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1958 Nr. 12

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Kirchengeschichte: Neuzeit

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 12

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der Gläubigen, wodurch allein das Christusereignis mit uns gleichzeitig
wird. Ein Überblick über die Kirchengeschichte ergibt, daß
die christliche Gemeinschaft primär ist, die Ausbildung der Lehre
dagegen sekundär. Outler propagiert die Anknüpfung an die
Theologie der Väter, denn der patristische Traditionsbegriff
weist noch nicht die spätere Verengung auf; er umfaßt sowohl
die Fleischwerdung Gottes in Christus (als traditum) als auch die
Verkündigung der Botschaft (als actus tradendi). Aber auch die
ausgebildeten Formen des christlichen Dogmas, wie sie das Ergebnis
der Konzilien der ersten 5 Jahrhunderte waren, sind weder
eine hellenisierende Verfremdung des Evangeliums (Harnack),
noch eine Enteschatologisierung desselben (Werner), sondern gültige
Versuche, die Urintention des Evangeliums zu wahren. Mit
W. Temple sieht Outler darin die alleinige Hoffnung für die
Weiterentwicklung der ökumenischen Bewegung, daß wir uns der
von Gott bereits gegebenen Einheit der Kirche in Jesus Christus
erinnern und aus diesem Indikativ den Imperativ zur ökumenischen
Arbeit ableiten. Damit fixiert Outler den gegenwärtigen
Standpunkt der ökumenischen Arbeit und gibt einen beachtlichen
Beitrag zu deren Weiterführung.

Tübingen-Berlin Heinz-Horst Sch rey

H o r n u s, Jean-Midiel: L'ßglise maronite au Liban.
Verbum Caro XII, Nr. 48, S. 377-385.

Kittel, Helmuth: Cromwell oder das Problem des christlichen Staatsmannes
.

Eckart 27, 1958 S. 200—217.
L a fu m a, Louis: L'ordre de l'esprit et I'ordre du coeur Selon Pascal.

Recherches de 6cience religieuse 46, 1958 S. 416—420.
Morsey, Rudolf: Zur Vorgeschichte des Reidiskonkordats aus den

Jahren 1920 und 1921.

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 7 5 (Kanonist.
Abt. 44), 1958 S. 237—267.
N i e m ö 11 e r, Wilhelm: Die Bekennende Kirche sagt Hitler die Wahrheit
.

Evangelische Theologie, 18, 1958 S. 190—192.
— Nach fünfundzwanzig Jahren.

Evangelische Theologie 18, 1958 S. 385—405.
N o s k e, Gerhard: Wicherns Werk und Vermächtnis.

Die Zeichen der Zeit, 1958 S. 136—143.
Schulze, Wilhelm August: Eschenmayer und Blumhardt.

Theologische Zeitschrift 14, 1958 S. 261—281.
Stöwesand, Rudolf: Bekenntnis zu Friedrich Loofs.

Die Zeichen der Zeit, 1958 S. 208—214.

LITURGIEWISSENSCHAFT

M o h'J b c r g, Leo Cunibert OSB: Rcrum Ecclesiasticarum Documenta.

Sfries Maior. Fontes II: Missale Francorum (Cod. Vat. Reg. lat. 257).
Fontes III: Missale Gallicanum Vetus (Cod. Vat. Palat. lat. 493). In
Verbind, mit L. Eizenhöfer u. P. Siffrin hrsg. Rom: Herder
1957/58. XXVI, 107 S., 6 Taf. und XXV, 166 S., 7 Taf. gr. 8U.
DM 24.80 u. 34.90.

Rerum Ecclesiasticarum Documenta bestehen
aus zwei Serien: Subsidia Studiorum wurden
durch Eizenhoefers Canon Missae Romanae I und
Mohlbergs Normeperia pubblicazionedi opere
scientifiche und Fontes durch Mohlbergs Ausgabe des
„S a c r a m e n t a r i u m" Veronense (früher Leonia-
n u m) eröffnet und jetzt durch die zwei fränkischen Sakramentare
fortgesetzt (Ausgaben des Gelasianum, Gothicum,
Ambrosianum und T r i p 1 e x sollen folgen). Der Liturgiewissenschaft
allgemein und der Sakramentarforschung im besonderen
ist dadurch ein wichtiger Auftrieb gegeben worden.

Ebenso wie die liturgiewissenschaftliche Betrachtugsweise
heute noch um Anerkennung ihres Eigenstandes zwischen der
historisch-philologischen, rubristisch-heortologischen und hcmile-
tisch-aszetischen kämpfen muß, bricht 6ich innerhalb der Liturgiewissenschaft
erst allmählich die Erkenntnis Bahn, daß ihr Herzstück
die Sakramentarforschung ist. Das Sakramentar enthält ja
die für den liturgischen Gebrauch besonders geschaffenen Texte
und in ihm zeigt sich bi6 heute die Liturgie am deutlichsten als
blühendes Leben.

Daß es 6ich bei der Sakramentarforschung um ein für die
Literaturwissenschaft, ja die Geistesgeschichte allgemein, einzigartig
wichtiges Gebiet handelt, haben 6elbst in rein historischer
Sicht nur wenige (wie Edmund Bishop) in einer Form ausgesprochen
, die auch dem dem sakralen Gebrauch dieser Texte Entfremdeten
oder von ihrem Wachstum Abgeschnittenen verständlich
ist. Nur ganz wenige Nichtkleriker (wie Baumstark) haben
sich außerhalb der Paläographie an dieses Gebiet herangewagt;
sie haben wenig Ermutigung erfahren. So ist z. B. für die beiden
vorliegenden Texte kaum der Versuch gemacht worden, ihren
apriori zu erwartenden und durch diese Ausgaben umfangreich
belegten Beitrag zur Kenntnis des gesprochenen späten Vulgärlateins
bzw. der Vorgeschichte des Altfranzösischen zu betrachten.

Das liturgische Textschaffen, mit dem es die Sakramentarforschung
zu tun hat, ist am ehesten noch der Gesetzschreibung
verwandt. Es ist anonym, den verschiedensten Zeiten und Zonen
entstammend, gewachsen, nicht konstruiert, für einen verbindlichen
, meist für den ganzen Erdkreis vorgeschriebenen, und regelmäßigen
, meist alljährlich fest wiederkehrenden Gebrauch. Die
liturgischen Eigentexte erwuchsen aus spontanem Sprechen eher
denn aus planmäßiger Niederschrift und sind bis heute wesentlich
Sprech- und nicht Lese-Texte. Das Missale, in da6 seit tausend
Jahren das Sakramentar eingearbeitet ist, ist wohl das merkwürdigste
Buch der Weltliteratur, denn es stellt eine mindestens
dreitausendjährige Tradition dar, lebendigst geübt und immer
noch stetig wachsend.

Indem die klassischen Sakramentarien an die Spitze der
Quellenserie gestellt werden, wird die ausgezeichnete Stellung
des Sakramentars in der kirchlichen Dokumentation anerkannt.
Verglichen mit der Bibelwissenschaft steht die Sakramentarforschung
auf einer primitiven Stufe. Es fehlen die elementarsten
Hilfsmittel. Wichtige Texte liegen nur in unzulänglichen oder
schwer zugänglichen Ausgaben vor oder sind womöglich noch
nicht gedruckt, ja, harren erst der Entdeckung. Es gibt kein Wörterbuch
der doch offensichtlich eigenartigen Sprache der liturgischen
Eigentexte, das 6ich etwa mit Bauers Griechischem Wörterbuch
vergleichen ließe. Das der Liturgie ganz eigene Bedürfnis
nach Verzeichnissen der Formelanfänge oder besonderen Ausdrucksformen
wird erst neuerdings in Ausgaben beachtet; zusammenfassende
Übersichten wie von Wilson (1892) oder Manz
(1941, hier in Bd. III ausgiebig benutzt) sind 6chon nach kurzer
Zeit überholt.

Die vorliegende Serie von Neueditionen folgt jeweils dem
gleichen Plan. Die Einleitung behandelt das Paläographische und
Philologische 60wie Zeit und Heimat des Textes nebst früherer
Literatur. Im Anhang wird das Verhältnis zu anderen Sakramentarien
behandelt mit Beigabe einschlägiger Texte, für das
Missale Francorum z. B. des Sakramentarfragmentes in
Berlin lat. fol. 877 und für das Gallicanum Vetus der
Mone-Messen und anderer in Zeitschriften und Sammelwerken
vergrabener Texte.

Die Primitivität de6 Standes der Sakramentarforschung wird
schlagartig durch das Chaos auf dem Gebiete der Siglen beleuchtet
. Das Sigel P bezeichnet sowohl das P a d u a n u m als das
Pragense (letzteres erscheint in Bd. I als Pr), auch unter C.
F, M und V haben wir zwei Texte, unter S drei (Stowe, St. Gallen
348 und Liber Mozarabic. Sacramentorum), und
unter B sogar vier (Bobbiense, Berlin Phil. 1667, Bergomense und
Breviarium Gothicum). Daß diesen Siglen zwecks
Unterscheidung die ersten beiden Buchstaben der Bezeichnungen
der jeweiligen Quellengruppe vorangestellt werden, macht die
Sache nur noch schlimmer, denn diese Bezeichnungen (gallisch,
keltisch, mozarabisch, gelasianisch, gregorianisch) und noch mehr
die Zuschreibungen sind fragwürdig. Wann kommt auf diesem
Gebiet ein Gregory? Können sich denn nicht wenigstens die Benediktinerpatres
Dold und Mohlberg auf das gleiche Sigelsystem
einigen? Der Mangel an System zeigt sich auch darin, daß in der
tabellarischen Übersicht in Bd. II, S. 41 ff. erst die römischen, dann
die nichtrömischen Quellen aufgeführt sind, in Bd. III, S. 110 ff.
umgekehrt, oder daß in Bd. III, S. 121 für 203 auf 127b im Missale
Francorum verwiesen wird, in II, S. 54 aber der Gegenhinweis
fehlt.