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Ausgabe:

1959 Nr. 3

Spalte:

205-207

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Strasser, Ernst

Titel/Untertitel:

Die St. Marienkirche zu Uelzen 1959

Rezensent:

Weckwerth, Alfred

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 3

206

Theologische Erklärung bei der Neuordnung in der DEK seit 1945 zu
lebhaft kirchenpolitisch im Interesse bestimmter, z. T. alter Pläne für
die Gestaltung von „Bekenntniskirchen" umstritten, statt ernsthaft
theologisch geprüft und rezipiert worden ist."

Der Verfasser will mit seiner Arbeit zu einer ernsten Beschäftigung
, d. h. zur theologiegeschichtlichen Einordnung und
zur theologischen Auslegung der Barmer Erklärung seit 1945 anregen
und dafür mit seinen Darlegungen einen knappen Bericht
und eine erste Einführung geben. Sein Urteil ist zutreffend:
,,In Bannen 6prach sich eine entscheidende, wirklich epochale
Wendung in der neueren Geschichte evangelischer Theologie und
Kirche aus. Man muß ihrer nur richtig gewahr werden, statt
lediglich die Formulierungen von „Barmen" am Maßstab einer
Scholastik „reiner Lehre" abzumessen und darüber nicht mehr
jenen „Geist" zu verspüren, der sich in „Barmen" lebendig zu
äußern suchte."

Der Verfasser weiß, was er sagt, wenn er von einem Risiko
einer solchen Veröffentlichung spricht. Niemand, dem es mit der
evangelischen Kirche und Theologie ernst iet, sollte ein solches
Zeichen der Zeit übersehen, auf das Wolf mit Recht hier aufmerksam
macht. Der Verfasser gliedert seine Ausführungen in
zwei Abschnitte: Im ersten stellt er unter der Überschrift: „Zur
Entstehung und zur Bewertung der Barmer theologischen Erklärung
„das Wesentliche der Vorgeschichte von „Barmen" dar und
zeigt, wie es zu der dortigen freien Synode und zu der Theologischen
Erklärung kam. Im zweiten Teil entfaltet er unter der
Überschrift: „Zur Theologie der Barmer Theologischen Erklärung
" die entscheidenden Fragen, um die es in der Erklärung
geht. Es ist ihm gelungen, den vielschichtigen und umfangreichen
Stoff zu straffen und das herauszustellen, worauf es ankommt.
Die Schrift enthält eine Fülle wichtiger Erkenntnisse und Klarstellungen
. Man lese z. B. einmal das Kapitel „Theologische Erklärung
und Bekenntnis", in dem aufschlußreiche und wichtige
Erklärungen über das rechte Verständnis der Lutherischen Bekenntnisschriften
und ihr Verhältnis zu „Barmen" gegeben
werden. Was uns Wolf gibt, ist wahrlich keine leichte Lektüre,
die man schnell erledigen kann, sondern erfordert ein gründliches
Durchdenken der Tatsachen und Probleme, vor die wir hier neu
gestellt werden. Es ist dringend zu wünschen, daß viele zu dieser
Schrift greifen und sie genau studieren.

Frankfurt/Main Wilhelm Fresenius

Kupisch, Karl: Ein treuer Diener seines Herrn. Zu Adolf Stöckers
50. Todestag.

Kirche in der Zeit XIV, 1959 S. 16—19.
Pinomaa, Lennart: Die finnischen Erweckungsbewegungen.
Die Kirche Finnlands 3, 1957 S. 1—3.

_GESCH1CHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

Strasser, Ernst: Die St. Marienkirche zu Uelzen. Uelzen: Becker
Verlag 1958. 219 S., 3 5 Textabb., 3lAbb.a.Taf. 8°. Lw. DM 25.—.

tu. Der Verfasser, der mit der St. Marienkirche zu Uelzen beruflich
verbunden ist und über vorzügliche und umfassende Sachkenntnis
verfügt, macht es sich zur Aufgabe, das Bauwerk, welches
wegen seiner Größe und Besonderheit ein bemerkenswertes
Beispiel niedersächsischer Backsteingotik darstellt, geschichtlich,
kunstgeschichtlich und theologisch einzuordnen. Die Geschichte
dieses Gebäude« - einer Hallenkirche, deren älteste Teile im
13. Jahrhundert errichtet worden sind, - ist mit der Geschichte
und Kirchengeschichte des Gebietes aufs engste verknüpft. Dem
Verfasser gelingt es, diese Verflechtung in allen von ihm behängten
Bereichen immer wieder aufzuzeigen. Damit eröffnet er
usbheke, die das Buch auch demjenigen lieb und wert machen,
w r mit der Heimatkunde Uelzens nicht vertraut, vielleicht sogar
Kapit I " interessiert ist- Das Bucn ist äußerst vielseitig; jedes
Fach' vi, Vermittelt fur sich reiche Kenntnisse aus verschiedenen
ihrer AKn-enL Bne Rdhe namhafter Forscher hat die Ergebnisse
seinen T i" be'gesteuert, infolgedessen hat das Buch in allen
eilen, was Fachfragen betrifft, ein recht hohes Niveau.

St (vi/8 eiFSte, KaPitel beschäftigt sich mit der Geschichte der
• Marienkirche. Der Verfasser greift dabei auf die Besiedlung

des Gebietes zurück und weist darauf hin, daß die Uelzener
St. Marienkirche in ihren Anfängen Pfarrkirche gewesen ist. In
diesem Zusammenhang geht er auf die Entstehung des Titels
„Propst" ein, den der rangälteste Geistliche dieser Kirche seit
alters trägt, und klärt die Bedeutung dieser Bezeichnung im
mittelalterlichen städtischen Pfarrwesen. Verschiedentlich wird
darauf hingewiesen, wie enge personelle Beziehungen in früher
Zeit zwischen dem Rat der Stadt und den Priestern bestanden
und wie segensreich beide zum Wohle der Bürgerschaft zusammengearbeitet
haben. Das gemeinsame Bemühen erstreckte
sich auch auf das Kirchenvermögen; denn dieses diente nicht
allein gottesdienstlichen Zwecken und dem Unterhalt der Geistlichen
, sondern auch weitgehend der Krankenpflege, der Armen-
und Altersversorgung und spielte im Rentenwesen der damaligen
Zeit eine Rolle. Dem Propst unterstand zudem die Lateinschule.
Auch hier war die Zusammenarbeit eng. Ernst Strasser macht auf
den sogenannten „Propstei-Rezeß" von 1401 aufmerksam, bei
dem man geradezu von einem städtischen Schulpatronat sprechen
könne. Sehr interessant ist an den folgenden Ausführungen, wie
in Anbetracht der Bedeutung dieses kirchlichen Amtes Eingriffe
und Änderungen im Recht, die Propststelle zu besetzen, zu langjährigen
Streitigkeiten geführt haben. Andererseits zeigt der
Verfasser auf, in wie starkem Maße auch die Geistlichkeit an den
Stiftungen zugunsten der Alters- und Armenversorgung beteiligt
war, z. B. an der Stiftung des St.-Viti-Hospitals und dem Bau
der sogenannten Kapelle zum Kleinen Heiligen Geist. Ein Abschnitt
behandelt die Neuordnung des Uelzener Pfarrwesens im
Zeitalter der Reformation. Mit dem Aufhören des katholischen
Kultus wurde die Zahl der Geistlichen in Uelzen auf drei verringert
. Trotz aller einschneidenden Neuerungen, die zu jener
Zeit vorgenommen wurden, hat die damals in der evangelisch-
lutherischen Lüneburgischen Landeskirche eingeführte Amtsbezeichnung
„Superintendent" in Uelzen die überkommene Bezeichnung
„Propst" bis auf den heutigen Tag nicht verdrängen
können. Die folgenden Ausführungen geben dann ein anschauliches
Bild von dem Wandel, den die Superintendentur Uelzen
seit den Tagen der Reformation durchgemacht hat, insbesondere
zeigen sie den tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel der
Stellung des Propstes.

Das zweite Kapitel des Buches behandelt die Baugeschichte,
zieht weitgehend die Forschungsergebnisse der Fachgelehrten
heran, die sich mit der St. Marienkirche zu Uelzen beschäftigt
haben, und stellt die teilweise voneinander abweichenden Meinungen
einander kritisch gegenüber. Eingehend wird die Anlage
der verschiedenen Kapellen und deren Verwendungszweck beschrieben
sowie die Schicksale der in der Dreikönigskapelle untergebrachten
Bibliothek und des Archivs. Auch hierbei ist die
Gründlichkeit lobend hervorzuheben, mit der in diesem Buche
auch scheinbar unbedeutende Einzelheiten mitgeteilt werden. Mit
der ausführlichen Übersicht über die Archivalien, die in dieser
Kirche erhalten sind, bietet er dem Forscher einen willkommenen
Wegweiser. Mit großer Liebe wird die gesamte Geschichte des
Turmes von St. Marien entwickelt. Es wird die Frage erörtert,
°b die Kirche einst eine Zweiturmfa6sade besessen, wie die
Turmhalle gestaltet war und wo die urkundlich überlieferte
Sonnenuhr einst ihren Platz hatte, auch dieses alles unter Würdigung
voneinander abweichender Ansichten. In allen Einzelheiten
wird die Wiedererrichtung des neuen Turmhelmes geschildert
unter Darlegung der Kostenübersicht und der Finanzierung. Eine
Veröffentlichung des Architekten ist einbezogen und bietet alles
Wissenswerte über die Durchführung des Baues aus bestunterrichteter
Quelle. Selbst die Reden, die beim Richtfest gehalten
wurden, sind abgedruckt als ein Zeugnis des kirchlichen Lebens
unserer Zeit mit seinem Bemühen, die Schäden des zweiten Weltkrieges
soweit wie möglich zu beheben. Mit gleicher Gründlichkeit
wendet sich der Verfasser dann der Geschichte der Glocken
zu und beschreibt die Klanggestaltung und die Inschriften der
alten Glocken, die die Kirche einst besessen, sowie die der in
seiner eigenen Amtszeit neu angeschafften.

Das dritte Kapitel bringt eine ausführliche Übersicht und
Schilderung des einstigen und des gegenwärtigen Inventars. Unter
Würdigung ihres künstlerischen Wertes werden die noch erhaltenen
, z. T. ausgelagerten Altäre, die Kanzel, das Lesepult, der