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Ausgabe:

1959 Nr. 6

Spalte:

423-424

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Benoit, Hubert

Titel/Untertitel:

Die Hohe Lehre 1959

Rezensent:

Mensching, Gustav

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423

Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 6

424

Prof. Ernst Benz (Marburg) hat es ehrlich ausgesprochen, wie die
japanische Kirche verwestlicht sei, vor allem in ihrer Theologie
(vgl. „Quatember" Jg. 1958/59, Erstes Heft, Weihnachten 1958,
S. 18—25; dazu die indische Ergänzung S. 33 f.; vgl. ferner dazu
im vorangegangenen Michaelisheft S. 234—236). Eine Bemühung
um bodenständige Theologie, die nicht westliches Denken übernimmt
oder nachahmt, sondern bleibende und wirksame Erkenntnisarbeit
in japanischer Gestalt leistet, muß im fernen Osten
durch den Zen-Buddhismus hindurchgegangen sein.

Aber auch uns im Westen, auch uns Christen und Theologen,
kann eine wahre Begegnung mit Zen hilfreich sein: sie kann uns
aus der lähmenden Erstarrung reißen, in der wir die Denkformen
und Formulierungen der Überlieferung weiterschleppen in der
Meinung, damit hätten wir das zu eigen, wovon 6ie einst sprachen
, als 6ie aus dem Ursprung geistlicher Erfahrung geschaffen
wurden. Wir wollen nicht auf das unterscheidende objekt-gerich-
tete Denken verzichten, wollen und müssen es aber ergänzen
durch das spontane Schauen aus Unmittelbarkeit.

Heidelberg Friso Heizet

Bcnoit. Hubert: Die Hohe Lehre. Der Zen-Buddhismus als Grundlage
psychologischer Betrachtungen. Aus dem Französischen „La Doc-
trine Supreme" übersetzt durch Dr. Marcella Roddewig und Dr. Inge
Vielhauer. München - Planegg: Barth - Verlag [1958]. 240 S. Lw.
DM 16.20.

Der französische Seelenarzt Dr. Benoit hat sich von der
Psychoanalyse eines Siegmund Freud abgewandt. Seinen Weg zu
gehen hat ihm wesenhaft die fern-östliche Zen-Lehre geholfen.
Wie sie dazu beitragen könne, die Angst als das Grundgefühl des
modernen abendländischen Menschen zu überwinden, wie „Sa-
tori" als das Zentralerlebnis des Zen-Weges den Menschen frei
mache von Angst, das hat er in den 24 Kapiteln des vorliegenden
Buches ausgesprochen. Für den deutschen Leser ergibt sich aber
diese Schwierigkeit: Wenn wir uns schon mit Zen befassen,
dann wollen wir zur Quelle, zu den alten Zen-Meistern 6elber,
zurückgehen. Das können wir aber nur durch Vermittlung der
Überlieferung, wie sie uns der heutzutage berühmteste Vertreter
des Zen, Prof. Suzuki, in die Hand gibt. Dieses Schrifttum sekundärer
Art hat Dr. Benoit in sich aufgenommen (er verweist ausdrücklich
auf Suzuki, S. 13), aber nun ist es eine Verbindung mit
Dr. Benoit eingegangen. Wa6 sein vorliegendes Buch bietet, ist,
was Dr. Benoit von Zen empfangen und was er daraus gemacht
hat. Wir müssen also außer Zen (in der Überlieferung und Auslegung
durch Prof. Suzuki) auch noch den geistigen Hintergrund
Dr. Benoits studieren (was ist an ihm französisch, wa6 überhaupt
modern-europäisch?), um das Buch richtig zu verstehen — man
wird zugeben, ein etwas mühevoller Weg.

Erschwert wird dem gründlichen deutschen Leser der Zugang oder
das unbefangene Eintreten in das Buch durch die für ihn unnötige
„Einführung von Swami Siddheswarananda" (S. 5—10), die
den französisdien Verfasser preist: „Seine Werke werden früher oder
später die Welt aufhorchen lassen" (5). „Mit Dr. Benoit beginnt eine
völlig neue Art und Weise der Betrachtung des menschlichen Schicksals
" (5). „Er ist einer von jenen wirklich großen Geistern.. ." (5).
Dr. Benoits Lehre wird als „eine Art Hygiene des geistigen Lebens"
angepriesen, und sie mag es auch sein. Aber wir haben solche Hilfen in
deutsdier Sprache — und in einem besseren Still — bereits vorliegen in
den Büchern der bedeutsamen Ärzte Theodor Bovet. Fritz Künkel,
Paul Tournier. Sie haben dem anzuzeigenden französisdien Buch in der
Darstellung die größere Anschaulichkeit durch die vielen Beispiele aus
dem Leben voraus, im Gehalt aber die Erleuchtung aus der Christus-
Offenbarung. Wohl können wir abendländischen Menschen — auch wir
Christen — etwas aus der Begegnung mit Zen empfangen, aber dann
gehen wir lieber gleich zu den Darstellungen von Suzuki. Dort finden
wir, was inhaltlich aus dem vorliegenden Buch uns ansprechen sollte,
in größerer Klarheit.

Von Wert ist dieses Buch jedoch dem Leser, der erfahren
will, wie ein Franzose sich von seinem cartesianischen Erbe befreit
; dann aber auch jedem, der die anderen Bücher von Dr.
Benoit schon kennt (z. B. „Metaphysique et Psychanalyse", Le
Cercle du Livre, 66 Boulevard Raspail, Paris).

Heidelberg Friso M e 1 z e r

Suzuki, Daisetz Teitaro: Die große Befreiung. Einführung in den
Zen-Buddhismus. Mit einem Geleitwort von C. G. Jung. 4. Aufl.
Zürich u. Stuttgart: Rascher 1958. 190 S. 8°. Lw. DM 12.—.

Im Jahre 1939 erschien dieses Buch, wohl zum ersten Mal in
deutscher Sprache, im Verlag C. Weller, Leipzig. Wie auf der Rückseite
des Titelblattes vermerkt, handelte es sich um die „einzig
berechtigte Bearbeitung nach dem englischen Originaltext 'An
introduction to Zen-Buddhism' von Heinrich Zimmer". Es wurde
von mir in der ThLZ 65 (1940) Sp. 301 damals ausführlich besprochen
. Die vorliegende Auflage wird als „berechtigte Übersetzung
von Dr. Felix Schottländer" bezeichnet. Text und Anmerkungen
stimmen mit jener ersten Ausgabe wörtlich überein.
Offenbar ist also F. Schottländer auch der damals ungenannte
Übersetzer jener ersten Auflage. Im übrigen aber ist zum Inhalt
und Wert dieses berühmten Buches und der Einleitung von
C. G. Jung auf meine damalige Besprechung zu verweisen.

Bonn Gustar Mensching

ALTES TESTAMENT

Bruno, Arvid, D.: Sprüche. Prediger. Klagelieder. Esther. Daniel.

Eine rhythmische und textkritisdie Untersuchung. Stockholm:
Almqvist & Wiksell [1958]. 239 S. gr. 8°. Schw. Kr. 22.—.

Nach den 1953-1957 erschienenen, in ThLZ 79, 1954,
Sp. 551-554; 80, 1955, Sp. 153 f.; 82, 1957, Sp. 31. 188; 83,
1958, Sp. 107 f. gewürdigten rhythmischen (und textkritischen)
Untersuchungen der Bücher Jesaja, Genesis und Exodus, Jeremia,
Psalmen, Samuel, Könige, Josua und Richter und Ruth, Hohes
Lied und Hiob, Zwölf Propheten legt Bruno jetzt eine derartige
Untersuchung der Bücher Sprüche, Prediger, Klagelieder, Esther
und Daniel vor. Zunächst (S. 11—192) wird die in durchgezählte
Strophen eingeteilte Übersetzung der fünf oder — da Daniel in
zwei Teile, den 1,1—2,4a einschließenden aramäischen Teil
Kap. 1—7 und den hebräischen Teil Kap. 8—12 mit jeweilig besonderer
Strophenzählung zerlegt ist — sechs Bücher mitgeteilt,
wobei für Sprüche 72, für Prediger 133, für Klagelieder 99, für
Esther 109, für Daniel A 170 und für Daniel B 91 Strophen angesetzt
werden. S. 193—203 folgen Bemerkungen zu prinzipiellen
Fragen rhythmisch-metrischer Art samt Übersichten über die für
die einzelnen Bücher angenommenen Strophen und Metren, und
den Beschluß (S. 204—239) bilden textkritische Erläuterungen der
Übersetzung. Unter Hinweis auf das, was in den Anzeigen der
Vorgänger des vorliegenden Buches über Brunos „Rhythmik" gesagt
worden ist, darf diese Anzeige sich auf die Heraushebung
einiger, dem Buche der Klagelieder entnommener Einzelfälle beschränken
, um an ihnen die Auswirkung seiner Grundsätze aufzuzeigen
. Bei diesem Büchlein, das bekanntlich aus vier alphabet-
akrostichischen und einem alphabetisierenden Liede besteht, indem
in Lied 1, 2 und 3 je drei, in Lied 4 je zwei Ver6e einem
Alphabet-Buchstaben zugeordnet werden, während das fünfte
zwar nicht alphabetakrostichischer, aber doch alphabetisierender
Art ist, nämlich der Zahl der Alphabet-Buchstaben entsprechend
22 Verse aufweist, folgt Brunos Stropheneinteilung nur für
Kap. 1—4 diesem Tatbestand, indem sie Lied 1, 2, 3 und 4 In je
22 Strophen gliedert, Kap. 5 aber nur in 11. Dabei läßt es sich
nicht wahrscheinlich machen, daß in Kap. 5 je zwei Verse formal
oder inhaltlich enger zusammengehörten. Vielmehr steht jeder
Vers auf eigenen Füßen, wie denn ja jeder einem der 22 Buchstaben
des Alphabets entsprechen will. Noch weniger berechtigt
ist die Durchzählung der Strophen durch das ganze Buch hindurch,
also die Annahme, es umfasse 99 Strophen, von denen 1—22 auf
Kap. 1, 23—44 auf Kap. 2, 45—66 auf Kap. 3, 67-88 auf Kap. 4
und 89—99 auf Kap. 5 entfallen. Von den textkritischen Vorschlägen
mögen drei, die wenigstens Erwägung verdienen, und
zwei, die recht willkürlich sind, genannt werden, einerseits 4, 3:
„ITDNb > ft^pT ,sie denkt nicht an', sie ist gleichgültig";
4,5:»tn'WHb >0"i3"W Dnb .Leckerheiten als Brot'"; 4,12: ,.bDT>
lbri3"n ,sie werden bestürzt' über das Unfaßbare, das Jerusalem

geschieht", anderseits 4,13.15. 4,13: „Die fehlende Zeile scheint
in 15 zu stecken. Man stelle hieher ,sie flüchten und wanken,