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Ausgabe:

1959

Spalte:

704-706

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Kerr, Hugh T.

Titel/Untertitel:

The first systematic theologian, Origen of Alexandria 1959

Rezensent:

Harl, Marguerite

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klärungsleib versteht er dementsprechend als „Ausdruck der bleibenden
Allweltlichkeit der verklärten Person" (26). — Der Tod
als Ende des ganzen geistleiblichen Menschen ist nach R. nicht nur
Widerfahrnis, sondern immer zugleich „tätige Vollendung von
innen" (30). ist „Tat und Leiden in einem".

An diesen Gedanken anknüpfend, deutet R. unter 2) den
Tod des Sünders als Todsünde: die Sünde vollende sich im Tode
entweder in der Verzweiflung oder in einer Hybris, die durch den
Tod die Entmaterialisierung und Erlösung des Geistes oder umgekehrt
die „Heimkehr in die materielle ewig-lebendige All-
Natur" zu gewinnen vorgibt (42 f.). R. kommt zu Aussagen wie:
„Tod ist der Höhepunkt der Konkupiszenz" (46), ißt „die Sichtbarkeit
der Schuld", ist „primär Ausdruck und Erscheinungsbild
des Wesens der Sünde in der Leiblichkeit des Menschen ... und
insofern auch sekundär Strafe der Sünde" (45).

Im Tode Christi ist, wie R. unter 3) zeigt, der Tod „zu
etwas ganz anderem geworden", nämlich Übereignung des „ganzen
geschöpflichen Seins in Freiheit an Gott" (57). Entsprechend
der Allweltlichkeit der Seele nach dem Tode sieht R. in der
Hadesfahrt Christi das Eingehen in „die innerste Mitte aller geschaffenen
Wirklichkeit" (61), durch das „die Welt als Ganzes
und als Raum des personalen Handelns der Menschen eine andere
geworden ist, als sie wäre, wenn Christus nicht gestorben wäre"
(60). Die den Tod des Christen „verwandelnde Aneignung des
Todes Christi" durchwaltet das ganze christliche Leben; 6ie hat
eine „sakramentale Sichtbarkeit" (67), zumal in Taufe, Eucharistie
und Krankensalbung.

Den Schluß bildet ein Exkurs über das Martyrium als das
„Übersakrament, ... in dem das gültige Sakrament auch immer
das fruchtbare zum ewigen Leben ist" (92), als „Identitätspunkt
zwischen objektiver und subjektiver Heiligkeit" (94). Hier findet
sich eine Erörterung des Problems der natürlich sittlichen
Akte (actus honesti), deren Möglichkeit von den katholischen
Theologen gelehrt wird. R. versucht in der Nachfolge Ripaldas
darzutun, daß diese Möglichkeit in der wirklichen Heilsordnung
nie verwirklicht wird, daß es insbesondere einen heilsmäßig neutralen
Tod nicht gebe (80). Die Universalität des Heilswillens
Gottes zwinge zu der Annahme, daß der Mensch (auch außerhalb
des Bereichs des Christentums) „immer fähig zu einer ,fide6 virtu-
alis' " sei, „d. h. zu einer inneren Haltung Gott gegenüber, die
sittlich von derselben Art ist wie der eigentliche Glaube" (84).
Solcher virtuelle Glaube hätte, „wenn er gleichzeitig auch Liebe
ist, rechtfertigende Kraft" (8 5). Eine gedankenreiche, stellenweise
reichlich spekulative Schrift, deren Anliegen auch uns bewegt
, wenn wir auch im ganzen und im einzelnen manches Fragezeichen
anbringen müssen.

Druckfehlerberichtigung: S. 58 lies: Der Tod statt: Das Leben.
Halle/Snalo Erdmann Schott

"Müller-Schwefe, Hans-Rudolf: Der Standort der Theologie in
unserer Zeit Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1958]. 66 S. 8°
= Kleine Vandenhoeck-Reihe 62. DM 2.40.

Den Standort der Theologie in unserer Zeit sucht M. dadurch
zu bestimmen, daß er die Bewegungen innerhalb der Theologie
in Parallele zu den Bewegungen in der bildenden Kunst
darstellt. Wie der Realismus in der bildenden Kunst sich bemühte
, das Objektive festzuhalten, so hat auch die Theologie
6ich darum bemüht, den Grund des Glaubens als etwas Objektives
darzustellen. Aber wie in der Kunst sich dieser Weg darum
als unmöglich erwies, weil die Lebendigkeit des Gegenstandes
sich dem Objektivieren widersetzt, so hat A. Schweitzer für die
Theologie diesen Weg als Holzweg erwiesen. In der Malerei versuchte
man diese Problematik einerseits durch „Darstellung der
hintergründigen, erfahrbaren Lebendigkeit der Wirklichkeit" (32)
zu meistern, — das war der Weg des Expressionismus, — andererseits
durch Abstraktion von der Form her. Der Mensch konstruiert
die Welt aus abstrakten Grundformen und Farben. Diesen
Stilwandel nimmt M. als Beispiel für den Wandel in der Theologie
, der zu ihrem heutigen Standort führt. Barth ist Beispiel
für eine expressionistische, Bultmann für eine formalistische Exegese
(35). Die Bedeutung dieses Stilwandels, der für die Kirchengeschichte
, Dogmatik, Ethik und für die Predigt aufgezeigt wird.

liegt in dem gemeinsamen Ziel der verschiedenen Ansätze: „Das
Gegenstandsdenken, das den Menschen als Subjekt des Glaubens
voraussetzt, vom Thron zu stoßen und zu zeigen, zu demonstrieren
, daß Gott größer ist" (41). Positiv bedeutet dies, daß Gott
nur in der Begegnung erfahren wird (48) und daß diese Begegnung
, von der zu zeugen, Aufgabe der Theologie ist, Gottes Angriff
auf die Welt als Angriff der Liebe ist (23). Freilich ist es
der Theologie bisher nicht gelungen, dies der Welt verständlich
zu verkündigen; denn 6ie hat noch nicht erfaßt, daß Gott
Communion will (49), und darum nicht gewagt, die Wirklichkeit
als durch Gott garantiert anzunehmen. Hier bleiben die offenen.
Fragen.

Den gegenwärtigen Standort sucht M. an Karl Barth als dem
Systematiker der Theologie zu bestimmen. Barth steht neben
Karl Heim und Paul Tillich als Dritter in der Reihe der systematischen
Bemühungen um das Kernproblem der Theologie, die
Geschichtlichkeit des Lebens (54). Barth macht radikal ernst mit
der Weltlichkeit der Welt. Er versteht sie nicht aufgrund der
analogia entis, sondern von der analogia relationis her. Der
Mensch kann keine objektiven Aussagen über Gott und die Welt
machen, sondern nur aus der Beziehung heraus (56). In Jesus
Christus erfährt der Mensch sein eigenes Wesen als Beziehung
durch die Offenbarung des Wesens Gottes, das Beziehung zwischen
Vater, Sohn und heiligem Geist ist (57).

Die Kritik faßt M. in einer Doppelfrage zusammen, die einmal
dahin geht, ob damit nicht doch wieder die Welt als Spiegelung
einer Überwelt behauptet wird und zum andern, ob der
Fleischwerdung des Wortes die ihr zukommende Ehre gegeben
wird (61). Diese Doppelfrage wird an den Aussagen Barths über
die Inkarnation, über Gesetz und Evangelium und über die Sünde
exemplifiziert, um zu dem Schluß zu kommen, daß Barths Theologie
zwar dem Denken unserer Zeit entspricht, aber zugleich
dessen Gefährdung an sich trägt (66).

Die knappe, aber gut lesbare Darstellung, kann hier nicht
insgesamt der Kritik unterzogen werden. Es sei lediglich an einem
Beispiel darauf hingewiesen, daß die Darstellung der Bewegung
innerhalb der Theologie in Analogie zu der Bewegung in der
bildenden Kunst, die damit verbundene Einteilung in expressio-
nistische und formalistische Exegese, — so hilfreich eine derartige
Etikettierung immer ist — zu Verzerrung führen kann. So wird
man Bultmann als Vertreter einer formgeschichtlichen Exegese
nicht gerecht, wenn sein Verständnis der Auferstehung „als Formgebung
, die von Seiten der Jünger dem Tode Christi wider'
fährt" (37) beschrieben wird. Einmal ist durch die Parallclisierung
mit der Kunst der Begriff „Formgeschichte" einer Umdeutun?
unterworfen, — die formgeschichtlichc Methode nimmt ihre B**
rechtigung ja gerade aus der Tatsache, daß von der Form her sid1
Schlüsse auf den Inhalt und die Zielsetzung ziehen lassen — zu"1
andern wird übersehen, daß die „Formgebung" ausdrücklich nicht
ahs Tat der Jünger, sondern als deren Osterglaube zu verstehe"
ist, dessen Ursprung die christliche Gemeinde in der Tat Gottes
bekennt. Die Frage, die M. anschließt: „Bedeutet denn, daß Wir
die Wirklichkeit immer schon deuten, auch schon, daß das, was
wir erfahren und formen, nur Deutung durch den Menschen
ist?" (37) trifft darum die durch Bultmann vertretene Exegese
nicht. Ihre Bezeichnung als formalistisch dürfte auf einem Mißverständnis
der formgeschichtlichen Methode beruhen.

Krumbach Ub.Gieflcn Hans-Wcrncr Bartsch ^

Kerr, Hugh T.: The firit Systematic Thcologian. Origen f £f**l
dria. Princeton/N. J.: Princeton Theological Scminary 195«
= Princeton pamphlets No. 11.

L'etude d'H. T. Kerr est consYcree au De P r i n c i p i i «
d'Origene et vise ä proposer une reponse ä la qucst.on su.vante.
Origene a-t-il donne, avec cet ouvrage, le Premier Systeme de
theologie chretienne et cet essai fut-il une reussite?

L'auteur rapelle dabord que le D e P r i n c i p i i s fut
composc par Origene ä Alexandrie, dans le milicu du syncrct.srne
Philosophique. Origene, dit-il, etait trop „homme de son temps
pour ne pas subir Linfluencc des courants philosoph.qucs et
religieux en vogue autour de lui. Contrairement ä ce qu|?
passait au meme moment en Occident (cf. Terrulhen), les Cnre