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Ausgabe:

1958 Nr. 12

Spalte:

857-858

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Andrén, Carl-Gustaf

Titel/Untertitel:

Konfirmationen i Sverige under medeltid och reformationstid 1958

Rezensent:

Nyman, Helge

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857

Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 12

858

Bei der bestehenden Unsicherheit betr. Heimat und Zeit
dieser Texte sind die zusammenfassenden Übersichten der Ergebnisse
ihres Vergleichs mit anderen Sakramentarien von zweifelhaftem
Wert. Man liest zu selten, daß die hier, wie in der Sakra-
mentarforschung überhaupt, beliebten Ausdrücke „als eigen aufweisen
", „mit. .. gemeinsam haben", „zusammengehen mit. ..",
„Allgemeingut", „Anleihen machen", „einer Quelle entnehmen",
„als Quelle dienen" usw. fast durchweg hypothetisch sind. Was
heißt denn auf diesem Gebiete „Quelle"? (s. meine Ausführungen
in Z. f. Schweiz. KG 48 (1954), 23 ff.). Und was nützt der Nachweis
, daß „insgesamt 91 Formeln" des Missale Francorum „mit
englischen Missalien und Pontifikalien bzw. (!) englischen und
irischen Sakramentarien gehen" (eine in jeder Hinsicht Heterogenes
, wie das Stowe Missale und das Westminster
Missale, zusammenfassende Gruppierung, S. 58), wenn nicht
einmal in Verbindung mit den am Ende der Einleitung (S. XXVI)
erwähnten Stimmen für die influence irlandaise erkannt
wird, daß der entscheidende Beweis für diesen Einfluß die
Beschränkung des Sanctorale auf Communia ist? Die Com-
munia entsprechen einem nicht-historischen Zeitbewußtsein, das
bis heute (in Europa, außer Irland) nur noch in der Liturgie präsent
ist.

Nur die Ausgabe des Veronense hat in dieser Serie bisher
ein Kapitel über „Inhalt und Charakter des Buches" gebracht,
aber auch hier handelt es sich nur um den Nachweis, daß das
Veronense kein offizielles Sakramentar war. Eine inhaltliche, echt
liturgiewissenschaftliche (d. h. weder dogmatische noch devotioneile
) Auswertung dieser Texte steckt in den Kinderschuhen. Aus
der Fülle der unerschlossenen Inhaltsgebiete greife ich nur einige
mich besonders interessierende heraus: Die Stellung der hl. Hilarius
, Germanus und Martin als erste Nationalheilige, die Entstehung
der liturgischen Verehrung alttestamentlicher Heiliger,
die für die Periode zwischen Spätantike-Patristik und Frühscholastik
einzigartige Anthropologie (in den Jungfrauen- und
Witwenweihen) und endlich die Weglassung der Worte catho-
licae et in dem T e i g i t u r des Missale Francorum. Die
Literaturverzeichnisse weisen nicht eine Veröffentlichung auf, die
6ich inhaltlich mit diesen Texten befaßt hat. Der Grund ist nicht
allein, daß es bisher keine ordentlichen Ausgaben gab, sondern
daß Kleriker außerhalb des streng Theologischen wissenschaftlich
über diese Texte nichts auszusagen vermochten und Laien 6ich
nicht an sie herangetrauten. In Wirklichkeit sind diese Texte für
die Geschichte des abendländischen Geistes schlechthin ergreifend.
Die vorliegenden Bände schließen nicht ihre Erforschung ab, sondern
haben dafür die elementaren Voraussetzungen geschaffen.

Druckfehler: In Bd. II: S. XVIII, Z. 9: „sure" und „writer"; S. XIX,
Z. 15: „examples"; S. 59, Z. 15: „95-97" Statt „96"; Bd. III: S. 103,
Z. 4: „Sacramentorum".

Basel JohnHennig

Andren, Carl-Gustaf: Konfirmationen i Sverige ander medeltid odi
rcformationstid. With a Summary in English. Lund: Gleerups förlag
[1957]. 316 S. gr. 8° = Bibliotheca theologiae practicae I. Schw.
Kr. 17.50.

Diese Arbeit wurde bereits in Kürze in dieser Zeitschrift
(Nr. 3, 1958, Sp. 176) genannt; da es sich jedoch um eine liturgiegeschichtliche
Untersuchung von wirklicher Bedeutung handelt
, ist eine eingehendere Erörterung hier wohlberechtigt.

Andrens Arbeit bildet ein schönes Glied in derjenigen Reihe
praktisch-theologischer Abhandlungen, die in rascher Folge von
Schülern Professor Sven Kjöllerströms in Lund herausgebracht
wurde, und die mit Vorliebe liturgiegeschichtliche Themen behandelt
. Mit vorliegendem Band beginnt die „Bibliotheca theologiae
practicae", die, seit diese erste Nummer erschien, bereits
mehrere wichtige Arbeiten umfaßt, alle in 6ehr ansprechender
Ausstattung.

Untersuchungen über die Konfirmation dürfen im allgemeinen
mit dem Interesse der evangelischen Kirchen unserer Zeit
rechnen, in der man verschiedenerseits nach Wegen zur Erneuerung
des kirchlichen Katechumenats sucht. Andrens Buch
sieht jedoch 6eine Aufgabe nicht darin, in eine aktuelle Erörterung
einzugreifen; es behandelt die Konfirmation überhaupt

nicht in dem Sinn, wie sie z. B. das Luthertum von heute kennt.
Hier ist von der sakramentalen Konfirmation der römisch-katholischen
Kirche die Rede, zu der sich die Reformation bekanntlich
prinzipiell ablehnend verhielt. Andren greift sein Problem gerade
in jener Konfliktsituation auf, die beim Zusammentreffen der
mittelalterlichen Kirche mit der Reformation entsteht, und zwar
unter räumlicher Begrenzung auf die schwedische Kirche, was von
Wichtigkeit ist, teils da der Stoff, den letztere bietet, bis jetzt
noch nie aus diesem Blickwinkel behandelt wurde, teils mit Rücksicht
darauf, daß gerade Schweden hier in mehrfacher Hinsicht
eine selbständige Tradition innerhalb des Luthertums ausmacht.
Die vorgenommene Untersuchung erhält also hiermit bei all ihrer
strengen geschichtlichen Beherrschtheit auch prinzipielle Tragweite
. Sowohl durch seine gründliche und nüancierte Analyse der
Bedeutung des römischen Konfirmationssakraments, so, wie das
schwedische Quellenmaterial es beleuchtet, als auch durch den
eingehenden Beweis, wie die schwedischen Reformatoren auf
jedem bedeutenden Punkt ihre prinzipielle Opposition gegen die
herkömmliche Konfirmation erheben, hat Andren Entscheidendes
zur Klärung der Konfirmationsdebatte beigetragen.

Was sein Buch vor allem geben will, ist eine eingehende und
detailreiche liturgiegeschichtliche Spezialuntersuchung. Er zeichnet
ein so gutes Bild der Stellung der römischen Konfirmation im
mittelalterlichen Schweden sowohl in Lehre wie in Praxis, daß es
mit dem zu Gebot 6tehenden Material kaum wesentlich klarer
gezeichnet werden dürfte. Einzelheiten in der Darstellung
lassen sich vielleicht diskutieren; so hat z. B. S. K r o o n (in
Kyrkohistorisk Ärsskrift, Uppsala 1957) behauptet, die Konfirmationsfrequenz
in Schweden sei geringer gewesen, als Andrens
Untersuchung glaubhaft zu machen versucht. Kroons Schluß, dies
trage dazu bei, die Aufgabe der Konfirmation zu Beginn der Reformationszeit
zu erklären, ist jedoch sicher übereilt. Andrens
These, die Konfirmation 6ei gerade infolge des prinzipiellen Widerstands
der schwedischen Reformatoren gegen dies Sakrament
abgeschafft, nicht aber reformiert worden, ist also haltbar. Die
Polemik der Reformatoren hatte zweifellos einen genügenden
Hintergrund in der damals herrschenden Praxis, wenigstens in den
Städten und in den dichter bevölkerten Dorfgemeinden, um so
konkrete Bedeutung zu gewinnen.

Das große, gründliche Kapitel über den Konfirmationsakt
selbst ist ganz besonders interessant. Gegen W. Maurer macht
Andren geltend, des Erasmus an die katechetische Konfirmation
der böhmischen Brüder erinnernder Vorschlag eines öffentlichen
Akts, bei dem die Kinder geprüft werden und ihr Taufgelübde
erneuern sollten, stehe mit der Konfirmation an sich nicht in unmittelbarem
Zusammenhang, sondern diese sei hiervon unabhängig
in gewöhnlicher römischer Form verrichtet worden. Dies
schließt natürlich nicht aus, daß die Gedanken des Erasmus später
bei der Arbeit an der Erneuerung der Konfirmation Bedeutung
gewannen.

Andrens Literaturkenntnis ist erstaunlich, und nur wenige
Vorschläge zur Erweiterung seiner Bibliographie können gemacht
werden. Zur Deutung von a 1 a p a, „Backenstreich", im römischen
Konfirmationsritual hätte Ildefons Herwegens Abhandlung
„Germanische Rechtssymbolik in der römischen Liturgie" (Deutschrechtliche
Beiträge VIII :4, Heidelberg 1913) von Nutzen sein
können.

Abo/Finnland Helge Ny man

Kätzel, Heinrich: Musikpflegc und Musikerziehung im Reformationsjahrhundert
, dargestellt am Beispiel der Stadt Hof. Berlin: Evang.
Verlagsanstalt [1957]. 147 S. gr. 8°. Lw. DM 11.80.

Eine unter Rud. Steglich vor Jahren abgeschlossene Erlanger
phil. Diss., die seither noch weiter zum Buch gerundet worden ist.
Der in Rothenburg o. T. als Schulmusiker wirkende Verfasser hat
mit Fleiß und Finderglück die Kirchenmu6ikgeschichte Hofs im
16. Jahrhundert in den Mittelpunkt seiner Darstellung gestellt,
wobei ihn unerwartet reiches Quellenmaterial begünstigte, und
die Musik an der Lateinschule, die Gesangbücher, Orgeln,
Glocken, Stadtpfeifer und Convivium musicum darangefügt, also
einen prallen Abschnitt der Lokal-Musikhistorie einer fränkischen
Kleinstadt, die ehedem zu Brandenburg-Bayreuth gehörte