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Ausgabe:

1959

Spalte:

181-184

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Gese, Hartmut

Titel/Untertitel:

Der Verfassungsentwurf des Ezechiel 1959

Rezensent:

Zimmerli, Walther

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181 Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 3___182

schöpfbar gemacht werden möchten. — G. D o s s i n, Une lectio
ditiicilior dans Juges, IX, 31 (S. 163-167) verteidigt die Beibehaltung
des rrnlpa von Rieht 9,31 mit dem in einer Gründungsurkunde
JaVjdun-Lims von Mari vorkommenden tuimütn „Treulosigkeit
", „Li6t", erklärt np-;ria also als „mit List" und lehnt
die Änderung des Wortes, etwa in rr:TitW „in Aruma" ab.
E. J. Kissane, „Butter and Honcy shall he eat" (Js., 7:15)
will unterschieden wissen zwischen der die Fruchtbarkeit des Landes
Kanaan beschreibenden Formel „Land, das von Milch und
Honig fließt" und der die Vernichtung de6 bestellten Bodens
ausdrückenden Wendung „Butter und Honig essen" und versteht
da6 „Butter und Honig wird er essen" von Jes 7, 15 dementsprechend
als Androhung einer Notzeit. — H. H. Rowley.
Sanballat et le temple samaritain (S. 175—191) stellt die Angaben
des Nehemia-Buches und der Elephantine-Papyri über Sanballat
und über Bagoas denen des Josephus gegenüber, gibt jenen den
Vorzug und bemerkt zur Ansetzung des samaritanischen Schismas
, daß dieses keineswegs mit der Errichtung eines Tempels auf
dem Garizim zusammenzufallen brauche, daß dieser Tempel vielmehr
älter 6ein könne als das wohl zu Anfang des 3. Jahrhunderts
v. Chr. entstandene Schisma. — E. M. B r a u n, Le Mande-
i6tne et la secte essdnienne de Qumrän (S. 193—230) faßt das
Ergebnis seiner gründlichen Untersuchung über das Verhältnis
des Mandäismus zu der Essener-Sekte von Qumrän so zusammen:
„Zuerst erfuhr die aus Qumrän stammende essenische Gemeinschaft
eine Durchdringung mit Elementen der hellenischen Mystik
und zuletzt, Hand in Hand mit einer Zersetzung des jüdischen
Glaubens, die Ausgestaltung einer Gnosis, der das Judentum sich
nur unter seiner gänzlichen Umformung anpassen konnte. Daß
eine Sekte jüdischen Ursprungs dahin kommen konnte, das ist
das Paradoxon des Mandäismus".

Halle/Saale OttoEiBfeldt

Gese, Hartmut: Der Verfassungsentwurf des Ezechiel (Kap. 40—48)
traditionsgeschichtlich untersucht. Tübingen: Mohr 1957. VIII, 192 S.
gr. 8" = Beiträge zur historischen Theologie, hrsg. v. G. Ebeling, 25.
DM 23.80.

Die Kapitel Ez. 40—48, die 6chon Bertholet in seiner 1896
(Neudruck 1922) gehaltenen Habilitationsvorlesung als „Verfassungsentwurf
" des Propheten bezeichnete, haben die Forschung
, wie außer den Kommentaren etwa die Spezialuntersuchungen
von Rautenberg (ZAW 33, 1913, 92-115) und Procksch
(ZAW 58, 1940/41, 99—133) zeigen können, immer wieder beschäftigt
. Die ältere Sicht, die hier problemlos den originalen
Programmentwurf des Propheten für die Heilszukunft meinte
finden zu können, ist kritisch befragt worden: Sind diese Kapitel
wirklich eine Einheit? Wenn nicht — welche Geschichte schattet
sich in ihnen ab, wie verbindet sich ihre literarische Geschichte
mit der Geschichte des Gesamtbuches Ez.?

In der hier zu besprechenden Publikation legt Gese in seiner
erweiterten, von K. Elliger angeregten Dissertation erneut eine
kritische Untersuchung der erwähnten Kapitel vor. Die Arbeit
beschränkt sich ganz bewußt auf den Komplex Ez. 40-48. Die
Frage de6 Zusammenhanges mit Ez. 1—39 und den ebenfalls recht
komplizierten Entstehungsfragen jener Kapitel wird entschlossen
ausgeklammert. Nur in der Zusammenfassung der Ergebnisse
läßt es sich nicht ganz vermeiden, auch zu erwägen, was nun angesichts
der vollzogenen Analyse von 40-48 „tatsächlich von
Ezechiel oder den exilischen Kreisen um oder unmittelbar nach
Ezechiel verfaßt worden sein" (los) könnte. Diese Begrenzung
des untersuchten Bereiches hat angesichts der unverkennbaren
Eigenart von 40—48 im Ganzen des Ezechielbuches methodisch
zunächst ihren guten Sinn. Man muß sich nur darüber klar Weihen
, daß der Verzicht auf die Heranziehung von 1—39 gelegentlich
auch in 40—48 zu Verkürzungen der Fragestellung führt.
Was bedeutet etwa die gute Wahrnehmung, daß der „Süden" in
40—42 (abgesehen von der Glosse in 40, 2) immer als 333,
H -ftiT48 da2egen immer als CTH bezeichnet wird (S. 11. nach
Hölscher), angesichts der Tatsache, daß in 21,2 die beiden Be-
Zk nu"gen in c'nem Prophetenwort friedlich parallel zueinander
gebraucht sind? Ist das qc von 40, 7 f. (noch 41, 16 und 43, 8)
so einfach dem lnra (so ist S. 83, Z. 3 zu lesen. Druckfehler im

hebr. Text noch S. 30, Anm. 2; letzte Textzeile S. 84 und Z. 19,
S. 188) von 46, 2; 47, 1 gleichzusetzen und für einen selbständigen
Sprachgebrauch auszuwerten? Der Blick auf 9,3; 10,4.18
kann darauf führen, noch andere Möglichkeiten des Verständnisses
von 'trz:u zu erwägen, vgl. auch Lexikon von Köhler-
Baumgartner s. v. — Besonders stark drängt schließlich Ez. 43,
das ohne 8—11 nicht zu denken ist, im Rahmen einer traditionsgeschichtlichen
Untersuchung über den Rahmen einer abgeschlossenen
Untersuchung von 40—48 hinaus.

Gese vollzieht im einzelnen drei Arbeitsgänge. Am Anfang
steht die saubere textkritische Aufarbeitung von Ez. 40—48.
Diese Arbeit ist in der vorliegenden Publikation nur für einige
besonders kritische Textstücke in extenso vorgeführt. Im Anhang
wird S. 129-153 der Text von 40, 6-19; S. 154-162 derjenige
von 40, 38-46; S. 162-174 derjenige von 41, 5-15a und S. 174
-184 derjenige von 41, 15b-26 vollständig besprochen. Für 42,
1—14 kann der Verf. auf Elligers Analyse in der Alt-Festschrift
verweisen. Für die restlichen Texte werden die wichtigsten Text-
probleme jeweils in Anmerkungen im Zusammenhang der literar-
kritisch - formgeschichtlichen Analyse besprochen. Diese text-
kritischc Arbeit zeichnet sich durch die Sorgfalt der Erwägung
der hinter M liegenden Textgeschichte und ihre gewissenhafte
Abwägung des Gewichtes aller erheblichen Zeugen aus. Gegen
nurni" und vor allem Jahn, wie auch Bewers Bearbeitung in
Au W'rd serlr bewußt einer voreiligen Rückübersetzung und
Uberbewertung der G-Aussagen, welche die möglichen Glättungen
in G übersieht, abgesagt. G wird behutsam gewertet, besonders
sorgfältig ist daneben auch die Lesung von S erwogen.
, Breitester Raum ist dann der literarkritisch-formgeschicht-
ichen Analyse des Textes gewährt (S. 6—107). Sorgfältig werden
. Teileinheiten abgegrenzt, in ihrer formalen Eigenart gekennzeichnet
und untereinander verglichen. Besonders gut scheint mir
'e Analyse von 40—42 gelungen zu sein. Sehr klar arbeitet der
erf- zunächst den „vollen Visionsstil der Baubeschreibung", der
nach der Einleitung (40, 1-4) in 40, 5-37 und 40, 47 - 41, 4 zu
den ist, heraus. In 41, 5 — 15a tritt daneben ein unausgeführtes
konzeptartiges Aufzählen der Bauteile des Tempelgebietes.

le Beschreibung der Tempelsakristeien in 42, 1—14 sucht wieder
den Anschluß an den vollen Visionsstil, unterscheidet sich aber
von dem Bisherigen durch die nähere Angabe des Zweckes der
auten, eine Eigenart, die neben anderen Merkmalen auch das
■fwischenstück 40, 38—46 von seiner Umgebung abhebt. Auch
r Abschluß des ersten Vi6ionsteils (42, 15—20) weicht vom
strengen Visionsstil ab.

Formal ungleich bunter stellt sich der mit einem Theophanie-
gesdiehnis anhebende Teil 43—48 dar, von dem sich der breite
J-andverteilungsbericht 47,13 — 48,29, der durch eine Aufzählung
der Tore Jerusalems in 48, 30—35 nochmals erweitert worden
ist, als Nachtrag abhebt. Im Restbestand 43, 1 -47, 12 finden
sich einmal versprengte Nachträge zum Tempelbauentwurf
(Altar 43, 13 ff.; Opferküchen 46, 19 ff.). Sie haben offenbar
nicht mehr in den bereits abgeschlossenen Anfangsteil 40—42
einzudringen vermocht, in den sie eigentlich gehörten, und sind
danach als späte Ergänzungen zu kennzeichnen. Den Hauptanteil
v°n 43,1—47,12 aber bildet neben der einleitenden Theo-
phanie-Schau von 43, 1 ff. und dem Anhang der Schau des Tempelstromes
47, 1 ff. ein viel kleingeformteres Gesetzesmaterial ungleicher
Prägung, bei dem nun neben der literarkritischen Kleinanalyse
ungleich stärker die dritte Fragestellung angesetzt werden
muß — die traditionsgeschichtliche Befragung.

Schon die literar- und formgeschichtliche Analyse hatte bei
allen besprochenen Einheiten regelmäßig zu „vorläufigen traditionsgeschichtlichen
Konsequenzen" geführt und so das Material
rur den zweiten Hauptteil, „die Traditionsgeschichte von Ez. 40
—48 (S. 108—123), vorbereitet. In dieser analytischen Vorarbeit
hatte sich dem Verf. immer deutlicher eine, für die Traditionsgeschichte
des Stoffes erhebliche Doppelspurigkeit aufgedrängt:
Neben Stoffen, in denen die Gestalt des N"1©! (danach nasi-
->chicht), des „Fürsten", besonders stark heraustrat, zeigte sich
eine Aussagengruppe, welche starkes Gewicht auf das alleinige
Priesterrecht der Sadoqiden (danach Sadoqidenschicht) legte.

Von diesem Kriterium aus glaubt Gese das Wachstum des
Komplexes 43—48, der in einer zweiten Phase an den Grund-