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1958 Nr. 12

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Religionspädagogik, Katechetik

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 12

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Familientypus" als einem konstanten soziologischen Ideal sprechen
kann, da die Ordnungen der Welt hineinverflochten sind in
den Wandel der Kulturgeschichte (S. 20 f.). Auf der anderen Seite
muß es aber doch möglich sein, so etwas wie ein Leitbild der
christlichen Familie zu erarbeiten, das der Gemeinde in allem Wandel
der soziologischen Formen Halt und Weisung gibt. Hier tritt
Gottes Gebot als hilfreiche Norm immer wieder neu in Kraft
(S. 21 f.). Die Bedeutung der Familie als Erziehungsfaktor, die
inzwischen von der Psychologie und Pädagogik einhellig herausgearbeitet
worden ist, wird mit Nachdruck unterstrichen (S. 23
—26). Ein besonderes Problem ist das Verhältnis der Familie zu
anderen Erziehungsfaktoren, besonders zum Staat (S. 34—39).
Hier muß noch gründlich gearbeitet werden. Vor allem ist zu
klären ,ob die These, jedes andere Erziehungsmandat sei nur als
Delegation durdi die allein ursprüngliche Erziehungsvollmacht der
Eltern zu verstehen, gehalten werden kann (S. 37).

Der zweite Abschnitt der theologischen Besinnung klärt „die
Veranrwortung der Familie im Lichte des Evangeliums" (S. 56
—95). Es wird deutlich herausgearbeitet: Der Glaube an das Evangelium
ist kein Erziehungsziel. Das Evangelium ist auch kein Erziehungsmittel
. Das geistliche Regiment Gottes nimmt in der Familie
die Gestalt der christlichen Hausgemeinde an. Ihre Lebensfunktionen
werden systematisch dargestellt (S. 84—92). Von besonderem
Interesse sind darüber hinaus in diesem Abschnitt die
Ausführungen darüber, daß das gemeinsame Leben in der christlichen
Hausgemeinde, das unter Wort und Gebet geschieht und
ganz dem geistlichen Regiment Gottes angehört, nun doch ganz
bestimmte und aufweisbare pädagogische Situationen schafft und
umgekehrt die Erziehung der Verkündigung im Hause vorarbeitet
(S. 61 ff., 71 ff.). Aus dem geistlichen Leben der Hausgemeinde
entwickeln sich ganz von selbst pädagogische Funktionen,
in denen die enge und konkrete Verklammerung der beiden Re-
gimente Gottes in der Wirklichkeit des Lebens deutlich sichtbar
wird. Es handelt sich dabei nicht nur um ein „neues pädagogisches
Klima" (S. 75 ff.), sondern vor allem um die Verwirklichung der
apostolischen Paränese im erziehenden Handeln (S. 81 ff.). Hier
wird eine Frage aufgegriffen, die dringend der weiteren Klärung
bedarf: Was bedeutet die Paränese für die Lösung gerade der
heikelsten pädagogischen Probleme, wie etwa Freiheit und Zwang
oder Ideal und Wirklichkeit? Es wäre zu wünschen, daß gerade
die Diskussion über Erziehung unter dem Evangelium solche Anstöße
aufgreift als förderliche Ergänzung zu dem monotonen
Umkreisen der Grundsatzfragen, in dem sie weithin noch befangen
ist.

Der abschließende Teil ist dann der Verantwortung der
Kirche für die Familienerziehung gewidmet (S. 96—100) und bespricht
Möglichkeiten praktischer Hilfe und Wegweisung.

Die Arbeit läßt erkennen, daß die Grundfragen, die die Familienerziehung
heute stellt, auf der ganzen Welt im Grunde die
gleichen sind und daß die Theologie im Gespräch mit den Soziologen
und Pädagogen dazu einen wesentlichen Beitrag zu leisten
hat. Sie ist auf jeden Fall eine gründliche und umfassende Einführung
in diese Probleme, nicht zuletzt dadurch, daß sie die
Punkte aufzeigt, an denen eine sachkundige Weiterarbeit nötig
und lohnend ist.

Das Studiendokument ist gleichzeitig in norwegischer, englischer
und deutscher Sprache erschienen. Eine begrenzte Anzahl
von Exemplaren steht noch zur Verfügung und kann bei der
Geschäftsstelle des Deutschen Nationalkomitees des Luth. Weltbundes
in Hannover-Herrenhausen, Böttcherstr. 8 bezogen werden.
Es wird sich vor allem empfehlen, davon für die Institute und
Seminare für Sozialethik, Erziehung und Prakt. Theologie Gebrauch
zu machen.

Erlangen KurtFrör

Delcuve, G.: Le mouvcment catichistique «n France. Le recent
communique de la Commission episcopale de l'enseignement religieux.
Nouvelle Revue Theologique 90, 1958 S. 39—66.

F a 11, Theodor: Inhomogenität der Mitarbeitergruppen als pädagogisches
Problem in evangelischen Erziehungs- und Lehrlingsheimen.
Die Sammlung 13, 1958 S. 579—583.

Faure, J.-L: Reflexions sur la formation morale et religieuse de l'en-
fant en internat de reiducation.

Stüdes Theologiques et Religieuses 32, 1957 S. 163—173.

Glasson, T. Francis: Factors in Character Formation.
Theology Today XIV, 1958 S. 478—490.

Hammelsbeck, Oskar: Die Kirche vor der Erziehungsfrage.
Kirche in der Zeit XIII, 1958 S. 80—85.

Krause, Friedegard- Religion: mangelhaft.
Kirche in der Zeit XII, 1957 S. 309—310.

Otto, Gert: Methodik des evangelischen Religionsunterrichts als theologisches
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Zeitschrift für Pädagogik 4, 1958 S. 231—241.
— Gegenwartsprobleme zwischen Theologie und Pädagogik.

Lutherische Rundschau 8, 1958 S. 152—171.
Saatmann, Luise: Erziehung als Seelsorge am Kinde.

Wege zum Menschen 10, 1958 S. 186—194.
Stumpfe, Ortrud: Pädagogische Probleme der Gegenwart.

Eckart 27, 1958 S. 39—51.

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Kiesow, Ernst-Rüdiger: Dialektisches Denken und Reden in der Predigt
. An Beispielen aus der Predigtliteratur der Gegenwart untersucht
. Berlin: Evang. Verlagsanstalt [1957]. 200 S. 8° = Theologische
Arbeiten, hrsg. v. H. Urner, Bd. V. Hlw. DM 8.80.

Endlich kommt einmal wieder jemand auf den Gedanken,
kritisch-analysierend die Predigt g e s t a 11 unter die Lupe zu
nehmen, und zwar der Predigergeneration von 1930—50, die ehrlichen
Herzens davon überzeugt ist, daß ihr das Wort Gottes und
seine Auslegung alles, die Formfrage hingegen nichts oder kaum
etwas bedeute. Dieser Generation, die keineswegs auf die sogen.
„Dialektische Theologie" beschränkt ist (also uns Heutigen!),
weist K. nach, wie stark, aber auch wie bedenklich sie in der
Argumentationsform ihrer Predigten der „rationalen Denkmethodik
und Sprachform" der Dialektik verhaftet ist.

K. hat diese Arbeit unter der Patenschaft von Rudolf Hermann
als Dissertation bei Otto Haendler geschrieben. Er bemüht
sich dabei, dieses dialektische Predigtdenken seinen charakteristischen
Formen nach zu differenzieren und seiner homiletischen
Bedeutung nach zu beurteilen .Er geht von der philosophiegeschichtlichen
und philosophischen Erfassung der Dialektik als
eines Denkens und Redens aus, „in dem gegensätzliche oder
widerspruchsvolle Feststellungen stattfinden" (17) — leider, ohne
auch Heraklit, den .Vater der Dialektik' zu berücksichtigen — und
kommt zu dem Resultat: „Das dialektische Denken wird durch
die permanente Bewegung zwischen Thesis und dazugehöriger
Antithesis, zwischen Position und entsprechender Negation charakterisiert
" (21). K. unterscheidet vier Grundformen des dialektischen
Denkens: 1. das „nonische Verfahren", die intendierte
Sache wird in „negierenden, absondernden Sätzen" umschrieben;
2. die „dialogische Gestaltung". Sie ist in ihrem Hin und Her
Gespräch; 3. die „antithetische Wirklichkeitsschau", die von der
„Existenz" her ihre Inhalte in „Gegensätze" gespalten sieht:
4. die „paradoxe Aussage", die ihre Sache nur in der Forin des
logischen Widerspruchs erfassen zu können meint. Von da geht
K. zur „Dialektik der christlichen Glaubenserkenntnis" über
(S. 34 ff.). Dabei stellt er fest: „Das Wort Gottes begegnet dem
Menschen nicht darin paradox, daß es seine formalen Denkgesetze
verletzte, sondern darin, daß es mit dem Selbstverständnis der
autonomen Vernunft streitet und vom Verstand weder ersonnen
noch unmittelbar angeeignet werden kann" (40). In der Predigt
schließlich (Kap. III) findet nun K. den „Ort angewandter theologischer
Dialektik" (48). Auch der Prediger ist auf ihre „Ausdrucksmöglichkeiten
" vor allem bezüglich der „theologisch-dogmatischen
Abstraktion" angewiesen (51) und entwickelt besonders
von daher seinen dialektischen Stil.

Im zweiten Teil wird nun „der homiletische Ausdruck dialektischen
Denkens" an ausgewählten Beispielen dargestellt und
kritisiert (69 ff.): die sachlich begründete, aber auch rhetorisch so
vielfach verwendete „Nonik", die nicht nur verdeutlicht, sondern
sich auch „hemmend vor die positive Botschaft zu legen" vermag
(77); die „Dialogik", die vom „Gesprächscharakter der Predigt"
gefordert ist, stilistisch beleben kann, aber auch in Gefahr 6teht,
den Hörer reflektierend in ein „auswegloses Hin und Her von