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Ausgabe:

1959 Nr. 5

Spalte:

392-393

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Jone, Heribert

Titel/Untertitel:

Commentarium in Codicem iuris canonici 1959

Rezensent:

Feine, Hans Erich

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 5

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(„Das Unbewußte", 98 ff.)1. Den Abschluß bildet eine Fragen
der Meditation und Musik einschließende Erörterung über
„Liturgie als Seelsorge" (127 ff.).

In diesem Teil wird, fast mehr noch als im ersten, der methodische
Weg des Verfs. deutlich. Sollte es wirklich zur „Pastoralpsychologie"
gehören, daß der vorgängig explizierte Unterediied zwischen Gespräch
und Beichte dann im NT wiedergefunden wird? „Die Begegnung des
Herrn mit Nikodemus in der Nacht ist Gespräch, die Begegnung zwischen
Ananias und Saulus ist Beichte, bzw. Absolution" (76). — Gewiß kann
die Bedeutung der gerade in diesen Abschnitten besprodienen Probleme
nicht geleugnet werden. Ein vertieftes und angemesseneres Verständnis
von liturgisdiem Handeln, das der Verf. erstrebt, müßte aber Gegenstand
einer besonderen Abhandlung sein. Der unvermeidbar fragmentarische
Charakter dieser Ausführungen vermag kaum zu überzeugen,
zumal auch hier wieder die ständige Identifizierung von psydiologischen
und biblisch-theologisdien Aussagen methodisch und sachlich uneinsichtig
bleibt (vgl. z.B. 118, 122 f., 13 5). Man kann sich nur schwer dem
Eindruck entziehen, daß diese Argumentation weniger aus „modern-
gnostischen" — wie der Verf. meint abwehren zu müssen (142) —, als
aus rationalistischen Voraussetzungen stammt.

In den beiden letzten Abschnitten tritt dann ganz in den
Vordergrund, was auch schon vorher angeklungen war: das entscheidende
Gewicht, das der Verf. dem Bereich „arationaler Wirklichkeiten
" (vgl. 127, 129) zumißt. Dieser Bereich sei vor allem
im liturgischen Handeln und in der Meditation neu zu erschließen
, wesentliche Bedeutung habe er aber ebenso für die Gestaltung
des kirchlichen Raumes (145 ff.), wie für die Zeit der Verkündigung
(163 ff.). Die Begründung solcher Thesen sieht Th. in
einer „Theologie der Inkarnation", auf die offenbar mit dem
Anspruch hingewiesen wird, das gegenwärtige theologische Denken
zu revidieren.

So wird, im Zusammenhang der Erörterung über -den gottesdienstlichen
Raum ausgeführt, daß die Berufung auf das alttestament-
liche Bilderverbot durch die Inkarnation hinfällig geworden sei. Es folgt
der Satz: „Von hier aus wird die Frage nach dem Bild ebenfalls zu
einer Frage, inwieweit die christozentrische Theologie unserer Tage
bereit ist, die Inkarnation konsequent zu akzeptieren" (150). Und der
Abschnitt schließt: „Der .Verlust der Mitte' scheint uns trotz aller
theologischen Neubesinnung, die wir mit Dank aus Gottes Hand genommen
haben, an der Frage des Unverständnisses sakraler Raumgestaltung
am siditbarsten" (151).

Mancherlei Hinweise zeigen, daß der Verf. 6ich mit dieser
Konzeption in der Berneudiener Bewegung beheimatet glaubt.
So wenig man, gerade im Blick auf diesen Zusammenhang, allen
aufgeworfenen Fragen Recht und Gewicht absprechen kann, so
wenig ist jedoch schon vom Ansatz her der Vorschlag Th.s im
Bereich evangelischer Theologie möglich. Wohin das Postulat
einer „kosmischen Theologie" (13) zu führen vermag, sei an
einem abschließenden Zitat deutlich gemacht: „Wer nun außerdem
noch etwas weiß von den sieben Entwicklungsstufen der
Meditation und eben diese Siebenzahl zusammengesetzt erkennt
aus der Dreizahl, die die Trinität in sich birgt, und der Vierzahl
der Urelemente, beginnt etwas zu ahnen von der verborgenen
Rhythmik der Schöpferordnung Gottes" (164).

So liegt in der Fragwürdigkeit der theologiechen Grundlagen
der wesentliche Mangel dieses Buches und seines Beitrages
zum Gespräch zwischen Theologie und Medizin. Auch möchte man
sich eine psychologisch-praktische Anleitung, etwa für den
Pfarrer, vollständiger und ausführlicher wünschen.

Corrigenda: Die Anmerkungen 8 (41) und 18 (131 ff.) fehlen im
Text. — S. 62: Lies statt „apoplexer Zustand": „apoplektischer Zustand
"; S. 186: Lies statt „Konvertierungen": „Konversionen".

Göttingen Dictridi R o s s 1 c r

') Th. beschränkt sich auf eine Darstellung der „klassischen" Analyse
. Mit vollem Recht findet sich hier der Satz, „daß die .religionslose'
Psychologie Freudscher Grundkonzeption uns Seelsorgern u. U. die
Führung unseres Seelsorgekindes leichter macht als die philosophierende
Psychologie des Numinosen, die uns C. G. Jung anbietet" (108). —
Daß freilich in diesem Zusammenhang die gerade für die theologische
Problematik wichtigen weiteren Entfaltungen der Psychoanalyse — etwa
durch Binswanger, Trüb, die „Wiener Schule" und die anthropologische
Medizin — fehlen, ist ein bedauerlicher Mangel.

Farber, Leslic H: Martin Buber und die moderne Psychotherapie
Wege zum Menschen 10, 1958 S. 299—307.

Kretschmer, Wolfgang E. Jr.: Meditation in der Psychologie und
Psychiatrie der Gegenwart.

Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte X, 1958 S. 231—239.
van L u i j k, H.: De redelijkheid van het geloof.

Bijdragen. Tijdschrift voor Filosofie en Theologie 19, 1958 S. 349
bis 369.

McClelland, David C: Religious Overtones in Psychoanalysis.
The Priaceton Seminary Bulletin LH, 1959, S. 15—32.

KIRCHENRECHT

Jone, P. Heribert, O. F. M. Cap.: Commentarium in Codicem Iuris
Canonici. Tom. II u. III. Paderborn: Schöningh 1954/55. 642 u.
638 S. gr. 8°. II: DM 25.50; Lw. DM 29.50. III: DM 27.50; geb.
DM 31.50. ^ , , XfyUZ . £°

In einer Sammelbesprechung „Zum Recht des Codex I. C.
von 1917" im Jg. 1951 dieser Zeitschrift (Sp. 717 ff.) habe ich
den l.Band des Werkes von Jone besprochen und e6 in seiner
Eigenart zu charakterisieren versucht. Im II. und III. Band ist
nun das übrige Codex-Recht enthalten, nicht jedoch die dem
Codex angefügten Erlasse, insbesondere nicht die neue Papstwahl
-Bulle „Vacantis Apostolicae Sedis" vom 8. Dez. 1945
(Acta Apost. Sedis 38, 1946 p. 65 ss. sowie in den neueren
Codex-Au6gaben), nach der sich die Papstwahl zum ersten Mal
im Oktober 1958 vollzogen hat. Mit Rücksicht auf das päpstliche
Verbot, den Codex ohne Erlaubnis des Heil. Stuhles abzudrucken
oder in eine andere Sprache zu übersetzen, hat
Jone den Ausweg gewählt, neben der schon vorliegenden deutschen
Bearbeitung (1939/40, 2. A. 1950/55) den Codex nicht
wörtlich abzudrucken, sondern die Canones zu zerlegen oder
in kürzerer oder längerer Umschreibung wiederzugeben und die
60 gewonnenen Leitsätze durch erklärende, kommentierende
(lateinische) Bemerkungen zu verknüpfen. Dabei wird vielfach
auf neuere Codex-Literatur, seltener auf geschichtliche Literatur
Bezug genommen, nicht dagegen auf die Quellen (Fontes Codicis
I. C. 8 vol. 1923—38) und die Gasparrischen Anmerkungen zum
Text. Die bisher wenigen formalen Änderungen des Codextextes
(z.B. c. 1099 §2) 6ind herangezogen, ebenso die amtlichen Interpretationen
der Codex-Kommission (gesammelt in 2 Bden, von
1917 bis 1950 von Joseph Kard. Bruno, Rom 1935, 1950), dagegen
nur vereinzelt die ergänzenden päpstlichen Erlasse und die
Ausführungsbestimmungen der Kard. Kongregationen, die das
Codex-Recht doch schon auf nicht wenigen Gebieten weitergeführt
, jedenfalls deutlicher gezeichnet haben (gesammelt z. B.
von P. Suso Mayer OSB, Neueste Kirchenrechtssammlung, bisher
3 Bde. 1951-1955, die Jahre 1917-1949 umfassend). Daß dies
Verfahren Bedenken erweckt und die Brauchbarkeit des Werkes
für die kanonistische Wissenschaft und Praxis herabsetzt, habe
ich 6chon seinerzeit geltend gemacht. Man wird regelmäßig doch
auf den Originaltext de6 Codex und auf das ergänzende jüngere
Recht zurückgreifen müssen. Dabei soll der Kenntnisreichtum,
die Richtigkeit und das Geschick der Einzelinterpretation des
Verfs. durchaus anerkannt werden, insbe6. auch, daß er vielfach
besonders glückliche und einprägsame Formulierungen des Rcchts-
inhalts einzelner Canones gefunden hat, daß durch seine kurzen
Wiedergaben der Hauptgedanke oft gut heraustritt. Aber die
Vorzüge der sorgfältig durchdachten und im ganzen einfachen
und klaren Formulierungen des Codex lassen sich auf diesem
Wege nicht ersetzen. Einen guten Sinn für die deutsche Praxis
hat das Verfahren bei der deutschen Wiedergabe und Kommentierung
ohne Zweifel. Aber sie steht hier noch nicht zur Besprechung
.

Der II. Band, das umfangreiche III. Buch des Codex (c. 726
bis 1551) behandelt da6 Sachenrecht des Codex („De
rebus"), das freilich überwiegend ganz andere Materien zum Gegenstand
hat, als wir es vom bürgerlichen Recht her gewohnt
6ind. Der einleitende c. 726 lautet: „Res de quibus in hoc libro
agitur quaeque totidem media sunt ad Ecclesiae finem conse-
quendum, aliae sunt spirituales, aliae temporales, aliac mixtae"-
Jone löst ihn, um hier ein Beispiel zu geben, in drei einfache
Hauptsätze auf: „Tertius huius Codicis canonici Iiber a g i t de
rebus". „Nomine rerum veniunt media quibus Ecclesia uritur
ad finem suum consequendum". „Quarum rerum quaedam sunt