Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1958 Nr. 2

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

143

Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 2

144

nicht geklärt wird. Nach den Darlegungen im 2. und 3. Teil
(siehe oben) versteht der Verfasser darunter die „Christenlehre"
mit allem, was heute an Hinführung zur Gemeinde, Umgang mit
der Bibel und Glaubenshilfe diesem Unterricht aufgetragen ist.
Hier im 1. Teil hören wir, daß die kirchliche „Erziehung'
wesentlich anderer Art sei als die „Naturform der Erziehung in
der Familie", wie die „Kunstform der Schule", ohne daß gesagt
wird, worin die Andersartigkeit des erziehenden Handelns in
der Kirche besteht. Wenn aber unter der kirchlichen Erziehung
mehr gemeint ist als nur die Christenlehre, so dürfte um so weniger
übersehen werden, daß das Kind nach Gottes Schöpferwilleu
nur über die Bindung an den es tragenden und haltenden Erwachsenen
wie in den Glauben der Kirche so auch in ihr Gemeinschaftsleben
hineinwachsen kann. Damit aber ist die Frage: kirchliche
Erziehung und Eltern — ohne weiteres gegeben.

Es ist gewiß gut, nach dem „Kontakt" zwischen allgemeiner
Pädagogik und dem, was mit „kirchlicher Erziehung" gemeint
ist, zu suchen. Aber dieser Kontakt kann m. E. nicht durch eine
Gegenüberstellung von Begriffen herausgestellt werden, sondern
der Kontakt ist d a in der lebendigen Wirklichkeit der getauften
Kinder der Kirche ebenso wie im Christenlehrer selbst und
seinem Tun. Beide gehören ja zu dieser geschaffenen Menschheit
mit ihrer Gesetzmäßigkeit und ihren Ordnungen, beide gehören
zugleich zum Reiche Gottes, beide stehen unter dem Gesetz und
unter dem Evangelium.

Das Buch zeigt, woher wir in bezug auf die Christenlehre
kommen und wo wir heute stehen. Es gibt dem Lehrer einen
Standort, von dem her er zu Neuem vorstoßen kann. Es zeigt,
wieviel auf diesem Gebiet schon gearbeitet wurde, aber auch
wieviel vor allem im Gebiet des Grundsätzlichen noch zu arbeiten
ist.

Berlin Mugtlalenc v o n T i 1 i n g

Becker, Walter: Gleichberechtigung und religiöse Kindererziehung.

Deutsches Pfarrerblatt 57, 1957 S. 393—395.
— Die „freie Zeit" — ein Erziehungsproblem.

Deutsches Pfarrerblatt 57, 1957 S. 492—494.
Bohne, Gerhard: Verlorene oder gewandelte Bildung? (Fortsetzung)

Monatschrift für Pastoraltheologie 46, 1957 S. 265—277.
Otto, Gert: Unterrichtshilfen für die evangelische Unterweisung. Zu

neuer Literatur für Berufs- und höhere Schulen.

Monatschrift für Pastoralthcologie 46, 19 57 S. 306—310.

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Kantonen, Taito A.: Evangelium und Evangelisation. Eine theologische
Grundlegung christlichen Zeugendienstes. Berlin: Luth. Verlagshaus
19 57. 63 S. gr. 8°. Pp. DM 6.40.

Kantonen, finnischer Lutheraner, Professor an der Hamma
Divinity School in Springfield/Ohio, führendes Mitglied der
Theologischen Kommission des Lutherischen Weltbundes, schrieb
1953 „The Theology of Evangelism" (Philadelphia, Muhlenberg
Press), die nun in deutscher Übersetuzng vorliegt. Evangelisation,
nicht als eine Fachtechnik evangelistischer Spezialisten, sondern
als die umfassende Verkündigung der Frohbotschaft an die Welt,
sieht er unter Berufung auf Hannover (1952 lutherisch) und
Evanston (1954 ökumenisch) und unter Begründung aus der
Schrift als die zentrale Aufgabe für jeden Christen, ob Pfarrer
oder Laie, für jede Kirche, für die gesamte ökumenische Christenheit
. Die unbedingt verpflichtende und gegenwärtig neu erkannte
Größe dieser Aufgabe erfordert eine zureichende theologische
Begründung. „Um die Bedeutung der Evangelisation zu
verstehen, muß man notwendig das Evangelium verstehen ... um
des Herrn Werk zu tun, müssen wir sicher sein, daß es wirklich
des Herrn Werk ist, das wir tun" (12). Allein die christliche
Wahrheit ist es, die in der E. wirksam werden kann. Sie ist
offenbarte Wahrheit, begründet in der Selbstoffenbarung Gottes;
das erste Wort spricht Gott, sein Zeuge kann nur sein, wer
coram deo gestanden hat, wer der Wirklichkeit Gottes begegnet
ist und die Folgerungen dieser Begegnung auf sich nehmen muß.
Sie ist versöhnende Wahrheit, nicht statische Eigenschaft Gottes,
sondern schaffendes Wort, das aus der Verlorenheit rettet. Sie

verlangt verbreitet zu werden, ist Auftrag, der unter allen Umständen
aus Gehorsam gegen das Gebot des Herrn ausgeführt
werden muß, alle eigenwilligen Widerstände überwindend.

Aus dieser ersten Grundlegung ergeben sich wichtige Folgerungen
für die E. Zuerst: sie hat eine von Gott gegründete
Objektivität! Bedarf keiner eigenen Ergänzung oder Verstärkung
. Sodann: sie hat Anspruch auf Autorität, weil Gott selber
in seinem Worte zu uns kommt. Diese Objektivität und der
Anspruch müssen nur aus der Bibel abgeleitet werden: es gibt
„einen lebendigen Zusammenhang zwischen dem fleischgewordenen
Wort, dem geschriebenen Wort und dem in der E. verkündigten
Wort" (17). Weiter: das Wort fordert unweigerlich
eine Entscheidung des Hörenden, wie sie einen Kierkegaard den
Glaubenssprung in die Arme Gottes wagen läßt, einen Sartre
den Sturz in den Abgrund des Nichts. Endlich: das Kerygma
schafft personale Beziehungen, persönliche Gemeinschaft mit
Gott durch Christus, persönliche Gliedschaft in der Kirche. Weil
so verstanden das Evangelium das Herzstück der christlichen
Wahrheit ist, erlangt die E. in Theologie und Praxis der Kirche
zentrale Bedeutung. „Die Wiedereinsetzung des Evangeliums
Gottes als Mittelpunkt von Denken, Leben und Arbeit der
Kirche ist der Schlüssel zu einer theologischen Grundlegung der
E. und die wesentliche Voraussetzung für eine lebendige Kirche"
(21).

Ausgeführt wird die Grundlegung in der engen Verbindung
der trinitarischen Zusammenfassung christlicher Lehre mit der E.
Gleich die Entfaltung des ersten Artikels wirft ein helles Licht
auf die Aufgabe der Verkündigung. Aller Anfang hat zu sein
der Glaube an die völlige Souveränität Gottes. „Die Kirche muß
den souveränen Willen Gottes verkündigen, einerlei ob er mit
den menschlichen Wünschen übereinstimmt oder nicht" (24).
Hier erfolgt eine heilsame scharfe Kritik an vielfachen Formen
christlicher Verkündigung: Wunscherfüllung menschlicher Bedürfnisse
, billige Popularität, Selbsttäuschung, „schamlose Ausbeutung
menschlicher Gefühle", Nährung von Illusionen. Dem
erwachten Gewissen gibt es nur einen einzigen Ausweg: sich dem
allmächtigen Gott auszuliefern. — Der Mensch ist geschaffen
nach dem Ebenbilde Gottes. Die Verantwortlichkeit vor Gott ist
das wesentliche Kennzeichen der menschlichen Existenz. Göttliche
Souveränität und menschliche Verantwortlichkeit stehen
in dialektischer Spannung. Sünde ist heillose Auflehnung — der
Gott der Schöpfung ist auch der Gott der Versöhnung, dessen
heilende Kräfte der Tragödie des Unheils begegnen.

Herzstück der E. ist selbstverständlich die Botschaft des
zweiten Artikels. Das Wunder aller Wunder ist die Fleischwer-
dung des Wortes mit dem Ziel der Versöhnung. „E. heißt die
frohe Botschaft bekanntmachen, daß Gott um unserer Versöhnung
willen aktiv in das menschliche Leben eingegriffen hat.
In der E. setzt Gott sein Versöhnungshandeln an uns fort und
vollendet es. Er befreit uns von der Macht des Bösen und nimmt
uns in die neue Menschheit auf, deren Herr und Haupt Christus
ist" (36). Theologie des Kreuzes bedeutet Erlösung-Opfer-
Versöhnung-Sieg-Liebe. Das sind die Kräfte, die die E. von innen
her gestalten müssen. Ihre Quellen sind die Auferstehung
Christi: das Osterwunder geschieht in jedem noch einmal, der
ein Christ wird; die Himmelfahrt: der erhöhte Herr sendet seine
Boten; er ist der Sieger über die Mächte der Finsternis; er ist
der fürbittende Hohepriester; er übt die königliche Herrschaft
über den Kosmos. Das gibt der E. die Tiefe und Weite.

Vom dritten Artikel her muß die E. fassen, daß Geist und
Christus eng zusammengehören. Wo der Glaube nicht ganz auf
das Werk Christi gerichtet ist, droht die Gefahr eines unpersönlichen
mystischen Geistglaubens — die Wirksamkeit des Geistes
andrerseits vollzieht sich in der Wiedergeburt; sie ist keine Entwicklung
unserer eigenen religiösen Bestrebungen. Durch das
lebenschaffende Evangelium ... ist es in die Herzen gepflanzt.
Glaube, Eingliederung in die Gemeinde, in die Kirche als den
Leib Christi, Heiligung als Wachstum im Wort, im Gebet, im
Kampf gegen die Mächte, in der Hingabe zum Dienst, Gehorsam
, Liebe sind die Früchte des Geistes.

So verstanden ist nach K. die Evangelisation das Herz der
ganzen Arbeit der Kirche,.....die in die Welt einbricht, um die