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Ausgabe:

1959 Nr. 5

Spalte:

350-352

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Niewalda, Paul

Titel/Untertitel:

Sakramentssymbolik im Johannesevangelium 1959

Rezensent:

Michaelis, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 5

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hört zu uns nicht mehr, und wenn er unseren Glauben an die vorbehai-
tenc Erlösung abzuschwächen oder abzulenken sucht, gibt es kein Einvernehmen
mit ihm."

Es ist keine Frage, daß Buber hier mit Worten des 20. Jahrhunderts
einem ewigen jüdischen Protest gegen die kirchliche
Christologie erneuten Ausdruck gegeben hat. H.s Kommentar ist
aber nicht minder interessant: „Er findet im Bekenntnis des Petrus
bei Cäsarea Philippi (Mc. 8, 27 ff.) ein historisches Gespräch
und nimmt es als solches ernst. Aber er versteht das messianische
Bewußtsein Jesu und auch das Bekenntnis des Petrus lediglich
innerhalb der menschlichen Sphäre. Das Gespräch zeigt also Buber
, daß Jesus nur ein messianischer Mensch ist, nicht mehr. Es
ist unmöglich, ihn rein exegetisch überzeugend zu widerlegen.
Hier wird unübersehbar erkennbar, welch tiefer Unterschied aufbricht
, je nach dem, ob ein Christ oder ein Jude den Abschnitt
liest und deutet" (49).

Jesus von Nazareth ist für Martin Buber der erste in einer
langen „automessianischen Reihe" (51), aber anders als die Späteren
sei er von einer gewaltigen Bedeutung für die Weltvölker
geworden (56). Um da6 Selbstbewußtsein Jesu möge es nun stehen
wie immer, erst Paulus und Johannes haben mit ihrer apokalyptischen
Messiaserwartung (I) die reale Vergottung Jesu und damit
die kirchliche Inkarnationslehre intendiert. Insbesondere der
Gott Pauli, der einen ganz abgelösten Automatismus der menschlichen
Verstockung in Gang gesetzt habe, trage völlig andere
Züge als der Gott Je6u und des AT (61 ff.). Gleichwohl seien
aber solche Abgrenzungen, die der christliche Theologe freilich
nicht akzeptieren kann, begrüßenswert, da ja nichts verwischt
werden 6olIe und Buber die Voraussetzung jedes Religionsgespräches
im Auge behalte, „den Partner vor allem zu verstehen
und von ihm verstanden zu werden" (66).

Ein letztes Kapitel, das Bubere persönliche messianische Erwartung
behandelt, geht besonders auf die zionistische Seite seines
Denkens ein, daß die Verbindung von Land und Volk Voraussetzung
der Erlösung 6ei (73 f.), womit der Jischuw, die Be
Siedlung des Landes Israel, zur messianischen Aufgabe wird.
Überhaupt ist der Mensch am Kommen des Messias nach Bubers
Auffassung aktiv mitbeteiligt (79). Die Wurzeln dieser Auffassung
liegen in der jüdischen Mystik, worauf H. aber nicht näher
eingeht.

Etwas abrupt wird in einem Schlußabschnitt behauptet, daß
Bubers Wirklichkeitsbegriff „geschichtsfremd" sei und daß für
ihn „der Messias nicht außerhalb der menschlichen Erfahrung
greifbar" sei (85). Zwar nimmt die Anm. 94 auf S. 115 diese
Behauptungen wieder halb zurück, die mir aber etwas ganz Richtiges
zu treffen scheinen. Denn Buber gehört zur östlichen Welt
und hat im Letzten mehr Kontakt mit Dostojewskis Staretz
Sossima als mit den großen abendländischen Geschichtsdenkern.
Am Ende fragt es sich sogar noch, ob nicht die Geschichtsentwertung
der Apokalyptik, die so manche osteuropäische Strömung
bestimmt hat, die auch im Chassidismus wirksam gewesen ist und
die selbst noch in Karl Marxens Verdikt über die „Vorgeschichte"
nachklingt, Martin Bubers Denken mehr beherrscht, als er selber
weiß und als sein neuester Interpret annimmt. Bubers immer
wiederkehrender seltsamer Affront gegen das apokalyptische
Denken (23 ff.), durch das via Paulus und Johannes die christliche
Lehre erst erzeugt worden sei, könnte sogar dafür sprechen.

Erlangen Hans-Joadlim Schoep»

Baeck, Leo: Von Moses Mendelssohn zu Franz Rosenzweig. Typen
jüdischen Selbstveretändnisses in den letzten beiden Jahrhunderten.
Stuttgart: Kohlhammcr [1958]. 64 S., 6 Taf. gr. 8° = Franz Delitzsch-
Vorlesungen 1955.

Diese vier Vorlesungen auf Einladung des Institutum Judaicum
Delitzschianum, im Juni 1956 in Münster gehalten, galten
Moses Mendelssohn, Moses Heß, Walter Rathenau und Franz
Rosenzweig. Sie dienen nicht nur, wie es in der Widmung heißt,
„der Erinnerung an das einstige deutsche Judentum und seine
große geistige Geschichte", sondern sie stellen auch ein letztes
Vermächtnis des greisen Rabbiners Leo Baeck dar, der wenige
Morute sPäter gestorben ist. Baeck gehört selber als letztes Glied
in die Reihe der von ihm dargestellten Männer. Das Ms. dieser
Publikation ist nach einer Bandaufnahme hergestellt worden;

da erfreulicherweise auf eine „Bearbeitung" verzichtet wurde,
wirkt es durch die Unmittelbarkeit des gesprochenen Wortes um
so stärker. Nicht zuletzt ist Leo Baeck auch ein großer deutscher
Stilist gewesen. Die von K. H. Rengstorf beigesteuerten und den
Text erläuternden Anmerkungen sind wissenschaftlich und zuverlässig
.

Erlangen Hans-Joachim Scboeps

Delling, Gerhard: Josephus und das Wunderbare.
Novum Testamentum II, 1958 S. 291—309.

NEUES TESTAMENT

N i e w a 1 d a, Paul: Sakramentssymbolik im Johannesevangelium? Eine
exegetisch-historische Studie. Limburg: Lahn-Verlag 1958. XXVI,
172 S. 8°. Kart. DM 12.-.

Aus dem „Lebenslauf" auf S. 172, der in dieser Buchausgabe
wohl nur versehentlich mitabgedruckt worden ist, kann
man erschließen, daß es sich bei der vorliegenden Untersuchung
j"1 Dj^ertation handeln dürfte, mit der der Verf., Mitglied
des Pallor+lher-Ordens, 1957 an der kath.-theol. Fakultät der
Univ. Mainz promoviert hat. Das Thema besitzt auch für die
Prot. Forschung eine große Aktualität, und es ist instruktiv,
einerseits zu sehen, wie sich die prot. Diskussion, die besonders
durch die Thesen von O. Cullmann im zweiten Teil seiner
Schrift „Urchristentum und Gottesdienst" (1944, 21950) belebt
worden ist, in dieser Dissertation widerspiegelt, und andererseits
durch sie näheren Einblick in die Erörterungen auf kath.
Seite zu gewinnen, die der Verf. begreiflicherweise noch ausgiebiger
herangezogen hat.

Das Lit.- Verzeichnis (S. XI—XXVI) ist von respektablem Umfang;
es macht wie die Arbeit überhaupt einen sorgfältigen Eindruck (die Abkürzungen
für die häufiger angeführten Titel hätten vielleicht sogleich
m diesem Verzeichnis notiert sein sollen; sie wären dann rascher aufzufinden
als jetzt, wo sie jeweils beim ersten Vorkommen angegeben
S'"j. Verzeichnis enthält, besonders in seinem dritten, die exegetische
Lit. betreffenden Teil, verhältnismäßig viele Besprechungen, weil
der Verf. gern das „Echo", das eine Schrift gefunden hat, berücksichtigt
, ■ 145 u. ö.). Mitunter wachsen sich die Mitteilungen darüber, „wie
aas Buch in der einschlägigen Forschung aufgenommen wurde", zu
einem durchaus nützlichen kleinen Forschungsbericht aus fco S. 146— 148
über Cumont). Auf ein eigenes Urteil verzichtet der Verf. deswegen
jedoch nicht, und dieses ist stets gut begründet, wie sich vor allem da
zeigt, wo er sich mit einzelnen Autoren kritisch auseinandersetzt, etwa
=• 46 f. mit Danielou, S. 72 f. mit H. Rahner, S. 76—79 mit Leonardi,
S' 88 mit de Lubac, S. 113. 120 f. mit Gerke.

Der Untertitel, der die Arbeit als exegetisch-historische
Studie bezeichnet, läßt noch nicht erkennen, daß sie sich im
Nacheinander einer exegetischen und einer davon getrennt gehaltenen
historischen Untersuchung entfalten wird.

Der Teil A „Exegetische Untersuchung" ist verhältnismäßig kurz
gefaßt (S. 2—29). Nachdem die wenigen deutlichen Hinweise auf die
Sakramente vorgeführt sind, die sich im Joh. Ev. finden (S. 2—6; hier
wird auch 20, 22 f. erwähnt, während sich die spätere Darstellung
- mit Recht — auf Taufe und Abendmahl beschränkt), werden die verschiedenen
Gesichtspunkte besprochen, unter denen das Vorliegen von
nur angedeuteter Sakramentssymbolik behauptet worden ist (A. Schweitzer
, Cullmann u. a.), ergänzt durch einige „nichtsakramentale symbolische
Deutungen" (Sahlin, Boismard u. a.).

Das Ergebnis ict: „die vielen behaupteten sakramentalen
Anspielungen im Joh.-Ev. sind exegetisch nicht bewiesen und
auch (seil, exegetisch) nicht beweisbar" (S. 22), und auch
„symbolische Deutungen, die sakramentalen Anspielungen
widersprechen", indem sie das Vorliegen von Symbolik anderer
Prägung behaupten, lassen sich nicht beweisen (S. 26). In dieser
Situation kann nach Meinung des Verf. nur der Versuch
weiterhelfen, festzustellen, „wie die Zeitgenossen des Evangelisten
und die Menschen in den nachfolgenden Jahrhunderten,
die vielleicht noch durch die gleiche Denkweise mit ihm verbunden
waren, ihn verstanden haben" (S. 28). Diese Frage will
er sodann in Teil B „Historische Untersuchung" (S. 30-158)
klären.

Dieser Teil zerfällt in 7 Abschnitte. Das Hauptgewicht liegt in den
Abschnitten 2—4, in denen nacheinander die liturgischen Quellen (S. 38