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Ausgabe:

1959 Nr. 3

Spalte:

226-228

Kategorie:

Psychologie, Religionspsychologie

Autor/Hrsg.:

Amadou, Robert

Titel/Untertitel:

Das Zwischenreich 1959

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 3

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aber zugleich eine unbedingte Bindung Christi an die Kirche
und kirchliches Tun gerade nicht behaupten kann. Das wäre
seiner Ansicht nach ein Verfügen der Kirche über Christus.

Insofern kann auch der Satz des Verfs. zu Mißverständnissen
Anlaß geben, die Kirche sei nach Barth „keine beliebige Möglichkeit
, sondern die Wirklichkeit, an die sich Christus selbst als
an seinen Leib gebunden hat" (8 5). Man kann einen solchen Satz
tatsächlich im Sinne von Barth interpretieren; das ist aber nur
möglich, wenn man Aussagen Barths daneben hält wie die: es
liegt für die Kirche „nicht in ihrer Macht und Verfügung, ihre
eigenen Aktivitäten .christlich' zu nennen", vielmehr ist das
„in jedem einzelnen Falle abhängig von dem Gegenzeugnis
dessen, den zu bezeugen sie die Macht haben und vorgeben,
Sache seines besonderen Segens, seiner freien Gnade, die seiner
Gemeinde zuzuwenden er verheißen hat, ohne sich damit in ihre
Hand gegeben zu haben" (KD IV/l, S. 774 f.). Die absolute
Freiheit Gottes der Kirche und allen ihren Handlungen gegenüber
hätte bei einer Zeichnung der Lehre Barths doch wohl ein wenig
stärker herausgehoben werden müssen. In dieser absoluten
Souveränität und Ungebundenheit Gottes hat die Ereignishaftig-
keit der Kirche bei K. Barth ihren eigentlichen Grund.

Diese „Schärfe" der Lehre Barths hätte vielleicht auch das
erstaunliche Resultat der Untersuchung des Verfs. (Abschnitt VI)
modifiziert, das — in Fortsetzung der Urteile v. Balthasars und
Küngs — in der Feststellung gipfelt: „Die von hier aus entworfene
Theologie der Kirche... ist so, daß auch und gerade
sie, nicht nur in der Konsequenz der in der Christozentrik kulminierenden
Theologie, sondern in ihrer genauen Ausführung
und Entfaltung selbst, soweit sie bi« jetzt vorliegt, nicht kirchenspaltend
ist und sein muß" (106). Der Verf. zeigt allerdings daneben
gewichtige Differenzpunkte auf. Zwar beruht auch nach
seiner Ansicht die Ablehnung der katholischen Analogia-entis-
Lehre durch Barth auf einem Mißverständnis (110); wirkliche
Unterschiede liegen aber darin, daß Barth faktisch zu sehr „die
Schöpfungsordnung auf die Gnadenordnung reduziert" (110),
daß er dem Unterschied zwischen Israel und der Gemeinde des
Neuen Bundes nicht voll gerecht wird (112), daß er den notae
ecclesiae als „Aspekten der credibilitas rationalis" faktisch nicht
genügend Beachtung schenkt (112), insbesondere aber darin, daß
er dem Wesen des Amte6 der Kirche nicht gerecht wird (113 ff.).
Dieser letzte Punkt liegt dem Verf. verständlicherweise sehr am
Herzen. Erstaunlich ist nur, daß er für ihn als Katholiken lediglich
ein Punkt neben anderen ist und nicht als grundlegend für
die Frage der Vereinbarkeit der Lehre Barths mit der katholischen
Lehre angesehen wird; denn liegt hier nicht ein fundamentaler
Gegensatz zum römisch-katholischen Kirchenverständnis vor, das
die Kirche weithin überhaupt als Amt, als Heilsinstitution, an
die sich Christus gebunden hat, begreift? In diesem Zusammenhang
wäre auch, was der Verf. nicht tut, auf die Entwertung von
Taufe und Abendmahl als Gnadenmittel bei Barth hinzuweisen
(vgl. KD IV/2, 790 ff., 815 ff.), die sich gegenüber KD 1/2, wo
Barth immerhin von „Instrumenten in der Hand Gottes" (248)
und von „Gnadcnmitteln" (253) sprechen konnte, fast noch zugespitzt
hat. Hier liegt die konkrete Auswirkung der oben festgestellten
„Schärfe" Barths.

Die Grundfrage, die sich im Blick auf das Gespräch zwischen
den Konfessionen aus den Ausführungen des Verfs. ergibt, ist
die: Wenn der Unterschied in der Amtsfrage und der damit verknüpften
Frage der Gnadenmitte] nicht kirchentrennend ist, wo
negt dann die Grenze, innerhalb deren unterschiedliche Lehr-
meinungen in einer Kirche Raum haben? Es erscheint dem Rez.
— auch im Blick etwa auf das innerevangelische Abendmahls-
gesPräch — als dringend erforderlich, daß diese Frage eine gründende
Klärung erhält.

Das eigentliche Thema des Kirchenbegriffes von Karl Barth
Isr. um mit der Terminologie von P. A!thau6 zu sprechen, nicht
••die Kirche als Amt", sondern „die Kirche als Gemeinde". Daß
Harth zu diesem seinem eigentlichen Thema Dinge vorträgt, die
sich auch die evangelische Theologie noch mehr wird zu eigen
fachen müssen, wird aus der Darstellung des Verfs. sehr eindrücklich
. Es ist ein Zeichen seiner theologischen Weite und
Offenheit, daß sein Ergebnis gerade im Hinblick auf diese Sicht

Barths gewonnen wird und er der Meinung i6t, die katholische
Theologie müsse hier von Barth lernen (116 f.). Die Fragen, die
wir glaubten aussprechen zu müssen, sollen den Dank unterstreichen
für die Tatsache und die vornehme Art dieses so notwendigen
Gespräches mit Karl Barth.

Leipzig Ulrich Kühn

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PSYCHOLOGIE UND RELIGIONSPSYCHOLOGIE

A m a d o u, Robert: Das Zwi»dienreidi. Vom Okkultismus zur Para-
Psychologie. Würdigung und Kritik der internationalen Forsdiung.
Herausgeber der deutschen Ausgabe Prof. Dr. G. F. H a r 11 a u b.
Baden-Baden: Holle-Verlag [l957j. XII, 539 S. 8°. Lw. DM 26. -.

Der Obertitel dieser Ausgabe ist vom deutschen Herausgeber
frei gewählt, das französische Original nennt sich schlicht
„La Parapsychologie". Es wäre wohl gut gewesen, beim ursprünglichen
Titel zu bleiben. Wer „Zwischenreich" hört, wird gar zu
leicht zu der Annahme geführt werden, daß ein neues Buch zum
Spiritismus vorläge; die Ablehnung a limine wird in vielen Fällen
die billige Reaktion sein. In Wirklichkeit ist Amadou dem
Spiritismus feind. Hartlaub wählte den deutschen Titel in der
wohl irrigen Annahme, er lenke die Gedanken auf eine noch unerkannte
Naturdimension hin.

Das Grundanliegen Amadeus ist darauf gerichtet, das
— noch — als paranormal Geltende der wissenschaftlichen Erfassung
und das heißt eineT Unterstellung unter allgemein gültige
Kategorien unseres Denkens zuzuführen und dadurch Paranormales
in Normales zu wandeln. Als gutes Beispiel gilt die Hypnose,
die einst als paranormales Geschehen angesehen wurde, aber diesen
Charakter durch die Aufhellung ihres psychischen Mechanismus
verlor. Wir werden in fast jedem Kapitel daran erinnert, daß
das Ziel der Forschung allerdings in weitester Ferne zu liegen
scheint. Um so wichtiger ist darum der Blick auf die Teilziele,
die entweder schon erreicht sind oder in Sicht kommen. Als solche
erscheinen die Klassifikationen der als paranormal geltenden
physikalischen Erscheinungen und der für paranormal gehaltenen