zur älteren For-
schung werden dabei andere Ergebnisse erzielt. Wenn der Verf.
das Systematisieren etwas zu weit getrieben hat, so ist sein Buch
doch für die gesamte Franziskus-Forschung anregend und förderlich
.

Münster/Westf. Robert Stupperich

S cn f 11 e, Alexander, OFM Cap.: Menschcnbildung in franziskanischer
Geistigkeit. Die Bedeutung der franziskanischen Pönitcntialchre-
Freiburg/Br.: Lambertus-Verlag 1959. 126 S. 8° = Grundfragen def
Pädagogik, in Verb. m. d. Deutschen Inst. f. wiss. Pädagogik zu
Münstcr/W. hrsg. v. A. Petzelt, H. 8.

Diese Freiburger Dissertation von 1957 ist der 2. Teil eines
jetzt dreiteilig vorgesehenen Werkes zur „franziskanischen Pä'
dagogik" (S. 9). Der noch ausstehende 1. Teil soll „Die geistesgeschichtliche
Sicht der Metanoialehre" behandeln, der 3. Teil ist
als „Entfaltung der pädagogischen Grundbegriffe in Ansehung
des hl. Franziskus, 6einer Regel und echten Schriften für eine
systematische Bildungstheorie" (S. 9) angekündigt.

Zum Inhalt: Der nach mehreren, etwas umständlichen Ein'
leitungen (S. 9 ff.) zu Worte kommende Hauptteil des jetzigen
Werkes ist in drei übersichtliche Abschnitte gegliedert. Und zwaf
handelt es sich a) um eine pädagogische Prinzipienlehre unter den1
Gesichtspunkt des franziskanischen „facere penitentiam" (S. 26 «■)•

b) folgt sodann eine sachliche Entfaltung dieser „Poenitcntia-
lehre" nach dem Leitwort vom „exire de seculo" (S. 37 ff.),

c) wird schließlich die „Bedeutung dieser Poenitentialehre ru^
eine systematische Bildungstheorie" erhoben (S. 8 5 ff.). Der angehängte
Schluß (S. 114 ff.) verliert durch seine bombasttsen