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Ausgabe:

1959 Nr. 7

Spalte:

485-492

Autor/Hrsg.:

Jacobs, Paul

Titel/Untertitel:

Arnoldshain 1959

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485

Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 7

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Gemeinde gehen; £0 sollen z.B. die iavrovg ovviazdvoviEg I den Heiden ein Problem war" (225). Jedoch spielt dabei die Frage
10, 12 die Korinther selbst sein (170). So bestehe auch kein der Besdineidung und Gesetzeserfüllung keine Rolle, sondern nur
Grund, die Leute, die nach 3, 1 mit Empfehlungsbriefen nach Ko- j die Frage^.Kann ich, darf ich zu den Heiden gehen?^ (225). Aber
rinth gekommen sind, mit den in c. 11 und 12 erwähnten Gegnern
gleichzusetzen (172 f.). Da der Verf. nicht zugibt, daß die
Auseinandersetzung mit der Gemeinde indirekt auch eine solche
mit den Gegnern ist, verblassen diese zu „Schemen" (173), von
denen man sich kein rechtes Bild machen kann, zumal man nicht
weiß, wessen 6ie sich eigentlich rühmen, außer dessen, daß sie
Hebräer, Israeliten, Abrahams Nachkommen und Diener Christi
sind (173 f.). Daß 6ie Pneumatiker waren, lehnt der Verf. ausdrücklich
ab (160. 170 f. 180), erst recht, daß sie pneumatische
Gno6tiker sind, wie schon Windisch behauptet hatte (168 f.) und
nach ihm andere. Mag der Einfluß der gnosti6chen Strömung in
Korinth gelegentlich überschätzt worden sein, 60 bin ich doch
überzeugt, daß die Eindringlinge in Korinth Pneumatiker, und
zwar Vertreter einer jüdischen Gnosis waren. Da6 zu begründen,
ist an dieser Stelle natürlich nicht möglich; aber ich bedaure, daß
der Verf. da6 hier bestehende Problem so leicht genommen bzw.
überhaupt nicht gesehen hat.

Die Ausführungen über die Stadien des Kampfes in Korinth
(181-189) darf ich übergehen, ebenso die breiten Ausführungen
über den Römerbrief (190-208), und erwähne nur, daß sich der
Verf. an T. W. Mansons Beurteilung von Rom. anschließt: Röm.
enthalte da6 Referat einer wirklichen Auseinandersetzung, die
Paulus und 6eine Mitarbeiter aufgezeichnet hatten, und die dann
von Paulus redigiert worden ist (193). „Sowohl die Themen des
Briefes als die Art, in der sie dargestellt werden, sind für die
heidenchristlichen Leser in den paulinischen Gemeinden (nb: also
nicht speziell für die römische Gemeinde) berechnet und verraten
in keiner Weise in der Römergemeinde judaistische Gruppen"
(199 f.) — wovon das Letztere zutrifft.

Das Kapitel (VIII) über das Judenchristentum nach der
Apostelgeschichte (204—241) ist durchweg von der Tendenz getragen
, den Gegensatz zwischen dem Judenchristentum und dem
hellenistischen Christentum als Illusion zu erweisen. Ich kann
hier nur auf einige Abschnitte eingehen

hat diese Frage die älteste Gemeinde bewegt, ohne daß damit zu gleich
die andere Frage nach Beschneidung und Gesetz aktuell
wurde? Die Frage, ob man zu den Heiden gehen darf, ist doch,
wie die Erzählung zeigt, die Frage, ob Heiden in die Gemeinde
aufgenommen werden dürfen.

In der Behandlung des Apo6telkonzils (226-232) macht es
sich geltend, daß der Verf. keine wirkliche Analyse von Act. 15,
1—35 gibt und das Verhältnis zu Gal. 2 nicht untersucht. Er meint,
Lukas habe in seiner Darstellung verschiedene Elemente verbunden
, und zwar habe er sowohl die judai6tischen Forderungen, wie
auch die bei Heidenchristen umherreisenden Judaisten, die diese
Forderungen erhoben, fälschlich nach Jerusalem verlegt und damit
auch die Entscheidung über die Berechtigung der Heiden -
mission (2 32). Nun, nach dem oben über des Verfs. Interpretation
von Gal. 2 Gesagten kann das nicht überraschen, und also
auch nicht die Meinung, daß die Reden des Petrus und des Jakobus
Ausdruck der Anschauungen der Urgemeinde sein können.

Das Ergebnis ist schließlich: die älteste Kirche steht nicht auf
einem völlig jüdischen Standpunkt und hat von den Heidenchristen
nicht Beschneidung und Gesetzeserfüllung gefordert.
Diese Forderungen sind vielmehr erst von Lukas (vom Standpunkt
der nachapostolischen Zeit aus) in die älteste Gemeinde
zurückgetragen worden. Sie waren zuerst innerhalb des Heidenchristentums
erhoben worden. Die älteste Gemeinde war freilich
gesetzestreu und trieb Judenmission in der Überzeugung, daß
nach der Bekehrung der Juden auch die Heiden errettet werden
würden.

Dieses Ergebnis wird (nach der Meinung des Verfs.) bestätigt
durch das, wa6 über das Thema „Israel und die Heiden" aus
den synoptischen Evangelien zu entnehmen ist (242—276). Es erübrigt
sich wohl, über dieses Kap. (IX) ausführlich zu berichten.
Ebenso kann ich nicht im einzelnen auf Kap. X eingehen, wo der
Verf. im gleichen Sinne über das Verhältnis des Paulus zu Jerusalem
handelt (277-302). So interessant die Ausführungen durch

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Charakteristisch ist die Behandlung von Act. 6, wo nach der ihre oft überraschende Exegese ™g «> «J^f SC,nen

Auffassung wohl der meisten modernen Forscher der Gegensatz I Scharfsinn bewundere, - es .st ein ungläubiges Staunen,
des ältesten Judenchri6tentums zu den „Hellenisten" zutage

kommt. Nach der Meinung des Verf6. hat es diesen Gegensatz
nicht gegeben. Die Urgemeinde habe keinen anderen Standpunkt
eingenommen als die Hellenisten; der Unterschied zwischen den
„Hebräern" und „Hellenisten" 6ei •wohl nur der der Sprache, und
hinter dem Act. 6, 1 ff. berichteten Streit seien keine theologischen
Gegensätze zu suchen. Auch Stephanos kann sehr wohl (0
„Hebräer" gewesen sein (222). Eine wirkliche Analyse von c. o
und c. 7 gibt der Verf. nicht; die Probleme werden nicht exponiert
, wie denn der Verf. überhaupt formgeschichtliche Analysen
verschmäht, wie Martin Dibelius sie für die Act. begonnen hatte,
und wie sie jetzt in dem Kommentar von Ernst Haenchen glänzend
durchgeführt worden sind. Es ist natürlich zu bedauern, daß
sich der Verf. mit diesem Kommentar nicht mehr auseinandersetzen
konnte.

In der Corncliusgeschichte unterscheidet der Verf. im Anschluß
an Dibelius eine zugrunde liegende ursprüngliche Legende
von der Bearbeitung des Luka6. Jene ist „eine Episode ohne jede
prinzipielle Entscheidung" (224), die aber aktuell wurde „bei
dem Durchbruch der Heidenmission" (224 f.), „wo die Stellung zu

Auch Kap. XI „Paulus vor dem Kaiser" (303—329), das die
letzten Schicksale des Paulus behandelt, enthält nichts Wesentliches
, da6 das bis dahin gezeichnete Bild des Paulus um neue
Züge bereichert. Bemerkenswert ist, daß der Verf. annimmt, Phil,
sei aus der römischen Gefangenschaft geschrieben, und daß er
offenbar 2. Tim. für einen echten Paulusbrief hält. Das Schlußergebnis
ist: „.. . gerade durch das Gefängnis und den Prozeß
und die Besieglung mit dem Tode eröffnet sich die Möglichkeit,
daß die Verkündigung des Wortes vor dem Kaiser zu allen Heidenvölkern
dringen wird. So wird der sterbende Apostel sein Werk
vollendet sehen, indem die Fülle der Heiden die Errettung ganz
Israels auslöst, und das war die Hoffnung, die Paulus am stärksten
bewegte. Jetzt ist das Heil nahe, und Kristi Kommen steht
vor der Tür" (329).

Meine Ausführungen, die mir nicht leicht gewesen sind,
lassen erkennen, daß ich das Bewußtsein des Verfs. nicht für berechtigt
halten kann. Indessen: das Buch i6t eine Leistung, und
ich kann nur bedauern, daß es in diesem Rahmen nicht möglich
war, auf seine Argumentation Zug für Zug im einzelnen einzugehen
.

Arnoldshain1

Im Folgenden bringt die Theologische Literaturzeitung, um
beiden beim Abendmahl6gespräch beteiligten Seiten gerecht zu
weiden, die Stellungnahmen eines reformierten und eines lutherischen
Theologen zu den Arnoldshainer Abcndmahlsthesen.

') Niemeier, C in Gemeinschaft mit H. Gollwitzer,
W. K r e c k und H. Meyer: Zur Lehre vom Heiligen Abendmahl.

Bericht über das Abendmnhlsgcspräch der Evangelischen Kirche in Deutschland
1947-1957 u. Erläuterungen seine« Ergebnisses. München: Kaiser
1958. 48 S. 8°. DM 2.-.

Paul Jacobs, Münster/W.:

Die acht Arnoldshainer Thesen haben ihre spezifische Bedeutung
in dem Moment der gemeinschaftlichen Aussage, und
dies um so mehr, als es sich dabei um eine Aussage von Fachtheologen
handelt, die verschiedenen Bekenntnissen und Richtungen
innerhalb der evangelischen Kirche angehören. Darum
bieten die Thesen ihren entscheidenden kritischen Gehalt an den
Stellen, wo ein gemeinsames Zeugnis seit den Tagen der Reformation
in Frage steht. Das gilt nicht von dem Satz der Stiftung