Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1959 Nr. 7

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

535

Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 7

536

das umfassende Wirken Ernst des Frommen von Gotha wieder ans Licht
gezogen hat. In die Reihe dieser Untersuchungen gehört sein Beitrag
„Die Erneuerung des Kirchengesanges im Herzogtum Sachsen-Gotha",
durch die Herzog Ernst für sein Gebiet den alten Satz zu neuer Geltung
brachte „Thuringia cantat". Angesichts der Diskussion um die Bedeutung
der Gregorianik auch für die Erneuerung der evangelischen
liturgischen Musik sei zuletzt noch auf W. Lipphardts Einführung in
die „Neuen Forschungen zur Gregorianik" hingewiesen. —

Den dritten Jahrgang eröffnet die große Arbeit Christh. Mahrenholz
' über „Die Agende für ev.-luth. Kirchen und Gemeinden Band I".
Seine Darstellung der Entstehung dieses Agendenwerks weist nach,
daß im Gegensatz zu den Agendenarbeiten des 19. Jahrhunderts nicht
die Arbeit am Hauptgottesdienst, sondern die Bemühungen um den täglichen
Hausgottesdienst der eigentliche Ausgangspunkt waren, und
daß nicht die offiziellen Organe der Kirche, sondern ein nichtamtlicher
Kreis, nämlich die Lutherische Liturgische Konferenz Deutschlands, sich
ans Werk machte, während erst im letzten Stadium der Arbeit 6ich
die VELKD offiziell daran beteiligt hat. Auch ist nie vorher ein kirchliches
Agendenwerk so ausgiebig der Erprobung und Kritik seitens
der Pfarrer und Gemeinden ausgesetzt worden wie diese Agende.
Mahrenholz geht dann auf die einzelnen Bestandteile der Agende ausführlich
ein, wobei hier besonders herausgehoben werden soll, wie
6ehr es ein Anliegen war, die Gemeinde in stärkerem Maß am Gottesdienst
zu beteiligen als je vorher. So ist es zu Lösungen gekommen,
„die weder aus der älteren Liturgiegeschichte noch aus den herkömmlichen
Formen der Hauptgottesdienstliturgie abgeleitet werden können,
die aber... die Gemeinde intensiver als bisher in die Verantwortung
des gottesdienstlichen Mithandclns einbeziehen". Gegenüber dem unsachlichen
Vorwurf liturgischer Gesetzlichkeit, wie er heute manchmal
laut wird, will beachtet sein, wie M. an Hand der der Agende
voranstehenden „Anweisung" zeigt, daß es darauf ankomme, wohl
einerseits „die Ordnung und die mit der Ordnung um des Gebotes der
Liebe willen gegebene Bindung deutlich zu machen, auf der anderen
Seite aber die Agende von einem gesetzlichen Mißbrauch zu bewahren".
Eine dogmatische Dignität erkenne die Agende I der Gottesdienstordnung
keinesfalls zu. Sie halte sich zugleich der Ökumene gegenüber,
insbesondere gegenüber den anderen evangelischen Kirchen, für eine
künftige Entwicklung offen. Dieser Hauptbeitrag wird in den kleinen
Beiträgen konkret ergänzt durch eine Darstellung der Agendenarbeit in
den Landeskirchen der EKD von 194F—1956, die wir K. F. Müller verdanken
. Er macht auf gewisse Grundzüge aufmerksam, die die gesamte
Arbeit dieser Jahre durchlaufen, und zeigt die Motive und Gesichtspunkte
, die Methoden und Ergebnisse der im Gange befindlichen Neuordnung
innerhalb der einzelnen Kirchengebiete. Wilhelm Lueken und
K. Ameln führen gemeinsam in die literarische und musikalische Geschichte
des Liedes „O Herre Gott, dein göttlich Wort" ein. Der Herkunft
der heute wieder 60 gern gesungenen Weisen des Gesangbuchs
der Böhmischen Brüder von 1531 geht Camillo Schoenbaum nach, während
Ludwig Finscher das einzig erhaltene Exemplar des Kantionais des
Georg Weber aus Weißenfels (Erfurt 1 588) untersucht. Er findet darin
einen eigenen Typ des Kantionalsatzes, „der dem Satz Osianders an
Ausgeglichenheit und Singbarkeit überlegen ist und der einen Abglanz
der großen polyphonen Kunst des Reformationsjahrhunderts für den
bescheidenen Bereich des Kurrende- oder Gemeindechorals rettet".
Ohne aus der Fülle der kleineren hymnologischen Beiträge hier noch
Einzelnes hervorheben zu können, muß doch der Aufsatz von H. Goltzen
im liturgischen Teil „Die ,Biblc de Jerusalem' und ihre Psalmodie" Erwähnung
finden. Hier treten uns in den aufgewiesenen Möglichkeiten
mehrerer psalmodischer Formen erstmals Hoffnungen auf eine Überwindung
der gregorianischen Gesetzlichkeit und damit einer wirklichen
Wiedererweckung der Psalmodie in der abendländischen Christenheit
entgegen. —

Man möchte zum Schluß nur den einen Wunsch aussprechen,
daß das auch in seiner Drucklegung schwierige Linternehmen, das
im ersten Band nur mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
, des Verbandes Evangelischer Kirchenchöre Deutschlands
und der Landgraf Moritz-Stiftung in Kas6el möglich geworden
ist und das auch für die beiden weiteren Bände der Beihilfe
durch die letztgenannte Stiftung bedurfte, in Kirche und
Theologie das ihm gebührende Echo findet und damit die Fortfuhrung
in künftigen Jahren immer mehr gesichert wird.

Greifswald William Nagel

Schmidt, Hermanus A. P., S. J., Prof.: Hebdomada Sar-cta. Vol I-
Contemporanei Textus Liturgici, Documenta Piana et Bibliographia
Cum Praefatione J. L o e w. Rom, Freiburg: Herder 1956 XIX 300 S
gr. 8°. Lire 1.300.-.

Der Verfasser, Professor für Liturgik an der papstlichen
Universität „Gregoriana", legt den 1. Band eines Handbuches
über die Liturgie der heiligen Woche (von der Matutin des

Psalmsonntags bis zur Messe der Osternacht) vor und kennzeichnet
in einer ausführlichen Einleitung die Absicht seines
Werkes als ein Hilfsmittel des liturgischen Studiums und der
liturgischen Einübung: Dem guten Willen entspreche oft nicht
das nötige Maß von Kenntnissen über die Geschichte der Liturgie
; nur durch ein sorgfältiges Studium der liturgischen Texte
und aller Rubriken könne der schon von den letzten Päpsten
bekämpften Gefahr einer unliturgischen Frömmigkeit (religio
sine cultu) weiter entgegengewirkt werden.

Die Liturgie der heiligen Woche ist der Brennpunkt des
ganzen liturgischen Lebens: Pascha est cor liturgiae.

Keine Liturgie im ganzen des Kirchenjahres ist heiliger,
keine fruchtbarer für das Heil des Kirchenvolkes (so P. Loew in
seinem Vorwort). Die neue Ordnung der Liturgie der heiligen
Woche (1951/52, 1956) wird als ein kirchengeschichtliches Ereignis
gewürdigt, und es gilt nun, die damit erschlossenen Möglichkeiten
bekannt und fruchtbar zu machen.

Als die Besonderheit seines Buches kennzeichnet der Verfasser
die äußere Anordnung, nämlich die Möglichkeit, Seite für
Seite die Texte aus dem Breviarium Romanum, aus dem Missale
Romanum, aus den Vorschlägen der Ritenkongregation von 1951
und 1952 und den neuen offiziellen Text von 1956 vor Augen
zu haben und in allen Einzelheiten zu vergleichen.

Der vorliegende 1. Band bringt die Texte des Officium
Divinum (des Stundengebetes), der Messen und anderen liturgischen
Handlungen der Karwoche (Palmenweihe, Weihe des
heiligen Öls und des Chrismas; Fußwa6chung und der Zeremonien
des Karfreitags). Beigegeben 6ind ferner alle offiziellen päpstlichen
Dokumente hinsichtlich der Feier der heiligen Woche und
eine sehr ausführliche (35 Seiten umfassende) Bibliographie.

Der 2. Band wird die historischen Quellen und Belege zur
Geschichte der heiligen Woche bringen, und der Verfasser bemerkt
(S. XIII), daß aus dem 1. Band allein der Charakter des
ganzen Werkes nicht völlig zu erkerinen 6ei.

Neben den zum Teil erheblichen Verkürzungen in dem
Officium der Karwoche erwecken natürlich die Änderungen in
der Feier der Osternacht (Vigilia Paschalis) unser besonderes
Interesse. Wer mit der Ordnung dieses reichen und vielschichtigen
Gottesdienstes nach dem Missale Romanum vertraut ist,
wird geneigt sein, die hier vorgenommenen Änderungen zunächst
mit einiger Verwunderung zur Kenntnis zu nehmen. Die
Verkürzung des Eingangs, den Verzicht auf die die Heilig«
Dreieinigkeit symbolisierende dreigeteilte Kerze (den „Triangel
"), die Entzündung aller Kerzen des Klerus und des Volkes
schon beim Einzug, statt erst während des Gesanges des Exsul-
tet; er wird die Reduktion der überaus langen und den Verlauf
der ganzen Feier belastenden zwölf Prophctien auf vier wohl
verstehen, aber sich wohl fragen, warum gerade diese, vier
Prophctien für würdig erachtet wurden, zu bleiben. Bemerkenswert
ist ferner die Einfügung etner ausführlichen Erneuerung
des Taufbundes in das mit der Litanei und der Weihe des Taufwassers
beginnenden Mittelstückes. Aber man wird im Sinn des
Verfassers gut tun, zunächst abzuwarten, welche geschichtlichen
Begründungen und Belege der 2. Band für diese und andere
Änderungen bringt.

Daß das ganze Werk, auch die ausführliche Einleitung >n
lateinischer Sprache abgefaßt ist, begründet der Verfasser
merkwürdigerweise nicht mit dem Bedürfnis der Verbreitung
seines Buches in der Gesamtkirche, sondern einfach damit, daö
die lateinischen Texte auch einen lateinischen Kommentar fordern
. Da aber das Latein dieses Buches im deutlichen Unterschied
von den liturgischen Formularen selbst nicht lateinisch
konzipiert, sondern offenbar ins Lateinische übersetzt ist, bereitet
das Verständnis auch demjenigen Leser, der nicht M?
wohnt ist, lateinische Texte zu lesen, keine besonderen Schwierigkeiten
.

Rimsting/Chiemsee Wilhelm S1 uh 1 in

B a r r o s s e, Thomas: The Sen«e* of Scripture and the Liturgical
copes.

The Catholic Biblical Quartcrly XXI, 1959 S. 1-23.