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Ausgabe:

1959 Nr. 8

Spalte:

589-590

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Die grossen Religionen der Welt 1959

Rezensent:

Mensching, Gustav

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589

Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 8

590

biblisch-jüdischer Anschauung zu behandeln. Man kann diese«
Himmlische Buch in dreifacher Weise gliedern: als Schicksalsbuch,
als Buch der Werke, deren Aufzeichnung als Grundlage für das
künftige Gcridit dient, und als Buch des Lebens, in welches man
von Gott eingeschrieben wurde. Besonders interessant erscheint
der Abschnitt, in welchem das Schicksalsbuch im Zusammenhang
mit den römischen Bürgerlisten dargestellt und überhaupt eine
Wechselbeziehung zwischen Taufregister und Buch des Lebens hergestellt
wird. So wird die Einzeichnung in das Taufregi6ter zum
Symbol für die Eintragung in das himmlische Lebensbuch. Insofern
aber der Christ mit dieser Aufnahme in den Kriegsdienst
Christi und damit in den Kampf gegen den Satan eintritt, kann
man das Lebensbuch die „Stammrolle der militia Christi" nennen.
Wie die Taufmatrikcl als Sinnbild des himmlischen Lebensbuches
erscheint, kann auch die Aufnahme der Heiligen in den Himmel
als Einschreibung in das Buch des Lebens verstanden werden. Als
Beispiel mag ein Satz aus der Bulle Papst Innozenz' IV. vom
15. 4. 1247 über die Heiligsprechung Wilhelms von St. Brieux
dienen: „Wir haben beschlossen, ihn, der mit den Gerechten,
wie wir erkannt haben, bereits aufgeschrieben ist im Buch der
Lebenden, . . . einzuschreiben im erhabenen Verzeichnis der Seligen
." Für den Exegeten bedeutsam ist die Diskussion über
Apok. 5 (S. 21-25). Bemerkenswert, was über Kol. 2, 1—15
(S. 55 ff.) gesagt worden ist. Daß dieses himmlische Buch kein
Schicksalsbuch sein kann im Sinne antik heidnischer Vorstellung,
geht aus den Einzeluntersuchungen klar hervor. Bestenfalls kann
man es mit Augustin als ein über praedestinationis ansehen —
eine Vorstellung, durch die der Lohngedanke zurückgedrängt
wird (S. 80). Am Schluß faßt der Verf. sein Ergebnis zusammen:
Als Herr der Weltgeschichte führt Gott das Schicksalsbuch, als
Herr des Weltgerichtes das Buch der Werke, als Herr des Gottcs-
rciches das Buch des Lebens. Der zentrale Gottesgedanke 6orgt
dafür, daß die drei verschiedenen Typen des himmlischen Buches
aufeinander bezogen sind als „Komponenten einer einheitlichen
religiösen Idee" (S. 128). 4 Bildtafeln aus antiken Sarkophagen
und ein ausführliches Quellen-, Personen- und Sachregister sind
dieser für Exegeten wie für Kirchenhistoriker gleicherweise
nützlichen Untersuchung beigegeben.

Berlin Erich Fascher

Die großen Religionen der Welt. Christentum, Judentum, Islam,
Buddhismus, China. Hinduismus (Titel der Originalausgabe: The
World's Great Rcligions). Übers, u. bcarb. v. Hans-Joachim Schoeps.
München - Zürich: Droemcrsche Verlagsanstalt Th. Knaur 11958].
VIII, 310 S. mit zahlr. ein- u. mehrfarb. Abb. 2°. Lw. DM 54.-.

Das vorliegende Buch ist eine Gemeinschaftsarbeit von über
100 amerikanischen Fachgelehrten, deren Einzelbeiträgc allerdings
nicht erkennbar sind. Auf dreifache Weise werden fünf lebende
große Religionen dargestellt: zunächst durch allgemein verständliche
Einleitungen, sodann durch Textproben und endlich durch
eine große Zahl ausgezeichneter zum größeren Teil farbiger Abbildungen
. Gerade diese Abbildungen scheinen mir dem sehr gut
ausgestatteten Werk einen besonderen Wert zu verleihen; denn es
handelt sich dabei fast durchweg um unbekannte Aufnahmen, die
deshalb rcligioiifgcschichtlich so besonders wertvoll sind, weil «ie
das gegenwärtige Leben der Religionen, wie es sich in dem uns
meist unbekannten und unzugänglichen Vollzug kultischer Akte
zeigt, in vorzüglicher und aufschlußreicher Weise zur Darstellung
bringen. Den amerikanischen Herausgebern und Verfassern ist
deshalb besonders zu danken, daß sie diese ungewöhnlich schöne
Sammlung von Abbildungen zusammengebracht haben, die einen
unmittelbaren Einblick in das kultische Leben der behandelten
fünf Religionen (des Buddhismus, des Hinduismus, des Judentums
, des Islams und des Christentums) gewähren.

H. ]. Schoeps hat die deutsche Ausgabe dieses von der Zeit-
•«jitt »Life" in Amerika veröffentlichten Werkes bearbeitet. Es
ließe sich nur durch einen Vergleich mit der amerikanischen Ausgabe
feststellen, worin die Bearbeitung im einzelnen besteht.

<*er Lektüre des Textes und aus der Betrachtung der
Bilder gewinnt man den Eindruck, daß diese Religionen sehr intensiv
leben, und daß man sich über ihre tatsächliche Lebenskraft
keinen Illusionen hingeben sollte, wie es christlicherseits nicht

selten geschieht. Das Werk ist geeignet, einer sachgemäßen Auseinandersetzung
, die das Gebot der Stunde ist, in fruchtbarer
Weise zu dienen.

Bonn Gustav Mensching

B'tter, Wilhelm, Dr. med., Dr. phil. (Hrsg.): Meditation in Religion
und Psychotherapie. Ein Tagungsbericht. Stuttgart; Klett |l958l.
371 S., X S. Abb. 8». Lw. DM 17.80.

Die 16 Vorträge dieses Bandes nebst den 7 großen Aussprachen
, deren wichtigste Voten wiedergegeben werden, fanden
aur zwei Tagungen der Stuttgarter Arbeitsgemeinschaft „Arzt und
Seelsorger" im Mai und Oktober 1957 statt. Drei Vorträge konnten
des Umfanges wegen nicht mehr in den Sammelband auf-
f.enonimen werden und sind als Sonderdrucke erschienen (erhältlich
durch die Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft: Stuttgart,
^ustav-Siegle-Straße 43).

Die Redner gehörten — grob gegliedert — drei verschiedenen Krei-
-cn an: (,) römisch-katholische Ordensleute. Gelehrte und Schrift-
s eller; (2) evangelische Theologen; (3) Psychotherapeuten. Dies sind
aie Beitrage der drei Gruppen:

/V Pr°f' Dr' Gcbnard Frci (Beckenried-Luzern): Christliches Man-
T,'(la: das Herzensgebet. Dazu sein Sonderdruck: „Meditationsakt
"nd Meditationszustand". - Alfons Rosenberg (Horw-Luzern): Die
*reuzmeditation. - Prof. Dr. Hugo Rahner SJ (Innsbruck): Die Anwendung
der Sinne in der Betrachtungsmethode des hl. Ignatius von
Loyola. - prof. Dr l0hanncs B. Lötz SJ (Pullach-München): Die Christus-
C_ a,s Erfüllune des meditativen Lebens. — P. Dr. Emmanuel
v- Severus (Prior von Maria Laach): Kult und Meditation.

(2) Kirchenrat D. Dr. K. B. Ritter (Marburg): Meditation und
R0^.0*' ~ Studicnrat Dr. Dr. Friso Melzer (Künzelsau): Möglichkeiten,
Dichtungen und Stufen der Meditation. - Prof. Dr. Otto Haendler
«Berlin): Meditation im Alltag. - Prof. Pfarrer Hans Schar (Bern):
Protestantische Haltung und Meditation.

(3) Nervenfacharzt Dr. Dr. Wilhelm Bitter (Stuttgart): Über die
Meditation in der Psychotherapie. - Prof. Dr. Dr. Gustav Schmalz
( ankfurt): ®3S Machen der Wahrheit im eigenen Herzen (Augustinus)
"nd die dialektische Funktion des Unbewußten im Reifungsprozeß. —

■ Phil. Marie-Luise v. Franz (Zürich-Küsnacht): Aktive Imagination
m der Psychologie von C. G. Jung. - Prof. Dr. Graf K. v. Dürckheim
«Todtmoos-Rütte): Die heilende Wirkung der reinen Gebärde. — Prof.
Dr. Günter Elsässer (Bonn): Meditation von Traumsymbolen. — Dr. med.
relicia Froboese (Hamburg): Religiöse Erfahrung durch Meditation von
Träumen und Bildern. — Dr. med. Eckart Wicsenhüttcr (Würzburg):
Psychotherapie, Meditation und Kunst. Dazu die beiden Sonderdrucke:
„Vom Wesen und Wert des meditierenden Übens in der Psychotherapie"
von Psychotherapeut Dr. med. Erich Rotthaus (Bielefeld). — ..Meditation
als Erkenntnisweg" von Dr. med. Bühler (Unterlengenhardt). Dieser
Beitrag wiederholt aber nur, wenn auch klar und hilfreich zusammengefaßt
, was Rud. Steiner in seinen Schriften dargelegt hat, bringt keine
weiterführende oder ergänzende Erfahrung.

Wer die weitere Literatur kennt, wird von denen, die sich aufgrund
eigener Erfahrungen literarisch geäußert haben, vor allem den Marburger
Arzt Dr. Hanscarl Leuner (Univ. Nervenklinik) vermissen, der
Dr. Carl Happichs Verfahren mit reichem Erfolg anwendet (vgl. seine
Darlegungen in der „Zeitschrift für Psychotherapie und medizinische
Psychologie" 1955: V 5, 1 8 5—203; 6.233-260; 1957: VII 6,221—238;
dazu seine beiden Beiträge in der Festschrift für Prof. Ernst Krctschmer
'958 und in der Festschrift für Prof. Speer 1959). -

Als im August 1933 zum ersten Mal in Ascona der
..Eranos"-Kreis zusammentrat (der sich seither alljährlich am
gleichen Ort zusammenfindet), handelten seine Vorträge und
Aussprachen über „Yoga und Meditation im Osten und im Westen
". Der 1. Band des seitdem regelmäßig erscheinenden
ERANOS-Jahrbuchs (Rhein-Verlag, ZüTich) hat die 15 Vorträge
jener Tagung festgehalten (348 S.). Wer sich um Meditation auch
vom Standpunkt der Erkenntnis und geistesgeschichtlichen Zusammenschau
von Ost und West bemüht, muß mit jenem Bande
beginnen.

Nach genau 2 5 Jahren hat nun die Arbeitsgemeinschaft
„Arzt und Seelsorger" ihrerseits die Meditationsfrage aufgenommen
, wenngleich nicht in der mehr akademischen Haltung der
Eranos-Tagung, sondern aus der Praxis für die Praxis, für den
Dienst am leidenden Menschen eines intellektualisierten Zeitalters
, das den Menschen nervös macht. Der große Zulauf erzwang
eine Wiederholung und rechtfertigte damit die Wahl des
Themas. Wer von nun an den Fragen der Meditation nachgehen