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Ausgabe:

1959 Nr. 6

Spalte:

448-449

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Billing, Gottfrid

Titel/Untertitel:

Gottfrid Billings levnadsminnen till och med Västerås-tiden 1959

Rezensent:

Schmidt, Martin

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 6

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Wakes in England und auf dem Kontinent festzustellen und auszuwerten
. Einige Früchte dieser Vorarbeit hat S. in Zeitschriftenaufsätzen
und in seinem Buch: Daniel Ernst Jablonski and the
Church of England 1950 veröffentlicht. Welche große Lücke S.
durch sein Werk in der englischen Kirchengeschichte und in der
Geschichte des Zeitalters von Karl II. bis zum Tod der Königin
Caroline geschlossen hat, macht die Tatsache deutlich, daß in der
Literatur bisher nur der Plan Wakes, eine Union zwischen der
anglikanischen und gallikanischen Kirche herbeizuführen, Aufmerksamkeit
gefunden hat. S. schildert zunächst den Lebensgang
Wakes als Abkömmling einer alten angelsächsischen Familie
(geb. 1657, Priesterweihe 1682). Bei seinem Aufenthalt in Paris
(1682—168 5) erweiterte er seine Kenntnisse, besonders der
gallikanischen Kirche. Sie sind für seinen Unionsplan wichtig geworden
. Er machte damals Bekanntschaft mit Mabillon und
Hardouin. Dieser Aufenthalt führte ihn zu einer klaren Anschauung
der katholischen Kirche und schenkte ihm eine gute Fortentwicklung
seines theologischen und kirchlichen Standpunktes.
Er entdeckte, daß die Aufsehen erregende und öfter in mehrere
Sprachen übersetzte Schrift Bossuets: Exposition de la doctrine de
l'Eglise catholique sur Ies matieres de controverse, Paris 1671,
den huggenottischen Adel, besonders Marschall Turenne, für den
Katholizismus werben sollte. Wake verfaßte noch in 6einer Pariser
Zeit eine Gegenschrift, in welcher er die Lehre der anglikanischen
Kirche darlegte (1686). Obwohl er hier die katholische
Kirche als einen Teil der wahren Kirche, aber als den schlechtesten
ansieht, wünscht er doch eine Union mit der gallikanischen
Kirche. S. macht nun deutlich, daß die nunmehr folgende literarische
Auseinandersetzung Wakes mit Bossuet ihre besondere
Bedeutung dadurch gewinnt, daß sie in der durch Jacob II. herbeigeführten
kirchlichen Situation geschah. Jacob beabsichtigte, den
Gegensatz zur katholischen Kirche zu beseitigen, und tat dies
mit einer Intensität, wie sie seit den Tagen der Elisabeth I. nicht
erreicht worden war. In diese Vorgänge wurde Wake nach seiner
Rückkehr in die Heimat hineingezogen. Als Pfarrer von Gray'»
Inn (1688—1695) verfaßte er mehrere Lehrschriften, in denen er
6ich mit der katholischen Kirche auseinandersetzte. Später legte
er in Schriften seine pastoralen Erfahrungen nieder und übersetzte
die sog. Apostolischen Väter ins Englische. Dazu kamen
ßeine Studien zur Geschichte der englischen Synoden. Im Jahre
1705 wurde er Bischof von Lincoln. Hier und als Erzbischof von
Canterbury nahm er regen Anteil an der Auseinandersetzung
über das Problem der Convocation (1688-1717). Als Bischof
war er Mitglied des Unterhauses der Convocation von Canterbury
, als Erzbischof gehörte er dem Oberhaus dieser Convocation
an. Wake sah in der Versammlung der Convocation nur noch
eine formale Angelegenheit und äußert sich skeptisch über ihren
Wert, nachdem ihre Zusammenkunft i. J. 1717 untersagt worden
war.

S. schildert dann die Bedeutung Wakes als Bischof von
Lincoln (1705—1715) und als Erzbißchof von Canterbury (1715
—1737). Er zeigt, wie die Bedeutung Wakes weit über seine
bischöfliche Tätigkeit hinausgeht. Es handelt sich dabei zunächst
um den Plan einer Union zwischen der anglikanischen und gallikanischen
Kirche, den S. an Hand des Briefwechsels Wakes mit den
beiden Gelehrten an der Sorbonne Du Pin und Girardin schildert.
Wake fordert Pin auf, die Lehre und Ordnung der anglikanischen
Kirche an der Urkirche zu prüfen, und übersendet ihm ein Exemplar
des Book of Common Prayer. Zu seinem Bedauern mußte
Wake feststellen, daß er mit seinem Plan in England allein stand.
Immerhin kam es dabei zu der bemerkenswerten Tatsache, daß
Pin in der Frage der Realpräsenz und der Transsubstantiation
Konzessionen machte. In diesem Zusammenhang behandelt Wake
in seinem Briefwechsel mit Le Courayer, dem Bibliothekar von
St. Genevieve in Paris, einem Gegner der Bulle Unigenirus und
der Jesuiten, die Frage der anglikanischen Bischofsweihe am Beispiel
der Weihe Matthew Parkers (1559). Die Ausführungen
Wakes gaben Le Courayer die Unterlagen zu einer Schrift, in
welcher er die Legalität der anglikanischen Weihe und der Sukzession
der englisdien Bischöfe verteidigte.

Neben der Frage der Union lag Wake die Einigung des
Protestantismus, wie er selbst schreibt, ,,sehr am Herzen". Für

die deutsche Kirchengeschichte ist hier der Briefwechsel mit
Leibniz und Jablonski von hoher Bedeutung. Es sei hier der
Wunsch nach Veröffentlichung dieses Briefwechsels ausgesprochen.

S. zeigt, wie diese Bestrebungen anfangs durch die feindselige
Gesinnung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I.
gegen den englischen König Georg I. aus dem Haus Hannover
hemmend war und bei Wake erst nach Abschluß des Charlottenburger
Vertrages (1723) neue Hoffnungen weckte, die aber durch
den Herrenhauser Vertrag (1725) zerschlagen wurden.

Im Zusammenhang mit der Unionsfrage hoffte Wake auch
auf eine Wiedereinführung des Episkopats im deutschen Protestantismus
, wobei ihm Jablonski Helfer sein wollte. Dieser übersetzte
das Common Prayer Book ins Deutsche (1704) und gab es
nochmals i. J. 1717 heraus. Die politischen Spannungen zwischen
Preußen und Hannover führten zu keiner Verwirklichung der
Wünsche beider Männer.

Syke schildert dann in einem besonderen Kapitel die Tätigkeit
Wake6 als Mitglied des englischen Oberhauses in den verschiedenen
innen- und außenpolitischen Fragen. Ein weiterer Abschnitt
des 2. Bandes zeigt Wake trotz 6einer irenischen Haltung
als Kämpfer gegen die Deisten und Sozinianer. Als ein Schaden
erschien ihm auch die Existenz der Dissenters. Die Mission in
Nordamerika und Südindien sah er als eine besonders zu fördernde
Aufgabe an.

Das Werk schließt mit einem Verzeichnis deT Bibliotheken
und Archive, in denen 6ich Briefe Wakes finden, ferner mit Verzeichnissen
der Schriften Wakes, der Literatur und dem Inhalt
des Werkes. Eine Porträtwiedergabe Wakes vom Jahre 1715 und
mehrere Kopien von Briefen vervollkommnen die Biographie.

S., der in seinem Werk weithin Wake zu Worte kommen
läßt, hat die Biographie Wakes geschrieben, welche für lange Zeit
das Standardwerk sein wird. Für die deutschen Kirchen ist dieses
Werk insofern wichtig, als Wake bisher kaum bekannt bei uns
war. Die gängigen Kirchengeschichten erwähnen ihn nicht. Weder
in der RE noch der RGG2 finden 6ich Hinweise. Für die RGG3
ist ein Artikel über Wake vorgesehen. So kann der deutsche
Kirchenhistoriker nur dankbar dieses Buch begrüßen.

Berlin Walter Delius

Billing, Gottfried: Lcvnadsminnen tili och med Västeräs-Tidcn

utg. med inledning och Kommentar av H. P 1 e i j e 1. With a Sum-^,
mary in English. Stockholm: Svenska Kyrkans Diakonistyrelses Bok-
förlag [1955]. 223 S. mit Abb. auf Taf. gr. 8° = Samlingar odi
Studier tili Svenska Kyrkans Historia 33. skr. 11.— ; geb. 15.—.

Die Lebenserinnerungen des führenden schwedischen Bischofs
, des Vatere von Einar Magnus Billing (1871—1939) (des
Begründers von Sigtuna und späteren Bischofs von Västeräs) bieten
als Autobiographie und als Zeitgemälde viel Wertvolles und
für die schwedische Kirchengeschichte im 19. und 20. Jahrhundert
Unentbehrliches. Die Laufbahn de6 Sohnes eines Verwaltungsbeamten
führte auf die steile Höhe eines Bischofs von
Västeräs und Lund mit der Kandidatur für den erzbischöflichen
Stuhl 1900 und für das Amt des Ministerpräsidenten 1917, zur
Universität als Professor für praktische Theologie und ins Parlament
für mehr als zwei Jahrzehnte. Dabei blieb ihm ein im
Grunde schlichtes, kindliches Herz, ein gerader, bisweilen nüchterner
Sinn erhalten, wie sie in diesen erst planmäßigen, später
sporadischen Aufzeichnungen, die bis 1906 reichen, in voller
Ursprünglichkeit erscheinen. Hilding Pleijel, der Altmeister der
schwedischen Kirchengeschichte, hat die Ausgabe mit einer vortrefflichen
Einleitung und einem sorgfältigen Kommentar versehen
— beide in einer edlen Bescheidenheit auf ein Mindestmaß
beschränkt, aber gerade in dieser Knappheit von klarer Bestimmtheit
und profilierter Schärfe. Die Auswertung des Materials, di«
Einordnung des Mannes in seine Welt, die Messung an seiner
Leistung und Erscheinung an seinen Aufgaben und Zielen kann
nicht die Aufgabe einer Besprechung sein. Nur folgende Zügc
seien zur Charakteristik und zum Hinweis auf das, was den Lese'
erwartet, hervorgehoben: In der Kindheit war Billing von de*
Erwedcung erfaßt und neupietistisch bestimmt; als Student schlo"
er sich der hochkirchlichen Lundenser Theologie an und wurde