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Ausgabe:

1959 Nr. 7

Spalte:

512-515

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Kraus, Hans-Joachim

Titel/Untertitel:

Psalmen 1959

Rezensent:

Kaiser, Otto

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511

Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 7

512

Text-Darbietung überleitend — mit einem „Verzeichnis der wichtigsten
in der Einleitung besprochenen Stellen von Mac. II" endet,
und weiter liegt dem Buche wiederum eine die Erklärung der
Zeichen und Abkürzungen enthaltende Lesekarte bei, die für
seinen Benutzer eine wesentliche Hilfe bedeutet. Stichproben
haben gezeigt, daß Einleitung, Text und Apparat sehr sorgfältig
gearbeitet sind und zu Beanstandungen kaum Anlaß bieten. Daß
auf S. 112, wo man vor v. 3, v. 5 und v. 8 einen — auf oder
über die Zeile gesetzten — Punkt erwartet, dieser fehlt, beruht
wohl auf einem technischen Versehen. Im Apparat zu 1, 10 sind
die Varianten zu exarontov öydorjxoarov xai dydöov im
übrigen mit griechischen Buchstaben, bei den lateinischen Zeugen
aber mit Zahlen (169, 138, 179, 178) angegeben. Im ersten
Augenblick kann das verwirrend wirken, da sonst Zahlen griechische
Minuskel - Handschriften bezeichnen, also auch diese so
gedeutet werden könnten, aber bei näherem Zusehen erkennt
man alsbald, daß die hier in Betracht kommenden Zahlen kursiv
gesetzt sind, mithin eben keine Handschriften-Siglen darstellen,
sondern die in den betreffenden lateinischen Zeugen stehenden
Zahlenangaben wiedergeben. Derartige kursiv gesetzte Zahlen,
14000 und 3000, rinden sich etwa auch noch im Apparat zu 13,15.
Wie S. 43 unter Verweis auf S. 45 der „Einleitung" zu I. Makk.
mitgeteilt wird, sind Konjekturen und Stellen, bei denen eine
Textverderbnis wahrscheinlich ist, durch f f kenntlich gemacht.
Das ist sehr dankenswert, um so mehr, als die Mehrheit dieser
Stellen zu den in der „Einleitung" besonders besprochenen Stellen
gehört. Es liegt aber in der Natur der Sache, daß man hier
über die in den Text zu setzende Lesart anderer Meinung sein
kann als der Herausgeber. So dürften 11,14 und 13,15 doch nach
wie vor Grimms Vorschläge Gefolgschaft verdienen, indem 11, 14
netaeiv zu streichen und 13, 15 statt avve&rjxEv vielmehr
ovvexevrrjöE in den Text zu setzen ist. Da aber der Tatbestand
der Überlieferung aus Textdarbietung und Apparat-
Gestaltung ersichtlich wird, ist jedem Leser die Möglichkeit zur
Bildung eine6 eigenen Urteils gegeben. Die Zeichen f t haben
damit ihren eigentlichen Zweck anzuzeigen, „daß auf die Überlieferung
geachtet werden muß" (S. 43), erfüllt.

Halle/Saale OttoEißfeldt

Ktocker, Jakob: Jeremia. Der Prophet tiefster Innerlichkeit und
schwerster Seelenführung. Überarbeitet u. ergänzt von Hans Brandenburg
. 2. Aufl. Gießen-Basel: Brunnen-Verlag [1958]. XII.
290 S. 8° = Die Propheten oder das Reden Gottes (vorexilisrh)
= Das lebendige Wort. Beiträge zur Einführung in die göttlichen Gedankengänge
und Lebensprinzipien des Alten Testaments. Bd. 6. Lw.
DM 11.80.

Gegenüber der ersten Auflage sind die Fremdvölkerorakel
Kapitel 46—51 hinzugenommen worden, manche Fußnoten, Zitate
aus einst aktuellen Werken und zeitgeschichtlich gebundene
Vergleiche sind gestrichen worden. Eine eigene Übersetzung
wird nicht geboten, der biblische Text wird nach Bedarf, jedoch
ganz selten in größeren Zusammenhängen nach der Züricher
Bibel aufgeführt. Die Auslegung der einzelnen Abschnitte ist
ganz stark an dem von Paul Volz in seinem Jeremiakommentar
geschaffenen Jeremiabild orientiert. Für die Auslegung der Fremd-
völkercrakel sind die Kommentare von Rudolph und Weiser
benutzt worden. Kap. 25, 15 ff. fehlt -im Buch, soweit ich sehe,
gänzlich, ohne daß die Streichung begründet wird. Dadurch daß
der Übersetzungstext nicht dem jeweiligen Auslegungsabschnitt
vorangestellt wird, gewinnt die Auslegung oft den Charakter
innerlich sehr wertvoller Aphorismen zum Text, ohne daß man
von einer wirklichen Exegese sprechen kann. Trotzdem wird man
nach Lektüre dieses Werkes es mit Freuden empfehlen können
für den praktischen Verkündigungsdienst in Unterricht und
Bibelstunde, sofern sie von Nichttheologen gehalten werden.
Dem Theologen kann das Buch eine gute Brücke zur Meditation
sein, wenn die wissenschaftliche Exegese erarbeitet worden i6t.
Leider sind Übersetzungstext und markante Formulierungen
innerhalb des Auslegungstextes in der gleichen kursiven Buchstabentype
gesetzt, so daß Verwechslungen möglich sind. Für den
bibellesenden Anfängerlaien wäre hier eine Unterscheidung am
Platz gewesen.

Leipzig Hans Bar dt ke

Kraus, Hans-Joachim: Psalmen. Neukirchen Kr. Moers. Verlag d.
Buchhandl. d. Erziehungsvereins [1958]. 480 S. gr. 8° = Biblischer
Kommentar. Altes Testament XV, 1—6. Je DM 7.—.

Die bisher vorliegenden sechs Lieferungen des weiträumig
angelegten Kommentares behandeln auf 480 Seiten die Psalmen
1—69. Dem Plan des Gesamtwerkes entsprechend wird die Auslegung
nach vorangestellter Übersetzung und ausführlicher Textkritik
unter den vier Gesichtspunkten der „Form" (Metrik und
Gattung), des „Ortes" (Sitz im Leben), des „Wortes" (Einzelerklärungen
) und des „Zieles" (Gesamtinterpretation unter Berücksichtigung
der neutestamentlichen Botschaft) dargeboten. Die
Diktion ist durchgehend flüssig, wenn auch manchmal aus dem
Bestreben exegetischer Zurückhaltung heraus nahe am Stil einer
Vorlesung.

Da die Einleitungsparagraphen erst in der Schlußlieferung
zu erwarten sind, ist es angebracht, sich vorweg die Stellungnahme
des Exegeten zu der seit Mowinckels Psalmenstudien
vieldiskutierten Frage nach dem Wesen und der Geschichte des
israelitischen Kultes als dem Horizont seiner Auslegung zu vergegenwärtigen
. Er hat diese in sehr pointierter Weise zumal in
seinen beiden umfassenderen Abhandlungen „Die Königsherrschaft
Gottes im Alten Testament", BHT 13, Tübingen 1951
(vgl. ThLZ 79, 1954, Sp. 608 ff.) und „Gottesdienst in Israel",
BEvTh 19, München 1954 (vgl. ThLZ 79, Sp. 737 ff.) vorgelegt,
mit denen er sich entschieden von den religionsphänomenolo-
gischen Arbeiten der Skandinavier absetzte.

Aus beiden Darstellungen ergibt sich das folgende Bild der Geschichte
des zentralen israelitischen Herbstfestes: Am Anfang scheint
ein ursprünglich nomadischem Kulttypus angehörendes und im Süden
beheimatetes Zeltfest gestanden zu haben, das amphiktyonischc Bedeutung
erhielt und wahrscheinlich durch den Tempelkult von Silo
verdrängt wurde. Alle sieben Jahre wurde außerdem ein Bundeserneuerungsfest
begangen. Ließen sich in der davidischen Zeit Restaurationstendenzen
auf das Zeltfcst hin beobachten, so wurde dieses doch
schon in der davidisch-salomonischen Ära durch das königliche Zions-
fest ersetzt, in dem die Erinnerung an die Erwählung des Zion und der
davidischen Dynastie gepflegt wurde. Dabei kam es zu einer Übernahme
von mancherlei Momenten aus dem vori6raelitischen Kult von Jerusalem.
Im Nordreich setzte 6ich dagegen eine stark vom Naturkult geprägte
Variante der Sinaitradition durch. — Das Bundeserneuerungsfest scheint
in der Königszeit im Südreich verschwunden zu sein. Nur unter Asa,
Joas und Josia erfuhr es eine Neubclebung. Weder das Thronbesteigungsfest
Mowinckels noch da6 Bundesfest Weisers können von dieser Grundlegung
aus für die Erklärung der Psalmen herangezogen werden. Die
Thronbesteigungspsa Imen (47. 93. 96. 97. (98). 99) wurden von Kraus
als ein Echo auf die Verkündigung Deuterojesajas von der endzeitlichen
Königsherrschaft Jahwes verstanden und sollten dem zur Folge in dem
Königseinzug Jahwes ihren Sitz im Leben haben, mit dem das nach-
exilischc, jüdische Neujahrsfest eröffnet wurde. Da in dem eigentlichen
Mittelpunkt dieses Festes Gesetzgebung und Bundeserneuerung standen,
wurden also hier die alten amphiktyonalen Traditionen mit denen des
königlichen Zionsfestes in zeitgemäßer Umwandlung vereinigt. Auch
das Zeltfest lebte hier in der Gestalt des Laubhüttenfestes weiter.

Der Überblick über die bisher vorliegenden Lieferungen
zeigt, daß Kraus im wesentlichen an seinen früher entwickelten
Positionen festhält.

Dennoch wird an dem Beispiel der Thronbe6teigungspsalmen
deutlich, daß der Benutzer des Kommentares nicht ohne weiteres
auf die zurückliegenden Publikationen von Kraus zurückgreife"
kann. Allerdings scheinen die Änderungen nicht an den zentralen
Nerv seiner früher vertretenen Auffassung zu reichen. Der
Leser wird sich hier neben der Erklärung von Ps. 47 zumal an
den der Auslegung von Ps. 24 eingeschobenen Exkurs über die
Kulttraditionen Jerusalems, S. 197—205, halten können. D'c
Änderung der Position wird durch die Ersetzung der Bezeichnung
,,Thronbesteigung6psalmen" durch „Jahwe-Königs-Hymnen" cr'
kennbar, vgl. S. 348 f. Das BHT 13, S. 2-8 verteidigte Verständnis
des J a h w ä m ä 1 ä k als eines Inthronisationsrufes
wird unter dem Eindruck der von L. Köhler, J. Ridderbos und
D. Michel in VT 3; 4 und 6 vorgebrachten syntaktischen Arg"'
mente aufgegeben. Die seinerzeit konsequent durchgeführte
Übersetzung mit „Jahwe ist König geworden" wird durch ein
„Jahwe ist König" ersetzt. Lediglich das mäläk Jahvvf
von Ps. 47, 9 soll in dem alten Sinne verstanden werden.