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Ausgabe:

1959 Nr. 8

Spalte:

605-606

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Grentrup, Theodor

Titel/Untertitel:

Die Apostolische Konstitution Exsul Familia zur Auswanderer- und Flüchtlingsfrage 1959

Rezensent:

Kruska, Harald

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605

Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 8

606

Grentrup, Theodor, Dr.: Die Apostolische Konstitution „Exsul
Familia" zur Auswanderer- und Flüchtlingsfrage. Mit Text, Übersetzung
und Kommentar. München: Verlag „Christ unterwegs"
1955/56. 247 S. 8°. Lw. DM 15.80.

Eine „Auswanderer- und Flüchtlingsfrage" hat es je und je
schon gegeben. Sie hat jedoch in unserer not- und unruhevollen
Gegenwart mit den über 50—60 Millionen „Menschen ohne Heimat
" vermehrte Dringlichkeit erlangt. Auch die Kirchen sind
hier gefragt. Es gibt bereits — ganz abgesehen von der mannigfachen
praktischen Hilfe — eine Reihe wichtiger grundsätzlicher
Äußerungen und Beschlüsse. Daß aber in der römisch-katholischen
Kirche die Auswanderer- und Flüchtlingsfrage sogar Thema
einer Apostolischen Konstitution geworden ist, also Gegenstand
der „kirchlichen Gesetzgebung auf höchster Ebene", verdient
besondere Beachtung. Die Apostolische Konstitution „Exsul
Familia" (1952) befaßt sich mit der „Auswanderung", meint
aber die „Auswanderer jeder Art" und zählt auch die „Vertriebenen
und Flüchtlinge" dazu, ja „alle, die aus irgendeinem
Grunde die Heimat verlassen und frei oder gezwungen in die
Fremde ziehen" (S. 127). Sie wird so zu einem Schicksalsdoku-
ment, „aus welchem ein Teil der schwersten, von Menschen
verursachten Mühsal spricht" (S. 127). Aufgabe der Konstitution
ist es, einen „Rechenschaftsbericht" darüber zu geben, was
die katholische Kirche in der Vergangenheit für die Auswanderer
, Vertriebenen und Flüchtlinge getan hat, und ein „Programm
" darüber vorzulegen, was die katholische Kirche in Zukunft
für die genannten Personen zu tun gedenkt.

Nach einigen Vorbemerkungen über Namen, Charakter und
Form der Apostolischen Konstitution sowie einer kurzen Inhaltsangabe
wird zunächst (S. 15—64) der ins Deutsche übersetzte
Text geboten. Darauf folgt ein Kommentar (S. 65—126) zu dem
zweiten Abschnitt der Konstitution (die entsprechenden Paragraphen
werden hier im lateinischen Text wiedergegeben), der
die „Normen" für die geistliche Betreuung der Auswanderer behandelt
(der erste Abschnitt bringt einen wertvollen geschichtlichen
Überblick über die kirchliche Auswanderer- und Flüchtlingsarbeit
, wird aber nicht besonders kommentiert). Ein dritter
Teil unter dem Titel „Wertung, Durchblicke und Anwendung"
(S. 127—200) enthält weitere wichtige Erläuterungen zur Apostolischen
Konstitution und zum Auswanderer- und Flüchtlingsproblem
. Im Anhang (S. 201—208) werden abgedruckt das
Dekret der Hl. Konsistorialkongregation vom 30. Dezember 1918
über die auswandernden Kleriker sowie etliche Artikel aus dem
Genfer Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung
der Flüchtlinge und zwei Stimmen au6 dem klassischen Griechenland
über Auswanderung und Einwanderung. Wichtig sind auch
die Anmerkungen (S. 209—238) und das Personen- und Sachverzeichnis
(S. 239—247).

Es ist erstaunlich, was in den knappen Ausführungen der
Konstitution alles gesagt wird. Für den Kommentar Grentrups
wird man dankbar sein, zumal er es versteht, gut in das gesamte
Auswanderer- und Flüchtlingsproblem einzuführen und eine
ganze Reihe von Sachfragen anzuschneiden.

Eine „Theologie" des Wanderungs- und Flüchtlingswesens
zu geben, ist nicht beabsichtigt. Die Konstitution ist mehr „auf
das unmittelbare Praktische hin geordnet". Dennoch „fehlt es
nicht ganz am lehrhaften Einschlag", und eine Reihe moraltheologischer
Thesen verdient „sorgfältige Beachtung" (S. 129).
Die „Gewährung der Gerechtigkeit" wird als Grundforderung
aufgestellt: „Helfende und schenkende Caritas ist unentbehrlich,
aber die erste Forderung im Gemeinschaftsleben ist die Übung
der Gerechtigkeit. Sie bildet das solide Fundament, auf welchem
die gesellschaftliche Ordnung aufgebaut werden muß" (S. 170).
Von da aus fehlt es nicht an kritischen Äußerungen zu gewissen
politischen und völkerrechtlichen Entscheidungen.

Wer das Buch liest, der bekommt einen starken Eindruck
„von der mütterlichen Sorge der Kirche für die Auswanderer"
(S. 17). Es bedeutet etwas, wenn man erklärt: „Die Konstitution
„Exsul Familia" spiegelt die weltweite Schau und großartige
Verbundenheit der katholischen Kirche mit der gesamten

Menschheit wider" (S. 11). Man wird evangelischerseits gut tun,
sich aufmerksam mit der Konstitution zu beschäftigen.

Berlin Harald K r u s k a

Geiß ler, Bruno: Vom magyarischen Kalvinismus in den Abtrennungsländern
Ungarns.

Die evangelische Diaspora 30, 1959 S. 56—61.
H o r n u s, Jean-Michael: L'Eglise armenienne.

Verbum Caro XIII (Nr. 50), 1959 S. 194—207.
Jong, O. J. de: Pastor, regio, religio. Bijdrage tot de religiografie van

Nederland.

Nederlands Theologisch Tijdschrift 13, 1959 S. 173-189.
K rus k a, Harald: Konferenz Evangelischer Kirchen Europas in Nyborg/

Dänemark (6. bis 9. Januar 1959).

Die evangelische Diaspora 30, 1959 S. 52—55.
N i k o 1 a i n e n, Aimo T.: Die 18. Landessynode der Kirche Finnlands.

Die Kirche Finnlands 5, 1959 S. 1—5.
T h i m m e, Hans: Vom Selbstverständnis der Unionskirchen.

Zeitwende XXX, 1959 S. 305-3 17.

CESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

[Gantner, Joseph:] Formositas Romanica. Beiträge zur Erforschung
der romanischen Kunst. Joseph Gantner zugeeignet. Frauenfeld:
Huber & Co 11958]. 196 S., 75 Abb. 8". Lw. sfr. 16.-. (DM15.50).

Dieser kleine geschmackvolle Band, der dem bekannten
Kunsthistoriker Joseph Gantner aus Anlaß der Feier seiner
zwanzigjährigen Dozententätigkeit in Basel von Hanspeter Lan-
d°lt, Emil Maurer, Ernst Murbach und Erwin Treu zugeeignet
ist, enthält acht beachtenswerte Aufsätze von Kennern der romanischen
Kunst über Probleme dieses Fachgebietes, eine wahrlich
sinnvolle Ehrengabe für einen Gelehrten, der durch seine Arbeiten
über die Romanik sich in der Wissenschaft einen guten Namen
erworben hat. Die Gabe besteht aus folgenden Aufsätzen:

Gregor P a u 1 s s o n : Die zwei Quellpunkte der romanischen
Plastik Frankreichs: Toulouse und Cluny.

Otto Homburger: Zur Stilbestimmung der figürlichen
Kunst Deutschlands und des westlichen Europas im Zeitraum
zwischen 1190 und 1250.

Jurgis Baltrusaitis: La troisieme sculpture romane.

Linus B i r c h 1 e r : Vom ältesten Einsidler Gnadenbild.

Ejnar D y g g v e : Heidnisch oder christlich? Stammen die
bekannten, in Arkona ausgegrabenen Mauerreste aus einem romanischen
Baudenkmal?

Edgar Lehmann: Saalraum und Basilika im frühen
Mittelalter.

J. A. Schmoll gen. Eisenwerth: Zisterzienser-
Romanik. Kritische Gedanken zur jüngsten Literatur.

Louis B 1 o n d c 1 : Architecture civile en Suisse ä 1 epoque
romane.

Ein Teil dieser Arbeiten ist nicht nur in kunstwissenschaftlicher
Beziehung bedeutsam, sondern auch für die kirchengeschichtliche
Forschung und die christliche Archäologie von Interesse.

Gregor Pauls son wendet sich gegen die formalhistorische Methode
in der Kunstbetrachtung: „Die stillschweigende Voraussetzung
jeder nur formalhistorischen Methode ist die Annahme einet Immanenz
der Entwicklung, und nicht nur einer Immanenz der Stilentwicklung,
sondern auch einer solchen des ganzen Kulturgeschchcns. Ferner nimmt
man unbesehen als sicher gegeben an, daß verschiedene Kulturcrschei-
nungen während einer gewissen Zeit sich mit gleichartiger Richtung
und Geschwindigkeit bewegen und verandern: man rechnet damit, daß
die Stetigkeit im Kulturwandcl, die man bei Erscheinungen sehr einfacher
Art beobachten kann, auch auf einem Gebiet gelten soll, das so
empfindlich für den Wechsel von Fühlen und Denken ist wie die Kunst.
Die formalhistorische Methode setzt weiter eine Gesellschaft ohne
Schichtung voraus. In Wirklichkeit existieren ja in den verschiedenen
Schichten eines Gemeinwesens zu gleicher Zeit Kulturerschcinungen
ganz verschiedenen Charakters" (S. 10 f.). Die wichtigste Ursache
der Unzulänglichkeit aller nur mit tormalen Kriterien arbeitenden
Methoden ist nach Meinung Paulssons die, daß man den Künstler als
eine bei der Schöpfung des Kunstwerks autonome Kraft auffaßt. Manche
Problemstellung löse sich zwanglos, wenn man an die Stelle des