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1959 Nr. 4

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Systematische Theologie: Allgemeines

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313 Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 4 314

von E. geplanten Werke6, die er noch vor seinem Tode am
21. Ii. 1954 zu einem — wenn auch von ihm selbst nicht immer
als endgültig betrachteten — Abschluß bringen konnte. Der
Schwerpunkt der hier vereinten Untersuchungen, die größtenteils
in 6ich abgeschlossene, selbständige Abhandlungen 6ind, ist der
monenergistisch - monotheleti6che Streit als der letzte Schritt in
der Entwicklung des altkirchlichen christologi6chen Dogmas, bevor
dieser Prozeß unter der Last des inzwischen herausgebildeten
theologischen Bewei6verfahrens zum Erstarren kommt.

Die Ausrichtung auf die Gestalt des Theodor von Pharan,
der 649 in Rom und dann wieder 681 vom sechsten ökumenischen
Konzil als Urheber des Monotheletismus verurteilt wurde, hat
seinen Grund darin, daß 6ich nur bei ihm „der theologische Anlaß
der monothelctischen Frage ohne Rücksicht auf die spätere
kirchenpolitische Verstrickung ermitteln" läßt (S. 11). Theodor
von Pharan wird somit zur Schlüsselfigur, an der 6ich entscheidet,
ob die monotheletischen Auseinandersetzungen nur einen, durch
Sergius von Konstantinopel veranlaßten kirchenpolitischen Nachhall
der monophysitischen Kontroversen bedeuten, oder ob sie
von ihrem Ansatz her über das Kirchenpolitische hinaus einen
selbständigen, genuin dogmengeschichtlichen Prozeß darstellen.
Ist Theodor Monophysit, so haben wir es mit einem Nachklang
des Vorhergehenden zu tun; erwächst dagegen sein Ansatz auf
dem Boden der chalkcdonischen (bzw. neuchalkedonischen) Orthodoxie
, so ergibt sich, „daß das chalkedonische Dogma auch für
seine Anhänger . . . noch ein theologisches Problem übriggelassen
hat" (S. 10), das dann, durch des Sergius Unternehmen in den
Mittelpunkt des Interesses gerückt, zu einer selbständigen Klärung
drängt.

E. führt den Nachweis, daß Theodor von Pharan orthodoxer
Theologe war. Sein Ergebnis wird auch dann nicht hinfällig,
wenn die von ihm vorgeschlagene Identifikation des Bischofs von
Pharan mit Theodor von Raithu (der entsprechende Abschnitt,
S. 203 ff., ist bereits in Jhg. 76, 1951, Sp. 70 ff. dieser Ztschr.
erschienen) an der Frage der Datierung der Praeparatio des Theodor
von Raithu scheitern würde — angesichts der beachtlichen
Gründe E.s für seinen Vorschlag müßte dieses Datierungsproblem
vielleicht noch einmal untersucht werden. Allein die Darstellung
über „Die Kirche im Sinaigebiet zu Beginn der monotheletischen
Streitigkeiten" (S. 191 ff.; bereits erschienen in: Viva Vox
Evangelii, Meiser-Fcstschrift, 1951, S. 158 ff.), aber auch andere
Hinweise zeigen, daß Theodor von Pharan wohl kaum zu den
Monophysiten zu rechnen ist. E. versucht ihn dann aufgrund des
nur allzu spärlichen Materials theologisch näher zu charakterisieren
: „Soweit wir sehen können, hat er ak erster die Synthese
von Chalkedon und Kyrill durch die Einbeziehung des Areopa-
giten erweitert. Es geschah wahrscheinlich zu dem Zweck, mit
Hilfe der Formel von der gottmännlichen Energie der monophysitischen
Kritik an der chalkedonensischen .Zerreißung' des
Christusbildes den Boden zu entziehen" (S. 228 f.). Damit ist das
für E. wesentliche Stichwort gefallen; denn er sieht die Bedeutung
des Monotheletismus darin, daß hier „das gesamte bisher
in der Kirche angesiedelte christologische Begriffssystem dadurch
jn Frage gestellt" wird, „daß ihm ein anscheinend ganz inkommensurabler
Kontrahent gegenübergestellt wird: das Christus-
°ild der Evangelien" (S. 11).

Wa6 damit gesagt ist, zeigt der früher (in ZsystTh 23, 1954,
**• 1 ff.) bereits selbständig erschienene grundsätzliche Abschnitt
-•Christusbild und Christusdogma" (S. 12 ff.). Im Christusbild
"er Evangelien — nicht wie es „im Reflex seiner [modernen] Betrachter
" erscheint, sondern „wie es die alte Kirche selbst
*an" (S. 13) — erblickt E. die richtungweisende Kraft, deren in
<jer Entwicklung der altkirchlichen Christologie bis hin zu Theodor
von Pharan wirksamer Einfluß das christologische Dogma
v°r der Auflösung in metaphysische Spekulationen oder bloße
begriffliche Distinktionen bewahrt habe. Dieser Wirksamkeit
Seht E. nicht nur für den Ausgang der altkirchlichen Christologie
na* (S. 230 ff.); ihrem Aufweis gilt vielmehr gerade auch der
erste Teil des Buches, „Problemgeschichtliche Rückblicke", der
unter den Themen „Das Ende der klassischen Metaphysik in der
Christologie" (S. 33 ff.; in E.s letzter Fassung S. 260 ff.), -.Der
'eidende Christus, Bild und Dogma" (S. 71 ff.) und „Der dog-
"»atische Begriff der Person und die Persönlichkeit Christi

(S. 133 ff.) drei weitausgreifende dogmengeschichtliche Querschnitte
enthält.

Gerade diese von der Analyse des monotheletischen Ansatzes
her „rückwärts gerichtete Diagnose" (S. 11) gibt dem Buch
— obwohl es unvollständig geblieben ist — den umfassenden
Charakter einer Skizze zu einer Dogmengeschichte der alten
Kirche. Als solche ist es ein glänzend durchgeführter Versuch,
die altkirchliche Dogmengeschichte ohne Verwendung eines ihr
wesensfremden Beurteilungsmaßstabes in ihrer Eigengesetzlichkeit
zu verstehen, und diese Eigengesetzlichkeit sieht E. eben in
der Konstanz des Christusbildes. Die diesem Entwurf innewohnende
und gerade in dem Abschnitt „Christusbild und
Christusdogma" mit seinem Einsatz bei einer etwas 6chematischen
Klassifizierung der neutestamentlichen Aussagen (S. 18 f.) als
naheliegend erscheinende Gefahr ist, daß das Christusbild als
rein formales Kriterium gehandhabt wird ohne Rücksicht auf den
theologischen und philosophischen Untergrund, den es jeweils
deckt oder verdeckt. Daß E. bemüht war, dieser Gefahr nicht zu
erliegen, zeigen besonders deutlich etwa seine Ausführungen über
das monophy6itische Christusbild (S. 161 ff.). Und doch dürfte
hier der kritische Punkt liegen, von dem eine Auseinandersetzung
rnit dem ganzen Entwurf auszugehen hätte; dabei wäre in sorgfältigen
Einzeluntersuchungen der mannigfaltigen Beziehungen,
die das Christusbild eingegangen ist, die Frage nach seiner über
das rein Formale hinausgehenden Konstanz zu klären. Lind
schließlich wäre zu fragen, ob eine Konstanz des Christusbildes
nicht lediglich das zum Ausdruck bringt, daß Dogmengeschichte
ihrem Wesen nach „Geistesgeschichte am Evangelium" (E. Wolf)
^t — eine Frage, die angesichts der Tatsache zu 6tcllen ist, daß
die Herausgeber an den Schluß des Bandes (S. 313 ff.) einen Abdruck
von E.6 programmatischer Schrift „Die Kirche und ihre
Dogmengeschichte" (München 1950) gesetzt haben.

Im übrigen bringt das Buch noch eine Beschäftigung mit dem „Problem
des politischen Christus" (S. 26ff., 165 ff.) cL h. mit dem Christusbild
der byzantinischen Reichs- und Kaiseridee, die polemisdi zugespitzt
ist gegen ein Bekenntnis zu Christus als dem Herrn außerhalb
des „dogmengeschichtlichen Kontinuums", sowie zwei Streiflichter auf
Randgebiete, nämlich „Die Beduinenbischöfe" (S. 283 ff.) und „Die
Alamundaros-Anckdote", die Analyse einer antimonophysitischen
Anekdote des 6. Jhdtt. (S. 309 ff.; aus der unveröffentlichten Strath-
mann - Festschrift). Abgerundet wird der Band durch ein Nachwort von
E- Kickhöfer-B ergsträßer über die Probleme, vor die sich die Herausgeber
gestellt sahen (S. 334 ff.), durch Dispositionsskizzen E.s (S. 338ff.,l,
vorzügliche Register (S. 341 ff.) und Kartenskizzen zum Sinaigebiet
(S. 362 f.).

Siegburg Knut Schäf erdiek

A 11 h a u s, Paul: Da« Evangelium und die Religionen.

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Kinder, Ernst: Was geschieht im Heiligen Abendmahl? Wirklichkeit

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