Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1958 Nr. 2

Spalte:

140-143

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Uhsadel, Walter

Titel/Untertitel:

Evangelische Erziehungs- und Unterrichtslehre 1958

Rezensent:

Tiling, Magdalene

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

139

Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 2

140

ist m. E. der Aufsatz von Hans Pfeil: Denkfreiheit und .Glaubens
- und Gewissenszwang'. P. interpretiert hier im Anschluß an
eine Thomasstelle mit Karl Adam die katholische Lehre vom
Gewissen in einem heute oft von katholischen Gesprächspartnern
geltend gemachten Sinne: die Kirche fordere, daß alle, die ihr
ein inneres Ja nicht mehr entgegenbringen können, aus ihrer
neuen Gewissenshaltung die Folgerung ziehen und ihre Gemeinschaft
verlassen (275 f.). Den klaren Aussprüchen des Gewissens
müsse immer Folge geleistet werden. Allerdings kommt dann
sofort eine wichtige Einschränkung: Es erhebt sich die Frage, ,,ob
es bei einem wahrhaft Gläubigen und nach dem Glauben Lebenden
zu einer gegen die Göttlichkeit der Kirche gerichteten Überzeugung
überhaupt je kommen kann, bzw. ob nicht bei denen,
die den Glauben unter dem Lehramt der Kirche einmal angenommen
haben, immer eine persönliche, vielleicht länger zurückliegende
Schuld vorliegen muß, wenn ihr Gewissen zu glaubenswidrigen
Entscheiden kommt. Letzteres wird von den Theologen
in der Tat bezüglich jener Katholiken angenommen, die eine so
normale religiöse Unterweisung erhalten haben, daß ihnen der
Glaube einmal zu einer inneren Überzeugung geworden ist; nach
theologischer Auffassung wird das Licht der Glaubensgnade keinem
, der guten Willens bleibt, von Gott entzogen". Erscheint
somit der sich von der katholischen Kirche trennende Christ als
mit einem sittlichen Makel behaftet, so wird die angebliche
Pflicht, sich u. U. aus Gewissensgründen von der Kirche zu trennen
, noch fragwürdiger angesichts der kanonischen Strafen, die auf
Glaubensabfall stehen. Auf diese geht P. leider nicht ein. Sonst
hätte er schwerlich K. Adam so uneingeschränkt zustimmen können
, wie er es tut. Die Adamsche Position kritisiert auch Joseph
Klein, Von der Tragweite des kanonischen Rechts, EvTh 17
(1957), besonders S. 114.

Halle/Saale E. Schott

Leclercq, Jacques, Prof.: Die Familie. Ein Handbuch. Deutsche Bearb.
v. Jakob David. Freiburg: Herder 1955. IX, 421 S. gr. 8°. DM 21.80.

Dieser Band bildet den 3. Teil eines vierbändigen Gesamtwerkes
„Lecons de Droit naturel", das zum ersten Mal 1932 in
Namur und 1947—1955 in 3. Auflage in verschiedenen Sprachen
erschienen ist. Auch die übrigen Bände sollen ins Deutsche
übertragen werden. Jakob David hat den Band über die Familie
nicht nur übersetzt, sondern im Einverständnis mit dem Verfasser
für deutsche Verhältnisse neu bearbeitet. Er schreibt im Vorwort
mit Recht: „Nach einer Zeit, in der sich die Ehe selbst in
subjektiv-individualistischer Weise aus den gesellschaftlichen Zusammenhängen
zurückgezogen hatte, um sich ganz auf das Liebesverhältnis
der Gatten zu konzentrieren, scheint eine Zeit heraufzukommen
, in der die tieferen Hintergründe wieder gesehen und
auch Gesellschaft, Wirtschaft und Staat sich der Verpflichtung
jener Gemeinschaft gegenüber wieder stärker bev/ußt werden,
die man mit Recht die Urzelle der menschlichen Gesellschaft genannt
hat."

Dem evangelischen Leser scheint bemerkenswert, in welchem
Maße der katholische Verfasser auf moderne Probleme eingegangen
ist, wie er z.B. (S. 138) die Prüderie bekämpft oder, wenn
auch natürlich vorsichtig, den Stimmen Raum gibt, welche die
traditionelle Lehre von der wesentlichen Hinordnung der Ehe
auf die Erzeugung von Kindern in Frage stellen (S. 274 ff.).

Auf der anderen Seite versteht es sich von selbst, daß das
Handbuch die kirchlich gebundene Grundhaltung beobachtet und
die gesamte Lehre von Ehe und Familie naturrechtlich begründet
„Man versteht, daß die Kirche den Anspruch erhebt, selber die
Ehe ihrer Gläubigen zu ordnen. Dies um so mehr, als die Kirche
von der Ehe eine im höchsten Grade realistische Auffassung hat"
(S. 38). Wir hören in diesem Zusammenhang, daß „die Theorie
der Theologen von ehedem, nach denen das Sakrament den Eheleuten
nur durch den körperlichen Vollzug der Ehe gespendet
wurde, aufgegeben ist" (ebendort).

Auffallend ist das Zurücktreten des NT für die Begründung
der durch Jesus Christus in die Welt gekommenen Gleichberechtigung
der Frau. Statt dessen heißt es (S. 296): „Die katholische
Kirche darf sich rühmen, als erste, die absolute Gleichwertigkeit
der Geschlechter verkündet und daraus alle Konsequenzen gezogen
zu haben."

Im ganzen muß auch ein Evangelischer die hier vorgetragene
gesunde Lehre, welche die Norm und die Institution von Ehe
und Familie über den gerade in evangelischen Kreisen allzu weit
verbreiteten Individualismus stellt, freudig bejahen. Daß die
schwierigste Frage, welche reinlich überhaupt nicht gelöst werden
kann, die nach der Geburtenregelung, entsprechend den bekannten
päpstlichen Verlautbarungen mit dem Hinweis auf die sog.
Ogino-Knaus-Methode beantwortet wird, nimmt nicht wunder,
wenn auch hätte erwartet werden können, daß der Verfasser noch
mehr, als es geschieht, auf die gerade von evangelischer Seite
erhobenen Bedenken gegen die auch hier nicht zu vermeidende
Rationalisierung eines letzten Geheimnisses eingegangen wäre.

Bonn c. G. Schweitzer

Bührig, Marga: Einige Bücher zum Thema „Mann und Frau".

Verkündigung und Forschung 1957 S. 108—120.
Gardner, E. Clinton: Justice and Love.

Theology Today XIV, 1957 S. 212—222.
G r o e g e r, Guido N.: Evangelische Eheschulen.

Kirche in der Zeit 7, 1957 S. 218—221.
Heinemann, Gustav W.: Gedanken zur politischen Ethik.

Junge Kirche 18, 1957 S. 373—375.
Pfisterer, Rudolf: Wie empfindet der Verurteilte seine Strafe, als

Mißgeschick oder als Sühne?

Evangelische Theologie 17, 1957 S. 416—423.
Piper, Otto A.: The Meaning of Work.

Theology Today XIV, 1957 S. 174—194.
Schrey, Heinz-Horst: Rechtfertigung und Geschichte. Neuere Literatur
zur Ethik.

Theologische Rundschau NF 24, 1956/57 S. 170—185.
W a 1 h o u t, Donald: Deeper Levels of Christian Ethics.
Theology Today XIV, 19 57 S. 164—173.

PÄDAGOGIK UND RELIGIONSPÄDAGOGIK

Tiling, Magdalene von, D.: Wir und unsere Kinder. Eine Pädagogik
der Altersstufen für Eltern und Erzieher in Heim und Schule. 2. Aufl.
Stuttgart: Steinkopf [1956]. 253 S. 8°. Kart. DM 10.—. Lw. 12.—.

Die erste Auflage dieses Buches, das ThLZ 1957, Sp. 467
besprochen wurde, ist in kurzer Zeit vergriffen gewesen, so daß
alsbald die zweite Auflage gebracht werden mußte. Sie ist bis
auf einen kleinen Einschub auf den Seiten 170—173 stereotyp
geblieben. Zu diesem Einschub hat sich die Verfasserin genötigt
gesehen, um Mißverständnisse von Seiten der Tiefenpsychologie
und der Psychotherapeuten abzuwehren. Also auch die in Einzelheiten
sich ergehenden Ausführungen wie über das Lügen, Steh -
len und die geschlechtlichen Dinge wollen von dem ganzen Ansatz
des Buches aus verstanden sein.

Gotha Oskar Ziegner

Uhsadel, Walter, Dr. phil.: Evangelische Erzichungs- und Unterrichtslehre
. Heidelberg: Quelle & Meyer 19 54 202 S. gr. 8° Lw.
DM 14.-.

Das Buch will allen, die sich um die Christenlehre bemühen,
eine Bestandsaufnahme über die Lage der Religionspädagogik
der letzten Jahrzehnte bis zur Gegenwart, ihrer Literatur und
ihrer Lehrpläne geben. Der Ausgangspunkt des Verfassers ist
die völlig neue Situation, in der die Christenlehre (der Religionsunterricht
) sich seit 1945 befindet, eine Christenlehre, die sich
auf ihre Bezogenheit auf die Kirche und die Bibel als ihren einzigen
Sachgehalt zurückbesonnen hat. Mit dieser Besinnung aber
ist die Gefahr um so größer geworden, daß das der Christenlehre
zugrunde liegende Denken der allgemeinen Pädagogik gegenüber
in eine Isolierung gerät.

Um ihr zu entgehen, stellt sich der Verfasser die Aufgabe,
die Probleme der Erziehung und des Unterrichts durch die Kirche
und auf die Kirche hin in möglichst engem Kontakt mit der allgemeinen
Pädagogik und ihren Kategorien zu erörtern, um dadurch
die Verbundenheit der neuen Religionspädagogik mit der
allgemeinen Erziehungswissenschaft ebenso wie die der Methodik
der Christenlehre mit der der übrigen Schulfächer unter Beachtung
ihrer Besonderheit herauszustellen. Dieser Kontakt mit der