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Ausgabe:

1959 Nr. 8

Spalte:

599-601

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Jedin, Hibert

Titel/Untertitel:

Geschichte des Konzils von Trient ; 2.Die erste Trienter Tagungsperiode 1545/47 1959

Rezensent:

Stupperich, Robert

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599

Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 8

600

..Überblickt man die christliche Stellungnahme zur Sklavenfrage in der
Alten Welt, so ergibt sich ein durchgehender Grundzug: die Institution
als solche wird nicht in Frage gezogen. Ein Staatsmann, dem die Sorge
für die gesellschaftliche Ordnung oblag, hätte auch einer grundsätzlichen
Bedrohung dieser Einrichtung scharf entgegentreten müssen. Nicht als
habe sich die Kirche dem staatlichen Bedürfnis nur angepaßt. Das tat
sie ebensowenig, wie sie sich zum bloßen Anwalt des Bestehenden
machte. Sie schlug einen eigenen Weg ein, der das Wirkliche ernst nahm
und doch gerade darin sich selber treu blieb. Diesen Weg konnte auch
der Kaiser mitgehen. Soweit es auf eine humanere Sklavenbehandlung
ankam, gingen stoische und christliche Grundsätze zusammen. Hätte
aber die stoische Idee sich zum Gesetz verdichtet, würde sie die staatliche
Wirklichkeit umgestürzt haben. Dagegen gab die programmfreie
und darum scheinbar ungeeignete christliche Einstellung dem Gesetzgeber
die Möglichkeit, allmählich auch die Verhältnisse umzuformen. Es
ist eine erstaunliche Tatsache, daß der christliche Glaube es wagen
konnte, noch ein solches Verhältnis wie das von Eigner und Sklave zu
durchdringen und es zu einer sittlichen Beziehung umzugestalten: sie
kehrt Herrn und Diener einander zu wie Vater und Sohn, ja Bruder und
Bruder. Man nahm es auf sich, Besitzern wie Sklaven das in ihrer Lage
Gebotene vor Augen zu halten." Vieles in dieser Partie ist durchaus
fragwürdig, denn wir wissen doch genau, daß in Gesetz und Praxis damals
oft nicht eine mildere, sondern gerade eine härtere Behandlung
der Sklaven und sklavenähnlicher Kategorien wie der coloni einsetzt,
so daß die Sklavenfrage allmählich — auch für die Kirchenväter, die ja
auch unterschiedlicher dazu Stellung genommen haben, als D. zugeben
will — immer schwerere Sorgen bereitete. Im wesentlichen ist es die
Verworrenheit der gesamten gesellschaftlichen Situation des spätrömischen
Reiches, der sich auch die Kirche nicht entziehen kann, an
der eine Lösung des Sklavenproblems scheitert, wie sie sich dann erst im
Übergang zum Mittelalter durch Schaffung .feudaler' Abhängigkeitsverhältnisse
anbahnt. Die von vielen Christen ernstlich gewollte, von
Paulus bereits begründete „innere" Umformung des Verhältnisses von
Herrn und Sklaven war in deT Praxis der konstantinischen wie späterer
Perioden ohne große Bedeutung; wie vieles daran krankt, sehen wir
fast mühelos an den immer wiederholten, aber meist recht krampfhaften
Versuchen der Kirchenväter, die Sklaverei als Institution eben zu rechtfertigen
, ihre Quellen und Wurzeln klar herauszustellen und die Sklaven
selbst oft weniger mit der Freilassung oder dem möglichen Wohlwollen
ihrer Herren, sondern vielmehr mit dem Ende des (unwürdigen)
Verhältnisses im Jenseits zu trösten. —

Halle/Saale Hans-Joachim D i e I n e r

Chene, Jean: Saint Augustin enseigne-t-il dans le ,De Spiritu et
Littera' l'universalite de la volonte salvifique de Dieu?
Recherches de science religieuse XLVII, 1959 S. 215-224.

Cornelis, H.: Les fondements cosmologiques de l'eschatologic
d'Origene.

Revue des Sciences Philosophiques et Theologiques XLIII, 19 59 S. 32
bis 80.

Vanneste, J.: De theologie van pseudo-Dionysius de Areopagiet.
Bijdragen — Tijdschrift voor Filosofie en Theologie 20, 1959 S. 39—56.

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

Jedin, Hubert: Geschichte des Konzils von Trient. Band II: Die erste
Trienter Tagungsperiode 1545/47. Freiburg/Br.: Herder 1957. XI,
550 S. gr. 8°. DM 33.50; Lw. DM 38.-.

Acht Jahre nach dem Erscheinen des ersten Bandes (vgl.
ThLZ 78, 1953, Sp. 139 ff.), der inzwischen in 2. Auflage vorliegt
(1952), ist der zweite Band dieses monumentalen Werkes
veröffentlicht worden. Vermag auch der Verf. auf Vorarbeiten
von mehr als 25 Jahren zurückzugreifen, so ist bei den 6ich ungewöhnlich
ausweitenden Quellen und Untersuchungen zur
Reformationsgeschichte insgesamt und zur Trienter Konzilsgeschichte
im besonderen die aufgewandte Zeit noch sehr gering
zu nennen. Es ist geradezu bewundernswert, daß ein einziger
Gelehrter heute ein derartiges Werk bewältigt, während man
in unserer Zeit sonst in ähnlichen Fällen immer mehr zu Gemeinschaftsarbeiten
übergeht, die doch niemals so geprägt sein
können wie das Werk eines einzelnen Forschers. Diese Leistung
kann daher nur mit großem Respekt betrachtet werden.

Sehr nützlich ist der Bericht über die Quellen (S. 419-445),
die im „Concilrum Tridentinum" bisher gesammelten Akten.
Protokolle, Diarien und Traktate, ihr Zustandekommen und
ihren Befund. Auch die übigen Quellen wie Rechnungsbüchcr
und vor allem Korrespondenzen werden aufgeführt. Über die Verfasser
werden die notwendigen Angaben gemacht. Der Anmerkungsteil
(S. 449—529) zeigt wiederum, in welchem Umfang
Literatur verarbeitet werden mußte, vor allem die für uns entlegene
spanische und italienische Literatur. Manche Anmerkung
weitet sich zu einem kleinen Sonderartikel.

Die Darstellung umfaßt die ganze erste Tagung6periode in
Trient von der Eröffnung des Konzils am 13. 12. 1545 bis zur
Verlegung nach Bologna. Die geschichtliche Darlegung ist einheitlich
und weist den durchgehenden Zug der Konzilsverhandlungen
in großer Klarheit auf. Viele Fragen können hier genauer
beantwortet werden, als es in der bisherigen Forschung der Fall
war. Die Darstellung hält 6ich an den historischen Ablauf und
behandelt daher Dogma und Reform nebeneinander. Nach der
Eröffnung des Konzils kommen zuerst die Vorfragen des modus
procedendi zur Behandlung. Weiter wird das Vorgehen der präsidierenden
Konzilslegaten geschildert, die meisterhaft charakterisiert
werden, und die verschiedenen Vertreter bis hin zur Opposition
, die in manchen dramatischen Verhandlungen stark hervortritt
. Auch diese wird durchaus gerecht beurteilt.

Die Sessionen IV-VII, die in diese Tagungsperiode fallen,
gehören fraglos zu den wichtigsten des ganzen Konzils. Das Zustandekommen
der Dekrete wird mit der größten historischen
Sauberkeit dargestellt und ihr Inhalt genau angegeben, ohne sich
jedoch den dogmatischen Fragen näher zu widmen. Das Notwendige
wird immer gesagt und auf die weitere Behandlung in
der Literatur Bezug genommen. Die Darstellung der Sessio IV
wirkt besonders knapp. Die Fragen des Kanons, der Traditionsbestimmung
, der Volksbibel werden kurz behandelt, wie es die
Überlieferung verlangt. Beachtlich ist dabei die Erörterung der
Einwände gegen die Gleichstellung von Schrift und Tradition, und
auch die Unzufriedenheit, die das Dekret in Rom auslöst.

Mit der Beratung über die Erbsündenlehre tritt das Konzil
vor eine der wichtigsten dogmatischen Fragen, die bereits auf die
Behandlung weiterer theologischer Gegenstände ein scharfes Licht
wirft. Hier stand das Konzil vor der Entscheidung, wie es sich
zur lutherischen Auffassung stellen sollte. J. betont, daß man
nicht in der Erörterung der Schulmeinungen stecken bleiben
wollte, sondern zu bestimmten Definitionen inmitten kontroverser
Lehrmeinungen kommen wollte. Das Konzil hat sich
keineswegs den Ansichten des Regensburger Buches von 1541
anschließen wollen, sondern hat sich scharf von diesem abgegrenzt
.

Die wichtigsten Kapitel dieses Bandes handeln von der
Rechtfertigungslehre. Die Erörterungen über Sinn und Bedeutung
werden vom Verf. mit Bedacht stark betont und in den Mittelpunkt
gerückt. In einer Zusammenfassung zeigt er, welche Fragen
in diesem Zusammenhang auf die Konzilsväter eindrangen. Es
handelte sich um nichts mehr und nichts weniger als um die
Verhältnisbestimmung von Wort und Sakrament, von Gnade.
Glaube, Werk. Über keine dogmatische Frage ist in Trient so
eingehend gehandelt worden wie über die Rechtfertigung. Die
Zusammenordnung der grundlegenden Begriffe ist allerdings auch
sehr verschieden vorgenommen worden. Es wird in der Darstellung
deutlich, wie wenig die Theologen auf diese Erörterung
vorbereitet waren. Der historische Bericht wird auch hier genau
gegeben, ohne daß der Verf. der Gefahr erlegen wäre, typisieren
zu wollen. Auf den Gang der Verhandlungen wirken selbstverständlich
die deutschen Ereignisse stark ein. Es ist ja die Zeit,
in der der Kaiser seine Verhandlungen führt und die evangelischen
Stände den Kampf aufnehmen. Der Hintergrund de*
Schmalkaldischen Krieges leuchtet bisweilen auf und wirft sein6
Schlaglichter auf die Verhandlungen in Trient. Auch der Publizistik
ist in diesem Rahmen gedacht.

Die verschiedenen Entwürfe zum Rechtfertigungsdekret un<l
die Stellungnahme der Konzilsväter zu ihnen werden gekennzeichnet
, wobei einzelne Vorfragen wieder zur Sprache gebracht
werden. Der Verf. hat wohl nur bedingt recht, wenn er betont,
daß das Rechtfertigungsdekret nicht nur Überliefertes zusammenfaßt
, sondern Neues geschaffen hat. Wenn an diesem Dekret so
lange gearbeitet worden ist, so ist die lange Dauer nicht nur
durch die politische Lage bedingt, sondern durch das Bestreben,
„das Bestmögliche zu leisten". Es lag nahe, abschließend auf