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Ausgabe:

1959 Nr. 7

Spalte:

547-548

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Berge, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Gesetz und Evangelium in der neueren Theologie 1959

Rezensent:

Kimme, August

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Seite 1

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547

Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 7

548

daß sie mit keiner Sozialstruktur identisch ist, wenn 6ie sich
auch früher meistens mit der herrschenden sozialen Struktur
identifiziert hat. Jedenfalls muß sie sich nicht nur mit ihrer Predigt
, sondern auch in allen Gemeinschaftsformen radikal ändern.
Sie muß es lernen, nicht nur aus taktischen Gründen und aus
Selbsterhaltungstrieb nach neuen Wegen zu suchen.

Wie sehen diese neuen Wege aus? Hier zeigt sich nun eine
deutliche Schwäche des Buches, — eine Schwäche, die der Kirche
im ganzen eignet und die man deshalb nicht gut dem Verfasser
zur Last legen kann: Konkrete Möglichkeiten werden kaum aufgewiesen
. Es kommt wohl die neue Einigung der Kirchen in der
Ökumenischen Bewegung zur Sprache; die französischen Arbeiterpriester
, die Laienbewegung, die evangelischen Akademien und
die Versuche, die man mit neben-parochialen Gemeinden gemacht
hat, werden erwähnt. Doch all dies wird nicht als sicheres Schema
angepriesen. Und es muß ja auch zugegeben werden, daß sich
manche von diesen Versuchen erschreckend schnell verschlissen
haben. Auch muß man grundsätzlich fragen: Wie soll die Kirche
ihren Charakter als „etablierte Institution" aufgeben, ohne zur
Sekte zu werden? Viele Fragen bleiben ohne Antwort; der kritische
Akzent des Buches ist stärker als seine Hinweise auf positive
Lösungen.

Die Themen, die der Verf. behandelt, werden heute oft besprochen
und beschrieben. „Diese Wahrheiten werden zwar in
ihrer (sc. der Kirche) Mitte genannt oder gar manchmal diskutiert
, aber sie wirken nicht wie ein Donnerschlag" (S. 80). Auch
die vorliegende Broschüre wirkt nicht wie ein Donnerschlag.
Der Verf. weiß, „daß es keine Wundermittel gibt". Er weiß
auch, daß die Kirche nicht nur und vielleicht nicht einmal zuerst
vom Schreibtisch des Theologen her verändert werden kann.
Aber daß hier das Ende des konstantinischen Zeitalters mit so
viel frischem Freimut, ohne Rücksicht auf alle möglichen kirchlichen
und frommen Tabus, proklamiert wird, — schon das allein
ist eine gute Sache in unserer Zeit des Umbruchs und der neuen
Ansätze.

Die Übersetzung des Buches ist leider bisweilen merkwürdig
undeutsch und theologisch ungenau.

Hamburg-Nienstedten Rainer Röhricht

Berge, Wolfgang. Gesetz und Evangelium in der neueren Theologie.
Interpretation einer theologischen Kontroverse. Berlin: Evangelische
Verlagsanstalt [1958]. 48 S. gr. 8° = Aufsätze und Vorträge zur
Theologie und Religionswissenschaft, hrsg. v. E. Schott u. H. Urner,
H. 2. DM 2.40.

Die Studie stellt im 1. Teil „Die beiden Möglichkeiten der Zuordnung
von Gesetz und Evangelium" (S. 7—26) den „Diskurs" und den
„Konkurs" von G. u. E. einander gegenüber. Als Vertreter des „Diskurses
", des unausgleichbaren Offenbarungswiderspruches, wird neben
Asmussen und Ebeling besonders Eiert dargestellt. Aus einseitig
„soteriologisdiem" Interesse erscheint hier der Mensch unter Gottes
„Judikatur" als bloßes „Objekt" de6 göttlichen Handelns. Den „Konkurs
", die „In-Einssetzung" (16), von Evangelium und Gesetz findet B.
vor allem bei K. Barth und Althaus. Hier wird ebenso einseitig von der
„Legislatur"' Gottes her gedacht, wobei freilich die Subjekthaftigkeit
des Menschen in seiner sittlichen Entsprechung zu Gottes Forderung voll
zur Geltung kommt. Der II. Teil „Die christliche Existenz in ihrer Antinomie
" (27—47) sucht nach einem Ausgleich, der „das soteriologische
und das ethische Moment, die beide im Christentum offensichtlich vorhanden
sind, zum vollen Recht kommen" läßt (26). Bei Jesus und noch
klarer bei Paulus besteht der Widerspruch zwischen Indikativ („soterio-
logisch") und Imperativ („ethisch") um der eschatologischen Spannung
willen in unaufhebbarer Schärfe. Ein „dogmengeschiditlicher Exkurs:
Gesetzesfrage und Parusieverzögerung" (34—37) schildert in der Sicht
M. Werners, wie das Hinschwinden der eschatologischen Spannung
Christus zum neuen Gesetzgeber machte und „in gerader Linie zum
katholisdien und reformierten Verständnis des Gesetzes führt" (37).
Die Klammer um das soteriologische und das ethische Moment, um „die
beiden völlig heteronomen und inkohärenten Elemente einer menschlichen
Gesinnung und des göttlichen Heilschaffens" sieht B. im pauli-
nischen Glaubensbegriff (31). Dieser paradoxen Einheit trägt Joest mit
seiner Deutung der Rechtfertigungslehre Luthers unter dem Totalaspekt
des transitus und dem Partialaspekt des progressus vollauf Rechnung
(38—42). Da „das Gesetz nicht nur Nötigung zum Transitus, sondern
auch Steuerung des Progressus" ist, ergibt sich, „daß in der Theologie
Luthers Diskurs und Konkurs von G. u. E. in gleichzeitiger, und
d. h., paradoxer Geltung stehen" (42). „Jede Lehre", die einseitig den
Schwerpunkt auf die diskursive oder auf die konkursive Seite verlagert,
„verliert im strengen Sinne die Berechtigung des Namens einer christlichen
Theologie. Sehen wir uns nun noch danach um, wo wir eine
solche christliche Theologie im strengen Sinne unter den Neueren vertreten
finden, so stoßen wir auf die Namen Thielicke, Bring und Kinder
" (43). Schließlich wird noch der tertius usus legis abgelehnt, „weil
der Begriff . . . eine einheitliche — nämlich konkursive — theologische
Denkweise voraussetzt, die das soteriologische Anliegen übersieht und
damit die widersprüchliche Spannung im christlichen Kerygma verkennt
" (46). Dabei wird vorgeschlagen, mit Joest von der „Doppelheit
des geforderten Werkes als Gesetz und des erlaubten, zugesprochenen
Wortes (Druckfehler, liee: Werkes) als Evangelium" zu sprechen (47).

Man könnte vielleicht wünschen, daß die Studie so gewichtige
Beiträge wie die von Gogarten, H. Vogel, Sommerlath und
Bring (Luther-Jahrbuch 1957) berücksichtigt hätte. Aber auch so
bieten Darstellung und Argumentation Anlaß zu einigen Fragen,
die hier nicht erörtert werden können. Seinen Wert hat das Büchlein
darin, daß es einen Überblick über die systematisch-theologische
Kontroverse zu Gesetz und Evangelium zu geben versucht
und vor allem zu der längst fälligen Erarbeitung des Ertrags
dieser Kontroverse anregt.

Leipzig August K i m ni <•

VON DEN THEOLOGISCHEN FAKULTÄTEN

Berlin

Ernennungen von Dozenten: Dr. Hanfried Müller,
Dozent für Systematik.

Dr. Rosemarie Müller-Streisand, Dozentin für Kirchengeschichte
.

Dr. Dr. Gerhard Wallis, Dozent für Altes Testament.
Ausgeschieden als Dozent ist Lic. Fritz Maass, Dozent
für Altes Testament.

Berufung: Professor mit Lehrstuhl D. Gottfried Quell, bisher
Theologische Fakultät der Universität Rostock, Altes Testament.

Bonn

P r o m o t i o n e n Sommersemester 1958: Anneliese Kriege: „Geschichte
der Evangelischen Kirchenzeitung unter der Redaktion
Ernst Wilhelm Hengstenbergs" (Ref.: Prof. D. Bizer).
Dr. phil. Hans Georg Geyer: „Welt und Mensch. Zur Frage des
Aristotelismus bei Melanchthon" (Ref.: Prof. D. Kreck).
Hans Jochen Boccket: „Redeformen des israelitischen Rechtslebens
" (Ref.: Prof. D. Noth).

Reverend Llewellin D a v i e s : "The origin and the development
of early Hebrew Prophecy in special relation to the development of
Yahwism in Israel" (Ref.: Prof. D. Noth).

Manfred Hornschuh : „Die Anfänge des Christentums i"
Ägypten" (Ref.: Prof.: D. Schncemelcher).
Promotionen Wintersemester 1958/59: Gudrun Wilda: ,.Da»
Königsbild des chronistischen Geschichtswerkes" (Ref.: Prof. P-
Plöger).

Pastor Günter Klein: „Ursprung des Zwölferapostolats" (Ref-:
Prof. D. Vielhauer).

Klaus-Martin Beckmann: „Der Begriff der Häresie bei
Schleiermacher" (Ref.: Prof. D. Iwand).

Hans Ulrich N ü b e I : „Davids Aufstieg in der Frühe israelitischer
Geschichtsschreibung" (Ref.: Prof. D. Plöger).
Habilitation (18.2.59): Dr. Georg Strecker für da6 Fach
Neues Testament mit der Arbeit „Der Weg der Gerechtigkeit. Untersuchungen
über den Evangelisten Matthäus" (l.Ref.: Prof. P-
Ph. Vielhauer).

Ernennungen: D. Paul S c h e m p p, Studienrat am Gymnasium
in Stuttgart, zum ord. Professor für Systematische Theologie.
Priv.-Doz. Dr. theol. Robert Bach zum Dozenten für Altc6 Testament
.

Der apl. Professor Lic. Dr. Heinrich K I rp p wurde zum beamtet«1
außerord. Professor für Religionspädagogik und Kirchengcschichte

ernannt.