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Ausgabe:

1959 Nr. 9

Spalte:

663-666

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Thomas, D. Winton

Titel/Untertitel:

Documents from Old Testament times 1959

Rezensent:

Gese, Hartmut

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 9

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sorgfältiger Kleinarbeit den Problemen nachgegangen ist. Dafür
gebührt ihm ein aufrichtiger Dank, auch wenn, wie er selbst am
Schluß sagt, weitere Arbeit nötig und möglich ist.

Erlangen Leonhard Rost

Thomas, D. Winton (ed.): Documents from Old Testament Times.

Transl. with Introductions and Notes by Members of the Society for
Old Testament Study. London-Edinburgh: Nelson & Sons [1958].
XXVI, 302 S., 16Taf., gr. 8° Lw. 18 s.

Anläßlich des vierzigjährigen Jubiläums der Society for Old
Testament Study 1957 hat D. W. Thomas es unternommen, ein
altorientalisches Textbuch zum Alten Testament herauszugeben,
das britische, irische und kanadische Professoren, Mitglieder der
Society, bearbeitet haben. Das Vorwort umschreibt den Inhalt des
Textbuches ak „a selection of non-biblical documents illustrative
of the Old Testament, designed to meet the needs more
particularly of teachers of Scripture in schools, of the clergy, and
of others who are not professional scholars" (S. V). Im Gegensatz
zu dem umfangreichen Pritchard, „Ancient Near Eastern
Texts Relating to the Old Testament", oder auch zu dem nun
6chon weithin veralteten Greßmann, .Altorientalische Texte zum
Alten Testament", stellt dies neue Textbuch nur eine Auswahl
vom Allerwichtigsten dar, bringt aber diese wenigen Texte in
neuen Übersetzungen und mit Einleitungen versehen, die umfangreicher
und allgemeinverständlicher gehalten sind als etwa bei
Pritchard. So ist das Buch weniger für den Studenten des Alten
Testaments geeignet als für weitere, interessierte Kreise.

Die Auswahl wurde so getroffen, daß man von den historischen
Texten nur die auf die Geschichte Israels im engeren Sinn
bezogenen aufnahm, neben zwei Amarnabriefen und Auszügen
aus der Merneptah-Stele nur Auszüge aus den entsprechenden
assyrisch-babylonischen Geschichtstexten, und nordwestsemitische
Texte. Es fehlen hier also vor allem die ägyptischen Texte zur
Geschichte Palästinas im zweiten Jahrtausend. Bei den mythischepischen
Texten hat man sich auf Auszüge aus e n ü m a e I i s,
aus dem Sintflutbericht des Gilgameschepos und auf kleine Abschnitte
aus den drei ugaritischen Epen beschränkt. Als Beispiel
für einen Gesetzestext werden Auszüge aus den Gesetzen der
Hammurapi-Stele zitiert. Die Weisheitstexte sind etwas reichlicher
berücksichtigt, doch vermißt man hier vor allem die frühe
Ptahhotep-Instruktion. Beispiele von Gebeten und Hymnen runden
die Sammlung ab. Im Gegensatz zu den bisherigen altorientalischen
Textbüchern 6ind dem Werke auf 16 Tafeln Abbildungen
einiger Texte beigegeben, um zu zeigen, in welcher Form
uns die Texte überkommen sind. Diese Tafeln werden für einen
weiteren Leserkreis sehr instruktiv sein1. Das Buch ist ferner mit
einer Einführung vom Herausgeber (S. XVII-XXIV), die die
Gattungen der altorientalischen Literatur darstellt, mit einer Zeittafel2
(S. XXV), die im wesentlichen auf der Woolleyschen
Chronologie aufgebaut ist (vgl. Hammurapi 1792-1750!), und
mit ausführlichen Registern versehen.

J. V. Kinnier Wilson hat Exzerpte aus tnüma e 1 i s und
aus sa nagba Tmuru bearbeitet (S. 3—26) unter Berücksichtigung
der neugefundenen Texte (aber warum werden in der
Bibliographie die Sultantepetexte usw. nicht zitiert?). Die Übersetzung
in enüma elis zeichnet sich durch eine 4-Vers-
Stropheneinteilung aus1, ist oft sehr frei, bisweilen interpretierend1
, manchmal neuartig8. Um so mehr vermißt man den wissen-

*) Lediglich die Abbildung der Israelstele des Merneptah (Tafel 8)
läßt zu wünschen übrig. Man vergleiche dagegen die gute Abbildung
in Auerbach, „Wüstc und Gelobtes Land", die dort auch aus Photographie
und Nachzeichnung der Hieroglyphen kombiniert ist.

) Sie weist einige Differenzen mit den Angaben der einzelnen
Textbearbeiter auf, vgl. S. XXIV (z.B. Asarhaddon 681 ff. im Gegensatz
ZU S. 3 8 680 ff.).

3) Doch läßt sich diese Einteilung nicht konsequent durchhalten,
Vgl I \~?6, 1 83 f +89f. (I) und besonders IV.

4) Vgl. z.B. Nudimmud I 16 = Ea; Anu IV 4, 6 = „absolute";
die Interpretation wird angefügt in VI 7.

5) Vgl. z.B. I 6, li, 14 f.( 9i. Beachtung verdient auch die
Interpretation von I i6ff.: Eas „Mandala"-Karte des Kosmos. Sehr
fraglich ist die Identifikation von Mummu I 4 mit Mummu in I 30 ff.
(S. 4), und man wünschte sich eine Auseinandersetzung mit Heidel in
INES 7 (1948) S. 98-105.

schaftlichen Apparat. Er hätte den weiteren Leserkreis, an den
sich das Buch wendet, nicht gestört, die Arbeit des Verfassers
aber wissenschaftlich fruchtbar gemacht. Das trifft auch für die
Auszüge aus sa nagba imuru zu, dessen epischer Stil im
Druck der Übersetzung leider nicht durch Verseinteilung kenntlich
gemacht wird. Die wenigen Anmerkungen des Verfassers sind
bei beiden Epen dadurch charakterisiert, daß sie den Gegensatz
der mesopotamischen Traditionen zum Alten Testament scharf
formulieren. Man vergleiche etwa S. 14 die Anmerkung zu I 4
T i a m a t : „It is now, however, recognised that, since the two
words (t0 h ö m und ti'ämatu) have different meanings
— it is of no importance whether they are etymologically connected
or not". Man fragt sich, wie man von solchem Standpunkt
aus traditionsgeschichtlich arbeiten soll. Der Verfasser spricht von
„the fundamental difference between the Babylonian aecount
(der Sintflut) and its O. T. counterpart" (S. 17), die darin bestehe
, daß der biblische Flutbericht ßich an alle, der babylonische
sich nur an Gilgamesch wende. Aber wie steht es mit den jeweils
zu Grunde liegenden Traditionen, wie mit dem sumerischen
Flutbericht, wie mit der Bedeutung der Flut in der „Sumerian
King List"? Ist es — gerade, weil sich das Buch an einen weiteren
Kreis Interessierter wendet — günstig, die Problematik des altorientalischen
Parallelismus zu entschärfen, nachdem man ihn
kaum dargestellt hat?

Einige Exzerpte aus dem Hammurapi"-Kodex mit Verweisen
auf alttestamentliche Parallelen in den Anmerkungen führt
W. J. Martin vor (S. 27—37). Die Unterscheidung, „in the Babylonian
Code punishments are always stated, whercas in the
Hebrew there occurs... the absolute imperative" (S. 28), ist
zumindest mißverständlich. Offenbar hat der Verfasser Alts
Unterscheidung zwischen kasuistisch und apodiktisch formuliertem
Recht im Auge, aber auch dann dürfte man nicht vom
„Hebrew Code" allgemein sprechen.

C. J. M. Weir bietet die Bearbeitung zweier Amarnabriefe,
EA 287 und 288, (S. 38—45) mit reichlichen Anmerkungen zum
Stil und zur Namenbildung. Daß die Hapiru'-Frage nicht gelöst
sei, wird zwar zugegeben (S. 38), aber dann ist doch von „in-
vaders" die Rede (S. 38). Von der Patriarchenzeit (ab 1800
v. Chr.) wird hier wie in der Zeittafel (S. XXV) unbefangen
gesprochen.

Die schwierige Zusammenstellung von Auszügen aus assyrischen
und babylonischen Gcschichtsdarstellungen ab Salmanassar
III., die sich auf die Geschichte Israels beziehen, verdankt das
Buch D. J. Wiseman (S. 46—83). Trotz des beschränkten Um-
fanges ist die Reichhaltigkeit erstaunlich. Besonders hervorgehoben
zu werden verdient die Einarbeitung der neuen Texte zu
Tiglatpileser III. (vgl. Iraq 17 (1955) S. 126ff.) und die Aufnahme
von Sargons II. Nimrud-Prisma IV 25—41 (vgl. Gadd in Iraq l6
(1954) S. 173 ff.). Selbstverständlich macht Wi6eman von 6cinen
„Chroniclcs of Chaldacan Kings in the British Museum" Gebrauch8
.

An späteren historischen Texten finden sich die Bearbeitungen
der Jojakin-Erwähnungen in Listen von W. J. Martin
(S. 84_86), ein Auszug aus der wädi brisa - Inschrift Ncbu-
kadnezars IL, eine kleine Zusammenstellung von Exzerpten zu
Nabuned, ein Auszug aus der Tonzylinderinschrift des Kyros
und die Wiedergabe von zwei Muraschu-Tafeln — um den nichtjüdischen
Charakter dieses „Bankhauses" zu demonstrieren —
von T. Fish (S. 87-96).

W. G. Lambert hat Auszüge aus den babylonischen W* •
heitstexten bearbeitet (S. 97-110)'. IV R'lO ist von C h

•) Warum immer noch „Hammurabi"7

7) Der Verfasser schreibt leider stets „Habiru". , , -

») Zu S. 70 wäre zu fragen, ob Lachisch HI t*»***«"
herib zerstört ist, vgl. Kenyon in J. W. Crowfoot u.a.. „ine w je
from Samaria" (Samaria-Sebaste 3), 1957, S. 204 • Weisheit
») Die Deutung des Ideals der IftRjf* cLnt Jh tbr
durch „a nugic conception of speech (S. 1° > a|torientalisdie
unwahrscheinlich angesichts der Tatsache, rwün-
Weisheitslehre sonst von magischen Vorstellungen frei ist. Die ^*r"".
düngen in PSBA 38 (1916) S. 105 ff. v° A 29 f. und 33 f. (Lambert.
129 f., 133 f.) sind ja alles andere als magischer Natur.