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Ausgabe:

1959

Spalte:

390-391

Kategorie:

Psychologie, Religionspsychologie

Autor/Hrsg.:

Thilo, Hans-Joachim

Titel/Untertitel:

Der ungespaltene Mensch 1959

Rezensent:

Rössler, Dietrich

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389 Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 5_________

aus dem Kirchenkampf der Hitlerzeit drei starke Gruppen hervorgegangen
6eien, die den Geist der Freiheit vermissen lassen, die
konfessionellen Lutheraner, die Barthianer und die Berneuchener.
Allen drei Gruppen gemeinsam ist das Selbstbewußtsein, an der
Spitze der theologischen Entwicklung zu stehen und damit zeitgemäß
im besten Sinne zu sein! „Es ist doch sehr fraglich, ob es
sich in der heutigen offiziellen Theologie der genannten drei
Gruppen wirklich nur um eine biblisch-reformatorische Neubesinnung
oder zugleich auch um eine Zeitströmung handelt."
Der Liberalismus alter Prägung ist verbraucht. Preiszugeben ist
sein falscher Optimismus, sein falscher Intellektualismus und sein
falscher Individualismus. Aber einen neuen Liberalismus
möchte der Verfasser begrüßen. „Unsere Stärke gegenüber
der katholischen Theologie und unser Ansehen in der gebildeten
Welt beruhte aber auf unserer unvoreingenommenen, wissenschaftlichen
Ehrlichkeit. In diesem Sinne möchte ich die These
formulieren: Nur als ,Ncuprotestanti6mus' ist der Protestantismus
auf die Dauer dem Katholizismus gewachsen, nicht durch
eine .kleinkatholische' Lösung, die das Heil der evangelischen
Kirche in einer Steigerung der dogmatischen Autorität und des
Amtes sucht. Man kann die gegenwärtige Entwicklung nur mit
ernster Sorge beobachten ... Ein doppeltes Erbe des alten Liberalismus
ist auch für den neuen Liberalismus unaufgebbar: Das
Ernstnehmen der historisch - kritischen Wissenschaft und das
Ernstnehmen des allgemeinen Wahrheitsbewußtseins, das aus der
geistigen Situation der Neuzeit erwachsen ist. Der Protestantismus
6teht und fällt mit dem Satz: Die Reformation geht weiter."

Ich muß hier abbrechen, verweise nur noch eben auf die
beiden letzten, einander ergänzenden Aufsätze: „Häresie, Schisma
, Konfession" und „Das Gemeinsame der christlichen Konfessionen
".

Ich möchte dieses Buch, das mir einer ausführlichen Würdigung
wert zu sein 6chien, nicht nur den Theologen, sondern auch
den gebildeten Laien angelegentlich empfehlen.

Hannovcr-Klccfc-Id Hermann Schuster

Alt haus, Paul: Luthers Wort vom Ende und Ziel der Geschichte.

Luther. Mitteilungen der Luthergesellschaft 29, 1958 S. 98-105.
Doncoeur. Paul: Rdle et valeur du Symbole dans l'fjglise.

Verbum Caro XII (No. 46), 1958 S. 160-166.
E b e 1 i n g, Gerhard: Erwägungen zur Lehre vom Gesetz.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 55. 1958 S. 270-306.
Krumholtz, Robert H.: Instrumentality and the "Sensu« Plenior".

The Catholic Biblical Quarterly XX, 1958 S. 200-205.
L e c o m t e, Pierre: Rapport sur le Membre d'figlise (I).

Verbum Caro XII (No. 46), 1958 S. 183-192.
L o c h m a n. J. M.: The Problem of Realism in R. Niebuhr's Christo-

logy.

Scottish lournal of Theology 1 1. 1958 S. 253-264.
Lortz, loseph: Die Einheit des Christentums in katholischer Sicht.

Trierer Theologische Zeitschrift 1959 S. 8—29.
Mehl, Roger: Membre de l'figlise.

Verbum Caro XII (No. 46), 1958 S. 167-182.
Rourkc, lohn J.: Marginal Notes of the Sensus Plenior.

The Catholic Biblical Quarterly XXI, 1959 S. 64-71.
P «q u i e r. Richard: L'episcopat dans la strueture institutionnelle de

l'ßglise.

Verbum Caro XIII (No. 49). 1959 S. 29—62.
p'per, Hans-Christoph: Consensus auf Hoffnung — Zum Abendmahls-
Consensus zwisdien der lutherischen und der reformierten Kirche in
den Niederlanden.

Monatsschrift für Pastoralthcologie 47, 1958 S. 495—503.
* < h n e r. Karl: Das Leben der Toten.

Trierer Theologische Zeitschrift 1959 S. 1—7.
Schneider. Erwin Eugen: Die Bedeutung der Begriffe Raum, Zeit

und Ewigkeit in der christlichen Verkündigung und Lehre.

Kerygma und Dogma 4, 1958 S. 281—286.
Schroeder, Francis J.: Record and Teaching in Inspiration.

The Catholic Biblical Quarterly XX, 1958 S. 206-217.
T h u r i a n, Max: Lc memorial des saints. Essai de comprehension

PSYCHOLOGIE UND RELIGIONSPSYCHOWGIE

Thilo, Hans-Joachim: Der ungespaltene Mensch. Ein Stück Pastoralpsychologie
. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1957]. 190 S.
gr. 8°. Lw. DM 11.50.

Es ist kaum zu übersehen, daß die Diskussion über die Frage
„Theologie und Medizin" in den letzten Jahren an Impulsen und
an Gewicht verloren hat. Die freilich auch heute noch recht
zahlreichen theologischen Veröffentlichungen zu diesem Thema
beschränken sich weithin auf eine Explikation der unverbindlichen
Formel, daß zwischen Seelsorge und Tiefenpsychologie
zwar wesentliche Gemeinsamkeiten, aber auch tiefgreifende
Unterschiede bestehen. Das ist um so erstaunlicher, als in der
Medizin entscheidende neue Positionen begründet wurden - hier
sei nur an Richard Siebeck und die „anthropologische Medizin"
erinnert —, die die alten Fronten längst verlassen haben und
gerade die theologische Anthropologie zu neuen Ansätzen des
Denkens zwingen.

So greift man mit der Hoffnung zu diesem Buch (dessen
Verf. zugleich Pfarrer und Fachpsychologe ist), sowohl einen
Beitrag zum Problem der Anthropologie zu finden, als auch aus
den Erfahrungen des Psychologen für die eigene Praxis lernen
zu können.

In einem ersten Teil („Der Mensch, dem verkündigt wird")
behandelt Th. die psychologischen Eigentümlichkeiten des
Kindes, des Jugendlichen, des alten Menschen und stellt ferner
einige wesentliche Gesichtspunkte zum Verhältnis der Geschlechter
und zur besonderen Situation des Kranken zusammen.
Dieser Teil, und vornehmlich die beiden letztgenannten Abschnitte
(44 ff., 64 ff.) enthalten für die alltägliche Praxis von
Pädagogik und Seelsorge eine gute Reihe wissenswerter und
hilfreicher Hinweise aus psychologischer Theorie und Erfahrung.
Was hier z. B. über konkrete Fragen der Sexualität oder über die
Voraussetzungen eines seelsorgerlichen Krankenbesuchs ausgeführt
wird, sollte jedem Seelsorger bekannt sein. Und mit Recht
wendet sich Th. gegen die immer noch verbreiteten unsachlichen
und unzulänglichen Vorstellungen gerade in diesen Bereichen.

Aber leider beläßt es der Verf. nicht bei solchen Darlegungen.
Vielmehr sucht er überall sogleich die Brücke zu schlagen zu einem
Gebiet, das er selbst häufig als „Biblische Anthropologie" bezeichnet
(37, 44, 45 u. ö.). So heißt es innerhalb einer durchaus psychologisch
sachlichen und klaren (abeT leider viel zu kurzen) Erörterung über Fragen
der Sexualität (41): „Es ist von Christus ausdrücklich gesagt, daB
die_ Problematik der sexuellen Spannung erst in der Ewigkeit aufgehoben
ist" — unter Hinweis auf Mt. 22. 301 Ferner in einem ähnlichen Zusammenhang
(50): „Von der Erotik im Sinne einer evangelischen
Pastoralpsychologie zu sprechen, erlaubt uns 1. Kor. 7. Vers 5."

Aber auch ohne besondere Stellenhinweise wird ständig auf „die
Bibel" zurückgegriffen. Der Abschnitt über die Entwicklung des Jugendlichen
enthält den Satz (37): „Jeder lebt sich selbst. Dieses Wort biblischer
Anthropologie steht über der Selbstfindung des Jugendlichen."
Ferner (42): „Es besteht aber von Seiten der an der Bibel orientierten
evangelischen Ethik keine Möglichkeit, gegen die Koedukation in Schule
und Jugendverband anzugehen."

Diese Beispiele, die sich leicht vermehren ließen, machen
den Leser ein wenig ratlos. Was ist hier beabsichtigt? Geht es
dem Verf. um eine Deduktion psychologischer Tatbestände aus
der Bibel? Oder sollen solche Tatbestände als „schriftgemäß"
und „biblischer Wahrheit entsprechend" legitimiert werden?
Bedauerlicherweise ist das Ergebnis nicht nur eine gröblich
entstellende Vereinfachung theologischer Probleme; auch die
psychologischen Zusammenhänge werden oft allzusehr abgekürzt
und pauschal behandelt.

Der zweite Teil („Wesen und Methodik der Verkündigung")
bringt zunächst wiederum eine Reihe von sehr einfachen, aber
sicher notwendigen und hilfreichen praktischen Hinweisen zum
Thema „Gespräch" (73 ff.) und „Beichte" (8 3 ff.). Der Zusammenhang
des folgenden Abschnittes über „Die Beziehungen zwischen
Spiel und Kultus" (93 ff.) mit dem Thema des ganzen Teils bleibt

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