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Ausgabe:

1958 Nr. 2

Spalte:

123-127

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Koinonia 1958

Rezensent:

Kinder, Ernst

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 2

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Berühmt ist die „große Promotion" des Tübingerstifts, zu
der Schelling und Hegel gehörten. Zur Zeit der großartigen
500 Jahrfeier der Universität Leipzig 1909 erlebte sie eine ähnliche
„große Promotion". Es fanden sich damals und kurz darnach
hier der junge Althaus, der junge Ihmels, Gerhard Kittel,
der junge Rendtorff, Ernst Sommerlath — und Erich Stange. Bei
der Berufswahl boten sich Stange glänzende Aussichten. Obwohl
ihn die Universität hätte locken können, trat doch von vornherein
ein praktischer kirchlicher Dienst bei ihm in den Vordergrund
. Aber er hatte die Wahl zwischen einem geistlichen Amt,
einem kirchenregimentlichen Auftrag, einer leitenden Stellung
in der äußeren Mission und der Übernahme der Führung der
Jungmännerarbeit im evangelischen Deutschland. Nicht ohne ein
leises Bedauern einzelner Kreise entschied sich Stange dafür, 1922
evangelischer Reichsjugendwart zu werden.

Höchst anschaulich schildert Stange in seinem Bericht die
Entwicklung der Jungmännerarbeit seit 1922. Er zeigt, wie er
seine schwierige Aufgabe auffaßte und mit Meisterschaft zu lösen
verstand. Auch hier gilt: Tantae molis erat Romanam con-
dere gentem. Wenn man bei der Lebensarbeit Stanges aufs große
Ganze blickt, da tritt die grundsätzliche, prinzipielle Frage in
den Vordergrund: die Frage nach dem kulturgeschichtlichen,
nationalen, kirchlichen oder religiösen Ertrag der Jungmännerarbeit
. Das Ergebnis der Jungmännerarbeit ist sozusagen ein
„Halbfabrikat". In der Ehe, in der Kindererziehung, im Beruf,
im Staatsleben, in der Politik — im Leben der Kirchgemeinde usf.
mußte sich zeigen, wieweitreichend die Bildung war, die gegenüber
all den großen, entscheidenden Lebensproblemen dem ins
Leben entlassenen jungen Menschen, dem jungen Christen im
Jungmännerkreis zuteil geworden war.

Bleiben all diese Fragen, Sorgen, Nöte für unsere unmittelbare
Zukunft quälend groß — das alles darf und soll uns nicht
hindern, voll Dankbarkeit auf das segensreiche Wirken eines
Erich Stange in schwerer und allerschwerster Zeit zurückzuschauen
.

Leipzig Carl Niedner

L o h s e, Bernhard: Kirche und Offenbarung bei A. F. C. Vilmar.

Evangelische Theologie 17, 1957 S. 445—467.
Niemöller, Wilhelm: Kirche und Israel. Ein Beitrag aus dem Jahre

1939.

Evangelische Theologie 17, 1957 S. 468—478.
P a t a c h i, Liviu: Din viata preotimü romine transilvane intre anii
1848—1854.

Mitropolia Ardealului I, 1956 S. 254—263.
Rouquette, Robert: An audit of Modernism.

Theology Digest V, 1957 S. 143—149.
Schoeps, Hans-Joachim: Joachim Wachs wissenschaftliche Bedeutung.

Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte IX, 1957 S. 368

bis 371.

V i n a y, Valdo: Die „eccle6ia spiritualis" bei Ernesto Buonaiuti.

Nederlands Theologisch Tijdschrift 12, 1957 S. 38—58.
Z i m m e r 1 i, Walther: Das neue Israel.

Evangelische Theologie 17, 1957 S. 479—495.

KIRCHEN KU NDE

K o i n o n i a. Arbeiten des Ökumenischen Ausschusses der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands zur Frage der Kirchen-
und Abendmahlsgemeinschaft. Hrsg. v. Luth. Kirchenamt der Vereinigten
Evang.-Luth. Kirche Deutschlands. Berlin: Luth. Verlagshaus
[1957]. 238 S. gr. 8°. DM 12.80.

Der Fragenkomplex der „Interkommunion" hat die ökumenische
Bewegung von Anfang ihres Bestehens an naturgemäß stark beschäftigt.
Im Anschluß an die 2. Weltkonferenz für Faith and Order in Edin-
burg 1937 beschloß man, ihn in seiner Bedeutung für die ökumenischen
Bestrebungen einem planmäßigen Studium zu unterziehen. Über die
Arbeiten der hierzu 1939 eingesetzten Kommission und ihre vorläufigen
Ergebnisse unterrichtet der Studienband „Intercommunion — The
report of the theological commission appointed by the continuation-
committee of the world Conference on faith and Order, together with
a selection from the material represented to the commission", edited
by Donald Baillie and John Marsh, S. C. M. Press London 1952, 406 S.
(Dazu der Bericht der amerikan. Unterkommission von 1942, Faith
and Order-Veröffentlichungen Heft 98 (Genf) sowie die sidi auf Europa
, vor allem die anglikan. Kirche beziehende Zusammenstellung von
Leonard Hodgson: Rules and customs of churches concerning intercommunion
and open communion, 1944, Faith and Order-Veröffentl.
H. 99). Der Bericht der Gesamtkommission (Studienband S. 15—13) lag
der 3. Weltkonferenz für Faith and Order in Lund 1952 vor. Auf dieser
befaßte sich eine eigene Sektion mit dem Fragenkomplex „Interkommunion
" und der offizielle Konferenzbericht geht in Kap. V in
aller Form auf diesen ein. (Vgl. „Kirche, Gottesdienst, Abendmah'.s-
gemeinschaft", Bericht der 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung
in Lund 1952, hrsg. von Wilhelm Stählin, Luther-Verlag
Witten 1954, S. 49—57.) Er stellt die unterschiedlichen Auffassungen
in dieser Frage heraus und ruft die Kirchen auf, ihr größere Aufmerksamkeit
zu widmen (a.a.O., 55). Dies veranlaßte die Kirchenleitung
der Vereinigten Evangelisch - Lutherischen Kirche Deutschlands, ihren
Ökumenischen Ausschuß zu beauftragen, den Fragenkomplex von Kirchengemeinschaft
und Abendmahlsgemeinschaft vom Standpunkt der
lutherischen Kirche aus durchzuklären. Dieser Ausschuß trat von März
1953 bis Mai 1954 in vier Arbeitssitzungen zusammen (s. den Bericht
in dem vorl. Band S. 13—23); daraus ging das „Memorandum des Ökum.
Aussch. d. V. E. L. K. D. zum Verhältnis von Kirchengemeinschaft und
Abendmahlsgemeinschaft" vom 18. Sept. 1954 hervor, dessen Text
sich in dem vorl. Band S. 9—12 findet. Vor allem enthält dieser Band
die bei den Arbeitssitzungen gehaltenen Referate.

Drei Referate arbeiten die neutestamentliche
Orientierung für die Themafrage heraus: L. G o p p e 11,
Kirchengemeinschaft und Abendmahlsgemeinschaft nach dem NT
(24—3 3); W. v. Krause, Was sagt uns das NT zur Frage der
Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft? (34—41); L. Goppelt,
Kirche und Häresie nach Paulus (42—56). Besonders das erstgenannte
„erwies sich für die ganze folgende Arbeit des Ausschusses
als wesentlich" (15 f.). Ausgehend von 1. Kor. 10, 17
entwickelt es die grundsätzliche Aufeinanderbezogenheit von
Kirchengemeinschaft und Abendmahlsgemeinschaft. Die Abend-
mahlsgemeinschaft ist die jeweilige zeitlich - räumliche Aktualisierung
der Kirchengemeinschaft. Dabei ist wichtig, daß das Sakrament
nicht nur empirisch, sondern auch wesensmäßig nicht
von der hinter ihr stehenden Verkündigung abzulösen ist. So
hängt das volle Wirksamwerden des Sakraments zum Heil nicht
allein von der stiftungsmäßigen Spendeformel ab, vielmehr wesentlich
von der Echtheit der hinter ihm stehenden Verkündigung
. Nur in einer Gemeinde, die das apostolische Wort festhält
und aktualisiert, wird das Sakrament recht gespendet und sein
Segen empfangen. Damit sind der Abendmahlsgemeinschaft Grenzen
gezogen. Das zweite Referat von Goppelt, das dem Unterschied
von tragbarer Mannigfaltigkeit der Lehre und nicht mehr
tragbarer Irrlehre nach dem NT nachgeht, schließt daran an. (Es
war schon vorher veröffentlicht in der Gedenkschrift für W.
Eiert, Luth. Verlagshaus Berlin 1955, 9—23.)

Es folgen historische Untersuchungen, von
denen besonders auf das Referat von W. E 1 e r t, Abendmahl und
Kirchengemeinschaft in der alten Kirche (57—78), hingewiesen
sei, da es die Urform seiner bekannten Studie „Abendmahl und
Kirchengemeinschaft in der alten Kirche hauptsächlich des
Ostens", Luth. Verlagshaus Berlin 1954, 190 S., darstellt. —
Die verschiedenen Stellungnahmen zu der Frage Kirchengemeinschaft
und Abendmahlsgemeinschaft sind in unterschiedlichen
Auffassungen von der Kirche begründet. Dabei ist die Haltung
der luth. Kirche heute stark von dem sogen. „Neuluthertum" des
19. Jhdt.s bestimmt. Es gilt zu prüfen, wie sich dessen Kirchenauffassung
zu der Luthers verhält. Dies unternimmt das Referat
von A. Kimme, Luthers Auffassung von der Kirche und der
Kirchenbegriff der lutherischen Erweckung des 19. Jhdt.s (79—93).
Es setzt mit einer Untersuchung der Kirchenbegriffe von Harleß,
Th. Harnack, Löhe und Franz Delitzsch ein und konfrontiert
diese mit dem Luthers. Dabei kommt es zu dem Ergebnis, daß
dort wohl die Grundmotive von Luthers Kirchenbegriff durchgehalten
worden seien, jedoch in einer gewissen Weiterentwicklung
und auch unter gewissen einseitigen Verkümmerungen bzw.
Überbetonungen. (Nach dem Arbeitsbericht S. 17 hielt auch
K. D. Schmidt ein Referat über das gleiche Thema, das hier nicht
veröffentlicht ist. Vgl. aber sein anderes hier vorl. Referat (s. u.),
S. 128 ff. u. 131 f., sowie seinen Aufsatz „Die Katholizität der
Kirche", Ev.-Luth. Kirchenzeitg. 10. Jg. 1956, Nr. 12, 204 ff.).
A. Kimme referiert in einem zweiten Beitrag noch über die Stellung
des Anti-„Synkretisten" Friedrich Balduin aus dem 17. Jhdt..
zur Frage der Interkommunion (94—97).