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1959 Nr. 5

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Kirchengeschichte: Mittelalter

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 5

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Portmann, Marie-Luise: Die Darstellung der Frau in der Geschichtsschreibung
des früheren Mittelalters. Basel: Helbing & Lichtenhahn
1958. 147 S. = Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft, Bd. 69.
DM 11.65.

Diese Basler Dissertation behandelt im wesentlichen die
Frauendarstellungen in den Gedichten des Venantius Fortunatus.
Theodulf und Angilbert, im Liber de rectoribus christianis des
Sedulius Scotus, in der Vita s. Radegundis des Venantius und den
dadurch beeinflußten Vitae s. Bathildis, Geretrudis und Mathil-
dis, ferner in der Vita s. Liobae des Rudolf von Fulda, in der
Vita s. Hathumodae (der ersten Äbtissin von Gandersheim) des
Agius und in Odilos Epitaphium Adelheidae, in den Werken der
Hroswita (überraschend unergiebig), Widukinds, Liutprands vor.
Cremona und Flodoards von Rheims, endlich in den Quedlinburger
Annalen (Äbtissin Mathilde), bei Thietmar von Merseburg
(Äbtissin Hathui von Gernrode), in Ekkeharts Casus s. Galli
und in den Viten der Reklusinnen Liutburgis, Wiborada und
Hiltrud. Aus diesen Quellen ergeben sich drei Gruppen von
Frauengestalten: Fürstinnen, Äbtissinnen und Reklusinnen. Insbesondere
in den beiden ersten Gruppen können typische Züge
aus der antiken und frühchristlichen Überlieferung aufgezeigt
werden. Individuelle Züge lassen sich in der Beziehung des
Venantius zu den Nonnen von Poitiers, in den beiden Teilen der
Vita Mathildis und aus einer vergleichenden Betrachtung der
Quellen über die sächsischen und oberitalienischen Fürstinnen
erkennen.

In den hier behandelten Quellen wird das christliche Frauenbild
zum ersten Male historisch auf die Welt projiziert. Das einleitende
Kapitel „Das Erbe der Spätantike" betont nicht genügend
die reale und ideelle Änderung, die das Christentum in
Stellung und Wertung der Frau mit sich gebracht hat, läßt die
vor allem durch die Legendarien und deren Gebrauch im Stundengebet
so überaus einflußreichen Frauengestalten der Märtyrerzeit
außer Betracht und gedenkt nicht der vielfältigen und für
das mittelalterliche Frauenbild entscheidenden Propria und Com-
munia der weiblichen Heiligen.

Hinsichtlich der angezogenen Quellen hat sich die Verfasserin
eine unausgesprochene geographische Beschränkung auferlegt
. Außerhalb des Kreises ihrer Untersuchungen lag vor allem
die Rolle, die Irland in der Entwicklung des Frauenbildes sowohl
des frühen als des hohen Mittelalters gespielt hat (s. Weisweiler
i Z. f. celt. Philol. 21 (1940), 216-220 u. 245-251). Die hl.
Brigida von Kildare war die erste Frau, die zur Nationalheiligen
erkoren wurde, und die erste Nichtmärtyrerin, deren Verehrung
sich über ganz Europa verbreitete; die Entfaltung ihrer literarischen
Tradition in Irland und außerhalb Irlands war bedeutsam
Ein Vergleich der Vita des Cogito6us mit den späteren Viten ist
gerade für die Entwicklung des Bildes der Frau lehrreich. Schon
bei Cogitosus treten realistische Züge hervor, die im Frauenbild
des frühen Mittelalters einzigartig sind: Die Heilige und ihre
Mutter melken und kochen; Brigida hütet Schafe und hat auf
Tiere einen wohltätigen Einfluß, sie beschützt eine uneheliche
Mutter und eine verfolgte Frau, sie pflegt Freundschaft mit Frauen
und Mädchen.

Diese Hinweise stellen keine Kritik an dieser in ihrer Bescheidenheit
und Gründlichkeit für die Kaegischule charakteristischen
Arbeit dar, sondern möchten auf weitere Aspekte hinweisen
, die sie erschließt.

0 ' Basel John Herrn ig

Casutt, P. Laurentius, OFM Cap.: Die älteste franziskanische Lebensform
. Untersuchungen zur Regula Prima sine Bulla. Graz Wien-
Köln: Styria [1955]. 172 S. 8°. DM 6.30.

In der vorliegenden Untersuchung greift der Verf. die vielverhandelte
Frage nach dem Ursprung und der Form der ältesten
franziskanischen Ordensregel auf. In Auseinandersetzung mit der
neueren italienischen Forschung, vertreten durch A. Quaglia OFM.
L'originalitä della regola francescana, führt der Verf. seine
Studie nüchtern und ruhig durch. Während Quaglia die Regula
non bullata als erste Regel anerkennt und eine frühere Fixierung
der Ordensweisungen ablehnt, kommt der Verf. bei der Prüfung
dieser radikalen These zu dem Ergebnis, daß der erste schriftliche
Entwurf einer Regel doch schon um 1210 entstanden sein
muß und allmählich bi6 1220 weiter entwickelt und ausgebaut
worden ist. Insbesondere versucht er nachzuweisen, daß Anregungen
des IV. Laterankonzils auf die Regelbildung eingewirkt haben
. Dabei wird der Inhalt der regula sine bulla genau analysiert
und erklärt. Die Arbeit stellt eine klare und die Forschung bereichernde
Studie dar. Als Anhang wird die deutsche Übersetzung
der Regel von 1221 geboten, die der Verf. bereits in der von
U. v. Balthasar herausgegebenen Sammlung „Die großen Ordensregeln
" 1948 veröffentlicht hatte.

Münster/Westf. Robert Stupperich

Stackelberg, Jürgen von: Humanistische Geisteswelt. Von Karl
d. Gr. bis Philip Sidney (hrsg.). Baden-Baden: Holle-Verlag [1956].
318 S. 8° = Geist des Abendlandes. Lw. DM 14.—.

Das Verdienst einer solchen Anthologie geschickt ausgewählter
, kundig eingeleiteter und kommentierter, dabei in journalistisch
leichter Sprache ohne Verlust an inhaltlichem Gewicht
dargebotener Texte zum humanistischen Bewußtsein ist rückhaltlos
anzuerkennen. Der wissenschaftliche Wert wird durch eine
Bibliographie gesteigert. Das Buch ist in die folgenden Abschnitte
gegliedert: I. Die karolingische Renaissance (Karl der Große,
Alkuin, Walahfrid Strabo, Einhart, Lupus ven Ferrieres). II. Humanismus
der Ottonenzeit (Gerbert von Aurillac, Otto III.).
III. Humanismus des 12. Jahrhunderts (Abälard, Johannes von
Salisbury, Peter von Blois). IV. Humanismus des 13. Jahrhunderts
(Roger Bacon). V. Italienischer Renaissancehumanismus
(Cola di Rienzo, Francesco Petrarca, Giovanni Boccaccio, Co-
luccio Salutati, Leonardo Bruni, Poggio Bracciolini, Leon Bat-
tista Alberti, Cristoforo Landino, Angelo Poliziano, Niccolo
Macchiavelli). VI. Europäischer Renaissancehumanismus (Erasmus,
Luis Vives, Melanchthon, Montaigne, Philip Sidney). Über die
Grundsätze der Auswahl hat sich der Herausgeber im Vorwort
in sympathisch knapper Weise ausgesprochen; man wird ihm weitgehend
zustimmen können, zumal seine Konzeption — auch da,
wo sie im einzelnen anfechtbar scheinen könnte — im ganzen
geschlossen ist.

Das Buch wird namentlich der heute mit so stark reduzierter
Allgemeinbildung ausgerüsteten studierenden Jugend hilfreich
sein und ihr zu eigener Vertiefung Lust machen, zumal es der
Herausgeber versteht, jeder Erscheinung in ihrer historischen und
individuellen Besonderheit gerecht zu werden und so den eigentlichen
Sinn für die Geschichte, für die Größe und Vielfalt der
Überlieferung zwanglos zu wecken.

Berlin Martin S c h m i dt

Gross, Julius: Ur- und Erbsünde bei Haimo von Auxerre.

Zeitschrift für Religions- und Geistesgesdiichtc XI, 1959 S. 14—31.
U 11 m a n n, Walter: The University of Cambridge and the Great Schism.

The Journal of Theological Studies IX, 1958 S. 53—77.
Varangot, Oscar A.: Analogia de Atribuciön Intrinseca y Analo-

gia del Ente segün Santo Tomas.

Ciencia y Fe XIII, 1957 S. 467—485.

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMA TIONSZElT

Schwarzenau, Paul: Der Wandel im theologischen Ansatz bei
Melanchthon von 1525—1535. Gütersloh: Bertelsmann [1956]. 128 S.
8°. DM 9.80.

Die Confessio Augustana von 15 30 ist nicht von Luther,
sondern von demselben Melanchthon verfaßt, der seinen theologischen
Ruhm und das volle Vertrauen Luthers durch die erste
reformatorische Dogmatik, die Loci von 1521, erworben hatte,
der die zweite Auflage dieser Loci aber 1 535 in so 6tark veränderter
Form vorlegte, daß es seitdem fraglich erscheint, ob die
reformatorische Ausgangsposition noch gewahrt blieb. Es ist darum
bleibende Aufgabe der Reformationsgeschichte zu erhellen,
wie die Confessio Augustana aus dem Fluß der dogmengeschicht-
lichen Arbeit zu interpretieren ist. Auf diesem weit gespannten
Hintergrund ist die Untersuchung von Schwarzenau zu würdigen,
und es ist von vornherein dankenswert, daß endlich einmal
wieder neues Material aus dem unermüdlichen und viel zu wenig